Audi TTS gegen Peugeot RCZ R und Porsche Cayman
Drei Sportcoupés im Vergleichstest

Inhalt von

Mit 270 PS trommelt der Peugeot RCZ R zum Angriff auf die Coupé-Konkurrenz um Audi TTS und Porsche Cayman. Ob dem französischen Fronttriebler mit diesem Powerplay eine Überraschung gelingt, verrät der Vergleichstest.

Peugeot RCZ R, Audi TTS, Porsche Cayman, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Bing, die E-Mail, die da gerade ins Postfach flattert, hätte auch die Überschrift "Porsche macht ernst" tragen können. Die Zuffenhausener rüsten mit dem Cayman GTS ihre Mittelmotor-Baureihe weiter auf. 340 PS sollen dem Mittelmotorsportler in seinem Segment zu Ruhm verhelfen. Doch bevor mit dem neuen Topmodell gefeiert wird, kümmern wir uns um die Basis. Der 275 PS starke Porsche Cayman mit 2,7-Liter-Sechszylinder-Boxer muss sich gegen die Konkurrenz von Audi TTS mit 272 PS und neuerdings auch Peugeot RCZ R mit 270 PS wehren.

Unsere Highlights

Audi TTS der zweiten Generation immer noch erfrischend

Samoaorange-Metallic – der Name der in der Hockenheimer Morgensonne schillernden Lackierung klingt mehr nach einem hochprozentigen Südsee-Cocktail als nach einer Audi TTS-Sonderlackierung. Auch wenn der Nachfolger bereits in den Startlöchern steht, prickelt der Audi TT der zweiten Generation immer noch erfrischend. Kaum zu glauben, dass wir heute mit ihm zum letzten Mal den Kleinen Kurs zu Hockenheim rocken.

Trotz seines fortgeschrittenen Alters sorgt das Cockpit mit Alu-Applikationen an Lenkrad, Mittelkonsole, Pedalerie und Türverkleidungen sowie mit gut ablesbaren analogen Rundinstrumenten immer noch für sportliches Flair. Die serienmäßigen Sportsitze des Audi TTS überzeugen mit tiefer Sitzposition und angenehmer Polsterung. Der Seitenhalt könnte jedoch im Grenzbereich besser sein. Wer enger umschlossen im Audi TTS durchstarten will, sollte jedoch die Schalensitze von Audi exclusive mit Seitenwangen wählen.

Auch wenn der Zweiliter-TFSI seine Werksangabe beim Sprint von 0 auf 100 km/h in 5,5 Sekunden um drei Zehntel verfehlt, wirkt der Audi TTS motorseitig keinesfalls ergraut. Kaum ein Doppelkupplungsgetriebe, schaltet im Alltag so komfortabel durch die Fahrstufen wie die optionale S tronic. Auf der Rennstrecke wünscht man sich trotz schneller Schaltzeiten sowohl im Automatikmodus als auch im manuellen Modus etwas mehr Enthusiasmus. Auch mit aktivierter Sporttaste hält das Getriebe beim Erreichen der Drehzahlgrenze nicht die Gänge und schaltet selbstständig eine Fahrstufe herauf.

Mit dem Audi TTS sicher ans Limit

Schon beim Einbiegen in die erste Kurve auf dem Kleinen Kurs verrät der Audi TTS, dass seine Fahrwerksabstimmung von Sicherheit geprägt ist. Das Einlenkverhalten ist tendenziell leicht untersteuernd ausgelegt. Die Lenkung fühlt sich dabei im direkten Vergleich mit Porsche Cayman und Peugeot RCZ R am indirektesten an. Dass es in der Entwicklungsabteilung auch Fahrdynamikfans gibt, zeigt der Audi TTS bei Lastwechseln: Nicht aggressiv, dafür aber unterstützend dreht sich das Audi-Coupé bei Gaspedallupfern mit produktivem Eigenlenkverhalten leicht ein. Auch wenn das ESP mit zwei Eingriffsschwellen nicht vollständig deaktivierbar ist (auch bei ESP off ), macht die gute ESP-Abstimmung mit kaum spürbaren Regeleingriffen so auch Heckschwünge möglich.

Die Bremsanlage muss vor allem auf der Rennstrecke Schwerstarbeit verrichten. Der Audi TTS verzögert sowohl während der sechs Runden im Grenzbereich auf dem Kleinen Kurs als auch bei der Standardbremsung mit zehn aufeinanderfolgenden Verzögerungen aus Tempo 100 bis zum Stillstand konstant, allerdings auch mit den schlechtesten Werten der drei Vergleichstestkontrahenten.

Auch wenn sich der Audi TTS im Vergleichstest mit gelungener ABS-Regelung noch so engagiert bemüht, mit dem vergleichsweise schlechtesten Gripniveau seiner aufgezogenen Bridgestone Potenza RE 050 A kann er in Sachen Bremsleistung nur wenig ausrichten. Auf der Rennstrecke schiebt der Audi TTS dadurch schon beim Anbremsen immer leicht über die Vorderachse. Frühe Bremspunkte sind ein Muss. Sowohl der Porsche (Pirelli P Zero) als auch der Peugeot (Goodyear Eagle F1) überzeugen mit besserem Gripniveau ihrer Pneus.

Durch die Reifenwahl auf den 18-Zöllern bleibt der Audi TTS im Vergleichstest mit einer Rundenzeit von 1.16,7 Minuten hinter seinen Möglichkeiten zurück. Ein mit Toyo Proxes T1 und 19-Zoll- Rädern versehenes TTS Coupé mit S tronic umrundete in einem früheren Test mit gleichem Fahrer den Kleinen Kurs schon einmal in 1.15,2 Minuten (siehe sportauto 4/2011). An die Präzision des damaligen Testwagens kommt der aktuelle Kandidat nicht heran. Wir schielen währenddessen schon auf die jüngst präsentierte neue TTS-Generation, die mit 37 Millimeter längerem Radstand, weniger Gewicht, neu entwickeltem Fahrwerk, deaktivierbarem ESP und mit 310 PS starkem Zweiliter-TFSI an den Start geht. Spätestens dann wird der TTS wohl wieder die Coupé-Gegner aufmischen.

Peugeot RCZ R greift deutsche Coupé-Konkurrenz an

Während sich TT-Generation Nummer zwei in den Ruhestand verabschiedet, wagt der Peugeot RCZ R erstmals einen Angriff auf die deutsche Coupé-Konkurrenz. Wer aus dem TTS in die schärfste RCZ-Variante umsteigt, schlägt beim Einlenken in die erste Kurve ungewollt einen mächtigen Haken.

Hierfür ist die herrlich knackige Peugeot-Lenkung verantwortlich, die mit ihrem erfrischend rustikalen Auftritt im Zeitalter der elektromechanischen Sportwagenlenkungen ein bisschen an vergangene Zeiten erinnert. Das gefällt uns! Während beim Audi TTS größere Ausschläge am Lenkrad nötig sind, reagiert der Peugeot RCZ R spitzer um die Mittellage. Schon kleine Lenkwinkel setzt das französische Coupé in zackige Positionswechsel um. Der Peugeot RCZ R gibt dabei den Zustand der Fahrbahn stößiger an die Lenkung weiter als die beiden deutschen Coupés. Außerdem sind die Lenkkräfte im RCZ R höher als bei TTS und Cayman.

Zu der direkten Lenkung gesellt sich ein Fahrwerk mit überarbeiteten Dämpferkennlinien, härteren Federn und modifizierten Stabis. Während es im Alltag zwar so manche Bodenwelle knochentrocken an die Bandscheiben weitergibt, punktet das straffe Fahrwerk im Vergleichstest mit wenig Seitenneigung im Grenzbereich auf der Rennstrecke.

Peugeot RCZ R quält sich nicht mit Untersteuern

Wichtig: Wer die Goodyear-Eagle-F1- Asymmetric-Reifen (rundum 235/40 R 19) noch nicht auf eine gewisse Arbeitstemperatur gebracht hat, sollte das agile Eigenlenkverhalten des Peugeot RCZ R nicht unterschätzen. Bei vollständig deaktiviertem ESP und kalten Hinterreifen setzt das Heck bei Lastwechseln gern zu forschen Hüftschwüngen an. Sind die Pneus aber einmal auf Temperatur, lenkt das Heck genau in dem Maß mit, das wir uns für einen Fronttriebler wünschen.

Ein zu geringes Eigenlenkverhalten beschert zwar ein sicheres Fahrverhalten, lässt Frontmotorsportler mit Vorderradantrieb jedoch häufig untersteuernd um den Kurs wieseln. Dem Peugeot RCZ R gelingt das Gegenteil. Er lenkt ohne spürbares Schieben über die Vorderachse ein, und bei Lastwechseln drückt das Heck leicht.

Speziell beim Herausbeschleunigen aus engen Kehren könnte die Sperrfunktion des Torsendifferenzials noch etwas besser sein. Wessen rechter Fuß digital veranlagt ist und zu früh voll auf dem Gas steht, dem wird der Peugeot RCZ R mit Schlupf an den Vorderrädern gen Kurvenaußenrand von der Ideallinie entgleiten. Wer jedoch das Gaspedal progressiv durchtritt, wird merken, dass sich die R-Version auch unter Last wesentlich besser in die Kurve reinzieht als das bisherige RCZ-Topmodell 1,6 200 THP mit 200 PS.

Aus 200 werden 270 PS

Aus 200 PS sind im RCZ R forsche 270 PS geworden. Um aus dem Coupé das bisher leistungsstärkste Serienmodell der Firmengeschichte zu machen, wurde der Motorblock einer speziellen Wärmebehandlung unterzogen und der Twin-Scroll-Turbolader des 1,6-Liter-Vierzylinders weiterentwickelt. Außerdem kommen neue Aluminiumkolben, robustere Pleuel sowie ein neuer Abgaskrümmer zum Einsatz.

Auch wenn der französische Fronttriebler mit manuellem Sechsganggetriebe im Vergleich zum traktionsstarken Allrad-TTS mit Doppelkupplungsgetriebe und Launch Control sowie dem ebenfalls mit Startautomatik ausgestatteten Porsche Cayman mit PDK bei der Beschleunigung aus dem Stand auf Tempo 100 keine Chance hat, glänzt er mit seinem druckvollen Turboaggregat. Laderfauchend schnappt sich der Peugeot RCZ R den schnellsten Beschleunigungswert bis 200 km/h.

Der gute Durchzug macht sich auch auf dem Kleinen Kurs bemerkbar. Mit 179 km/h sprintet der Peugeot RCZ R zusammen mit dem Porsche am schnellsten über die Start-Ziel-Gerade im Vergleichstest. Der RCZ R wiegt mit 1.346 Kilogramm von den drei Kandidaten am wenigsten. Leichtfüßig münzt er seinen Gewichtsvorteil in eine sagenhafte Rundenzeit von
1.14,8 Minuten in Hockenheim um.

Porsche Cayman muss sein Revier gegen den RCZ R verteidigen

Langsam wird der Porsche Cayman nervös. Boxersägend stürmt der Mittelmotor-Zweisitzer auf den Kleinen Kurs, um sein Revier zu verteidigen. Auch wenn der Sechszylinder-Saugmotor mit 275 PS natürlich im unteren Drehzahlbereich nicht an den Turbo-Punch von Audi TTS und Peugeot RCZ herankommt, klingt das Porsche-Triebwerk nicht nur am emotionalsten, sondern hängt auch direkter am Gas.

Vorbei sind die Zeiten, als der Porsche Cayman noch als Baby-Elfer tituliert wurde. Selbst mit der Basismotorisierung wirkt er erstaunlich erwachsen. Wobei "Basis" in Bezug auf unseren Testwagen natürlich ein großes Wort ist: Schlappe 24.467 Euro an Extras pumpten die Zuffenhausener in den Porsche Cayman für den Vergleichstest und steigerten den Testwagenpreis damit auf fast 80.000 Euro. Siebengang-PDK, Sport-Chrono-Paket Plus, elektronische Dämpferregelung PASM, mechanische Hinterachsquersperre – die Optionsliste dieses Porsche Cayman verrät sofort sein Ziel: sich fahrdynamisch erfolgreich gegen den Preiskracher Peugeot RCZ R zu wehren.

Subjektiv gesehen gelingt diese Herausforderung dem Porsche Cayman sehr gut. Das Einlenkverhalten und die Fahrstabilität im Grenzbereich sind ein Gedicht. Auf Lastwechsel reagiert er sensibel, aber nicht agressiv-bösartig. Im Vergleich wedelt er nicht nur am neutralsten um den Kleinen Kurs, sondern auch am konstantesten. Als ob jemand auf der Ziellinie die Wiederholungstaste drücken würde, spult der Hecktriebler seine Rundenzeiten mit Zeitdifferenzen von kaum einer Zehntelsekunde hintereinander ab.

Das Gripniveau der perfekt auf den Porsche Cayman abgestimmten Pirelli-P-Zero-Reifen bleibt auch nach mehreren Runden Querdynamikstress nahezu unverändert hoch. Auch die Stahlbremsanlage lässt sich nichts anmerken und überzeugt sowohl in Hockenheim als auch bei der Standardbremsung mit den besten Testwerten.

Porsche Cayman zeigt sich als der Allrounder

Zwei Kritikpunkte muss der Porsche Cayman jedoch über sich ergehen lassen. Die Schaltstrategie des PDK mit autonomen Hochschalt- und Runterschaltvorgängen im manuellen Modus bei Kick-down versprüht wenig sportlichen Charakter. Unser Wunsch: Bitte die Schaltcharakteristik der 991 GT3 auch in der Serie etablieren! Zweiter Kritikpunkt: Die klappernde Gurtschnalle zwischen Seitenairbag und Innenraumverkleidung auf der Beifahrerseite nervt nicht nur im Boxster, sondern auch im Cayman.

Den Gesamteindruck zerstören diese beiden kleinen Schönheitsfehler jedoch nicht. Der Cayman ist mit guten Alltagsmanieren wie auch mit seinen Fahrleistungen auf der Rennstrecke (Hockenheim: 1.14,5 Minuten) das kompletteste Auto des heutigen Testtages. Doch den Hut ziehen wir heute vor dem Peugeot RCZ R. Die Neuentwicklung erreicht Fahrwerte auf Cayman-Niveau, und das zu einem fast 15.000 Euro niedrigeren Einstiegspreis. Höchste Zeit für Porsche also, dass der Cayman GTS kommt – um in der Coupé-Liga wieder an die Spitze zu stürmen.

Technische Daten
Audi TTS Coupé Porsche Cayman Peugeot RCZ R 1.6 270 THP R
Grundpreis48.850 €54.211 €42.100 €
Außenmaße4198 x 1842 x 1345 mm4380 x 1801 x 1294 mm4294 x 1845 x 1352 mm
Kofferraumvolumen292 bis 700 l275 l321 bis 639 l
Hubraum / Motor1984 cm³ / 4-Zylinder2706 cm³ / 6-Zylinder1598 cm³ / 4-Zylinder
Leistung200 kW / 272 PS bei 6000 U/min202 kW / 275 PS bei 7400 U/min199 kW / 270 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h264 km/h250 km/h
0-100 km/h5,6 s5,8 s6,2 s
Verbrauch7,7 l/100 km7,7 l/100 km6,3 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten