BMW 650i Coupé gegen Maserati GranTurismo Sport
Deutschland gegen Italien

Inhalt von

Klassische Eleganz aus Bayern trifft auf sportliche Leidenschaft aus Italien. Das BMW 650i Coupé tritt mit gestärktem 450-PS-V8 gegen den Maserati GranTurismo Sport an – ebenfalls mit V8 und 460 PS.

BMW 650i Coupé, Maserati GranTurismo Sport, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Warschau, 28. Juni 2012, 20. und 36. Minute, Doppelpack Mario Balotelli, EM-Aus für Deutschland gegen Italien. Jetzt geht der Nationenklassiker in eine neue Runde. Das BMW 650i Coupé tritt gegen den Maserati GranTurismo Sport an.

Unterhalb des BMW M6 will das 650i Coupé jetzt aufschließen. Den erstmals im viertürigen 6er Gran Coupé vorgestellten V8-Biturbo mit der internen Bezeichnung N63 hängen die BMW-Entwickler nun auch dem zweitürigen F13-Coupé in den Motorraum. Statt 407 PS leistet der 4,4-Liter-V8 jetzt 450 PS. Neuerdings verfügt das Triebwerk auch über die variable Ventilsteuerung Valvetronic. Durch diese soll sich neben des Wirkungsgrads auch das Ansprechverhalten verbessern.

Unsere Highlights

BMW 650i kann Express-Reisen, aber keine Rennstrecke

Der neue V8 hängt subjektiv noch etwas besser am Gas. Bereits bei 2.000/min steht ein maximales Drehmoment von 650 Nm zur Verfügung (ehemals 600 Nm). Trotz des Gewichts von 1.897 Kilo zieht das elegante Coupé in 5,2 Sekunden von null auf Tempo 100. Damit semmelt der BMW 6er nicht nur an der Werksangabe von 4,6 Sekunden vorbei, sondern hinkt auch dem ausgemusterten 407-PS-Modell (5,1 s) minimal hinterher. Bis 200 km/h verliert er sogar eine Sekunde auf den baureiheninternen Vorläufer.

Schluss mit den Stammtischparolen über Sprintwerte. Im Alltag entscheidet vor allem der Durchzug, und da ist der aktuelle V8 deutlich besser. Auch ohne M6-Logo auf dem Heckdeckel kommt im BMW 650i selten der Wunsch nach mehr Leistung auf. Den munteren Durchzug begleitet die Acht-Stufen-Automatik mit perfekten Schaltvorgängen ohne sich unangenehm aufzuspielen. Für sportliches Feeling lassen sich die Gänge per Schaltwippen am Lenkrad manuell sortieren.

02VA soll den Bayern-Spieler BMW 650i noch fitter machen. Hinter dem 3.970 Euro teuren Ausstattungscode "Adaptive Drive" versteckt sich die Kombi der Fahrwerksregelsysteme "Dynamic Drive" und "Dynamische Dämpfer Control". Dynamic Drive soll mit aktiven Stabilisatoren an Vorder- und Hinterachse Wankbewegungen reduzieren. Die adaptiven Dämpfer bügeln in den Einstellungen Comfort und vor allem Comfort Plus sämtliche Bodenwellen lässig weg. Mit Komfortsitzen und geringen Windgeräuschen reist man im BMW 650i selbst bei einer Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h komfortabel wie in der Business Class, aber auch so abgekoppelt wie im ICE. Wer doch einmal zwischen Toskana-Urlaub, Fahrten ins Büro oder zum Segelclub mit Rennstreckenausflügen spekuliert, sollte besser nicht den BMW 650i wählen.

Warum? Klick, Sport-Plus-Modus ein, DSC aus – Hockenheim ruft. Es folgen drei gezeitete Runden – mehr Pflicht als Genuss. Auch im straffesten Dämpfermodus wankt der 6er wie ein Schiff auf hoher See. Außerdem ist die Michelin Primacy HP-Bereifung für die Rennstrecke so unerotisch wie Häkelsocken unter der Bettdecke.

Das Gripniveau ist unbefriedigend. Beim Anbremsen schiebt der BMW 650i über die Vorderachse. Gutmütiges Untersteuern könnte ebenso sein Lebensmotto sein wie Alltagskomfort. Bei so viel Meckerei: Lenkung können sie in München einfach. Die in unserem Testexemplar installierte, optionale Integral-Aktivlenkung (1.950 Euro Aufpreis) überzeugt mit guter Rückmeldung um die Mittellage.

Maserati-V8 begeistert mit seinem Sound

Pause für den distinguierten Golfplatzbegleiter. Jetzt kommt einer, der will auffallen wie Lagerfeld. Seine Lackierung funkelt in Nero Carbonio. Wenn er wartet, dann meist an extrovertierten Orten. Etwa die Parkplätze von Mailand, Madrid oder Barcelona. Balotelli, Ronaldo oder Messi – es wäre nicht verwunderlich, wenn sich die Champions-League-Helden von heute hinter das Steuer des Maserati GranTurismo Sport klemmen würden.

Understatement ist nicht sein Ding, doch wollen wir immer zurückhaltenden BMW-Luxus? Bayerische Eleganz gegen italienische Leidenschaft. Elfenbeinweißes Nappa-Exklusivleder trifft im GT-Cockpit auf Kohlefaser, Alcantara und Aluminium. Im Vergleich mit seinen Vorgängern überzeugt der GranTurismo Sport heute mit besserer Verarbeitungsqualität.

Unter der rassigen Linienführung steckt nach wie vor der 90-Grad-V8 mit Ferrari-Genen. Sexy-heiser bellt er auf. Anders als der flüsterleise BMW 650i-V8 lockt dich dieses 4,7-Liter-Konzert auch um 23 Uhr noch mal in die Garage. Triebwerk an, drei Gasstöße wie ein Glas Champagner prickeln lassen, dann glücklich ins Bett. Innerhalb der Gran Turismo-Baureihe löst das neue Sportmodell den GranTurismo S ab. Statt 450 PS erwachen nun zehn Pferde mehr hinter dem Dreizack-Logo. Das maximale Drehmoment steigt um 20 auf 520 Newtonmeter.

Eins zu null für Italien gegen Deutschland: Locker pulverisiert der Maserati die Beschleunigungswerte des BMW 650i, während er dabei saugmotorklassisch direkter am Gas hängt als der BMW-Twin-Power-Turbo. Bis zur 200-km/h-Marke rennt er mit zwei Sekunden Vorsprung so lässig weg wie Balotelli Kapitän Lahm im EM-Halbfinale.

Solche Sprints macht das sequenzielle MC-Shift-Sechsganggetriebe nur mit manuellen Gangwechseln mittels Schaltwippen im sportlichen MC-S-Modus möglich. Schaltzeiten von 100 Millisekunden sorgen dabei für Fahrspaß. Im Auto-Modus hingegen wechselt das Getriebe die Gänge unter Volllast zu langsam – Schaltverzögerungen, die nicht ohne Kopfnicken ablaufen.

BMW 650i unterliegt bei der Fahrdynamik

Während das Duell bei der Bremsprüfung mit nahezu identischen Werten unentschieden endet, lässt der Italiener dem Bayern in Sachen Handling keine Chance. Der Maserati ist im Slalom und auf der Rennstrecke schneller als der BMW 650i unterwegs. Trotz seiner relativ weichen, komfortablen Fahrwerksabstimmung, die den GT auf Bodenwellen zu pumpenden Bewegungen animiert, legt er in Hockenheim eine respektable Rundenzeit hin. Mit 1.14,5 Minuten ist er nicht nur über zwei Sekunden schneller als das BMW-Coupé, sondern auch als sein Vorgänger GranTurismo S (1.16,3 min, sport auto 9/2009).

Dank Pirelli P Zero-Mischbereifung punktet der Maserati mit besserem Gripniveau als der BMW 650i. Während die Rückmeldung der Lenkung etwas zu leichtgängig-gefühllos ausfällt, lenkt der GranTurismo gut ein und verbleibt trotz seiner Leibesfülle von 1.925 Kilo in einem weitgehend neutralen Fahrzustand. Italienische Wutanfälle im Grenzbereich? Keine Spur. Der GT bleibt am Limit sicher und berechenbar.

Nur bei der Preis-Leistungswertung muss der Maserati Gegentreffer kassieren, schielt er doch mit seinem Grundpreis von 129.115 Euro (BMW 650i: 87.300 Euro) auf Kicker-ähnliche Jahresgehälter. Apropos Kicken, das Duell Deutschland gegen Italien endet auch nach dem heutigen Vergleichstest zugunsten der Azzurri – die Revanche folgt hoffentlich bei der WM 2014 auf dem Fußballplatz.

Technische Daten
Maserati GranTurismo S SportBMW 650i Coupé
Grundpreis129.600 €87.300 €
Außenmaße4881 x 1915 x 1353 mm4894 x 1894 x 1369 mm
Kofferraumvolumen260 l460 l
Hubraum / Motor4691 cm³ / 8-Zylinder4395 cm³ / 8-Zylinder
Leistung338 kW / 460 PS bei 7000 U/min330 kW / 450 PS bei 5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit300 km/h250 km/h
0-100 km/h4,8 s5,2 s
Verbrauch15,5 l/100 km8,6 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten