Manthey-Porsche 911 GT2 RS MR im Test
Bereits sein fünfter Streckenrekord

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Beim Einzeltest in Hockenheim hat sich der Porsche 911 GT2 RS MR von Manthey-Racing bereits den fünften Streckenrekord geholt. Wir erklären, was ihn zum Überflieger macht.

Manthey-Porsche 911 GT2 RS MR, Exterieur
Foto: Hans-Dieter Seufert

Der Porsche 911 GT2 RS MR von Manthey-Racing ist so etwas wie das Real Madrid der Sportwagenszene. Wie bei den königlichen Kickern von Real ist es nicht die Frage, ob er gewinnt, sondern wie er gewinnt. Gewinnen ist hier gleichzusetzen mit Rekorden. Nach dem Streckenrekord für straßenzugelassene Fahrzeuge auf der Nordschleife, in Portimão, am Sachsenring und am Bilster Berg soll der Über-Elfer heute die Bestzeit auf dem Hockenheimring einfahren.

Unsere Highlights

Ein kühler Morgen im Badischen. Während die ersten schüchternen Sonnenstrahlen Rennstrecke und Motodrom vorglühen, herrscht bereits fokussiertes Treiben in Box 17. Jeder Handgriff sitzt. Auch die professionelle Vorbereitung auf den heutigen Test erinnert daran, dass Manthey-Racing als Porsche-Werksteam in der Welt des Motorsports beheimatet ist.

Doch nicht erst seit der GT2 RS MR in den Händen von Porsche-Test- und -Entwicklungsfahrer Lars Kern im Oktober 2018 mit einer Rekordzeit von 6.40,33 Minuten zum amtierenden Nordschleifen-König wurde, hat die Straßensparte von Manthey-Racing massiv Fahrt aufgenommen. In der Trackday- und Touristenfahrer-Szene hat das in Meuspath am Nürburgring beheimatete Unternehmen längst einen guten Namen. Den unteren Teil des Gewerbegebiets Meuspath könnte man eigentlich in „Manthey Downtown“ umbenennen.

Anfang 2017 lief der sport auto-Test mit dem Manthey-Porsche 991.1 GT3 RS MR. Damals zählte Manthey-Racing 100 fest angestellte Mitarbeiter. Seitdem hat sich die Mitarbeiterzahl fast verdoppelt – mittlerweile sind es 190. Ende 2013 hatte Porsche die Mehrheitsbeteiligung von 51 Prozent an der 1996 von Olaf Manthey gegründeten Manthey-Racing GmbH erworben. 2017 war es noch eine fast träumerische Idee des geschäftsführenden Brüderpaars Nicki und Martin Raeder, dass Manthey-Racing irgendwann einmal für Porsche so etwas werden könnte, was AMG für Mercedes geworden ist.

Manthey-Porsche 911 GT2 RS MR, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
Anfang 2017 lief der sport auto-Test mit dem Manthey-Porsche 991.1 GT3 RS MR. Damals zählte Manthey-Racing 100 fest angestellte Mitarbeiter. Seitdem hat sich die Mitarbeiterzahl fast verdoppelt – mittlerweile sind es 190.

Seitdem ist viel passiert – und die Manthey-Erfolgsgeschichte wurde fortgeschrieben. Nicht nur die GT-Abteilung von Porsche arbeitet jetzt mit den Verantwortlichen für die Manthey-Straßenentwicklung immer wieder in engem Schulterschluss zusammen, wie zum Beispiel bei der Abstimmung und Vorbereitung der Nordschleifen-Rekordfahrt des GT2 RS MR, Manthey-Racing ist noch mehr Teil von Porsche geworden.

Das Hauptgebäude am Kreisverkehr in Meuspath ist nicht mehr nur Stützpunkt der Manthey-Straßenabteilung und Sitz der Geschäftsführung, sondern seit August 2018 auch offizielles Porsche Service Zentrum Meuspath – so richtig mit den Porsche-typischen „PZ“-Schriftzügen, die auch jedes andere Porsche Zentrum auf dem Planeten trägt. Nach dem Engagement als Porsche-Werksteam im Motorsport ist Manthey jetzt auch im Bereich der Straßenfahrzeuge als offizieller Porsche-Partner aktiv. Der nächste Ritterschlag!

Willkommen im RS-Überflieger

Zurück nach Hockenheim. Während ein Radsatz mit frischen Michelin Pilot Sport Cup 2 R bei 85 Grad in Heizdecken brutzelt, bekommt der GT2 RS MR einen angefahrenen und nicht vorgeheizten Satz des Trackreifens mit Straßenzulassung aufgeschnallt. Wir wollen heute nicht nur eine superschnelle Runde mit dem MR hinlegen, sondern unterziehen das Rekordfahrzeug einem kompletten Einzeltest. Und zu einem Einzeltest gehört ja bekanntermaßen auch die Kaltbremse.

98, 99, 100 km/h – mit aller Macht aufs Bremspedal latschen, das ABS gibt sich forsch regelnd die größte Mühe, doch der Porsche 911 GT2 RS MR steht erst nach einem Bremsweg von 45,8 Metern aus 100 km/h. Dieser lange Kaltbremsweg ist keine große Überraschung! Das bereits getestete Serienfahrzeug des GT2 RS verzögerte im Supertest sogar mit einem Kaltbremswert von 46,6 Metern.

Wir bekommen ja immer mal wieder Leserbriefe, in denen diesen Reifen ihre Daseinsberechtigung abgesprochen wird. Zu Unrecht! In der Trackday- und Clubsportszene wird der Reifen mit großer Begeisterung aufgenommen. Genau für diesen Zweck ist der Cup 2 R einst entwickelt worden. Sportfahrer, die in der Szene unterwegs sind, wissen, dass der Reifen erst nach einer kurzen Aufwärmphase und idealerweise bei Außentemperaturen um die 20 Grad Celsius perfekt funktioniert.

Manthey-Porsche 911 GT2 RS MR, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
Sportfahrer, die in der Szene unterwegs sind, wissen, dass der Reifen erst nach einer kurzen Aufwärmphase und idealerweise bei Außentemperaturen um die 20 Grad Celsius perfekt funktioniert.

Und die erfahrenen Sportfahrer wissen auch, dass sie auf der öffentlichen Straße bei Kälte und bei Nässe mit diesem nur bedingt alltagstauglichen Reifen äußerste Vorsicht walten lassen müssen.

Zurück auf die Parabolika, der Cup 2 R hat mittlerweile seine Arbeitstemperatur erreicht und verbeißt sich mit slickartigem Gripniveau im Asphalt. Warum verzögert der Porsche 911 GT2 RS MR im Warmzustand aus 100 km/h „nur“ mit einem Bremsweg von 30,6 Metern?, werden jetzt die aufmerksamen Supertest-Leser fragen – schließlich hat der Serien-GT2-RS einen sagenhaften Bremsweg von 29,3 Metern hingelegt. Einfache Begründung: Während der MR von Manthey mit angefahrenen Reifen in die Standardmessung geht, wurden die Bremswerte des Serien-GT2-RS mit flammneuen Reifen ermittelt. Und je neuer und unverbrauchter der Cup 2 R ist, desto besser ist sein Gripniveau.

Schnell noch die Beschleunigungsmessung durchziehen. Von 0 auf 200 km/h beschleunigt der Porsche 911 GT2 RS MR in 8,2 Sekunden, drei Zehntelsekunden schneller als das Serienfahrzeug. Trotz unveränderter Nennleistung zeigt sich auch bei der Elastizitätsmessung, dass der Manthey-Porsche einen etwas besseren Durchzug als der „normale“ GT2 RS hat.

Motorseitig hat Manthey nichts verändert. Der GT2 RS mit dem Kennzeichen BB-RS 3091 ist ein ehemalige Hochbelastungsdauerlauffahrzeug aus der GT-Abteilung von Porsche, das trotz seines vorangegangenen Dauerlauflebens noch gut dasteht. Regelmäßige Supertest-Leser werden sich zurückerinnern: Der Serien-GT2-RS drückte auf dem von uns im Supertest genutzten Leistungsprüfstand nicht ganz seine Nennleistung ab und kam „nur“ auf 696 PS.

Haken hinter das Standardmessprogramm – der GT2 RS verschnauft kurzzeitig auf unserer Messwaage in Hockenheim, bevor es auf die Rundenzeitenjagd geht. Mit vollem 64-Liter-Tank wiegt der von Manthey modifizierte RS 1.540 Kilo. Warum mehr als das Serienfahrzeug, das mit 90-Liter-Tank „nur“ 1.513 Kilo auf die Waage brachte?

Manthey-Porsche 911 GT2 RS MR, Interieur
Hans-Dieter Seufert
Das destillierte Wasser aus dem Wassertank wird über ein Wasseraufsprühsystem bei forcierter Fahrweise auf die Ladeluftkühler aufgesprüht, um die Motorleistung standfest bis zu einer Außentemperatur von 30 Grad Celsius zu garantieren.

Zeit, die Modifikationen aus dem Hause Manthey näher zu beleuchten. Die Gewichtsfrage ist schnell geklärt, wenn man die Carbon-Fronthaube anhebt und in den Gepäckraum auf den serienmäßigen Fünf-Liter-Wassertank schaut. Wir erinnern uns: Das destillierte Wasser aus dem Wassertank wird über ein Wasseraufsprühsystem bei forcierter Fahrweise auf die Ladeluftkühler aufgesprüht, um die Motorleistung standfest bis zu einer Außentemperatur von 30 Grad Celsius zu garantieren.

GT2-RS-Kunden, die mit ihrem Fahrzeug oft auf der Rennstrecke im Grenzbereich unterwegs sind, werden ein Lied davon singen können: Den serienmäßigen Wassertank säuft der PS-Held bei hohem Volllastanteil quasi „auf Ex“ leer. Manthey stillt den RS-Durst daher mit einem Zusatzwassertank aus Aluminium, der ein Fassungsvermögen von zusätzlichen 9,7 Litern bietet. Der MR-Zusatzwassertank wird ohne großen Aufwand auf dem Serienwassertank montiert. Das Fassungsvermögen erhöht sich auf gut 14 Liter. Der Wasserinhalt und das Eigengewicht des Tanks erhöhen zunächst einmal natürlich das Fahrzeuggewicht.

Der MR-Wassertank ist aber nur Teil des sogenannten Manthey-Kits, das es in zwei Varianten gibt. Ohne Magnesiumräder kostet der Manthey-Kit 77.244 Euro – mit MR-Magnesiumrädern liegt der Preis der Manthey-Modifikationen bei 95.094 Euro. Kein Schnäppchen, aber aus dem ab Werk alles andere als langsamen GT2 RS wird dann ein echter Überflieger.

Hohe Fahrstabilität

Verrückt und faszinierend zugleich – Manthey geht noch einmal an die RS-Details ran. So wiegt beispielsweise der MR-Magnesiumradsatz nochmals 1,5 Kilo weniger als der serienmäßige Magnesiumradsatz. Neben Zusatzwassertank, Magnesiumrädern, Bremsbelägen und Stahlflexleitungen beinhaltet der Manthey-Kit auch ein Gewindefahrwerk, das in Zug- sowie Druckstufe einstellbar ist und Rennsportfedern trägt.

Gegenüber dem Serien-GT2-RS aus dem Supertest reduzierten die Manthey-Entwickler die Fahrhöhe an der Vorderachse um 19 Millimeter und an der Hinterachse um 7 Millimeter. Laut Manthey wurden die Sturzwerte an der Vorder- und Hinterachse auf 2,5 Grad Negativsturz erhöht (GT2-RS-Supertest: Vorderachse –1°51’, Hinterachse –2°15’).

Manthey-Porsche 911 GT2 RS MR, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
Gegenüber dem Serien-GT2-RS aus dem Supertest reduzierten die Manthey-Entwickler die Fahrhöhe an der Vorderachse um 19 Millimeter und an der Hinterachse um 7 Millimeter.

Nicht nur fahrwerksseitig, sondern auch beim Thema Aerodynamik hat Manthey-Racing den GT2 RS noch einmal deutlich für den Rennstreckeneinsatz weiterentwickelt. Der MR-Aerokit beinhaltet Flics an der Frontschürze, einen versteiften Unterboden an der Vorderachse, neue Luftleitelemente an der Vorderachse, einen vergrößerten Heckdiffusor, einen neuen Heckdeckel mit Gurney, einen neuen Heckflügel mit integriertem Gurney sowie vergrößerten Endplatten, neue Flügelstützen für eine optimierte Flügelposition und Radabdeckungen an der Hinterachse für den Magnesium-Radsatz. Ergebnis: Der Gesamtabtrieb bei 200 km/h wuchs von 142 Kilo beim Serienfahrzeug auf faszinierende 270 Kilo beim GT2 RS MR (Abtrieb Serien-GT2-RS: 49 Kilo Vorderachse, 93 Kilo Hinterachse, Abtrieb GT2 RS MR: 70 Kilo Vorderachse, 200 Kilo Hinterachse).

Boxenampel grün, raus auf die leere Piste von Hockenheim. Für die Eingewöhnungsrunden müssen die angefahrenen Pneus herhalten. Welche Rundenzeit muss denn auf dem GP-Kurs eigentlich geknackt werden? Leider haben wir keinen Vergleichswert des Serienfahrzeugs, da beim Supertest des GT2 RS noch der Kleine Kurs befahren wurde. Die Kollegen von auto motor und sport legten mit dem Serien-GT2-RS eine Rundenzeit von 1.49,1 Minuten hin – allerdings hat diese Zeit wenig Aussagekraft, da der GT2 RS damals mit einer sehr alltagstauglichen Fahrwerksabstimmung und auf dem serienmäßigen Michelin Pilot Sport Cup 2 N2, also nicht auf dem extrem gripfreudigen Cup 2 R, antrat.

Bereits nach wenigen Einrollrunden hat der GT2 RS MR nicht nur besagte 1.49,1 Minuten der ams-Kollegen gesprengt, sondern auch den a-workx-Porsche 911 GT3 RS (1.46,0 Minuten) sowie den Ferrari 488 Pista (1.45,9 Minuten) geschlagen. Schnellster Porsche, absolute Rekordzeit auf dem GP-Kurs – eigentlich könnten wir jetzt einpacken. Eigentlich, doch wir sind ja hier mit Manthey-Racing unterwegs – Werksmotorsport ist eine feine Kombination aus Ehrgeiz und Perfektion.

Massiver Aero-Grip

Im Vergleich zum 991.2 GT3 RS schleppt der GT2 RS konzeptbedingt ein rund 35 Kilo höheres Motorengewicht mit sich rum. Schon beim Vergleich der Serienfahrzeuge ist dieses Mehrgewicht spürbar – der 991.2 GT3 RS fuhr noch einen Tick ausblancierter und neutraler im Grenzbereich als der GT2 RS. Auch beim GT2 RS MR ist in den engen Ecken von Hockenheim (Turn 2, Turn 8) nach zackigem Einlenken eine leichte Lastwechselreaktion zu spüren, durch die man beim Herausbeschleunigen nicht ganz so schnell wieder aufs Gas gehen kann, wie man es sich wünschen würde.

Anders als auf der Nordschleife hat Manthey nicht Hunderte Runden vorab zur Erprobung in Hockenheim gedreht. Ambulant verändert die Manthey-Crew schnell etwas das Fahrwerks-Set-up. Auch für Kunden bietet Manthey-Racing übrigens eine quasi maßgeschneiderte Fahrwerksabstimmung an.

Manthey-Porsche 911 GT2 RS MR, Hockenheimring
Auto Motor und Sport
Anders als auf der Nordschleife hat Manthey nicht Hunderte Runden vorab zur Erprobung in Hockenheim gedreht.

Neben der leichten Fahrwerksjustierung gibt’s für den MR jetzt außerdem die flammneuen und in den Heizdecken vorgewärmten Cup 2 R. Nordkurve: Spät anbremsen, hochpräzise einlenken, dann pfeift der MR mit traumhaftem mechanischen Grip ums Eck. Klingt banal, ist aber so: Mit einem frischen Reifensatz fährt der Über-RS jetzt wie auf Schienen. Spät in Turn 2 reinbremsen, rechts, dann umsetzen in die Links, raus auf die Parabolika – der MR überzeugt auch hier jetzt mit hoher Fahrstabilität.

273, 274, 275 km/h – schon ist die Parabolika Geschichte. Auch beim Anbremsen aus hohen Geschwindigkeiten glänzt der MR mit einer traumhaften Fahrstabilität. Traktionssicher herausbeschleunigen aus der Spitzkehre, und der MR nimmt Anlauf auf das Highlight des heutigen Testtages. Mit 211 km/h und 1,55 g nimmt der Manthey-Porsche den Highspeed-Rechtsknick vor der Mercedes-Tribüne – absolutes Champions-League-Niveau! So schnell war hier noch kein Testkandidat!

Während dem Piloten noch angesichts des massiven aerodynamischen Gripniveaus die Freudentränen horizontal über die Wangen laufen, hat der Porsche 911 GT2 RS MR schon mit hoher Fahrpräzision Turn 8 bis 10 durchflogen. Eingang Motodrom, Sachskurve, Senke, Südkurve – im Tiefflug eilt der GT2 RS MR ins Finale. Ziellinie – beim Fußball würden sie jetzt den fünften Stern aufs Trikot sticken. Nach 1.43,5 Minuten heimst der Porsche 911 GT2 RS MR den fünften Streckenrekord seiner Karriere ein. Gratulation, Manthey-Racing!

Fazit

Chapeau, Manthey-Racing, ich hätte nicht gedacht, dass man aus dem Konzept des GT2 RS noch so viel rausholen kann. Auch ohne Steigerung der Motorleistung ist es dem Porsche-Werksteam aus der Eifel gelungen, mit gezielten Detailmodifikationen den GT2 RS für die Rennstrecke zu perfektionieren. Schon der Abtrieb des serienmäßigen GT2 RS war für ein Straßenfahrzeug sehr hoch, der Abtrieb des MR setzt noch einmal einen neuen Maßstab.

Technische Daten
Porsche 911 GT2 RS GT2 RS
Grundpreis285.220 €
Außenmaße4549 x 1880 x 1297 mm
Kofferraumvolumen115 l
Hubraum / Motor3800 cm³ / 6-Zylinder
Leistung515 kW / 700 PS bei 7000 U/min
Höchstgeschwindigkeit340 km/h
Verbrauch11,8 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten