Audi S3 gegen BMW M135i xDrive
Kompakte Allradsportler im Duell

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Stolze 300 PS holt der Audi S3 aus seinem Zweiliter-Triebwerk – und fordert keinen Geringeren als den 320 PS starken BMW M135i xDrive heraus. Die Fahrleistungen sollen aufgrund weniger Gewicht auf identischem Niveau liegen, behauptet Ingolstadt. Ob sich der aktuelle König der Hot Hatches aus München gegen die Attacke wehren kann?

Audi S3, BMW M135i xDrive, Heckansicht
Foto: Achim Hartmann

Leichtes Flirren in den Augen, nervöses Zucken in den Beinen – doch wozu diese Ungeduld? Es dauert eben noch eine Weile, bis die Nachfolger von Audi RS3 und BMW Einser M Coupé in – oder besser gesagt auf – den Ring geschickt werden. So lange muss sich die Hot Hatch-Fangemeinde mit dem BMW M135i begnügen, der erstens schon beeindruckende Testresultate abgeliefert hat und zweitens Konkurrenz vom neuen Audi S3 bekommt.

Audi S3 leichter als BMW M135i

Was genau möchte er der Macht des aufgeladenen Reihensechszylinders entgegensetzen? Zunächst einmal weniger: weniger Hubraum, weniger Zylinder, weniger Leistung, aber auch weniger Gewicht. Mal eben 142 Kilogramm leichter als der BMW M135i rollt der Audi S3 an den Start, jedoch mit manueller Schaltung. Weshalb der Testwagen ohne das 1.900 Euro teure Doppelkupplungsgetriebe antritt? Gute Frage, denn laut Werksangabe sollen sich dadurch Fahrleistungen und Verbrauch verbessern. So bleibt immerhin das herrliche Gefühl, dass linker Fuß und rechte Hand beim S3-Fahren eine akute Muskelschwäche erleiden oder sich sonstwie überflüssig fühlen.

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Natürlich ersetzt Audi deshalb keinen Besuch im Fitnessstudio, denn sowohl Kupplung als auch Getriebe arbeiten nach Art des Hauses äußerst leichtgängig. Damit muss die Leistung des Zweiliter-Vierzylinders optimal abgerufen werden, ein im Gegesatz zum Vorgänger völlig neues Triebwerk auf Basis des EA888-Motors aus dem Volkswagen-Konzern.

Der Direkteinspritzer leistet 300 PS und entwickelt ein maximales Drehmoment von 380 Newtonmeter, das bei 1.800 Touren anliegt. Seine Einlassnockenwelle lässt sich um 60 Grad, die Auslassnockenwelle um 30 Grad verstellen, bei den Auslassventilen variiert zudem der Hub – alles für einen optimalen Füllgrad und hohe Leistungsausbeute des Langhubers. Und der Lader? Er arbeitet mit 1,2 bar Druck und verdichtet bis zu 850.000 Liter Luft pro Stunde.

Nichts was überfordern könnte

Bevor der Fahrer dieses Technik-Spektakel mit dem obligatorischen Druck auf den Startknopf – Zündschlüssel sind so Neunziger – zündet, darf er sich zunächst im Cockpit einrichten. Weil Audi nicht gerade dafür bekannt ist, es seinen Kunden dabei sehr schwer zu machen, fügt sich auch der Audi S3 in diese Tradition.

Ein äußerst großzügiger Verstellbereich für Lenkrad und Sitze, gut ablesbare Instrumente, angereichert um eine nicht skalierte Ladedruckanzeige sowie die neueste Generation des MMI-Infotainments mit hervorragender Spracherkennung – wer sich hier nicht zurechtfindet, den überfordert vermutlich auch das heimische Gäste-WC.

Warum jedoch das Lenkrad unten abgeflacht und die Kopfstützen starr montiert sein müssen, bleibt wohl das Geheimnis der Ingolstädter Marketing-Strategen. Jetzt muss der TFSI-Vierzylinder ran – leise brummt er, durch Ausgleichswellen beruhigt, im Bug. Über das MMI lassen sich noch Lenkung, Ansprechverhalten und Dämpfercharakteristik in vier Stufen variieren und individuell arrangieren.

Audi S3 mit serienmäßigem Allradantrieb

Zunächst bleibt alles im Auto-Modus. Der Vierzylinder des Audi S3 baut zügig Druck auf, dreht freudig, wenngleich er ab 6.000/min ein bisschen fauler wird, bevor bei 6.800/min der Begrenzer wartet. Erst bei 5.500/min bricht die Drehmoment-Welle, so lange hat der Motor leichtes Spiel mit dem leichten Dreitürer. Nach einigem munteren Hin- und Herzappen durch die diversen Modi kristallisiert sich auch auf der Landstraße bald das Dynamic-Programm als Favorit heraus, weil es den Vierzylinder angenehm bissig ansprechen lässt – so angenehm ein Biss eben sein kann.

Hinzu kommen ein konstant straffes Setup mit spürbar reduzierter Seitenneigung, das nicht auch den letzten Rest Komfort aus den Dämpfern drückt sowie eine klarer definierte Lenkungs-Kennlinie. Und so ganz nebenbei darf das TFSI-Aggregat des Audi S3 die Melodie sportlicher Vierzylinder lauter schmettern – rockt mit voller, sonorer Stimme durch das Drehzahlband.

Ungeachtet seiner Leistung stürzt sich der Audi S3 in jede noch so enge Kehre, wo ihm doch der serienmäßige Allradantrieb mit elektronisch gesteuerter, hydraulischer Lamellenkupplung an der Hinterachse beim Herausbeschleunigen hilft. So beißt sich der Audi S3 durch das Hinterland und lässt keinen Zweifel daran, dem BMW M135i das Wasser abgraben zu wollen – mit dem ganz großen Spaten.

Er lenkt spielerisch ein, seine 225er-Reifen kleistern ordentlich, um der Ideallinie nur minimal untersteuernd zu folgen. Und wenn die Kurve dann doch überraschend zumacht, alarmiert ein leichter rechter Fuß das Heck zu eindrehender Hilfe. Davon profitiert der Audi S3 beim 18-Meter-Slalom, wetzt quirlig um die Pylonen, verfehlt nur knapp die Geschwindigkeit des etwas neutraleren BMW M135i. Dass der Audi S3 von null auf 100 km/h zwei Zehntel langsamer beschleunigt als versprochen, bereitet seinem Fahrer daher kaum schlaflose Nächte. Die konstant guten Verzögerungswerte ebenfalls nicht.

Ein Hauch Frontantrieb

Kräftige Bremse, leistungsstarker Motor – genügt das, um auf dem Kleinen Kurs in Hockenheim die Curbs erblassen zu lassen? Kaum.

Selbst mit Hilfe der deutlichen Lastwechselreaktionen verhält sich der Audi S3 vorwiegend wie ein auf einer Frontantriebs-Architektur basierender Allradler – was daran liegt, dass er ein auf einer Frontantriebs-Archtitektur basierender Allradler ist. Die Modifikationen an der McPherson-Vorderachse und die Vierlenker-Hinterachse (mit drei Quer- und einem schwertförmigen Längslenker pro Rad) reichen nicht aus, um dem Audi ein präzises Fahrverhalten anzuerziehen. Ruft der Fahrer einen Lastwechsel ab, drängt der Audi S3 kurz mit dem Heck, um dann über alle Viere zum Kurvenaußenrand zu schieben.

Sechszylinder mit Turbolader im BMW M135i

Der BMW M135i läuft sich derweil warm, basst lässig aus den beiden getrennten Endrohren. Sein Reihensechszylinder begeistert bereits zahlreiche Fans der Marke, die es inzwischen überwunden haben, dass nurmehr ein Turbolader den Druckaufbau verantwortet.

Wie im Audi S3 erwartet auch der BMW M135i von seinen Kunden keine hellseherischen Fähigkeiten und richtet den Einser mit vielfach verstellbaren, bequem gepolsterten und noch etwas seitenhalsstärkeren Sportsitzen ein. Rundinstrumente informieren mit der Klarheit einer Bahnhofsuhr, Spielereien wie Ladedruck- und Drehmoment-Anzeigen verstecken sich allerdings in irgendeinem Untermenü.

Neben dem Dreh-Drücksteller ragt der bekannte Getriebe-Wählhebel im Schuhlöffel-Design aus der Mittelkonsole. Daneben liegt die von wahnwitzigen Wortakrobaten unter Zuhilfenahme unbekannter chemischer Substanzen "Fahrerlebnisschalter" genannte Schaltwippe für die diversen Fahrmodi.

Aus der Erfahrung mit diversen BMW M135i-Testwagen wippt sich der Zeigefinger gleich in Sport Plus durch, den Wählhebel schiebt die rechte Hand sofort in die manuelle Gasse – eigentlich überflüssig, weil das Sport-Programm die acht Stufen so sortiert, als wäre es von Augusto Farfus persönlich konfiguriert. Doch der Spieltrieb siegt. Im Verbund mit dem Allradantrieb xDrive wird im BMW M135i ohnehin kein Schaltgetriebe angeboten.

Downsizing hat Grenzen

Was den Motor betrifft, ist sowieso keine Option vonnöten. Der Dreiliter-Direkteinspritzer schüttelt 320 PS und ein maximales Drehmoment von 450 Newtonmeter (bei 1.300 Touren) aus seinen sechs Brennräumen, seine Nockenwellen und Ventile arbeiten ebenfalls variabel.

Bereits bei der Landstraßen-Runde wird klar: Downsizing hat Grenzen, und zwar deutliche. Der hubraumige Einser rauscht lässig dahin, muss eigentlich nie von seinem Drehvermögen Gebrauch machen, es sei denn, der Fahrer will es unbedingt. Es ist ihm kaum zu verübeln, jubelt doch der ebenfalls leicht langhubig ausgelegte Sechszylinder hochprozentigheiser bis zu 7000/min-Marke, wenngleich auch ohne besonderen Nutzen, wo doch Leistungs- und Drehmoment-Kurve längst abebben. Schön, dass BMW so wenigstens versucht, den Eindruck der viel gelobten Saugmotoren aufrechtzuerhalten.

BMW punktet bei der Präzision und wirkt entschlossener

Es geht noch weiter: Seine Lenkung bietet deutlich mehr Rückmeldung, obwohl sie über eine variable Übersetzung verfügt. Und das Fahrverhalten? Präziser, Punkt. Der BMW M135i nimmt Kurven und deren Radien noch einen Tick ernster als der Audi S3. Hinsichtlich Einlenkverhalten und Agilität wirkt der BMW M135i entschlossener als der Audi S3 – siehe Messwerte.

Ebenfalls nicht unwichtig: Der 1er zeigt sich ebenso wie sein Konkurrent durchaus den Herausforderungen des Alltags und dessen löchriger Straßen gewachsen.

Auf der Rennstrecke baut seine Fahrwerkskonstruktion, Doppelgelenk-Zugstreben-Federbeinachse vorn und Fünflenkerachse hinten, mehr Grip auf – und trotz Allrad erntet der Fahrer bei voller Leistungsabfrage gut kontrollierbares Übersteuern. Mit der feinfühligen Lenkung und seiner standfesten Bremse lässt sich der BMW M135i xDrive so zu richtig flotten Rundenzeiten treiben.

Und auch wenn es nicht in die Bewertung einfließt: Der BMW M135i entfernt sich hochdrehend und stammwürzig schreiend weit schokoladiger von der Vernunft, als Audi dies dem S3 zugestehen würde – ein nicht unerhebliches Kriterium bei Grundpreisen um 40.000 Euro. Dass Audi-Fans den neuen RS3 herbeisehnen, erscheint also nachvollziehbar.

Doch auch die BMW-Freunde bleiben nervös: Was um Himmels willen soll denn oberhalb des BMW M135i noch kommen?

Technische Daten
Audi S3 2.0 TFSI Quattro BMW M135i xDrive
Grundpreis40.050 €44.000 €
Außenmaße4254 x 1777 x 1401 mm4340 x 1765 x 1430 mm
Kofferraumvolumen325 bis 1060 l360 bis 1200 l
Hubraum / Motor1984 cm³ / 4-Zylinder2979 cm³ / 6-Zylinder
Leistung221 kW / 300 PS bei 5500 U/min235 kW / 320 PS bei 5800 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h
0-100 km/h5,4 s4,9 s
Verbrauch7,0 l/100 km7,8 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten