Mercedes-AMG GT R im Supertest
Supersportwagen mit Nordschleifen-Rekord

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Die Nordschleifen-Zeit von 7:11 Minuten war ein erstes Ausrufezeichen. Nach dem Supertest spielt der Mercedes- AMG GT R jetzt ganz vorne in der Champions League. Doch gegen den Porsche 918 wird es knapp. Sehr, sehr knapp.

Mercedes-AMG GT R, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Wir wollen dem populären Nordschleifen-Blog BridgeToGantry.com des Briten Dale Lomas mal keine Absicht unterstellen, aber seine Meldung erinnert im Nachhinein schon ein bisschen an das, was derzeit so als „Fake News“ bezeichnet wird. Was war passiert? Nachdem sich der Mercedes-AMG GT R am 4. November 2016 mit einer phänomenalen Nordschleifen-Rundenzeit von 7.11 Minuten zum schnellsten Serienfahrzeug der Supertest-Historie gekürt hatte, verbreitete anfangs erwähnter Blog eine Falschmeldung. Frei aus dem Englischen übersetzt, stand da so etwas wie: „AMG und sport auto haben bei der Rundenzeit des AMG GT R auf der Nordschleife mit Slicks geschummelt.“

Spekulation über die Reifen

Begründung von BridgeToGantry.com? In unserem Youtube-Video der schnellen Runde des GT R wollen sie in einer Bildsequenz einen Satz Slickreifen erkannt haben. Erst als wir eine Nahaufnahme der genutzten und straßenzugelassenen Reifen vom Typ Michelin Pilot Sport Cup 2 ZP ins Netz stellten, versiegte das Brodeln der Gerüchteküche schlagartig. BridgeToGantry.com ruderte zurück – und stellte alles richtig.

Doch alleine die Idee, wir hätten mit AMG gemeinsame Sache gemacht und bei der Supertest-Runde Slicks genutzt, ist so abwegig wie der Gedanke an den Abstieg von Bayern München aus der Ersten Bundesliga. Natürlich würden wir niemals unsere Glaubwürdigkeit und die Unabhängigkeit des weltweit hoch angesehenen Supertests aufs Spiel setzen. Punkt.

Mercedes AMG GT R: 7:11 min für die Nordschleife

Nach dem Motto „Es kann nicht sein, was nicht sein darf“ war es für einige Sportwagenfans wohl nur schwer zu ertragen, als ein Mercedes die Sportwagenwelt auf den Kopf stellte. Mit seiner Fabelzeit von 7.11 Minuten verdrängt der AMG GT R ab dieser sport auto-Ausgabe nun auch ganz offiziell den bisherigen Spitzenreiter Porsche 918 Spyder in der Nordschleifen-Bestenliste des Supertests.

Mercedes-AMG GT R, Frontansicht
Hans-Dieter Seufert
Mit 7 Minuten und 11 Sekunden unterbot der AMG GT R die Supertest-Zeit des 918 Spyder um drei Sekunden.

Heute steht der neue Superstar aus Affalterbach wieder in der Boxengasse. Nach der Überraschung auf der Nordschleife muss er jetzt in Hockenheim nachlegen. Doch auf dem Kleinen Kurs will nicht nur die Frage geklärt werden, ob der AMG auch hier den Spitzenreiter 918 Spyder schlagen kann, sondern ob seine Querdynamik hauptsächlich den extremen Sportreifen zuzuschreiben ist.

Sportreifen und AMG-Track-Reifen im Vergleich

Zeit für einen Vergleich der beiden für den AMG GT R erhältlichen Reifen. Serienmäßig wird der neue Querdynamik-Held mit Sportreifen vom Typ Michelin Pilot Sport Cup 2 ausgeliefert. Gegen Aufpreis bietet AMG den sogenannten AMG-Track-Reifen an. Letztgenannten Sportreifen namens Michelin Pilot Sport Cup 2 ZP trug der GT R, wie anfangs erwähnt, auch während der Supertestrunde auf der Nordschleife im November. Im Vergleich zum serienmäßigen Cup 2 kennzeichnet den Optionsreifen nicht nur sein rundum zehn Millimeter breiteres Format, sondern auch seine steifere Konstruktion, seine spezielle Mischung sowie der vorne um rund 60 Prozent sowie hinten um rund 40 Prozent reduzierte Negativanteil des Profils. Der Track-Reifen verfügt über eine Straßenzulassung, erfordert jedoch eine Einzelabnahme, die aber im Preis von 3.950 Euro enthalten ist.

Michelin Pilot Sport Cup 2 im Test

Boxenampel grün, zunächst geht der Überflieger heute mit dem serienmäßigen Cup 2 an den Start. Eine Aufwärmrunde, dann ein kurzer Boxenstopp zur Luftdruckkorrektur, dann Attacke – der serienmäßige Cup 2 kommt vergleichsweise schneller auf Temperatur und baut sein Gripniveau zügiger auf als der ZP-Reifen. Der Serien-Cup-2 bietet daher einen guten Kompromiss zwischen Alltagstauglichkeit und Rennstrecken-Performance. Mit einer Rundenzeit von 1.07,4 Minuten katapultiert sich der GT R schon jetzt unter die Top 5 in der Supertest-Bestenliste des Kleinen Kurses.

Mercedes-AMG GT R, Christian Gebhardt
Hans-Dieter Seufert
Das Gripniveau der Michelin-Cup-2-Bereifung mit dem Zusatz "ZP" ist momentan mit Straßenzulassung nicht zu übertreffen. Das gilt natürlich nur, wenn die Reifen vorher auf Betriebstemperatur gebracht wurden.

Boxenstopp und Reifenwechsel: Sein gesamtes Querdynamik-Potenzial entfaltet der Extremsportler jedoch erst mit dem speziellen Sportreifen Cup 2 ZP. Da die Mischung des Optionsreifens in einem wesentlich höheren und engeren Temperaturfenster arbeitet, empfiehlt AMG diesen auf Trockengrip optimierten Sportreifen primär für die Rennstrecke. Der ZP-Reifen will für den Ausflug in den Grenzbereich nicht nur sehr gewissenhaft aufgewärmt werden, sondern es muss auch der sehr ausgeprägte Peak der Pneus bedacht werden.

Nach zwei Aufwärmrunden muss die erste fliegende Runde auf dem Kleinen Kurs perfekt sitzen, ansonsten gelingt mit diesem Reifensatz die absolute Bestzeit nicht mehr. Bereits auf der zweiten fliegenden Runde baut das maximale Gripniveau wieder leicht ab und die Rundenzeit wird um rund drei Zehntelsekunden langsamer. Anschließend pendelt sich der ZP auf einem konstanten Niveau ein.

Grandiose Querdynamik mit Michelin Cup 2 ZP

Wer sich mit diesem rennreifenähnlichen Arbeitsverhalten der ZP-Sportbereifung anfreundet, dem beschert der GT R ein grandioses Querdynamik-Erlebnis im Grenzbereich. Beim Anbremsen punktet er mit dem ZP im Vergleich zum normalen Cup 2 mit noch höheren Verzögerungswerten. Das ABS ist auch perfekt auf den Extremsportreifen abgestimmt. Mit der ZP-Bereifung können die Bremspunkte noch präziser platziert werden, während der GT R mit dem Serienreifen bei späten Bremspunkten subjektiv einen Hauch über die Vorderachse schieben will.

Während der AMG GT R mit dem Serien-Cup-2 schon präzise einlenkt, hat das messerscharfe Einlenkverhalten mit den ZP-Pneus fast Rennwagen-Charakter. Das deutlich höhere mechanische Gripniveau durch die ZP-Bereifung spiegelt sich außerdem in durchweg höheren Kurvengeschwindigkeiten und Querbeschleunigungswerten auf dem Kleinen Kurs wider. Selten hat sich ein straßenzugelassener Reifen im Grenzbereich so sehr nach Rennreifen angefühlt wie der Michelin Pilot Sport Cup 2 ZP.

Track-Reifen bringen eine Sekunde

Mit einer Rundenzeit von 1.06,4 Minuten liegt das Delta zwischen den beiden für den AMG GT R erhältlichen Cup-Reifen auf dem Kleinen Kurs bei einer Sekunde. Damit ist der Extremsportler aus Affalterbach offiziell nur eine Zehntelsekunde langsamer als der 887 PS starke Porsche 918 Spyder. Eigentlich ist die Zeitdifferenz zwischen den beiden Sportwagen-Helden noch geringer, da wir bei sport auto die Nachkommastellen der Rundenzeiten immer auf eine Stelle runden. Für Zahlenfans hier die Rundenzeiten, wie sie das 2D-Messgerät mit drei Nachkommastellen aufgezeichnet hat: Porsche 918 Spyder 1.06,320 min; Mercedes-AMG GT R 1.06,358.

Mercedes-AMG GT R, Heckansicht
Hans-Dieter Seufert
0,038 Sekunden haben dem AMG GT R in Hockenheim auf 918 Spyder gefehlt. Ein Wimpernschlag dauert mit 100 Millisekunden mehr als doppelt so lange.

Beim Vergleich der Rundenzeiten des 918 und des GT R fällt auf, dass der AMG in Hockenheim längsdynamisch deutlich langsamer ist. Während der 918 mit 230 km/h über die Zielgerade von Hockenheim getobt ist, schafft es der GT R auf vergleichsweise moderate 217 km/h. Umso mehr muss dem AMG aus querdynamischer Sicht Respekt gezollt werden: Bis auf die Sachskurve zaubert er in allen Ecken höhere Kurvengeschwindigkeiten als der Porsche-Hybridsportler auf den Asphalt. Wie schon nach der Nordschleifen-Runde gibt es auch nach dem Hockenheim-Besuch ein Extralob für das gesamte AMG-Entwicklungsteam: Kein anderer Seriensportwagen überzeugt derzeit mit so einer tiefenentspannten Fahrbarkeit am Limit wie der Mercedes-AMG GT R. Wer den schnellen Benz dabei nur auf seinen speziellen Sportreifen reduzieren will, liegt dabei völlig daneben.

Zeit, weitere Geheimnisse um die Schnelligkeit des GT R aufzulösen. Wer könnte das besser als der Mann, der bei AMG die Zügel in der Hand hat. Rückweg aus Hockenheim, Boxenstopp in Affalterbach, Bittenfelder Weg, Gebäude 03/20, vorbei am Schild „Geschäftsführung/ Entwicklung/Finanzen“, hoch in den zweiten Stock. Ein lichtdurchflutetes Treppenhaus später, dessen großflächige Glasoptik ein bisschen an ein Wellness-Hotel erinnert, stehen wir vor dem Büro von AMG-Geschäftsführer Tobias Moers.

0,038 Sekunden langsamer als der Porsche 918

Dass hier nicht Wellness, sondern Ehrgeiz regiert, merkt man schon bei der Begrüßung. „Was ist denn in Hockenheim schiefgegangen?“, fragt der AMG-Boss zur Begrüßung halb im Spaß, halb im Ernst, aber mit einem Blick, der einem zu verstehen gibt, dass du ihm mit seinem Boliden zu langsam warst, obwohl es das Auto können müsste. Kurze Erinnerung noch mal: 0,038 Sekunden haben in Hockenheim auf den Porsche 918 Spyder gefehlt. Ein Wimpernschlag dauert mit rund 100 Millisekunden mehr als doppelt so lange.

Andere würden schon bei dieser Meisterleistung in Champagner-Laune verfallen, bei Moers merkst du, dass es ihn wurmt, dass sein Bolide nicht auch in Hockenheim ganz oben in der Bestenliste steht. Diese ambitionierte Einstellung nach dem Motto „Lieber tot als Zweiter“ gefällt mir und ist meiner Meinung nach der Schlüssel zum Erfolg, warum AMG in den letzten Jahren einen massiven Schritt in der Sportwagenentwicklung nach vorne gemacht hat – und dabei auch arrivierte Platzhirsche mittlerweile überholt hat.

Was den AMG GT R so schnell macht

Woher kommt diese grandiose Fahrbarkeit im Grenzbereich, die den GT R querdynamisch so erfolgreich macht? „Diese Fahrbarkeit kommt zu großen Teilen durch die Hinterachslenkung, aber auch durch den sozusagen unsichtbaren Helfer, den integrierten Chassis Controller. Klar, natürlich spielen auch die Reifen, die Elastokinematik und die E-Diff-Abstimmung eine wichtige Rolle. Ein weiterer Punkt ist die aktive Aero. Der GT R steht für das, was wir als Fahrdynamik für die Neuzeit definieren“, erklärt der AMG-Chef. Neben dem einstellbaren Heckflügel wurde die Aerodynamik durch ein aktives und ausfahrbares Carbon-Aeroprofil im Unterboden vor dem Motor sowie ein aktives Luftregelsystem mit Lamellen hinter der Frontschürze deutlich verbessert.

Mercedes-AMG GT R, Heckflügel
Hans-Dieter Seufert
54 Kilogramm Abtrieb generiert der GT R dank seiner umfangreichen Aerodynamik bei 200 km/h an der Hinterachse. Beim GT S waren es nur 8 Kilogramm.

Fahrwerksseitig kommt beim GT R außerdem ein neu konzipiertes, in der Höhe einstellbares Gewindefahrwerk mit dreifach verstellbaren Adaptivdämpfern von Sachs (Modi: „Comfort“, „Sport“, „Sport Plus“) zum Einsatz. Neben neu entwickelten Federn und Dämpfern trägt der GT R auch Uniball-Gelenklager an den unteren Querlenkern der Hinterachse sowie einen dickeren Rohrstabilisator hinten.

Eine wichtige Rolle spielt auch die neunfach verstellbare Traktionskontrolle. Der gelbe Drehregler ist nicht nur mit seiner Optik und Haptik ein phänomenales Alleinstellungsmerkmal in der gesamten Sportwagenszene, sondern dahinter verbirgt sich die aktuell wohl beste Traktionskontrolle in einem Seriensportwagen. Während die Rundenzeit auf der Nordschleife in Stufe 4 (drei gelbe, eine rote LED) realisiert wurde, konnte auf dem Kleinen Kurs die Traktionskontrolle bis in Stufe 6 (drei gelbe, drei rote LED) zurückgenommen werden.

Traktionskontrolle aus dem GT3-Rennwagen

In den engen Ecken (Ausgang Querspange, Sachskurve, Senke) drückt das Heck beim Herausbeschleunigen ganz leicht und genau im perfekten Maß, das schnell macht, aber keine Zeit kostet. Regelnde Eingriffe der Traktionskontrolle sind auch auf dem Kleinen Kurs nicht zu spüren, lediglich am Kurvenausgang verrät der ganz kurz weiß aufblitzende Lichtkranz um den TC-Drehregler, dass die Traktionskontrolle aktiv ist. „Das ist wirklich Motorsport-Technologie und der Carry-over von unserem GT3-Rennwagen“, so Tobias Moers.

Mercedes-AMG GT R, Track Control
Hans-Dieter Seufert
Durch Drehen am gelben Knopf regelt der Fahrer die neun Stufen der Traktionskontrolle.

„Wir gehen da über die Zündung ran, um eben möglichst schnell regeln zu können. Über die neun Stufen haben wir viel diskutiert, ob man die braucht oder nicht, aber man kann jede Stufe wirklich nutzen. Ich bin das Auto jetzt auf allen Reibwerten gefahren, und du findest immer den richtigen Punkt. Die neun verschiedenen Levels sind alle speziell für sich appliziert. Du findest in Schweden, bei den Testfahrten im Eiskreis, sogar eine Stellung der Traktionskontrolle, da stehst du einfach voll auf dem Gas und machst den Rest nur noch mit der Lenkung“, erklärt der AMG-Chef weiter und verrät dabei auch, dass er nicht der klassische CEO der Marke „Schreibtischtäter“ ist, sondern bei der Entwicklung selbst intensiv ins Lenkrad greift.

Andere Lenkübersetzung als im GT S

Apropos Lenkung. Um die Mittellage arbeitet die Hydrauliklenkung des GT R präzise, aber das Anlenkverhalten fällt im ersten Moment subjektiv nicht mehr ganz so spitz wie noch im GT S aus. Details für die Techniksüchtigen: Die Lenkübersetzung wurde im Vergleich von 14,2 : 1 auf 12,7 : 1 verändert. Außerdem wurde das Handmoment straffer ausgelegt. Die sogenannte Sportparameterlenkung ist weiterhin mit einer variablen Lenkübersetzung ausgestattet. Ausgehend von einem Übersetzungsverhältnis von 12,7 verändert sich die Übersetzung bei einem Vorderachslenkwinkel zwischen 5 und 150 Grad auf 11,3 : 1.

Ähnlich wie Porsche bei verschiedenen Modellen setzt AMG jetzt auch beim GT R erstmals auf eine Hinterachslenkung, um gleichzeitig Agilität und Fahrstabilität zu verbessern. Die konventionellen Spurlenker der Hinterachse wurden dafür durch zwei elektromechanische Lenkungsaktuatoren ersetzt, welche die Hinterräder je nach Fahrzustand gleichsinnig oder gegensinnig einlenken. Die Spurwinkeländerung beträgt maximal 1,5 Grad am Hinterrad. Vor allem im Grenzbereich passen jetzt beim GT R die Abstimmung und die Rückmeldung von Vorder- zu Hinterachse noch besser zusammen als zuvor im GT S.

Biturbo V8 mit 1,35 bar Ladedruck

Mercedes-AMG GT R, Motor
Hans-Dieter Seufert
Der Biturbo-V8 hat alles: Klang, Kraft, Kontrollierbarkeit.

Nicht zuletzt der sowohl im Alltag als auch im Grenzbereich gut dosierbare V8-Biturbo passt perfekt zum Gesamtpaket des AMG GT R. Nach Detailmodifikationen und einer Ladedruckerhöhung von 1,2 auf 1,35 bar kommt der V8 nun auf eine Nennleistung von 585 PS. „Das Gewicht, die Leistung und die fahrdynamische Kompetenz eines Autos müssen in einem Einklang stehen und sauber komponiert sein. Ich finde es nicht richtig, übermotorisierte Fahrzeuge zu machen, die du nur schwer beherrschen kannst. Was ich in den letzten Jahren extremst gepusht habe, waren die Themen Motordosierbarkeit und Präzision des Antriebs. Dass das Chassis des GT R mehr kann als die momentane Leistung, das weiß ich schon. Mal gucken, wie es weitergeht“, sagt Moers abschließend mit einem Lächeln, das verrät, dass der GT R keine fahrdynamische Eintagsfliege gewesen ist.

Supercheck Wertungen
Nürburgring Nordschleife
20
maximal 20 Punkte
7.11min

Im Vergleich zum GT S ist der GT R 25 Sekunden schneller. Für diese Fabelzeit ist vor allem die grandiose Fahrbarkeit im Grenzbereich verantwortlich. Zu der hohen Fahrstabilität trägt auf der Nordschleife neben dem neuen Gewindefahrwerk, der Hinterachslenkung, den Sportreifen mit hohem Gripniveau und der unmerklich regelnden Traktionskontrolle vor allem auch die aktive Aerodynamik bei. Neben dem hohen mechanischen und aerodynamischen Gripniveau fällt auch die neu abgestimmte Lenkung positiv auf. Um die Mittellage reagiert die Hydrauliklenkung präzise, aber nicht mehr ganz so spitz wie noch im GT S.

Mercedes-AMG GT R, Nürburgring, Rundenzeit
Hans-Dieter Seufert
Hockenheim-Ring Kleiner Kurs
20
maximal 20 Punkte
1.06,4min

ESP off, Race-Modus aktiv, Adaptivdämpfer in "Sport Plus", Traktionskontrolle in Stufe 6 (drei gelbe, drei rote LED) – so lautet das Rezept für die schnelle Runde mit dem Mercedes-AMG GT R auf dem Kleinen Kurs in Hockenheim. Fast hätte der neue Querdynamik-Superstar aus Affalterbach dabei auch hier den amtierenden Spitzenreiter Porsche 918 Spyder verdrängt. Auch auf dem verwinkelten Kurs punktet der GT R mit seiner einfach beherrschbaren Fahrbarkeit im Grenzbereich. Sowohl beim Anbremsen, beim Einlenken als auch beim Herausbeschleunigen unter Last glänzt der AMG GT R mit seinem fantastischen Gripniveau. Keine unerwünschten Seitwärtsschritte oder spürbaren Lastwechselanfälligkeiten verbreiten hier Misstrauen. Zu der hohen Fahrbarkeit trägt auch der V8-Biturbo mit seinem guten Ansprechverhalten und seiner linearen Leistungsentfaltung bei. Im AMG GT R fühlt man sich zudem im Grenzbereich niemals von der Motorleistung überfordert. Der GT R ist gut motorisiert – aber nicht übermotorisiert.

Mercedes-AMG GT R, Hockenheim, Rundenzeit
Hans-Dieter Seufert
Beschleunigung / Bremsen
9
maximal 10 Punkte
14,8sek

Im Vergleich zu seinen Hauptkonkurrenten landet der GT R in dieser Disziplin nicht ganz vorne. Hierfür ist nicht die überzeugende Verzögerungsleistung, sondern vielmehr die Tatsache verantwortlich, dass alle anderen Konkurrenten deutlich stärker motorisiert sind – und damit längsdynamisch schneller sind.

Beschleunigung 0-200 km/h:
10,3 s
Bremsen 200-0 km/h:
4,5 s
Windkanal
9
maximal 10 Punkte

Dank der umfangreich modifizierten Aerodynamik, zu der unter anderem ein aktives Aero-Profil im Unterboden und das Luftregelsystem "Airpanel" (elektronisch gesteuerte Lamellen hinter der Frontschürze) gehören, konnte der aerodynamische Grip im Vergleich zum AMG GT S verbessert werden.

Vorderachse bei 200 km/h:
33 kg Auftrieb
Hinterachse bei 200 km/h:
54 kg Abtrieb
Querbeschleunigung
10
maximal 10 Punkte
1,70g

Wer hätte gedacht, dass man mit einem straßenzugelassenen Reifen jemals solche Querbeschleunigungswerte erreichen würde? Für die fast unglaubliche Querbeschleunigung von bis zu 1,7 g ist das hohe mechanische Gripniveau des AMG GT R verantwortlich. Großen Anteil hieran haben die auf Trockengrip optimierten Sportreifen vom Typ Michelin Pilot Sport Cup 2 ZP.

36-Meter-Slalom
15
maximal 15 Punkte
146km/h

Das Gripniveau der Michelin-Cup-2-Bereifung mit dem Zusatz "ZP" ist momentan mit Straßenzulassung nicht zu übertreffen. Das gilt natürlich nur, wenn die Reifen vorher auf Betriebstemperatur gebracht wurden. Bei diesen Geschwindigkeiten macht sich auch der hohe Abtrieb an der Hinterachse bemerkbar. Der GT R lenkt gut ein, geht bei Lastwechseln leicht quer, bleibt dabei aber jederzeit gut beherrschbar.

Fazit

83 Punktemaximal 100 Punkte

Kein anderer Seriensportwagen punktet derzeit mit einem so hohen Gripniveau und einer so einfach beherrschbaren Fahrbarkeit im Grenzbereich wie der Mercedes-AMG GT R. Ähnlich wie bei der schnellen Rundenzeit auf der Nordschleife brauchte man auch auf dem Kleinen Kurs von Hockenheim keine lange Eingewöhnungszeit, um sich am Limit pudelwohl zu fühlen. Reinsetzen, losfahren, Spaß haben, schnell sein! Um diesen erstaunlichen Querdynamiksprung zu realisieren, hat AMG das bestehende GT-Konzept umfassend überarbeitet. Dafür gebührt der gesamten Entwicklungsmannschaft aus Affalterbach großes Lob. Und auch das Preis-Leistungs-Verhältnis kann sich sehen lassen. Der GT R ist zwar kein Schnäppchen – aber im Vergleich zu seiner direkten Konkurrenz deutlich günstiger.

Technische Daten
Mercedes AMG GT R R
Grundpreis166.481 €
Außenmaße4551 x 2007 x 1284 mm
Kofferraumvolumen350 l
Hubraum / Motor3982 cm³ / 8-Zylinder
Leistung430 kW / 585 PS bei 6250 U/min
Höchstgeschwindigkeit318 km/h
0-100 km/h3,5 s
Verbrauch11,4 l/100 km