Behörden verzweifeln am „Fleximan“
Italien feiert Radarfallen-Killer als Volksheld

Ein Unbekannter fällt in Italien reihenweise Radarsäulen um – mit der Flex. Der "Fleximan" findet zahlreiche Nachahmer. Das Volk jubelt, ein prominenter Politiker will davon profitieren, die ersten Kommunen kapitulieren.

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Foto: Imago / Pixabay / Patrick Lang

Seit Monaten sägt ein Unbekannter in Norditalien reihenweise Radarsäulen um. Weil er dabei meist auf einen Winkelschleifer zurückgreift, der im Volksmund Flex genannt wird, trägt er mittlerweile den Spitznamen Fleximan. In manchen Fällen hinterließ der oder die Unbekannte sogar ein Bekennerschreiben: "Fleximan sta arrivando" ("Fleximan ist im Kommen") oder auch "Fleximan hat wieder zugeschlagen".

Bislang rund 30 Anlagen umgesägt

Italienische Medien berichten mittlerweile von rund 30 Blitzern, die seit Mai 2023 in den Regionen Lombardei, Veneto und in der Emilia Romagna dem unbekannten Rächer zum Opfer fielen. Aber die Spur der Zerstörung reicht sogar bis Kalabrien ganz im Süden Italiens. Die Polizei vermutet hier Nachahmer, die Dutzende Staatsanwaltschaften beschäftigen. Bei der Fahndung tappen die Ermittler bislang im Dunkeln. Überwachungsbilder zeigen meist nur vermummte Gestalten. Bei einer Festnahme drohen Fleximan hohe Geldstrafen und bis zu drei Jahre Haft.

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Jubler, Profiteure und Kritiker

In den sozialen Netzwerken wird Fleximan vielfach als "Robin Hood der Autofahrer" gefeiert. Auch der italienische Verkehrsminister Matteo Salvini versucht vom Ruhm des Fleximan zu profitieren. Der Rechtspopulist kündigte bereits an, gegen die überbordenden Geschwindigkeitskontrollen auf Italiens Straßen gesetzlich vorgehen zu wollen, sofern die Wähler ihm ihre Stimme geben. Salvini will mit einem Dekret Radarfallen auf Straßen mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h verbieten. Abzocke mit Radarfallen gehört verboten, so der Verkehrsminister.

In Italien fühlen sich viele Bürger von den Behörden und ihren Maßnahmen gegängelt. Nirgendwo in Europa gibt es so viele Radarfallen wie hier: mehr als 11.000. Deutschland kommt gerade einmal auf 4.700 Blitzer. Wie die dpa berichtet, hat die Verbraucherschutzorganisation Codacons auf der Grundlage von Zahlen aus dem italienischen Innenministerium ermittelt, dass die 20 größten Städte des Landes 2022 mit Tempoverstößen mehr als 75 Millionen Euro einnahmen.

Es melden sich aber auch Kritiker des Fleximan zu Wort. Die flächendeckende Tempoüberwachung hätte spürbar zum Rückgang der Unfallzahlen und der Zahl von Verkehrstoten geführt. Dennoch ist die Zahl der Verkehrstoten in Italien höher als anderswo. 2022 waren es annähernd 3.200. Hinzu kommt, dass viele Gemeinden sich einen Ersatz der umgesägten Radaranlagen schlicht finanziell nicht leisten können.

Noch mehr Nachahmer

Das Thema Nachahmer greift indes noch weiter um sich. Im norditalienischen Brescia hat ein Unbekannter damit begonnen, die Temposchwellen in verkehrsberuhigten Zonen zu entfernen. Diese werden auf Italienisch "dosso" genannt, der Beseitiger trägt entsprechend den Spitznamen Dossoman.

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Fazit

In Italien sägen Unbekannte reihenweise Radarsäulen um. Viele Italiener bejubeln die Taten des sogenannten "Fleximan", die nichts anderes als mutwillige Sachbeschädigung sind. Auch der rechtspopulistische Verkehrsminister Salvini versucht den Hype um Fleximan für sich zu nutzen. Ja, in Italien gibt es so viele Blitzer wie sonst nirgendwo in Europa, aber das Land verzeichnet auch extrem viele Verkehrstote. Die Überwachung hatte darauf offenbar einen mäßigenden Einfluss, der Ansatz von Fleximan ist da eher zweifelhaft.