Mercedes B 200 d und BMW 218d Active Tourer
Neuer Benz-Van im Diesel-Duell

Mit der B-Klasse habe man das Familienauto neu erfunden, informiert Mercedes. Ach, kleiner haben sie es nicht?, denken wir uns da. Und verstehen es als Aufforderung, im Vergleichstest mit dem BMW 2er Active Tourer zu klären, was da so dran ist.

Mercedes B200d, BMW 218d Active Tourer
Foto: Achim Hartmann

Eine Statistik ist ja wie Knete, die sich immer passend zurechtformen lässt. Wenn wir sie nur an manchen Stellen ausreichend dehnen, an anderen Unregelmäßigkeiten platt drücken, kommt schon alles hin. Und wir können damit an dieser Stelle ganz besonders die 57.000 unserer Leserinnen und Leser begrüßen, die in diesem Jahr statistisch zum ersten oder wiederholten Mal Eltern werden. Und die 114.000 Neu- oder Wiederholt-Omas und -Opas gleich dazu.

Nun, allzu intensiver Nachprüfung sollte man diese Zahlen nicht unterziehen. Aber sie passen so gut zu diesen Autos, die sich doch gerade an beide Zielgruppen wenden. Seit 2014 dynamisiert der 2er Active Tourer den Familienalltag. Die B-Klasse tritt bereits in dritter Generation an. Obwohl lang und breit wie die A-Klasse sowie mit deren technischem Unterzeug versehen, ist sie nicht einfach ein A-Derivat mit zehn Zentimeter höherer Sitzposition und größerem Laderaum. Mehr als zuvor positioniert sich der B als eigenständiger Mercedes. Er ist – um die Traditionalisten aufzuwühlen – der eigentliche Erbe des 123er T-Modells.

Die B-Klasse überzeugt erneut im Alltag

Mercedes B200d, Kofferraum
Achim Hartmann
Die Alltagstauglichkeit zeigt sich im gut nutzbaren Kofferraum, dessen 445 bis 1.530 Liter Volumen sich nun noch cleverer variieren lassen.

Natürlich wahrt die Mercedes B-Klasse seine Errungenschaften, also die ganze Alltagsgeschicklichkeit. Sie zeigt sich im gut nutzbaren Kofferraum, dessen 445 bis 1.530 Liter Volumen sich ab Sommer noch cleverer variieren lassen als nur mittels der dreiteilig klappbaren Rücksitzlehne. Ab dann räumen sie bei Mercedes optional eine um 14 Zentimeter verschiebbare Rückbank in den Fond. Dazu gibt es eine umklappbare Beifahrersitzlehne. Deren Nutzen wird stets mit Surfbrettern demonstriert, um im echten Leben eher mit dem Transport von Unglamouröserem wie Schranktüren oder Weihnachtsbäumen Verwendung zu finden.

Beim BMW 2er Active Tourer gibt es 13-Zentimeter-Bankverschiebung und Lehnenklapperei schon lange. In den 390 Euro dafür ist zudem die Fernentriegelung enthalten, welche die neigungsverstellbaren Rücksitzlehnen entriegeln und federvorgespannt vorklappen lässt. Damit hat der BMW vorerst bei der Variabilität einen Vorteil gegenüber dem Mercedes. Ansonsten ähneln sich die beiden, halten einen bequemen Einstieg und viele Anlagen bereit. Während sich der BMW in zurückhaltender Solidität einrichtet, möbliert sich die B-Klasse moderner und hochwertiger. Das zeigt sich an metallverkleideten Türgriffen, üppiger gepolsterten Sitzen oder der großen Ablage samt Rollladen, für die es Platz gibt, weil der Automatikwählhebel ja an der Lenksäule sitzt.

Natürlich schaut die B-Klasse auch wegen der zwei großen Bildschirme so modern aus. Das Infotainment, aber auch Einstellungen etwa für die Sitze verwaltet der rechte Touchscreen. Über die zwei fitzeligen, berührsensiblen Tasten auf dem Lenkrad lässt sich das Instrumenten-Display konfigurieren, aber auch Menüs auf dem Touch-Monitor steuern. Ach, dazu gibt es noch das zu sensibel ansprechende Touchpad zwischen den Sitzen zur Steuerung. Und vieles, selbst die Farbe der Instrumentenbeleuchtung oder die Deaktivierung des Projektions-Head-up-Displays, kann man bestens mit der verständnisvollen Sprachbedienung bereden, die auf Tastendruck oder Sprachbefehl „Hallo Mercedes“ reagiert.

Strukturiertes Infotainment im BMW 2er

Nun, Sie ahnen – die schiere Fülle an Möglichkeiten macht die Bedienung nicht gerade leichter. Vor allem weil das MBUX genannte System eine schwer überschaubare Funktionsfülle mit tiefgründigen Menüs hat. Einige Funktionen klingen erst mal klasse: So spielt das Navi etwa die Ansicht der vorderen Kamera aufs Display, blendet Richtungspfeile dazu ein, um die Routenführung zu erleichtern. Aber da den Monitoren eine Hutze fehlt, sieht man davon bei Sonneneinstrahlung kaum etwas.

Beim BMW streichen noch richtige Zeiger über die Skalen von Tacho und Drehzahlmesser, das Head-up-Display lichtet seine Informationen nur auf einer kleinen, ausfahrenden Plexiglasscheibe ab. Und wegen der schieren Menge an Funktionen ist auch das iDrive verschachtelter als früher, aber man findet sich in der Struktur leichter zurecht – und dazu auch einfach mal einen normalen Schalter, etwa den für den Direktzugriff auf die Assistenzsysteme.

BMW 218d Active Tourer, Interieur
Achim Hartmann
Das iDrive ist verschachtelter als früher, aber in der Struktur findet man sich leichter zurecht.

Nun stellen wir noch fest, dass sich beide Vans gut überblicken und sich Kindersitze leicht isofixieren lassen – beim BMW zusätzlich auf dem Beifahrersitz. Dafür ist seine Rückbank nicht so bequem und intensiv ausgeformt wie das behaglichere Dreiersofa im Mercedes. Und jetzt, na, jetzt fahren wir mal los.

B-Klasse mit tollem Getriebe

Auf Knopfdruck startet beim Mercedes B 200 d ein neuer Antrieb: Hier kooperiert der für den Quereinbau modifizierte Zweiliter-Diesel der Baureihe OM 654q mit einem neu entwickelten Doppelkupplungsgetriebe – nicht wie bei den schwächeren Benzinern eines mit sieben, sondern mit acht Gängen. Die ersten sieben sind für vehementeres Temperament knapp gestuft, Nummer acht auf Effizienz getrimmt und lang übersetzt. Das trockensumpfgeschmierte Getriebe verträgt bis zu 520 Newtonmeter Drehmoment, wiegt 3,6 Kilo weniger als die bisherige Box und soll durch eine optimierte Steuerung schneller und passgenauer schalten.

Waren wir beim ersten Test der A-Klasse als 200 mit Siebengang-Doppelkuppler und 1,3-Liter-Benziner vom ruckigen Antrieb eher unterwältigt, passt es hier. Homogen und druckvoll legt der nach Euro 6d abgasreine Motor los. Da der Monoturbo seine 320 Nm bei 1.400 Umdrehungen pro Minute und bei 3.400 Umdrehungen pro Minute die 150 PS beisammen hat, kann das Getriebe früh, geschliffen und punktgenau in die hohen Gänge wechseln. Das nimmt dem Temperament nichts an Zügigkeit, sondern steigert das entspannte Unterwegssein, das der B 200 d mit hohem Komfort so fein beherrscht.

Mercedes B200d, Exterieur
Achim Hartmann
Durch eine optimierte Steuerung sollen die Getriebe der B-Klasse schneller und passgenauer Schalten.

Windschnittig (cW 0,24) huscht er über die Bahn, aufwendiger gedämmt als zuvor. Mit Adaptivdämpfern spricht er fein auf Unebenheiten an, steckt herbe Stöße behutsam weg, bewahrt noch im gestrafften Sport-Modus umgänglichen Komfort. Da sich bei Mercedes ja die A-Klasse um das Heldentum der Landstraße verdient macht, stimmten die Techniker das B-Fahrwerk besonnen ab und die Standard-Lenkung weniger direkt (16,8 statt 15,4 : 1). An Rückmeldung hat auch die Direktlenkung nicht viel zu bieten. Ja, der B lenkt fast so geschmeidig wie die größeren Hinterradantriebsmodelle: nicht aufreizend spontan, aber homogen und beschwingt, mit dezenter Rückmeldung und fein austarierter Präzision. Zwar wankt der Mercedes in Biegungen mehr als der BMW, er bleibt jedoch länger neutral, fährt noch sicherer, bremst vehementer.

Der BMW 2er ist immer noch ein Sportler

Das Vehemente, Ungestüme prägt noch immer den Charakter des Active Tourer. Es liegt ihm im Handling: Seine Lenkung reagiert mit spitzer, ansatzloser Präzision, verlangt höhere Haltekräfte, meldet unverhohlener zurück – wie man es von BMW erwartet. Auf Landstraßen agilisieren die Lenkung und das zappeligere Lastwechsel-Heckdrängeln die Kurverei. Selbst die straffe Federung wirkt da stimmig, wobei der Komfort nicht erst in Sport-Stufe der Verstelldämpfer ins Kernige tendiert. Auf langen Reisen jedoch stört das harsche, auf Agilität getrimmte Set-up, die Lenkung wirkt hibbelig, der Geradeauslauf unstet. Trotz fast gleicher Geräusch-Messwerte umtost der Wind den Tourer subjektiv lauter.

BMW 218d Active Tourer, Exterieur
Achim Hartmann
Der BMW 218d Active Tourer ist wie immer agiler als der Mercedes. Dabei vernachlässigt er aber den Komfort und kann mit seinen Assistenzsystemen nicht mit dem Mercedes mithalten.

Auch der Motor ist präsenter – in Ton wie Ansprechen. Der Euro 6d-Temp reine Zweiliter-Turbo legt beherzter los, dreht engagierter. Während BMW die kleinen Benziner und den 216d beim Active Tourer optional mit einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe verbandelt, kooperieren die stärkeren Varianten weiter mit der Aisin-Achtstufenautomatik. Auch sie reagiert spontan, schaltet weich und punktgenau, bringt aber keinen Komfortvorteil. Und auch keinen beim Verbrauch – mit 6,8 Litern pro 100 Kilometern liegt der des BMW im Test zehn Prozent über dem des Mercedes.

Der punktet hoch mit der bestens aufgestellten Assistenzausstattung samt aktiver Spurführung und -wechseln – das haben viele Oberklasse-Autos nicht drauf. So siegt der Mercedes, was uns die Möglichkeit einer unangreifbaren Statistik gibt: Die neue B-Klasse hat 100 Prozent aller Tests in auto motor und sport gewonnen.

Nicht von schlechten Eltern!

Fazit

1. Mercedes B 200 d Progressive
464 von 1000 Punkte

Bald noch variabler, siegt die Mercedes B-Klasse schon jetzt mit schmeichelndem Komfort, hoher Sicherheit, dem effizienten Antrieb und bester Vernetzung. Kompliziert: die Bedienung.

2. BMW 218d Active Tourer Advantage
439 von 1000 Punkte

Wie immer besonders agil, dazu hier variabler, vernachlässigt der praktische BMW 2er Active Tourer etwas den Komfort. Bei den Assistenzsystemen dagegen liegt er inzwischen richtig weit zurück.

Technische Daten
Mercedes B 200 d ProgressiveBMW 218d Active Tourer Advantage
Grundpreis37.414 €38.200 €
Außenmaße4419 x 1796 x 1562 mm4342 x 1800 x 1586 mm
Kofferraumvolumen445 bis 1530 l468 bis 1510 l
Hubraum / Motor1950 cm³ / 4-Zylinder1995 cm³ / 4-Zylinder
Leistung110 kW / 150 PS bei 3400 U/min110 kW / 150 PS bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit219 km/h210 km/h
0-100 km/h8,4 s9,1 s
Verbrauch4,2 l/100 km4,3 l/100 km
Testverbrauch6,2 l/100 km6,8 l/100 km