VW Sharan 2.0 TDI im Test
Großer Wagen, große Kosten

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Die Kirche muss man noch im Dorf lassen, ansonsten kann aber so ziemlich alles mit im VW Sharan, der über 100.000 Kilometer nicht nur beim Raumangebot echte Größe zeigte.

VW Sharan 2.0 TDI
Foto: Jens Katemann

Am Rasten kann es mal nicht gelegen haben, dass sich der VW Sharan 2.0 TDI einen kleinen Rostkratzer an der Fahrertür eingefangen hat. In 23 Monaten durcheilt er die Dauertest-Distanz, und an seiner Zuverlässigkeit und dem überzeugenden Auftritt kann der Kratzer nicht, ähm, kratzen.

Mit knapp 5.000 km auf dem Tacho rollt der VW Sharan 2.0 TDI an einem wolkentrüben Novembermorgen zum ersten Mal in die Tiefgarage. WOB-VH 458 trägt die 170 PS starke Variante des Zweiliter-TDI unter der Haube, verbandelt mit dem Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe. Als schon festlich ausstaffierter Highline liegt sein Grundpreis damals bei 39.625 Euro. Und bevor wir all die Extras im Gegenwert eines Skoda Rapid besprechen, die den Testwagenpreis auf 53.590 Euro steigern, bleiben wir beim Antrieb und beginnen beim Getriebe. Im Gegensatz zum Siebengang-DSG nutzt die Sechsstufenversion keine trockenen Kupplungen, sondern steckt sie zum Wohl von Komfort und Haltbarkeit ins Ölbad. So wechselt die Box des VW Sharan 2.0 TDI über die gesamte Testdistanz treffsicher und weich verfugt durch die Gänge. Nur das kurze Anfahrzaudern oder sachtes Zucken, wenn beim Rangieren von D auf R gewechselt wird, unterscheidet sie in ihrem Komfort von einem Wandlerautomaten.

Sport-Programm des 6-Gang-DSG überzeugt nicht

Ziemlich genau ein Mal wählte jeder Fahrer das Sport-Programm des Getriebes, das über die Hektik, die sodann entsteht, selbst etwas erschrocken scheint. Also zurück zum normalen D-Modus, in dem der Motor dann mehr drücken als drehen darf.

Satter Durchzug liegt dem kräftigen TDI mit seiner homogenen Kraftentfaltung, dann bleibt er leise und sparsam: 5,2 L/100 km genügen bei besonnener Fahrweise. Die doppelte Menge stellt den anderen, durchaus schwerer erreichbaren Pol dar. Im Schnitt genügen dem Sharan auf 100 km 8,1 Liter Diesel – und ein Gläschen AdBlue.

VW Sharan 2.0 TDI ist sparsam und sauber nach Euro 6

Denn mit Harnstoffeinspritzung erfüllt der Diesel die Abgasnorm Euro 6. Um die Stickoxid-Emission zu reduzieren, trägt der Sharan einen AdBlue-Tank im Heck. Dessen 17 Liter Volumen sollen je nach Fahrweise für rund 20.000 km reichen. An unserem VW Sharan 2.0 TDI muss acht Mal AdBlue nachgefüllt werden, insgesamt rund 110 Liter. Weil der Testwagen dazu immer in der Werkstatt vorbeifährt, entstehen Kosten von 467 Euro.

Allerdings können Besitzer auch selbst auffüllen, was die Aufwendungen bei einem Preis von rund einem Euro pro Liter auf ein Viertel reduziert. Sinkt die Reichweite des Harnstoffvorrats unter 2.400 km, meldet es das Mitteldisplay im VW Sharan 2.0 TDI. Da sich der Motor bei leerem AdBlue-Tank nicht starten lässt, empfiehlt es sich schon vorher, Harnstoff nachzufüllen, mindestens zehn Liter.

AdBlue hilft beim Sprit sparen

Das mag nun etwas kompliziert klingen, stellt im Alltag aber kein Problem dar, weil es die Flüssigkeit an fast jeder Tankstelle gibt. Sie muss aber vom Autohersteller freigegeben sein. Vor allem ist die Harnstoffeinspritzung für den Autofahrer günstiger, denn müsste der Motor durch rein innermotorische Maßnahmen auf Euro 6 getrimmt werden, minderte das seine Verbrennungseffizienz und steigerte damit den Verbrauch um deutlich mehr als die 0,1 Liter, die er pro 100 km an AdBlue braucht.

Doch der VW Sharan 2.0 TDI ist mehr als nur ein sauberer Van, er ist zu allererst ein überzeugendes Familienauto – vor allem wegen des enormen Raumangebots. Selbst sieben Erwachsene kommen ordentlich unter, dabei sind die zwei optionalen Klappsitze in der dritten Reihe für 2.120 Euro im Siebensitzer-Paket mehr als nur Notplätze. Die drei separat längs verschieb-, neigungsverstell- und umklappbaren Sitze in Reihe zwei sind breit genug, um drei Kindersitze nebeneinander zu isofixieren. Dass der VW Sharan 2.0 TDI selbst kinderlose Paare begeistert, liegt an seiner Variabilität: Alle fünf Rücksitze klappen – auch nach 100.000 Kilometern noch – leicht und schnell zu einer Ebene, groß genug für eine Herde Mountainbikes, einen Waschmaschinen-Clan oder zwei Luftmatratzen, falls sich unterwegs kein Hotelzimmer findet.

Adaptiv-Fahrwerk im Sharan macht Freude – der Sportmodus weniger

Mehr noch als die diskreten Rollos an den hinteren Seitenscheiben schätzen die Tester die enorm praktischen Schiebetüren – deren Elektroantrieb übrigens die ganze Zeit über problemlos funktioniert, nur mit dem lauten Warnpiepsen nervt. Zahlreichere Fans als das etwas verfärbt klingende Dynaudio-Soundsystem findet die fernbedienbare Standheizung (1.265 Euro), die den großen Innenraum im Winter doch viel schneller kuschelig warmbollert, als es die schwache normale Heizung des VW Sharan 2.0 TDI schafft. Sehr effektiv kühlt dagegen die Dreizonen-Klimaanlage (Teil des Siebensitzerpakets) und trägt damit zum hohen Fahrkomfort ebenso bei wie das Fahrwerk mit Adaptivdämpfern (1.085 Euro). Für deren Sportmodus gilt das gleiche wie für den des Getriebes: Einmal aktivieren, um zu merken, dass er vorhanden ist und den VW Sharan 2.0 TDI über Unebenheiten rumpeln lässt. Dann schnell wieder auf die Comfort-Kennlinie, die beflissenen Komfort mit sorgenfreier, schunkelloser Fahrsicherheit kombiniert.

Lämpchen des Abbiegelichts sind der einzige Defekt bei 70.512 km

Zu der tragen auch die brillanten Bi-Xenonscheinwerfer im VW Sharan 2.0 TDI bei. Sie schlagen eine Lichtschneise in die Nacht, sind dazu mit Abbiegespots, dynamischem Kurvenlicht und maskiertem Fernlicht ausgestattet. Dabei wird über eine Walze der Bereich des Lichtkegels abgeschattet, in dem der Gegenverkehr fährt. Kaputte Lampen des Abbiegelichts bescheren dem Sharan bei 70.512 km den einzigen Defekt.

Schon viel früher ärgerte die Tester dagegen das träge und umständlich bedienbare Navigationssystem RNS 510 im VW Sharan 2.0 TDI. So notierte unser Infotainment-Experte Dirk Gulde: „Das System im Golf VII kostet etwa gleich viel, ist aber zwei Generationen moderner.“

Großer Wagen, große Kosten

Es bleibt die größte Schwäche des VW Sharan 2.0 TDI, der sich in engen Parkhäusern wegen seiner sperrigen Abmessungen (ein VW Multivan ist gleich breit und nur fünf Zentimeter länger) zwar mitunter zu verkanten droht, aber trotz des intensiven Dauertests innen wie außen noch neuwertig und kratzerfrei ankommt. Allerdings sparen wir nicht an Fürsorge. Die stets nach rund 30.000 km angemahnten Inspektionen liegen mit Ölwechsel, aber ohne Zusatzarbeiten bereits durchschnittlich bei 476 Euro. Dazu addieren sich die 663 Euro für die vorderen Bremsbeläge, die zwei Mal, nach 57.823 und – da mit den Bremsscheiben vorn – nach 87.622 Kilometern, gewechselt werden. So liegt der VW Sharan 2.0 TDI trotz seines sorgsamen Umgangs mit Reifen und des niedrigen Verbrauchs am Ende bei hohen Kilometerkosten von 14,8 Cent. Dazu kommt der hohe Wertverlust: Auf 25.050 Euro wird der VW Sharan 2.0 TDI mit der kleinen Rostmacke an der Fahrertür nach 100.000 Kilometern geschätzt.

Gut 28.500 Euro Wertverlust passen zu diesem Universaltalent. Denn: Der VW Sharan 2.0 TDI war uns lieb und teuer.

Das sagt VW zum Rost

„Bei der von der Dekra beanstandeten optischen Auffälligkeit an der Fahrertür im Bereich Türfalz handelt es sich um eine lokal begrenzte, beginnende korrosive Lackunterwanderung. Ursache hierfür ist eine nicht optimal ausgeführte Türfalzverklebung, die in Einzelfällen auftreten kann. In einem solchen Fall ist der Kunde zunächst durch eine dreijährige Lackgarantie gegen Rostschäden abgesichert. Auch nach Ablauf der Garantie lässt Volkswagen seine Kunden in einem solchen Fall nicht im Regen stehen und gewährt den betroffenen Kunden eine großzügige Kulanzregelung.“
Pietro Zollino Leiter Produktkommunikation, Volkswagen

Leser-Erfahrungen mit dem VW Sharan 2.0 TDI

Wir bestellten unseren VW Sharan Highline (140 PS) im Dezember 2010, bekamen ihn im Juli 2011. Er ist generell ein tolles Auto, praktisch bis ins Detail und mit viel Platz. Aber es gab eine erhebliche Mängelliste. Sie reicht von der ungenauen Tankanzeige über bei kaltem Wetter nicht schließende elektrische Schiebetüren, eine schlecht verarbeitete Karosserie bis hin zu Wassereinbruch am Panoramadach und Rost an den Zentrierdornen. Deshalb wurde unser Sharan im August 2013 gegen einen neuen gewandelt.
Klaus Rüsseler, 42349 Wuppertal

Unser VW Sharan Sky hat derzeit 38.700 km auf dem Tacho. Er ist ein bequemer, praktischer und zuverlässiger Alltagsbegleiter mit viel Platz. Er hat bequeme Vordersitze, hat eine gute Klimatisierung und verlässlich funktionierende Extras, aber ein veraltetes Infotainment-System. Mit Adaptivdämpfern ist der Komfort sehr gut. Vom Charakter her ist der VW Sharan ein „Altherrenauto“, animiert zu ruhiger Fahrweise, hat auf nassen Straßen aber Traktionsprobleme – ein allradgetriebener 4Motion ist klar überlegen.
Michael Aichner A-9913 Abfaltersbach

Seit eineinhalb Jahren fahre ich den VW Sharan 2.0 TDI mit DSG. 50.000 km haben größtenteils positive Eindrücke hinterlassen, alles ist intuitiv bedienbar, die Verarbeitung gut. Doch beim DSG hat man beim Anfahren das Gefühl, die Kupplung rutsche: Der Motor dreht hoch, doch erst einen Moment später setzt sich das Auto abrupt in Bewegung. Ab Tempo 130 km/h verursachen die Türdichtungen hohe Windgeräusche, und das kleine Navigationssystem hat eine sehr begrenzte Maßstabsdarstellung.
Dipl.-Ing. Jürgen Freyer, 33813 Oerlinghausen

Seit 12.000 km fahre ich ein VW Sharan 2.0 TDI (170 PS) mit DSG. Er ist sogar leiser als der Audi A6 Benziner, den ich davor hatte. Motor und DSG sind gut aufeinander abgestimmt, allerdings ist der sechste Gang etwas zu kurz übersetzt. Der Verbrauch liegt bei sechs bis acht L/100 km. Obwohl VW ein Intervall von 25.000 km angibt, musste ich bereits nach 12.000 km Langstrecke AdBlue nachfüllen.
Claus Hoffmann, 33175 Lippspringe

Vor- und Nachteile
VW Sharan 2.0 TDI
üppiges Platzangebot für bis zu sieben Passagiere
enormer Laderaum (Fünfsitzer)
hervorragende Variabilität
guter Federungskomfort
sparsamer, kultivierter und kräftiger Turbodiesel
harmonisches Sechsgang-
Doppelkupplungsgetriebe
brillantes Xenonlicht mit maskiertem Fernlicht
bequeme Sitze
niedriges Geräuschniveau
praktische Schiebetüren
eingängige Bedienung
solide Verarbeitung
große Reichweite
effiziente Klimaanlage
umfangreiche Sicherheitsausstattung mit Assistenzsystemen
träges, umständlich bedienbares Infotainmentsystem
in Parkhäusern und engen Städten sperrig zu rangieren
lauter Warnton der Schiebetüren
Spurhalteassistent teilweise mit grobem Lenkeingriff (abschaltbar)
kurzes Füllintervall für AdBlue

Fazit

Der VW Sharan 2.0 TDI zählt zu den großen Universaltalenten unter den Autos. Im Dauertest gewinnt er die Goldmedaille seiner Klasse – allerdings eine mit Kantenrost. So zuverlässig der komfortable, enorm geräumige, hochvariable, nach Euro 6 abgasreine und erstaunlich sparsame Van die große Distanz auch hinter sich gebracht hat: Ein Auto für fast 60.000 Euro sollte nach zwei Jahren nicht einmal eine Spur von Korrosion aufweisen.

Technische Daten
VW Sharan 2.0 TDI Trendline BlueMotion Technology
Grundpreis35.700 €
Außenmaße4854 x 1904 x 1720 mm
Kofferraumvolumen267 bis 2430 l
Hubraum / Motor1968 cm³ / 4-Zylinder
Leistung125 kW / 170 PS bei 4200 U/min
Höchstgeschwindigkeit204 km/h
Verbrauch5,9 l/100 km