Fiesta ST, 208 GTI, Clio R.S, Polo GTI
Giftzwerge im Vergleichstest

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Aufrüstung in der Kleinwagen-Klasse: Gleich drei neue Sportmodelle rücken dem etablierten VW Polo GTI im Vergleichstest auf den schlichten Pelz. Darunter der Renault Clio R.S., der wildeste Bruder - bislang zumindest. Der Ford Fiesta ST und der Peugeot 208 GTI komplettieren das Testquartett.

Ford Fiesta ST, Peugeot 208 GTI, Renault Clio R.S, VW Polo GTI, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Geschliffene Manieren? Vergriffen. In diesen Tagen zumindest. Statt „Guten Morgen“, „Wie geht‘s“ oder sonstigen Floskeln begrüßen die Kollegen den jeweils letzten Fahrer des Renault Clio R.S. mit einem „und, wie ist er, wie fandest du ihn?“ Kein Wunder, tobt doch der Vorgänger gleich rudelweise durch den Touristenverkehr auf der Nordschleife und mischt auch die eine oder andere Rennveranstaltung auf. Nach einer Fahrt im Ford Fiesta ST und Peugeot 208 GTI folgt ebenfalls unmittelbar die verbale Inquisition. Schließlich gilt Ford als Fahrwerksspezialist, und Peugeot will immerhin mal eben den wahren Nachfolger des Peugeot 205 GTI gebaut haben. Nur beim VW Polo GTI, da fragt niemand mehr.

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Der VW Polo ist nicht der teuerste im Quartett

Doch warum? Im ersten Einzeltest vor über zwei Jahren knabberte der optisch zurückhaltende Kleinwagen an der Kleiner-Kurs-Rundenzeit des Mini Cooper S und erfordert auch heute noch nicht einmal in diesem Quartett den dicksten Sparstrumpf – trotz aufwendig mittels Turbo und Kompressor aufgeputschtem 1,4-Liter-Motor und serienmäßigem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe.

Ganz nebenbei halten sich auch die Unterhaltskosten in akzeptablen Grenzen, liegen zum Teil deutlich unter denen seiner Konkurrenten. Gleiches gilt allerdings für die sportlichen Tugenden: Der VW Polo fährt Vollgas am Regal mit den Werken aus der Epoche des Sturm und Drang vorbei. So lange es geradeaus geht, ist der Polo GTI noch kräftig mit dabei, sprintet in 6,9 Sekunden – und damit auf dem Niveau der anderen – von null auf 100 km/h. Doch vor der ersten Kurve fällt ihm dann wieder ein, dass er ja zum Stamme der Volkswagen gehört.

Sehr gute Traktion im VW Polo GTI

Spürbar untersteuernd sucht sich der VW Polo GTI seinen Radius, neigt sich gedankenverloren zur Seite, bemüht auffallend früh das nicht abschaltbare ESP. Und das Getriebe macht vor allem eines gut: Das, was es will. Hinzu kommt eine etwas zu zögerliche Reaktion auf manuelle Gangwechsel. Warum nur diese Langeweile? Wo es dem Fahrer im Cockpit eigentlich richtig gut geht, unterstützt von sehr bequemen, seitenhaltstarken Sitzen und der besten, weil rückmeldungsfreudigsten Lenkung im Test.Selbst die Elektronik hat ihr Gutes, die programmierte Differenzialsperre beschert dem Polo verlässliche Traktion. Dennoch: Im Slalom übernimmt der VW die Rolle des Lumpensammlers, auf dem Kleinen Kurs ebenfalls, bleibt hier sogar 1,1 Sekunden hinter einem früheren Testwagen zurück. Weitgehend befreit von Glanzpunkten reicht es so nur zum letzten Platz – womit zudem die mangelnde Euphorie um den kleinen GTI erklärt wäre.

Schaltspaß im Ford Fiesta ST

Vorfreude generiert sich im Fall des Ford Fiesta ST allein durch einen Blick auf die Preisliste: 19.990 Euro – günstiger geht nicht. Sein 1,6-Liter-Turbomotor hingegen rangiert leistungsmäßig nicht an der Spitze, doch im Verbund mit dem exakt bedien baren Schaltgetriebe legt sich der Direkteinspritzer mächtig in die Riemen. Mit einer Tonlage wie kurz nach dem Stimmbruch basst sich der Vierzylinder eifrig die Drehzahlskala empor, hat sich bereits bei 1.600/min sein maximales Drehmoment von 240 Nm aus der Kurbelwelle geschüttelt. Sehr talentiert hält der Ford so die Illusion eines 200 PS starken Knallers aufrecht, zieht bei der Beschleunigung dann allerdings doch den Kürzeren – da hilft offenbar das niedrigste Leergewicht nichts, denn dem Vierzylinder geht obenherum einfach zu schnell die Luft aus. Im Slalom kann der Ford Fiesta einzig dem VW Polo zeigen, wie der Stepptanz um die Pylonen richtig funktioniert.

Den Fiesta lenkt man mit dem Lenkrad und dem Gaspedal

Also zu früh gefreut? Nein, denn in Hockenheim fräst der Ford Fiesta mal eben die zweitschnellste Zeit in den Asphalt und muss um nur ein Zehntel den Renault Clio ziehen lassen. Obwohl der Fahrer selbst die sechs Gänge sortieren muss, findet er den passenden immer auf minimalem Weg mit optimalen Anschluss. Darüber hinaus versorgt ihn die mit 13,7 : 1 übersetzte Lenkung mit ordentlicher Rückmeldung und setzt Richtungswünsche geradezu militärisch unmittelbar um.

Und das Fahrwerk? Bereits im Alltag begeistert die gewählte Abstimmung mit ehrlicher Straffheit statt unnötiger Härte und – bei ausreichend Mut – merklichen Lastwechselreaktionen. Dabei bleibt es auch auf der Rennstrecke – heftig übersteuernde Mätzchen, wie sie sich der Ford Focus ST leistet, stören das Vollgas-Jing-Jang nicht. So macht der Fiesta ST schnell klar, dass er nicht nur mit dem Lenkrad, sondern immer auch ein wenig mit dem Gaspedal gelenkt werden möchte.

Zackig einlenkender Peugeot 208 GTI

Die Elektronik steht ihm dabei jedenfalls nicht im Weg, in puncto Traktion allerdings auch nicht. Davon könnte der Fiesta noch ein bisschen mehr brauchen – ebenso wie eine etwas tiefere Sitzposition und weniger wirre sowie größere Instrumente. Doch vor allem mit besserem Grip wäre mehr als nur Platz drei drin.Viel überzeugender krallt sich der Peugeot zwar auch nicht in den Asphalt, sichert sich dennoch mit der Gewalt seines 200 PS starken 1,6-Liter-Motors die Sprintwertung – dem niedrigsten Leistungsgewicht sei dank.

Genügt das, um den Urahn 205 GTI heraufzubeschwören? Der Ansatz stimmt jedenfalls, denn die Pylonen im Slalom schlürft der Franzose so locker weg wie ein Dutzend Austern. Hier hilft ihm vor allem seine hyperaktiv ansprechende Lenkung, die zwar etwas Gewöhnung erfordert, doch im Verbund mit dem direkten Einlenkverhalten letztendlich die höchste Geschwindigkeit erlaubt.

Die Sitze im Peugeot bieten wenig Seitenhalt

Auf der Autobahn schafft diese Auslegung den Fahrer dann aber doch ziemlich – sie erfordert ständige Korrekturen. Den von Peugeot heraufbeschworenen, ergonomischen Vorteil des Mini-Lenkrades und den höher gelegten Instrumenten suchen einige Kollegen immer noch. Hauptsache anders ist doch bislang das Motto der Konzernkollegen von Citroën? Ähnliches gilt für die Sitze, die zwar mit ihren Seitenwangen dick auftragen, deren weiche Polsterung aber wenig Seitenhalt bieten.Über den Kleinen Kurs fegt der Peugeot 208 GTI dann wiederum weit weniger spektakulär um die Pylonen. Ähnlich wie der VW Polo GTI buchstabiert er „Untersteuern“ flott und exakt, „Lastwechselreaktionen“ wurden aus seinem Vokabular gestrichen.

So folgt dem Umsetzen des Lenkbefehls auf Fingerschnipp ein eher gelangweiltes, neutrales Folgen der Idealline, mehr oder weniger Gas bringt jetzt nur noch die Vorderräder zum Wimmern. Der Griff zum wulstigen Schalthebel macht den sonstigen Lieblingsbeschäftigungen des Fahrers ebenfalls keine Konkurrenz, dafür huscht er zu unpräzise und auf etwas zu langen Wegen durch die Gassen – hier bleibt sich Peugeot also treu. Ebenso indifferent ist das Pedalgefühl der Bremse, die aber konstant auf ähnlich gutem Niveau wie beim VW Polo GTI und Ford Fiesta ST verzögert. Den zweiten Platz rechtfertigt der Peugeot 208 GTI also durch sein Slalom- und Beschleunigungstalent sowie das niedrige Leistungsgewicht – nur so zur Erinnerung.

Teurer Renault Clio R.S.

Beim Renault Clio R.S. hingegen ist die Erinnerung noch hellwach, zumindest an seinen Vorgänger. Watscht der Neue alle anderen ebenfalls so rotzfrech ab? Na, die Fans haben ja ohnehin schon auf die Punktetabelle gespitzt. Der 200 PS starke R.S. erkämpft sich den ersten Platz, obwohl er die meisten Pfunde auf die Waage wuchtet und die meisten von seinen Käufern verlangt – wenn sie denn unbedingt in britischer Währung bezahlen wollten. Dafür liefern die Franzosen den Renault Clio R.S. grundsätzlich mit vier Türen und einem Doppelkupplungsgetriebe aus. Das Cup-Paket mit um fünf Millimeter abgesenkter Karosserie, einer strafferen Abstimmung und 18-Zoll-Rädern kostet weitere 1.000 Euro. Einsteigen bitte.

Der Renault Clio R.S. garniert jedes Zurückschalten mit einer Dosis Zwischengas

Die serienmäßigen Sportsitze empfangen Fahrer und Beifahrer äußerst zuvorkommend, sind nicht zu hoch montiert und bieten gute Unterstützung. Was der Digital-Tacho soll? Keine Ahnung. Wenigstens lässt er sich ganz ordentlich ablesen. Hinter dem Lederlenkrad lugen zwei fest an der Lenksäule montierte Schaltpaddel von eher mäßiger Materialqualität vor. Der Schalthebel? Verchromt, immerhin, aber kaum hochwertiger. Egal, Hauptsache, es funktioniert – und genau das tut es nicht.

Zornig grollend und geradezu bösartig fauchend spielt der Turbobenziner auf der großen Orgel der emotionalen Motorklänge, jedes Zurückschalten garniert eine Dosis Zwischengas. So weit so prächtig – überzeugend auch die Beschleunigung –, nur die Reaktionen des Getriebes fallen so behäbig aus wie die eines Fischkutters auf Bewegungen am Ruder. Ein langer Druck auf die R.S.-Taste in der Mittelkonsole bringt kaum Besserung.

Zu viel Weichspüler

Ähnlich wie beim VW Polo GTI lässt sich an den Schaltzeiten selbst kaum herummeckern, nur die Spanne, bis das Getriebe endlich etwas unternimmt, dauert zu lange. Immerhin darf der Direkteinspritzer bis in den Begrenzer drehen, wenn es denn sein muss. Und wo die Sportabteilung von Renault schon mal auf der weichen Welle surfte: Die dunkle, schwer lastwechselnde Seele des Vorgängers haben sie ihm ebenfalls ausgetrieben.
Das, was übrig blieb, genügt aber immer noch, um die anderen drei Kandidaten auf der Rennstrecke in die Schranken zu weisen. Keiner klebt neutraler auf der Ideallinie, beginnt später zu untersteuern und lässt sich präziser mit einem leichten Lupfer des Gaspedals wieder auf Kurs bringen.

Dabei registriert der Fahrer frühzeitig, wie das Heck leicht wird und kann über die präzise, wenngleich nicht Polo-perfekte Lenkung entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten. Und wenn am Kurvenausgang das 1,6-Liter-Triebwerk bereits fauchend wie ein getunter Schweißbrenner die nächsten Geraden bejubelt, melden Fahrwerk und Regelelektronik: Traktion erfolgreich hergestellt.

Also gewinnt der Clio am Ende doch den Vergleich – einem Vergleich mit seinem Vorgänger dürfte er hingegen kaum standhalten. Die Kollegen haben daher schnell ihre guten Manieren wieder gefunden. Guten Morgen.
 

Technische Daten
Ford Fiesta ST 1.6 EcoBoost STPeugeot 208 GTi GTiRenault Clio R.S. RSVW Polo GTI GTI
Grundpreis20.840 €23.300 €22.990 €22.925 €
Außenmaße3982 x 1722 x 1495 mm3962 x 1739 x 1460 mm4090 x 1732 x 1434 mm3976 x 1682 x 1452 mm
Kofferraumvolumen295 bis 979 l285 bis 1076 l300 bis 1146 l204 bis 882 l
Hubraum / Motor1596 cm³ / 4-Zylinder1598 cm³ / 4-Zylinder1618 cm³ / 4-Zylinder1390 cm³ / 4-Zylinder
Leistung134 kW / 182 PS bei 5700 U/min147 kW / 200 PS bei 6000 U/min147 kW / 200 PS bei 6000 U/min132 kW / 180 PS bei 6200 U/min
Höchstgeschwindigkeit223 km/h230 km/h230 km/h229 km/h
0-100 km/h7,3 s6,8 s6,9 s6,9 s
Verbrauch5,9 l/100 km5,9 l/100 km6,3 l/100 km5,9 l/100 km
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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten