Mercedes V-Klasse
Erster Vergleich mit VW T5

Kaum ziehen elf Jahre ins Land, schon bekommt der Mercedes Viano einen Nachfolger. Der heißt nun wieder V-Klasse – und will unter den großen Vans eine Klasse für sich sein.

Mercedes V 250 Bluetec, VW T5, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

An Zeit zum Entwickeln hat es nicht gemangelt. Vor 128 Monaten stellte Mercedes den Viano vor. Viele seiner Zeitgenossen – Golf V, Smart Roadster oder Mercedes CLK Cabrio – haben sich längst auf den Gebrauchtwagenmarkt zurückgezogen. Einer ist noch da, und das seit 130 Monaten: der VW Multivan, unverändert der größte Rivale der neuen Mercedes V-Klasse.

Mercedes V-Klasse mit Basispreis von rund 40.000 Euro

Die Mercedes V-Klasse kehrt zur ursprünglichen Klassifizierung zurück, weil sie sich ganz als Pkw versteht. Das zeigt sich auch daran, dass sie vor dem Nutzfahrzeug-Cousin Vito präsentiert wird und sich technisch mehr als bisher von ihm unterscheidet. Und nein, man kann sich nicht vorstellen, dass so ein Mercedes V 250 Bluetec Avantgarde mit 19-Zoll-Alurädern, Sportfahrwerk und schwarzen Ledermöbeln mal im Namen des Wasserrohrbruchs Klempner-Werkzeug transportiert.

Er wende sich stattdessen, so vermerkt Mercedes, als VIP-Shuttle an Hoteliers, an Freizeitler mit sperrigem Sportgerät und an raumbedürftige Familien. Doch auch mehrfach Kindergeldberechtigten dürfte es meist an Finanzgewalt für diese in drei Längen und zwei Radständen lieferbaren Mobilien mangeln – woran auch die Tatsache nichts ändert, dass die Mercedes V-Klasse mit rund 40.000 Euro Basispreis ausstattungsbereinigt etwas weniger teuer ist als ein VW T5.

Falsch ist es also nicht, die Mercedes V-Klasse als echten Traumwagen für Familien zu bezeichnen. In der beliebtesten – der mittleren – Länge von 5,13 Metern verschafft er sechs Passagieren enorm viel Platz. Wie unsere Messwerte zeigen, bietet der in der Länge um knapp 24, im Radstand um 20 Zentimeter kürzere VW Multivan allerdings ein kaum weniger üppiges Raumangebot. Das liegt daran, dass die Motoren – drei Varianten des 2,1-Liter-Turbodiesels mit 136, 163 und 190 PS – in der Mercedes V-Klasse längs im Bug sitzen und die Front die ganzen zehn Zentimeter Längenwachstum für besseren Fußgängerschutz aufbraucht.

Viele Helfer für die Mercedes V-Klasse

Überhaupt, die Sicherheit: Da bringen die Entwickler die Mercedes V-Klasse auf den aktuellen Stand der Pkw, mit Fahrerassistenzen von Abstandstempomat bis Spurwechselhelfer, dazu den neuen Seitenwind-Assistenten, der den Van per ESP auf Spur hält. Natürlich haben alle Rücksitze Isofix und Klemmer in den integrierten Gurten, und der Magnesium-Sitzrahmen soll sowohl höchsten Kräften standhalten als auch das Gewicht senken.

Wobei die vier bequem gepolsterten und auf Schienen verschiebbaren Sessel in der Mercedes V-Klasse noch immer jeweils 29,5 Kilo wiegen, wie wir gemessen haben. Die Sitze des VW T5 liegen sogar noch zehn Kilogramm darüber, lassen sich eingebaut aber auch drehen. Und die Dreier-Rückbank klappt zum Bett.

Das kann die Mercedes V-Klasse ab Sommer auch. Schon jetzt überzeugt sie mit cleveren Details, von denen man sich fragt, warum erst jetzt jemand darauf gekommen ist. Die separat öffnende Heckscheibe etwa, weil so in engen Parklücken nicht die garagentorgroße Heckklappe elektrisch hochsurren muss. Oder die zweite Ladeebene direkt auf Höhe des Heckfensters. Die sieht aus wie ein Tischchen, lässt sich aber aufklappen.

Mercedes V-Klasse bekommt wie der VW T5 Allrad

Drin liegen zwei Faltboxen, in denen der kleine Einkauf Halt findet, anstatt wie sonst in so großen Autos nach der ersten Kurve rumzukullern. Klappen die Lehnen der Einzelsitze um, lässt sich auf die obere Ebene ein ganzer Bibliotheksbedarf an Billy-Regalen packen. Wer die volle Ladehöhe braucht, nimmt die 18 Kilo schwere, im Sitzschienensystem verankerte Zwischenebene heraus.

Trotz vieler Ablagen sieht der VW T5 dagegen mit der schweren, umständlich klappenden Rückbank nun etwas alt aus. Ist er ja auch, muss aber nicht mehr beweisen, dass er mit seiner breiten Motorenpalette und einer Unmenge an Extras sowie mit Allrad (bekommt die Mercedes V-Klasse auch bald) zu den großen automobilen Universaltalenten zählt.

Dagegen muss die Mercedes V-Klasse im Test noch zeigen, wie gut ihre selektiven Dämpfer funktionieren, die je nach Fahrweise eine weiche oder straffere Kennlinie wählen, wie gut sie der Einparkassistent in eine Lücke bugsiert, die nur einen Meter länger ist als sie, und ob der 163-PS-Diesel wirklich mit 6 Liter/100 km auskommt. Lange genug Zeit, sich darauf vorzubereiten, hatte sie ja.

Vor- und Nachteile
Mercedes V 250 Bluetec
+ Edles Interieur
+ enorm viel Platz
+ hohes Sicherheitsniveau
+ modernes Infotainment
+ zweite Ladeebene
+ öffnende Heckscheibe.
- Die jeweils knapp 30 Kilo schweren Rücksitze lassen sich nur beschwerlich aus- und einbauen und nicht einfach drehen.

Fazit

Es sind mitunter kleine Details, die den wahren Wert eines Autos aufzeigen. Dass die Mercedes V-Klasse groß, raumintensiv und innen viel edler sein würde, war bekannt. Doch im Alltag wird sie mit der öffnenden Heckscheibe und der zweiten Ladeebene überzeugen.