Mercedes G 300 CDI Professional im Supertest
Der Mercedes G für Abenteurer

Im Modellprogramm der G-Klasse nimmt der G Professional die Stellung des Hardcore-Geräts ein. Der hat das Zeug zum Weltenbummler. Im Supertest muss der G fürs Grobe beweisen, was in ihm steckt.

Supertest Mercedes G-Klasse Edition Pur
Foto: Torsten Seibt

32 Jahre und kein bisschen leise: Mit der Version G Professional feierte Mercedes das Jubiläum des kantigen Kult-Allradlers. Dabei ist der pure G nicht wirklich neu. Denn hier handelt es sich um die zivile Variante der Nutzfahrzeug- und Militärbaureihe in der aktuellsten Ausführung, die seit zwei Jahren auf dem Markt ist. Dem Käufer kann es nur recht sein: Was robust genug für den Armee-Einsatz ist, wird in Privathand kaum schwächeln.

Äußerlich unterscheidet sich dieser Geländespezialist nicht  vom letzten zivilen 461er-Modell, das 2001 eingestellt wurde. Scheinwerfer ohne die Kunststoffeinfassung des 463er-Baumusters, Stoßfänger mit Zugmaul - wäre da nicht das verräterische Luftansauggitter im Kotflügel und die riesigen Lkw-Rückspiegel, könnte der G Professional auch als perfekt restaurierter Oldtimer aus 1979 durchgehen.

Unsere Highlights

Der Mercedes G Professional basiert auf der Militärausführung

Die olivgrüne Herkunft des in unschuldigem weiß lackierten Testwagens offenbart sich spätestens nach dem traditionell schwerfälligen aufwuchten der Fahrertür: Blankes Blech, Nato-Lichtschalter, Ablaufstöpsel im Bodenblech, 24-Volt-Steckdose, kunststoffbezogene Einzelsitze. Nach Pomp und Gloria sucht man im G Professional vergebens, alleine das lederummantelte Airbaglenkrad sticht seltsam modern aus dem strengen Umfeld heraus.

Der Testwagen trat nicht mehr ganz so pur an, wie ihn die Preisliste als Basis ausweist: Zum Grundpreis von 66.759 Euro addieren sich Extras im Wert von rund 7.000 Euro (begehbare Motorhaube, Klimaanlage, Radio, elektrisch verstellbare Außenspiegel, Holzverkleidung Laderaum, Geländebereifung auf Leichtmetallrädern) zu einem Gesamtpreis von 73.542 Euro. Zum Vergleich: Der ähnlich rustikale Land Rover 110 Station ist ab 31.200 Euro zu haben.

Der Verzicht auf jeglichen höherwertigen Komfort schlägt sich gegenüber dem luxuriösen 463er-Modell erstaunlicherweise kaum im Gewicht nieder. Mit 2.450 kg gerade einmal 60 Kilo leichter als der mit dem gleichen Motor bestückte G 350 CDI - da zeigt sich einmal mehr, dass beim G vor allem die robuste Mechanik ordentlich wiegt. So fühlt sich das Auto auch an, jeder Handgriff bedarf des Nachdrucks. Vom öffnen und schließen der Türen über die Lenkung bis hin zur Bedienung von Lüftung oder Lichtschalter. Leichtgängig oder gar wackelig ist nichts an diesem Auto.

Kaum weniger Gewicht gegenüber dem G 350 CDI

Dem feschen 463-Bruder hat der Professional-G etwas mehr Raum voraus. Die Einzelsitze hinten bringen den beiden Passagieren bequemere Unterkunft, der Verzicht auf die raumgreifenden Türverkleidungen mit all ihren elektrischen Bedienelementen sorgt für größere seitliche Bewegungsfreiheit. Gegenüber dem Mercedes G 350 CDI ist der baugleiche Dreiliter-V6-Diesel im G Professional gedrosselt. 400 statt 540 Newtonmeter, 184 statt 211 PS. Die Fahrleistungen sind entsprechend weniger dramatisch als in modernen Hochleistungs-SUV, allerdings aller Ehren wert: Nach 12,5 Sekunden fällt die 100 km/h-Marke, die Beschleunigung von 80 auf 120 km/h hakt der G Professional in 10,6 Sekunden ab. Bei 158 km/h wird sanft elektronisch abgeregelt, schneller muss man auf dem Weg nach Ouagadougou schließlich selten fahren. Die freiwillige Selbstkontrolle stellt sich auf Langstrecken ohnehin bereits bei weniger Tempo ein. 

Durch den Verzicht auf jegliche Dämmung wird es bei hohen Geschwindigkeiten unangenehm laut im Gehäuse. Dafür ist die auf hohe Beladung ausgelegte Schwerlastfederung (bis zu eine Tonne Zuladung!) auch auf Langstrecken genießbar, lediglich Querfugen und ähnliche kurze Stöße im Straßenbelag lassen die Insassen freudig nicken. Bei gedrosseltem Tempo bleibt außerdem der Durst des Triebwerks erträglich, dann lässt sich der G mit 13 Liter bewegen. Allerdings sind, da bleibt auch dieser Mercedes unter den Geländewagen der Tradition treu, 20 Liter Verbrauch ebenso alltäglich, wenn man es eilig hat. 

In unseren Einzelwertungen lesen Sie, we sich der Mercedes G Professional im Supertest geschlagen hat.

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Test Wertungen
Unterboden
41
maximal 10 Punkte

Die Abgasanlage schlängelt sich kunstvoll von rechts nach links über den Rahmen, auf der Beifahrerseite ragt sie unter dem Schweller hervor. Ansonsten sind sämtliche relevanten Teile vom Getriebe bis zu einzelnen Steuerleitungen gut geschützt innerhalb der beiden Rahmenlängsträger befestigt. Ein wirklich stabiler Metallschutz behütet Motor und Ölwanne vor gefährlichen Blessuren, der Tank ist ebenfalls in ein Schutzblech gehüllt. Zwei rahmenfeste, massive Schleppösen hinten, das große Schleppmaul in der vorderen Stoßstange – der G-Fahrer ist gerüstet für alle Bergeaktionen.

Torsten Seibt
Verschränkung
171
maximal 200 Punkte

Nicht nur wegen der zwei Achsstabilisatoren, auch durch die verbauten Schwerlastfedern ist die Verschränkung des G Professional wenig berauschend. Gerade einmal 190 Millimeter maßen wir beim Testwagen, für einen waschechten Offroader mit zwei Starrachsen eher mäßig. Dafür sind die drei Sperren Garantie dafür, dass es auch mit zwei Rädern in der Luft problemlos weitergeht. Der G Professional hebt bereits in der ersten Bahn zeitweise ein Bein, im zweiten Teil der Wertungsstrecke um so öfter. Beeindruckend: Ohne die Trittbretter des 463ers ist der Rampenwinkel ausgezeichnet, selbst die Schlüsselstelle mit der steilsten Kuppe wird bewältigt. Der Aufbau ist extrem stabil, selbst in voller Verschränkung öffnen und schließen alle Türen tadellos

Torsten Seibt
Fahrwerk
69
maximal 100 Punkte

Das steifbeinige Fahrwerk liefert im Geröllhang keine Glanzleistung ab. Immer wieder verliert ein Rad den Bodenkontakt, der G überbremst im gesperrten ersten Gang, kommt ins rutschen. Bei der Bergauffahrt muss mittig und hinten gesperrt werden, weil die hüpfenden Räder sonst wechselseitig durchdrehen. Das leicht unwillige Federverhalten merkt man auch im Fahrzeug, da kommt man ordentlich in Bewegung beim hin- und herschaukeln.

Torsten Seibt
Steigfähigkeit
144
maximal 200 Punkte

Die Fünfstufen-Automatik und der gedrosselte Motor sorgen für eine bessere Dosierbarkeit am Hang als beim starken G 350 CDI mit der Siebengang-Automatik. Der G Professional reagiert damit weniger bissig auf den Gaspedal-Befehl, wodurch die Darbietung in den Steigungsbahnen deutlich souveräner wird. Ohne Radschlupf fährt er auch in der steilsten Steigung an. Die Feststellbremse hält selbst bei 65% Steigung zuverlässig. Die Bergabfahrt nur mit Motorbremse im gesperrten ersten Gang ist ebenfalls eine Gala-Vorstellung. Selbst auf der steilsten Bahn könnte das Motorbremsmoment eventuell knapp reichen, wenn die Reifen genügend Grip hätten. Die BF Goodrich A/T auf dem Testwagen verlieren allerdings bei 65% durch überbremsen die Haftung und der schwere G kommt ins rutschen. Deshalb muss mit der Fußbremse nachgeholfen werden.

Supertest Mercedes G-Klasse Edition Pur
4wheelfun
Handling
64
maximal 100 Punkte

Mit einer gefühlten Gedenksekunde muss man leben. Ob es der reichlich schwergängige Dreh am Lenkrad oder die Umsetzung eines Gaspedal-Auftrags ist, der G Professional nimmt sich Zeit um zu reagieren. Besonders bei zackigen Richtungswechseln ist Geduld gefragt, bis die schwere Fuhre den Kurs wechselt. Kraft ist reichlich vorhanden, die Untersetzung ist unnötig. Praktisch dagegen, dass mit dem Einlegen der Zentralsperre auch das ABS abgeschaltet wird und entsprechend kurze Bremswege im Sand möglich sind. Da kein ESP verbaut ist, pfuscht dem Fahrer auch keine im Gelände störende Elektronik ins Handwerk.

Supertest Mercedes G-Klasse Edition Pur
4wheelfun
Wat-Verhalten
88
maximal 100 Punkte

Zehn Zentimeter mehr als beim zivilen Bruder: Mit den genehmigten 60 cm Wattiefe hat der G Professional keinerlei Probleme. Das Wasser reicht ihm zwar zu den Türkanten, die bleiben jedoch mustergültig dicht. Über Nebenaggregate (der Riementrieb reicht bis zur Stoßstangen-Unterkante) wird allerdings Wasser in den voll gepackten Motorraum geschaufelt. Die Luftansaugung an der Kotflügelseite wird inzwischen mit einem serienmäßigen Schnorchel höhergelegt, beim Testwagen war dieser noch nicht montiert. Scheinwerfer und Rückleuchten bleiben dicht. Lediglich die nachgerüsteten Nebelscheinwerfer im 70er-Jahre-Look laufen voll, anschließend aber beinahe ebenso flott wieder leer.

Supertest Mercedes G-Klasse Edition Pur
4wheelfun
Übersichtlichkeit / Wendigkeit
63
maximal 100 Punkte

Die Abmessungen sind nahezu identisch zum 463er-G, bis hin zu den Kotflügelverbreiterungen. Obwohl die Außenspiegel am Doppelbügel ziemlich groß wirken, ist der G damit nicht breiter – 198 Zentimeter von einer Spiegelkante zur anderen. In der Fahrzeuglänge bleibt der Viersitzer deutlich hinter aktuellen Groß-SUV zurück. Der Wendekreis, bedingt durch Starrachsen und Längslenker, fällt dagegen relativ üppig aus. Durch die strenge Kastenform lässt sich der G extrem gut einschätzen, wenn man kurz mit ihm geübt hat, zentimetergenau lässt er sich an Hindernisse heran rangieren. Der Überblick nach hinten, limitiert durch das kleine, zusätzlich vom Ersatzrad verdunkelte Heckfenster könnte aber besser sein. Eine feine Sache ist die ungesperrt benutzbare Untersetzung, etwas unkommod beim rangieren wirkt die schwergängige Lenkung.

Supertest Mercedes G-Klasse Edition Pur
4wheelfun
Traktion
40
maximal 50 Punkte

Sein größtes Handicap ist das hohe Gewicht. Bei komplett ausgereizter Zuladung sind 3,5 Tonnen zu bewegen, selbst unbeladen ist der G ein schwerer Brocken. Daran ändert die spartanische Ausstattung des G Professional nur wenig. Deshalb ist er bei tiefen Böden dringend auf seine Sperren angewiesen, sonst geht es nur in eine Richtung: abwärts. Die Durchfahrt des Tiefsandbeckens gelingt passabel, allerdings begleitet von einer wenig spontanen Lenkung. Der Kurs sollte vorab gewählt werden, wenn erst einmal Fahrt aufgenommen wurde, geht es stur geradeaus.

Supertest Mercedes G-Klasse Edition Pur
4wheelfun
Antriebssystem
88
maximal 100 Punkte

Permanenter Allrad, drei Sperren, Automatikgetriebe – die Technik ist für schwerstes Gelände wie geschaffen. Speziell die Differenrtialsperren sind auch nötig im Sandhang, und zwar alle. Erst wenn beide Achsen gesperrt sind, gelingt es dem Mercedes, sich aus dem Stand den Hang hinaufzuackern. Zunächst im Schneckentempo, dann mit immer mehr Fahrt. Auffällig: Die Tendenz zum Trampeln unter Volllast ist zwar ebenfalls da, aber längst nicht so heftig wie beim stärkeren 463er G-Modell. Der Leistungseinsatz des gedrosselten Dreilitermotors ist außerdem sanfter. Nach dem dritten Durchlauf wechselt der G allerdings - vermutlich wegen Hitzeproblemen - in den Notlauf und gibt nicht mehr die volle Leistung frei. Erst nach einer entsprechenden Abkühlphase funktioniert er wieder problemlos.

Supertest Mercedes G-Klasse Edition Pur
4wheelfun

Fazit

Der Mercedes G Professional sieht nur oberflächlich wie ein fabrikneuer Oldtimer aus. Die verbaute Technik ist trotz militärisch-strenger Ausrichtung (24-Volt-Netz, wasserdichte Elektrik, extrem robustes Interieur) weit vom simplen Vorkammer-Diesel-G aus den 1980er-Jahren entfernt. Zu einem bemerkenswerten Preis bietet der G des Baumusters 461 dennoch überragende Geländefähigkeiten und die Gewissheit, ein echtes Sammlerstück zu fahren. Den Supertest hat der G 300 CDI Professional mit Bravour bestanden.

Technische Daten
Mercedes G 320 CDI
Grundpreis70.091 €
Außenmaße4212 x 1760 x 1931 mm
Kofferraumvolumen250 bis 1580 l
Hubraum / Motor2987 cm³ / 6-Zylinder
Leistung165 kW / 224 PS bei 3800 U/min
Höchstgeschwindigkeit177 km/h
Verbrauch11,1 l/100 km