Renntech S76R Restomod-Umbau
Mercedes W140 mit Mega-Hubraum und 613 PS

Renntech spendiert der Mercedes S-Klasse der Neunzigerjahre ein üppiges Power-Plus – und zwar auf ganz klassische Weise. Auch sonst wird der W140 von den Amerikanern rundum modernisiert.

Renntech S76R auf Basis Mercedes S-Klasse W140
Foto: Renntech, Inc.

Es fällt im ersten Moment schwer zu glauben. Aber ein kurzer Check bestätigt es: Der Mercedes W140 befindet sich inzwischen im H-Kennzeichen-Alter; die ersten gebauten Exemplare sind bereits älter als 30 Jahre. Damit macht sich die S-Klasse der Neunzigerjahre interessant für Restomod-Umbauten. Einen besonders heftigen stellt nun Renntech vor: Der US-Tuner bringt einen Mercedes 600 SEL des Modelljahres 1992 bei der Verwandlung in den Renntech S76R in absurde Leistungsregionen – und zwar aufladungsfrei.

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Kurze Rückblende: Mit seinem Sechsliter-V12 (Werks-Code M 120), der 408 PS leistete und ein Drehmoment von maximal 580 Newtonmetern lieferte, war die 600er-S-Klasse in den frühen Neunzigerjahren die Königin der linken Spur. Es sei denn, von hinten hat eine der seltenen AMG-Ableitungen Druck gemacht, deren höchste Ausbaustufe der S 73 AMG war. Dessen vom M-120-Motor abgeleiteter 7,3-Liter-V12 stellte die Kleinigkeit von 525 PS und höchstens 740 Newtonmetern zur Verfügung. Doch drüben in den USA gab es eine noch verrücktere Truppe, die der S-Klasse ab 1992 einen auf 7,4 Liter Hubraum aufgebohrten und 585 PS leistungsgesteigerten M-120-V12 in den Bug presste. Ihr Name? Renntech!

205 Extra-PS und 389 Extra-Nm

Die damals gewonnen Erkenntnisse nutzt das Unternehmen aus Stuart im US-Bundesstaat Florida für den heutigen Restomod-Umbau, bei dem der Mercedes 600 SEL zum Renntech S76R mutiert. Die Techniker können aber selbstverständlich auf modernere Komponenten zurückgreifen. Der V12 erhält neue Zylinderköpfe und ein modifiziertes Innenleben mit Leichtbaukolben, Titanpleueln, AMG-Performance-Nockenwellen und größeren Einspritzdüsen. Die Luftansaugung passt Renntech ebenso an wie die Elektronik. Die Amerikaner rüsten den 1992er-W140 mit einem Motor-Management des Modelljahres 1996 auf, integrieren aber ein hauseigenes Steuergerät und einen neuen Kabelbaum in das System.

All das führt zu einem Hubraum von 7,6 Litern – daher die Modellbezeichnung S76R – und technischen Daten, die absurd wirken für ein über 30 Jahre altes Auto, das von einem Saugmotor angetrieben wird. Renntech kitzelt 613 PS und maximal 969 Newtonmeter aus dem M-120-Triebwerk. Damit erreicht der 600 SEL in Sachen Leistung das Niveau des Mercedes-AMG CLK-GTR; jenes Supercars, das in den späten Neunzigerjahren ebenfalls mit einem heftig getunten V12-Saugmotor antrat und mit dessen Rennversion die Schwaben 1997 die FIA-GT-Meisterschaft gewannen.

Neue Automatik und AMG-Bremse

Die Fahrleistungen des Renntech S76R: Null auf 60 mph (96,6 km/h) in unter fünf Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h. Letzteres bedeutet: Die ab Werk vorhandene Elektronikschranke in Sachen Topspeed bleibt erhalten. Dennoch ist es sicher nicht von Nachteil, dass Renntech eine neue Bremsanlage installiert, bei der sich AMG-Aluminium-Sättel (vorne mit sechs, hinten mit vier Kolben) in Carbon-Keramik-Scheiben verbeißen, die vorne 402 und hinten 360 Millimeter groß sind. Zudem integriert der Tuner ein modernes ABS-System in die Bremsanlage des 2,2-Tonners.

Eine neue Fünfgang-Automatik rückt an die Stelle des serienmäßigen Vierstufen-Automaten. Traktionsfördernd dürfte sich das OS-Giken-Sperrdifferenzial auswirken. Für eine passende akustische Untermalung ist eine Edelstahl-Abgasanlage mit Sportkatalysatoren und insgesamt vier Schalldämpfern zuständig, die sich an ebenfalls aus Edelstahl bestehende Krümmer anschließt. Das Fahrwerk arbeitet mit dem adaptiven Dämpfersystem späterer S-Klasse-Generationen und verkürzten Federn.

Wenige optische Änderungen

Optisch lässt Renntech den im Zuge des Restomod-Umbaus rundum restaurierten 600 SEL weitgehend im Serienzustand. Die Amerikaner ergänzen beim S76R lediglich ein paar AMG-Aerodynamikteile und eine dezente Heckspoilerlippe samt dritter Bremsleuchte, die aus dem eigenen Regal stammt. Die geschmiedeten Aluminiumfelgen weisen die Dimensionen 9x19 (vorne) und 10,5x19 Zoll (hinten) auf. Sie sind rundum mit Michelin-Pilot-Sport-Reifen ummantelt, die an der Hinterachse 285 Millimeter breit sind.

Renntech S76R auf Basis Mercedes S-Klasse W140
Renntech, Inc.
Renntech spendiert dem W140-Interieur viel Leder und Carbon.

Deutlich intensiver gestalten die Floridianer den W140 im Interieur um. Die Luxuslimousine erhält überall neue Sitze, wobei die ursprünglich verbaute Rückbank zwei Einzelsitzen mit elektrischer Verstellmöglichkeit weicht. Sie erhalten alle neue schwarz-rote Lederbezüge mit Rautensteppung, während der Dachhimmel aus Alcantara besteht. Das Armaturenbrett bekommt ebenfalls einen neuen Lederüberzug sowie Carbon-Einleger, die auch auf der Mittelkonsole, am Lenkrad und an den Türen zu finden sind. Neue Teppiche gibt es ebenso wie ein moderneres Infotainment-System mit Smartphone-Konnektivität und besseren Lautsprechern.

Individueller Umbau

Einen Preis für seinen S76R nennt Renntech nicht. Das ist schade, aber nachvollziehbar, schließlich werden Umbauten dieser Art höchst individuell nach Kundenwunsch umgesetzt und können sich in Aufwand und Materialauswahl enorm unterscheiden. Falls Sie willens sind, ein Exemplar in Auftrag zu geben, steht Renntech nach eigener Aussage "bereit, den Traum Wirklichkeit werden zu lassen".

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Fazit

Renntech feiert mit dem S76R nicht nur die Historie der Mercedes S-Klasse W140, sondern auch die eigene Geschichte. Die 7,4-Liter-Variante des M-120-V12 war eine der ersten großen Motor-Modifikationen des 1989 gegründeten Unternehmens. Nun setzt die Truppe um den gebürtigen Schwaben Hartmut Feyhl, der einst in der AMG-Motorenentwicklung tätig war, noch einen drauf und hängt einen 7,6-Liter-V12 mit mächtig Power in den 140er-Bug. Da die Limousine optisch ansonsten fast unangetastet bleibt, fährt hier ein echter Sleeper vor, der sicher nicht billig ist.