Mini Cooper S und Ford Fiesta ST im Vergleich
Perfektion gegen sportlichen Minimalismus

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Seit 2001 zetern Ewiggestrige herum, der New Mini sei nicht mehr das, was ein Mini mal war. Nun kommt die dritte Generation. Und jetzt zetern wir, dass der Mini nicht mehr ist, was er war. Als Zeuge der Anklage im Vergleichstest gegen den Mini Cooper S dabei: der Ford Fiesta ST.

Ford Fiesta ST, Mini Cooper S, Seitenansicht
Foto: Rossen Gargolov

Später wird auf Rundenzeiten, Beschleunigungsmessungen, Slalomwerte und Verzögerungsdaten einzugehen sein. Darauf, wie sich all dies in Punkte umrechnen und damit ein Sieger ermitteln lässt. Aber jetzt, hier oben auf dem Berg, stehen wir etwas verwirrt neben Ford Fiesta ST und Mini Cooper S. Und fragen uns, ob Perfektion einem Auto wirklich schaden kann.

Dass ein gutes Auto und ein guter Mini zwei sehr unterschiedliche Dinge sind, wissen wir seit 55 Jahren. Der Ur-Mini ist 1959 eine brillante Idee. Aber eine, die wohl nur bis ins Jahr 2000 überleben kann, weil die britische Automobilindustrie über Jahrzehnte zu sehr damit beschäftigt ist, sich zugrunde zu richten, um neue, noch bessere Ideen zu haben.

Mini Cooper S mit geringem Normverbrauch

Die ersten beiden New Mini nehmen sich die Sport-Tradition zu Herzen und das ganze Alltagsgedöns nicht wirklich ernst. Solange es noch eine Kurve zu durchkratzen, noch einen Kreisverkehr zu durchschwirren gibt, wen kümmert da die wirre Bedienung oder der barsche Komfort? Der Mini jedenfalls kann immer viel wilder, als es die meisten seiner Kunden ahnen, die ihn nur wegen des ganzen Lifestyle-Schnickschnacks fahren. Bis jetzt.

Der dritte New Mini erweist sich als hervorragender Kleinwagen. Seit 1959 war er nicht mehr so zeitgemäß modern wie heute, beherrscht das Navigieren, Notbremsen, Not rufen, Abstandhalten und Adaptivdämpfen, die Sechsgangautomatik arbeitet mit dem Navi zusammen, um die Schaltstrategie zu optimieren. Und selbst der Mini Cooper S liegt im Normverbrauch unter sechs Litern auf 100 Kilometer.

Dann steigst du ein, fällst tief, und ja, das fühlt sich noch alles nach Mini an. Aber die paar Zentimeter mehr (13,6 in der Länge, 4,4 in der Breite) ändern sein Wesen. Er wirkt nun stattlich - was für einen Mini ein ähnlich zweifelhaftes Kompliment sein dürfte wie für eine junge Dame. Er kann nun alles besser, das Cockpit haben sie ihm so umgeräumt, dass nur noch die Nebensächlichkeiten umstandsmodisch zu bedienen sind. Ein Schnipp am Starterschalter, und der Turbobenziner des Mini Cooper S brodelt los.

Zu groß, um großartig zu sein?

Im Mini Cooper S ist es der Vierzylinder, selbstredend mit Direkteinspritzung. Wählhebel der Aisin-Sechsgangautomatik auf D, und der Mini Cooper S bricht sacht und kultiviert auf. Eilig wandlert das Getriebe in die hohen Stufen, lässt den Wagen mit der Kraft seiner 280 Nm niedertourig vorandrücken. Das frühe Drehmoment bestimmt nun den Charakter des Mini, der sich auf der Autobahn eilig auf Tempo 200 zieht.

Der Motor tourt dann leise, der Wind streicht sacht über die steile Frontscheibe. Kein Zappeln, kein Spurrillen-Nachschnüffeln, kein Federungsbocken - der Mini Cooper S fährt im Vergleichstest ruhig und komfortabel wie ein BMW 1er. Runter von der Autobahn, am Fuß des Berges wartet der Ford Fiesta ST - ein Auto, das jeden vergrätzt, der es nur zur Schau fahren will. Und einer unserer Helden hier. Bereits auf der Herfahrt über die A8 unterzieht er den Piloten einem Langstreckentest, rumpelt über Querfugen, tändelt Rillen nach und krawallt auf der linken Spur daher.

Mini zieht ST in Hockenheim ab

Bevor wir nun in die Belobhudelung des Ford Fiesta ST einsteigen, müssen wir noch etwas erläutern. Die Sache mit Hockenheim. Da nämlich watscht der Mini Cooper S den Ford Fiesta ST ab. Trotz Automatik. Die haben die Ingenieure bestens auf die Strecke abgestimmt. Bei deaktiviertem DSC hält der Mini im manuellen Modus die Gänge, rattert also hoch bis in den Begrenzer und lässt sich ansonsten perfekt über die Paddel schalten. Auch wegen des besseren Grips der Pirellis kann der Mini Cooper S später bremsen, lenkt gierig ein, gern mit nachdrücklichem Lastwechselschwenken und zieht sich traktionsstark auf die nächste Gerade - Untersteuern wird da von der Elektronik weggeregelt.

Anders als beim letzten Auftritt des ST (sport auto Heft 6/2013) schwächelt der Ford Fiesta diesmal im Motodrom. Schon beim Messen der Fahrleistungen wirkte er wegen der 33 Grad Außentemperatur kurzatmig. In Hockenheim erreicht er im Vergleichstest zwar ähnliche Kurvengeschwindigkeiten wie der Mini Cooper S, verliert den Anschluss aber auf den Geraden. Zudem fangen seine Reifen früher an zu schmieren, doch schon davor lenkt er auf der Rennstrecke nicht ganz so präzise ein wie der Mini, schubbert leichter ins Untersteuern, lässt sich auf Lastwechsel nicht so hilfreich zum Heckdrängen verführen. Auch beim Herausbeschleunigen zerrt er stärker untersteuernd aus Kurven heraus.

Aber nun stehen wir im Tal, ein frischer Wind umfächelt die Autos. Wieder einsteigen in den Mini Cooper S, wieder den Startknopf anschnipsen. Statt auf D direkt in den Sportmodus der Automatik. Und los. Auspuffbratzelnd und laderprustend legt der Mini los, aber es klingt inszeniert statt echt. So, als hätte ihn jemand in eine Urschrei-Therapie geschubst, und er müsste nun eben mitmachen.

Deutsche Ingenieure haben Mini vereinnahmt

Mag die Automatik mit ihrem Sport-Modus auf der Rennstrecke richtig liegen, schaltet sie jetzt, da es in Serpentinen hinaufgeht, so hektisch durch die Stufen, dass du nach drei Kurven lieber selbst durch die Stufen zappst. Ja, es geht vehement bergauf, mit aktiviertem DSC aber besonnener um Kurven. Früher grippte sich der Mini mit der Vorderachse um Kurven, das Heck hechtete hinterher. Jetzt eilt er in einem Fluss um die Haarnadel, von der E-Servolenkung so präzise geführt wie ein BMW.

In dieser Generation, so scheint es, haben die deutschen Ingenieure den Mini vereinnahmt, nicht mehr er sie. So tritt dynamisierende Präzision an die Stelle der munteren Zappeligkeit. Zum ersten Mal spielt die Motorleistung im Mini wirklich eine Rolle. Mit seinem ansatzlosen, ja gar tollkühnen Handling begeisterte der letzte New Mini selbst in der Basisversion mit 75 PS. Hier sind es 192, aber, och, ein paar mehr könnten es schon sein, weil sich der durchperfektionierte Mini nun nicht mehr schneller anfühlt, als er ist.

Gib mir mein Gefühl zurück

Dennoch: Der Mini ist ein brillantes Auto geworden, eines, das nun wohl noch mehr Käufer erreichen wird. Nur unser Herz erreicht er als Cooper S nicht mehr so recht. Zumindest nicht, wenn da ein Ford Fiesta ST steht und quengelt, dass er endlich auch aufwärtswill. Hier gibt es einen Zündschlüssel und ein manuelles Getriebe. Dazu Recaros, einen entschlossenen Motor und ein Fahrwerk, das selbst den Fiesta 1.25 mit 60 PS zum Handlingstar verzaubert.

Und dann schmeißt sich der Ford Fiesta ST dermaßen den Berg hoch, berserkert durch Kurven, mit weniger Seitenneigung als der Mini und bei aktivem ESP mit mehr Heckdrängeln bei Lastwechseln. Beim Beschleunigen zerrt er in der Lenkung, raspelt kurz nach Traktion und zieht sich dann die knappe Gerade hoch. Der zweite Gang klackt ein, gleich danach der dritte - der Fiesta knallt über die fiese Bodenwelle, die der Mini vorher so beflissen weggefedert hat.

Anbremsen und rein in die Wechselkurven. Die Lenkung mag nicht so präzise und ausgewogen sein wie die des Mini, sie steuert den Ford Fiesta ST im Vergleichstest zappeliger, aber eben auch rauflustiger. Beim Mini hast du hier noch Zeit, darüber nachzudenken, was wohl der Farbwechsel der Infotainment-Illuminierung bedeuten könnte oder ob die Mini-Burschen es echt ernst meinen, wenn sie im Sport-Modus maximales Gokart-Feeling versprechen. Im Fiesta bist du derweil nur mit einem beschäftigt: mit Fahren.

Freunde, so baut man kleine Sportwagen. Wenn es um die Punkte geht, müssen wir nicht mal darüber diskutieren, ob der Mini Cooper S den 5.790 Euro höheren Grundpreis wert ist. Ist er, jeden Cent davon. Damit er die Idee des Mini so weitertragen und sich hunderttausendfach verkaufen kann, musste er ein moderner, sicherer, allgemeinverträglicher Kleinwagen werden. Daher gewinnt er den Vergleich. Ford genügt es, wenn von allen hunderttausend braven Fiesta ein paar Hundert als wilde ST vom Band purzeln. Er verliert den Vergleich, aber bewahrt uns die Freude am sportlichen Minimalismus.

Technische Daten
Ford Fiesta ST 1.6 EcoBoost STMini Cooper S Cooper S
Grundpreis20.840 €27.400 €
Außenmaße3982 x 1722 x 1495 mm3850 x 1727 x 1414 mm
Kofferraumvolumen295 bis 979 l211 bis 731 l
Hubraum / Motor1596 cm³ / 4-Zylinder1998 cm³ / 4-Zylinder
Leistung134 kW / 182 PS bei 5700 U/min141 kW / 192 PS bei 4700 U/min
Höchstgeschwindigkeit223 km/h233 km/h
0-100 km/h7,8 s7,0 s
Verbrauch5,9 l/100 km5,2 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten