BMW 435i Coupé und Mercedes E400 Coupé
Wer ist der Chef im Vergleichstest?

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Jetzt gilt es: Das BMW 435i Coupé muss die Dynamik-Versprechen seines Herstellers einlösen. Gegen das Mercedes E 400 Coupé sollte das leicht gelingen, oder? Wir haben die beiden Schönlinge mit der Vier im Vergleichstest gegeneinander antreten lassen.

BMW 435i Coupé, Mercedes E 400 Coupé,
Foto: Hardy Mutschler

Schluss mit schön. Mögen Coupés noch so oft für sich in Anspruch nehmen, die attraktivsten Geschöpfe unter der automobilen Sonne zu sein - in diesem Vergleichstest dreht sich alles um Fakten: Das BMW 435i Coupé und das Mercedes E400 Coupé treten gegeneinander an. Na ja, fast zumindest, denn ein paar Emotionen dürfen schon mit im Spiel sein, bewusstseinserweiternder Motorsound beispielsweise oder eine unverfälschte Kommunikation mit dem Fahrer, wenngleich beides nicht direkt in Wertungspunkte umgesetzt werden kann.

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BMW 435i Coupé erfreut mit 6-Zylinder-Akustik

In diesen kleinen pseudo-philosophischen Diskurs grätscht das BMW 435i Coupé ein, lässt seinen bekannten Reihensechszylinder mit Turboaufladung an, dessen dumpfe Bässe sofort und unaufhaltsam in jeden Gehörgang kriechen. Nein, da mag das Mercedes E 400 Coupé im Vergleichstest nicht mit einstimmen. Sein aufgeladener V6 hält sich akustisch zurück, optisch sowieso. Ihm gebührt die Ehre des frischeren Triebwerks, der BMW 4er hingegen bietet die neuere Verpackung.

Beide Modelle müssen sich übrigens widerspruchslos als Mogelpackung bezeichnen lassen, denn in der E-Klasse-Schale des Mercedes verbirgt sich im Prinzip ein C-Klasse-Kern, und beim BMW 435i Coupé handelt es sich schlicht um eine 3er-Limo der neuesten Generation. Immerhin bemühen sich die Bayern um ein agileres Handling als bei der Limousine, senkten an der Vorderachse die Lenker an den Schwenklagern ab. Dadurch sinkt das Rollzentrum um 19 Millimeter. Weiterer Unterschied: eine zusätzliche Torsionsstrebe. Die Hinterachse weist eine neue Elastokinematik und geänderte Anlenkpunkte auf.

BMW 435i Coupé mit Achtstufen-Automatik

Solange es geradeaus geht, rückt der Fahrwerks-Zauber allerdings in den Hintergrund. Tief sitzt man im BMW 435i Coupé in bequemen, sorgfältig ausgeformten Sitzen mit rutschresistenter Alcantara-Stoff-Kombination - beides Spezialitäten des 3.100 Euro teuren M-Pakets. Dass aus der Mittelkonsole der typische Automatikwählhebel im Schuhlöffel-Design ragt, wird mit einer gewissen Resignation zur Kenntnis genommen.

BMW freut sich offenbar dermaßen über die Achtstufen-Automatik, dass ohne sie fast kein Testwagen mehr den Hof verlässt. Und ganz ehrlich: Wir können es verstehen, ein bisschen zumindest. Schnell sortiert das Getriebe die optimal gespreizten Übersetzungen, gibt die perfekte Portion Zwischengas und lässt den 4er-Piloten in nahezu jeder Alltagssituation in Ruhe.

Zudem hilft es, das BMW 435i Coupé im Test in 5,2 Sekunden von null auf 100 km/h zu beschleunigen. Ja, Sie haben Recht, das entspricht nicht der Werksangabe von 5,1 Sekunden - doch sport auto misst bekanntlich mit einem Beifahrer an Bord und vollem Tank, die Hersteller nicht. Darüber hinaus lässt der Wandlerautomat im Sport- oder im manuellen Modus mit einem leichten Stupser wissen, dass nun der Gangwechsel vollzogen ist. Wer glaubt, es besser zu können, darf selbst an den griffgünstigen und haptisch hochwertigen Lenkradpaddeln des BMW 435i Coupé zupfen und freut sich sicher über die verzögerungsfreie Umsetzung der Schaltbefehle.

So lässt es sich hemmungslos durch das breite Drehzahlband des Dreiliter-Triebwerks toben, das erst jenseits von 7.000 Umdrehungen endet. Bereits bei rund 1.200/min setzt im BMW 435i Coupé massiver Schub ein, das maximale Drehmoment von 400 Nm türmt sich bereits jetzt auf wie die Zugspitze. Natürlich lesen Sie das an dieser Stelle nicht zum ersten Mal über den BMW-Motor. Doch dieses Spektrum von tief bassender Lässigkeit im Drehzahlkeller bis zu heiser trompetender Revolte obenherum - warum kann man Motoren eigentlich nicht heiraten?

Mercedes E 400 Coupé mit höchst effektivem Triebwerk

Dieses ganz große Orchester bietet das Mercedes E 400 Coupé im Vergleichstest nicht, wenngleich das kurzhubig ausgelegte V-Triebwerk definitiv zu den derzeit besten Benzinern zählt. Es verfügt über zwei Turbolader, die mit einem maximalen Überdruck von 0,8 bar arbeiten, und agiert gemäß der Markenphilosophie weniger spektakulär, aber dafür äußerst effektiv.

Okay, bei der Beschleunigungsmessung patzt das Mercedes E 400 Coupé gleich, nimmt sich mit 5,5 Sekunden drei Zehntel mehr Zeit im Vergleichstest als versprochen. Da er allerdings 107 Kilogramm mehr als das BMW 435i Coupé mit sich herumfährt, darf sich niemand beschweren. Bereits jetzt fällt auf, dass der Direkteinspritzer Drehzahlen jenseits der 6.000/min nicht besonders innig liebt, stattdessen lieber eine große Kelle aus dem Drehmoment-Bottich schöpft. Bereits bei 1.400/min entwickelt der Biturbo 480 Newtonmeter, die ausreichen, jeden Anflug von Hektik mit großer Geste zu verschütten.

Sieben-Stufen-Automatik ohne Hektik im Mercedes E 400 Coupé

Hinzu kommt, dass die Siebenstufen-Automatik zur No-Sports-Fraktion zählt (und nein, es ist immer noch nicht klar, ob Winston Churchill das tatsächlich gesagt hat). Etwas nachlässig schlurft sie durch die einzelnen Übersetzungen, setzt manuelle Befehle - wenn überhaupt - nur zögerlich um. Fetzige Zwischengas-Soli? Noi, noi, wie der Schwabe sagt. Das Triebwerk selbst verfügt eigentlich über eine ganz ansprechende Akustik, zwitschert und schnauft gerne mal die klassische Turbo-Sinfonie. Insgesamt klingt das Mercedes E 400 Coupé kerniger, mechanischer, kühler als der warmherzige BMW, nimmt sich deutlich weniger wichtig.

Somit scheint die klassische Rollenverteilung bestätigt: BMW stellt den Hitzkopf, Mercedes den Tiefenentspannten. Ganz so einfach ist es nicht, denn beim Slalom huscht die Mercedes E-Klasse ziemlich flott um die Pylonen, die geschwindigkeitsabhängige Lenkung (seit der Modellpflege eine elektromechanische Konstruktion) vermittelt mit ihrer unaufgeregten Arbeitsweise schnell ein gutes Gefühl für das 4,70 Meter lange Mercedes E 400 Coupé. Zudem lässt die hochgesetzte ESP-Regelschwelle ausreichend Freiheiten, ansonsten funkt die Elektronik ziemlich humorlos dazwischen.

BMW 435i Coupé ist Chef auf dem Ring

Und der BMW 4er? Er vermittelt erheblich mehr Präzision, bietet das direktere Fahrerlebnis. Alleine das Einlenken - als ob eine unsichtbare Faust die Vorderachse in die entsprechende Richtung boxen würde. In einen außerirdischen Geschwindigkeitsvorsprung kann das BMW 435i Coupé die gefühlte Dynamik allerdings nicht umwandeln. Auf dem Kleinen Kurs in Hockenheim ergibt sich beim Test ein ähnliches Bild. Klar, der BMW 435i bleibt der Chef im Ring.

Sein Motor scheint über das Gaspedal direkt mit der Sohle des Fahrers verklebt, erneut zappt sich die Automatik in Sekundenbruchteilen in den gewünschten Gang. Dank der konsequent für hohe Agilität ausgewählten 19-Zoll-Räder baut der mit adaptiven Dämpfern ausgerüstete BMW 435i Coupé schnell Grip an der Vorderachse auf, wenngleich ein leichter Hang zum Untersteuern nicht ausbleibt - vielleicht war die Vergleichstest-Mischbereifung doch keine so gute Idee?

Andererseits: Wer es kann, lupft kurz und nutzt den leichten Lastwechsel. Reicht nicht? Kein Problem, Leistungsübersteuern erlaubt das BMW 435i Coupé jederzeit und gerne. Insgesamt passt die Traktion, wenngleich aus engen Ecken vorsichtig herausbeschleunigt werden muss - das über das BMW-Zubehörprogramm lieferbare Sperrdifferenzial fehlte beim Testwagen.

Mercedes E400 Coupé federt souverän und ausgewogen

Bei Mercedes würde der Wunsch nach einem derartigen Extra vermutlich den verständnislosesten aller Blicke ernten. So zwingt auch das drehmomentstarke Mercedes E 400 Coupé zu einem äußerst sensiblen Gasfuß, zumal sein Stabilitätsprogramm mit unnachgiebig auf Sicherheit ausgelegten Kennlinien arbeitet und erst spät nach einem Eingriff die Zügel wieder lockert. Daher muss sich der Fahrer in ziemlich engen Grenzen bewegen, wobei ihm das berechenbarere, wenngleich stärker untersteuernde Eigenlenkverhalten ein bisschen hilft.

Lastwechsel kennt das Mercedes E 400 Coupé nur aus den Gute-Nacht-Geschichten seiner Entwickler, doch die Fahrwerkskonstruktion mit Dreilenker-Vorderachse und Raumlenker-Hinterachse (Parallelverschiebung der Radmitte, flexiblere Pollage der Lenkerverlängerungen, Sie wissen schon) in Kombination mit adaptiven Dämpfern erlaubt mit ihrer Ausgewogenheit im Vergleichstest einerseits eine tapfere 1.19er-Zeit, andererseits souveränen Federungskomfort - was im Auto-Alltag eine ebenso angenehme Eigenschaft darstellt wie die umfangreiche Sicherheitsausstattung.

Das BMW 435i Coupé spricht aufgrund seiner größeren Bereifung etwas fauler auf Bodenunebenheiten an, pfeffert dafür in 1.18,2 Minuten um den Rundkurs. Auch wenn die Fans an der Boxenmauer nun daraufhin nicht gerade in Ohnmacht fallen - die Auftaktvorstellung des BMW 435i Coupé gelingt ohne Patzer, allerdings hetzt ihn das unaufgeregt-agile Mercedes E 400 Coupé ganz ordentlich. Fazit: Beide können weit mehr als nur den Schönling geben.

Technische Daten
Mercedes E 400 Coupé BMW 435i Coupé
Grundpreis56.347 €50.250 €
Außenmaße4703 x 1786 x 1397 mm4638 x 1825 x 1362 mm
Kofferraumvolumen450 l445 l
Hubraum / Motor2996 cm³ / 6-Zylinder2979 cm³ / 6-Zylinder
Leistung245 kW / 333 PS bei 5500 U/min225 kW / 306 PS bei 5800 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h
0-100 km/h5,5 s5,3 s
Verbrauch7,4 l/100 km7,2 l/100 km
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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten