Hyundai Nexo und Toyota Mirai im Test
Brennstoffzellen-Pioniere im Alltag

Mit Hyundai Nexo und Toyota Mirai gibt es inzwischen zwei Wasserstoff-Fahrzeuge in Deutschland. So unterschiedlich ihre Karossen auch sein mögen – ein Vergleichstest der beiden ist da natürlich Ehrensache. Dann mal los.

Hyundai Nexo, Toyota Mirai, Exterieur
Foto: Dino Eisele

Kenner der Materie wissen es: Bei jedem Vergleichstest steht immer eine gemeinsame Ausfahrt über wohlbekannte Routen an. Natürlich im Konvoi, und schon bei den diversen Wagentauschen wissen die Testkollegen viel zu berichten. So sieht der Hintermann recht gut, wie kräftig das Fahrwerk des Führungsautos arbeitet, ob der Wagen wankt und schaukelt oder ob die Blinker bei aktivem Bremslicht noch ablesbar sind. Was hier übrigens beim Toyota nicht zutrifft.

Doch bei dieser Vergleichsfahrt und der folgenden Bewertung der beiden Brennstoffzellenautos – der ersten dieser Art – stoßen wir auf ganz neue Themen. Mit der „vergleichenden“ Wasserstoffbetankung an der OMV-Tankstelle am Flughafen Stuttgart fängt es bereits an. Da fällt zunächst auf, dass eigentlich nichts auffällt. Bei beiden Probanden erfolgt das Befüllen so unspektakulär und schnell wie bei normalen Verbrennern: Tankdeckel per Taste im Cockpit öffnen, Ladepistole aufsetzen und fixieren. Betankung starten. Dauer? Nicht länger als fünf Minuten, sofern die Anlage 700 bar Druck leistet. Dann den Stutzen wieder abziehen. Klappe zu. Fertig.

Antrieb und Verbrauch: kleine aber feine Unterschiede

Der Mirai, dessen E-Antrieb 114 kW (155 PS) leistet, fasst maximal fünf Kilogramm Wasserstoff. Im 120 kW (163 PS) starken Nexo sind die Behälter etwas größer und nehmen 6,33 Kilogramm auf. Beide Fahrzeuge liegen im Verbrauch übrigens extrem eng beieinander, der Mirai benötigt im Schnitt 1,1 kg, der Nexo 1,2 kg. Entsprechend kommt der Hyundai mit einer Ladung etwas weiter. Die Reichweiten selbst sind beruhigend groß – wichtig angesichts des dünnen Tankstellennetzes.

Wenig später, beim Wechsel auf dem Rastplatz an der A 8 in Richtung Ulm, amüsiert sich Kollege Jo Deleker über die putzigen Dampfwölkchen, die der Nexo bei flotter Autobahnfahrt ausstößt, die auf der Windschutzscheibe des Mirai kondensieren und dessen Wischer zum Einsatz bringen. Wir grübeln weiter, denken an die kalte Jahreszeit und landen am Ende bei Blitzeis auf der Autobahn oder gefrierenden Pfützen unter dem Heck. Der Mirai pieselt sogar auf Tastendruck, damit nach Fahrtende in der heimischen Garage keine Lache entsteht. Bis minus 30° C können die Brennstoffzellen betrieben werden, wobei der Nexo nach 30, der Mirai nach 70 Sekunden voll einsatzfähig sein soll. All diese Angaben sind noch nicht punkterelevant, zeigen aber, was uns Testern noch bevorsteht und was die Entwickler bei den Herstellern jetzt schon sehr beschäftigt.

Hier und heute relevanter sind die Unterschiede in Fahrverhalten, Platzangebot und Verarbeitungsqualität. Schon nach der zweiten Autobahn-etappe ist klar, dass Hyundai mit dem erst im August eingeführten Nexo ein wirklich gutes Auto im Programm hat. Sein E-Motor generiert 395 Nm Drehmoment – entsprechend kraftvoll tritt der 1,83 Tonnen schwere SUV aus dem Stand an und nimmt dem Toyota (335 Nm) schon beim Sprint von 0 auf 100 km/h eine Sekunde ab.

Hyundai Nexo, Exterieur
Dino Eisele
Mit 1.832 Kilogramm ist der Nexo um 20 Kilogramm leichter als sein Wasserstoff-Konkurrent. Das macht sich auch im 100er-Sprint bemerkbar, mit 9,2 Sekunden ist der Hyundai genau eine Sekunde schneller.

Zugleich ist bei ihm selbst bei hohen Geschwindigkeiten nahe 180 km/h vom E-Motor oder der einströmenden Luft zur Brennstoffzelle kein Mucks zu hören, während es im Mirai mit zunehmendem Tempo immer lauter wird. Ein Extrapunkt gebührt dem Hyundai für seine dreistufige Rekuperation, die der Fahrer mittels Schaltwippen am Lenkrad einlegen kann.

Der seit drei Jahren erhältliche Mirai belässt es bei einer Stufe, kann deshalb nicht so stark verzögern. Das gilt übrigens auch für die Bremsanlage, die mit Werten zwischen 37,3 und 38,7 Metern (warm aus 100 km/h) enttäuscht. Der Hyundai verzögert über alle Messungen hinweg standhaft und stark.

Fahrkomfort: Mirai vor Nexo

Freunde des Fahrkomforts kommen dagegen im Mirai voll auf ihre Kosten. Das soft abgestimmte Fahrwerk absorbiert Straßenschäden und kurze Stöße sehr sorgfältig, während es lange Wellen mit sanftem Schwung an seine Passagiere weitergibt. Passend dazu wirkt die Lenkung angenehm leichtgängig, doch reagiert sie einen Tick zu sensibel, was zu einem insgesamt etwas unruhigeren Geradeauslauf führt.

Im fast zehn Zentimeter höheren, straffer abgestimmten Nexo geht es nicht ganz so gemütlich zu. Dafür liegt er spurstabiler auf der Straße und lässt sich präziser und gelassener durch Kurven steuern. Etwas mehr Rückmeldung in der Lenkung könnte aber nicht schaden.

Beim nächsten Zwischenstopp widmen wir uns den Details der beiden Fahrzeuge. Bei strahlendem Sonnenschein analysieren und vergleichen wir die Innen-, Koffer- und Motorräume, erwägen die konzeptionellen Unterschiede – hier der SUV, dort die klassische Limousine – und fragen uns: Ist das eigentlich ein fairer Vergleich?

Immerhin ist der Toyota außen 22 Zentimeter länger als der sich auf 4,67 Meter erstreckende Hyundai, der jedoch seinen bis zu fünf Insassen deutlich mehr Platz und dem Gepäck viel mehr Stauraum (461 bis 1.466 Liter) zugesteht. Zudem sind die Lehnen seiner Rückbank in der Neigung verstellbar, während der viersitzige Mirai nicht einmal mit einer Durchladeklappe aufwartet. Weitere Einschränkungen erfordern dessen knappes Ladevolumen (361 Liter) und die dürftige Zuladung von 328 Kilogramm (Nexo 508).

Qualität: Nexo überzeugt

Ein unfairer Vergleich also? Nein, selbst ohne die Unterschiede in puncto Platzangebot, Kofferraum und Variabilität stünde der Hyundai hier klar vorne, schon weil seine Material- und Verarbeitungsqualität im Verbund mit der harmonischen Cockpitgestaltung überzeugender wirkt. Okay, die vielen Tasten auf der gewaltigen silbern gefärbten Mittelkonsole – darunter auch die für die einstufige Automatik – muss man erst mal verinnerlichen, doch klassische Drehknöpfe für die wichtigsten Grundfunktionen sowie ein Dreh-Drück- Steller – etwa für die Navigation – erleichtern die Bedienung.

Eine Etage tiefer findet sich zudem eine große gummierte Ablage inklusive induktiver Ladeschale sowie USB- und 12-Volt-Buchsen. Kaum minder beeindruckend ist die große Armaturentafel inklusive 12,3-Zoll-Touchscreen, dessen Anzeigen sich dreifach splitten lassen – beispielsweise in Karte, Medien und Zustandsparameter der Brennstoffzelle. Klasse auch, dass der Nexo immer die nächste Tankstelle inklusive Entfernung darstellt.

Toyoto Mirai, Interieur
Dino Eisele
Das Cockpit im Toyota wirkt längst nicht so hochwertig, die Bedienung leidet unter fehlenden Drehknöpfen. Zudem gibt es nur wenige große Ablagen.

Doch der Hyundai kann noch mehr. So lässt er sich neben allerlei aktiven Sicherheitssystemen gegen Aufpreis mit einer Weitwinkelkameras in den Rückspiegeln aufrüsten, deren Aufnahmen bei einem geplanten Spurwechsel großformatig in den Instrumenten wiedergegeben werden. Tote Winkel gibt es quasi keine. Zudem greift die Elektronik aktiv ein und hält die Spur.

Steigt man sodann in den Mirai um, fühlt man sich einige Jahre zurückversetzt. Mit seinem einfach gehaltenen Mix aus Digitalanzeigen knapp unter der Windschutzscheibe, der umständlichen Navi- und Infotainment-Bedienung und der tristen Mittelkonsole wirkt er inzwischen ziemlich altbacken. Zudem dominiert im Innenraum viel harter Kunststoff, die Bezüge der nicht ganz so bequemen Sitze fühlen sich mehr klebrig als nach echtem Leder an, und die Carbon-Imitate wirken hier irgendwie deplatziert.

Finanzielles: viel Geld, wenig Flair

Das wäre vertretbar, wenn der Mirai nicht so teuer wäre. 78.600 Euro ruft Toyota auf, ausschließlich per Leasingraten zahlbar. Der Nexo ist ab 69.000 Euro zu haben, garniert mit fünf Jahren Garantie und acht Jahren auf die Batterie. Toyota bietet nur drei und fünf Jahre.

Damit gewinnt der Hyundai mit gewaltigem Abstand. Der Nexo ist ein beeindruckend gutes E-Auto und sicher eine interessante Alternative zu manchem Plug-in-Hybrid-SUV.

Fazit

1. Hyundai Nexo
438 von 1000 Punkte

Im Nexo verbinden sich die Vorteile eines hochwertigen und geräumigen SUV mit einem ausgereiften und starken Brennstoffzellenantrieb. Das bietet derzeit keiner auf der Welt.

2. Toyota Mirai
396 von 1000 Punkte

So individuell er auch aussieht, der enge und teure Mirai ist nicht mehr up to date. Dafür bietet er mehr Fahrkomfort, und sein Antriebskonzept ist ähnlich ausgereift.

Technische Daten
Hyundai Nexo Toyota Mirai
Grundpreis77.490 €78.600 €
Außenmaße4670 x 1860 x 1630 mm4890 x 1810 x 1535 mm
Kofferraumvolumen461 bis 1466 l361 l
Höchstgeschwindigkeit177 km/h175 km/h
0-100 km/h9,2 s10,2 s
Verbrauch0,8 kg/100 km0,7 kg/100 km
Testverbrauch1,2 kg/100 km1,1 kg/100 km