Smart Fortwo im Gebrauchtwagen-Check
So gut ist der City-Flitzer aus 2. Hand

Manchmal braucht es etwas länger, bis eine Idee zündet. Beim Smart könnte das jetzt der Fall sein – was auch an seinem hohen Neupreis liegen mag. Gebraucht ist der Zwerg interessant – oder, Meister Wünsch?

Smart 451 Fortwo, Gebrauchtwagen-Check, asv1417
Foto: Dani Heyne

Ist es nicht ein seltsames Gefühl zu wissen, dass wir schon Anfang der 90er-Jahre ein modernes Stadtauto made in Germany hätten haben können? So zumindest hatte es sich der Schweizer Uhrenunternehmer Nicolas Hayek erträumt. Seine Vision von einem wendigen Stadtflitzer besaß nämlich Hybrid- oder Elektroantrieb. Die Zusammenarbeit mit Volkswagen platzte allerdings, weil man sich in Wolfsburg nicht zur Serienproduktion entschließen konnte.

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Enttäuscht trug Hayek seine Idee anschließend in Stuttgart bei Mercedes vor, wo bis März 1994 zwei Designstudien entstanden. Das ursprüngliche Konzept – unter dem Motto Konzentration aufs Wesentliche – blieb dabei ebenso auf der Strecke wie die zukunftsweisenden Antriebsvisionen. Nach dieser wiederholten Pleite stieg Hayek endgültig aus dem Projekt aus.

Was überlebte von Hayeks Vision?

Im Hause Daimler wurde man 1995 nicht müde zu betonen, dass der auf der IAA vorgestellte Smart Fortwo nichts mit den Plänen des Schweizers zu tun habe. Von ihm hätte man nur die Idee der Glastürme aufgegriffen – einer Neuinterpretation des Autohauses, in dem die Smart-Neuwagen mitnahmebereit und werbewirksam gestapelt auf Kunden warten.Es sollte aber noch bis Oktober 1998 dauern, bis es in Europa die ersten Smart Fortwo in den Ausstattungsvarianten pure und pulse gab.

„Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern“, sagt Meister Wünsch, „als die ersten Smart über die Straßen rollten. Wie kurz die waren – und wie genial sie sich quer zum Bordstein parken ließen. Das trieb die Knöllchenschreiber schier in den Wahnsinn.“ Während er das erzählt, läuft er einmal um den heutigen Testkandidaten: einen schwarzen Smart Fortwo, Erstzulassung November 2011, mit gerade mal 15.000 Kilometern auf der kleinen Uhr.

„Schade, dass Mercedes ausgerechnet den Vorteil beim Parken mit der zweiten Modellgeneration aufgegeben hat, die sich mit 2,69 Meter Außenlänge leider nicht mehr quer zum Bordstein abstellen ließ“, resümiert der Meister und nimmt dabei die Außenhaut des Smart genau unter die Lupe.

Das kleine Automobil besteht bekanntermaßen aus einer äußerst steifen Fahrgastzelle – der sogenannten Tridion-Sicherheitszelle –, die ihre Passagiere im Falle eines Falles erstaunlich gut schützen kann. Daher holte die zweite Generation des Smart Fortwo (Typ 451) auch vier von fünf Sternen beim Euro-NCAP- Crashtest.

Smart 451 Fortwo, Gebrauchtwagen-Check, asv1417
Dani Heyne
Echt smart! Die Elektronik informiert schon damals vor jedem Start, wie viel Zeit noch bis zum nächsten Service bleibt.

„Diese Zelle muss unbedingt in tadellosem Zustand sein“, erklärt Meister Wünsch und fährt mit der linken Hand über die silberne B-Säule.

„Haben die lackierten Kunftstoffbeplankungen dagegen irgendwelche Macken, sind sie vergleichsweise einfach zu wechseln.“

Der Meister ist am Heck angekommen und überprüft, ob die Entriegelung der gläsernen Heckklappe funktioniert – eine bekannte Schwachstelle am Smart. An diesem Modell arbeitet der Taster tadellos. Am Rest der Karosse kann der Meister ebenfalls keine Fehler feststellen, also startet er zu einer Probefahrt.

Reichen 71 PS zum Glücklichsein?

Bei jedem Smart mit zwei Türen sitzt der Motor im Heck – dabei handelt es sich fast immer um Dreizylinder.In unserem Fall besitzt der 999 Kubikzentimeter kleine Benziner keinen Turbolader, daher kommt er „nur“ auf 71 PS. „Was aber ganz und gar kein Nachteil ist“, klinkt sich Meister Wünsch ein, „denn wie sagt man so schön: Was nicht an Bord ist, kann auch nicht kaputtgehen.“ Dabei spielt er auf den Turbolader an, der in dieser Smart-Generation gerne mal für hohe Reparaturrechnungen gesorgt hat, allerdings vorrangig bei den Dieselversionen.

Da ein Benziner beim Smart klar die klügere Wahl ist, sitzen wir heute im richtigen Auto. Und dass 71 PS bei rund 900 Kilogramm Leergewicht die Mundwinkel nach oben schnellen lassen, wird schon nach wenigen Metern klar. Meister Wünsch ist sichtlich angetan vom Antritt des Kleinstwagens. „Und wie sanft das Getriebe schaltet“, betont er mit einem süffisanten Unterton. Wohl wissend, dass es die Achillesferse des Smart ist.

Wie schön wäre es mit DSG gewesen …

Denn wie schon der Vorgänger musste auch Fortwo Nummer II mit einem automatisierten Schaltgetriebe auskommen. Es besitzt zwei Schaltwalzen, fünf Gänge und den unangenehmen Nebeneffekt, eine künstliche Pause beim Gangwechsel einzubauen, sodass Fahrer und Beifahrer jedes Mal ungewollt mit den Köpfen nicken müssen. Hört sich banal an, nervt auf Dauer aber. Zumal es keine Alternative gibt. Aus Platzmangel – hatte Mercedes stets betont. „Dabei gab es zu jener Zeit bereits wunderbare Doppelkupplungsgetriebe“, erinnert der Meister und rangiert den Smart auf die Hebebühne.

Smart 451 Fortwo, Gebrauchtwagen-Check, asv1417
Dani Heyne
Tipptopp! So muss ein Unterboden nach sechs Jahren aussehen: Alle Karosseriekanten sind rostfrei und der Antrieb staubtrocken.

„Dieses Modell hat ein paar Eigenheiten, über die man Bescheid wissen muss“, holt er anschließend aus. „Um den Ölstand überprüfen zu können, muss das Kofferräumchen leer geräumt, und die Bodenplatte angehoben werden. Erst dann hat man Zugang zum Motor.“

Beim Ölwechsel bestand Mercedes bei den ersten Smart übrigens darauf, dass das Öl der Motoren abgesaugt werden musste – es gab am Anfang keine Ölablassschraube. Genauso umständlich verlief ein Glühbirnenwechsel. „Das hat sich bei der zweiten Generation alles verbessert“, weiß Meister Wünsch und zeigt auf zwei kleine Laschen im Kühlergrill. „Werden sie entriegelt, lässt sich die Haube abnehmen – so ist der Weg zu den Scheinwerfern frei.“

Und wie steht es technisch um den Smart?

„Erstaunlich gut“, murmelt der Meister, nachdem er die Bremsen und Achsgelenke überprüft, Motor und Getriebe auf Dichtheit gecheckt hat. Die sechs Jahre sieht man dem großflächig verkleideten Unterboden an keiner Stelle an. Nicht mal der Auspuff hat ein Rostbläschen. „So sind auch unsere Erfahrungen in der Werkstatt mit dieser Smart-Generation – die Flitzer sind zuverlässig und hart im Nehmen“, fasst Meister Wünsch zusammen.

Werfen wir am Ende einen Blick auf die Gebrauchtwagenpreise. Da sieht es gar nicht mal so schlecht aus: In den gängigen Internetbörsen werden zum Beispiel fünf Jahre alte Fortwo mit 71-PS-Benzinern und weniger als 50.000 Kilometern Laufleistung ab 4.000 Euro angeboten.

Das klingt nach viel, ist angesichts der robusten und zugleich sparsamen und sicheren Art dieses Automobils aber nicht zu viel – schließlich lag der Neupreis des Fortwo über der 10.000er-Marke.

Fazit

Der Smart Fortwo ist ihr Typ, wenn Ihnen sparsame Automobile gefallen – und Sie keine leere Rückbank mehr durch die Stadt chauffieren wollen. Wenn Platz auch in Ihrer Stadt knapp bemessen ist– vor allem Parkplatz. Und da ja zu Recht immer mehr vom ökologischen Fußabdruck die Rede ist, wollen Sie endlich Nägel mit Köpfen machen. Außerdem, wer sagt denn bitte schön, dass man mit diesem kleinen Automobil keinen Spaß haben kann? Gut, die Schaltung ist ein wenig gewöhnungsbedürftig. Aber der Rest? Wendig, pfiffig und garantiert sparsamer als Ihr alter Wagen. Nur Mut!

Das gefällt uns:

Die Vision zu diesem Automobil – ein reduzierter Stadtflitzer für zwei mit stabiler Sicherheitszelle, kleinen Motoren und geringen Verbräuchen. Ist doch genau das richtige Auto für unsere Zeit, in der immer mehr Menschen weltweit in Städten leben. Umso erstaunlicher, dass Daimler den Smart schon seit 1998 im Programm hat.

Das stört uns:

Das träge schaltende automatisierte Getriebe. Und dass es drei Generationen gedauert hat, bis der Smart mit Elektroantrieb zu haben war – dabei ist er dafür prädestiniert. Zweites Kopfschütteln für die Preispolitik: Der Smart startete neu oberhalb der 10.000-Euro-Marke. Dafür gab und gibt es bei der Konkurrenz mehr Auto für weniger Geld.

So ist die Marktlage:

Mittlerweile wirklich gut. Der Smart ist beliebt, hat sich etabliert. Entsprechend viele Modelle werden in den gängigen Gebrauchtwagenbörsen im Internet angeboten. Dabei sollte allerdings ein weiter Bogen um jegliche Art von Ex-Pizza-Dienstboten gemacht werden. Und um die Dieselversionen – die passen nicht zum Kurzstreckenspezialisten.