Sommerreifen 205/55 R 16V im Test
13 Reifen auf dem Prüfstand

Dreizehn der aktuellen Sommerreifen stellen sich in der Größe 205/55 R 16 V den härtesten Testanforderungen bei Trockenheit und Nässe – mit teils erstaunlichen Unterschieden.

VW Golf, Sommerreifentest, Nasshandling
Foto: Achim Hartmann

Einfach nur schwarz und rund war vorgestern. Chemische Zauberformeln mit topgeheimen Ingredienzen zur Schöpfung wahrer Tausendsassas – das gilt heute. Und seit November 2012 ist der zwar optisch so öde, doch technisch so anspruchsvolle Reifen sogar für Unbedarfte scheinbar besser zu verstehen.

Denn seither prangt auf allen Neureifen das EU-Label und gibt Aufschluss darüber, was alles drinsteckt im mystischen schwarzen Gold. Bunt und plakativ zeigt der Aufkleber, was der Reifen kann – allerdings reduziert auf Abrollgeräusch, Nassbremsverhalten und Rollwiderstand. Über die restlichen Anforderungen herrscht zunächst Schweigen.

Sicher fahren im Sommer

Beim aufwendigen Reifentest von auto motor und sport müssen die 13 angetretenen Probanden der Größe 205/55 dann allerdings all ihr Können beweisen, auch bei den drei für die Labeleinstufungen maßgebenden Kriterien.



Nicht jeder 205/55 Reifen bestätigt im Test den Labelwert

Nachdem jeder Hersteller sein eigenes Produkt höchstselbst zertifiziert, liegt die Taktik auf der Hand: die von der Europäischen Union freigegebenen Toleranzen, beispielsweise bezüglich der Außentemperatur und der Streckenbeschaffenheit, optimal zu nutzen. Bei uns hingegen gelten für alle Beteiligten im Reifentest identische zwölf Grad Celsius und einheitliche Prüfstrecken.

Das kommt dem Michelin Energy Saver Plus zunächst nicht zupass. Damit bestückt, vergehen über 53 Meter, bis der VW Golf bei bewässerter Strecke aus Tempo 100 zum Stehen kommt. Wie der Michelin ist auch der neu entwickelte Nokian Line in dieser Kategorie mit dem Label A ausgezeichnet. Allerdings genügen ihm im Reifentest für die identische Bremsübung lediglich 47,3 Meter.

Auch der Dunlop Blu Response gehört zu den Neuerscheinungen für 2013 und bestätigt mit einer prima Bremsleistung auf Nässe seine A-Klassifizierung, während der indische Apollo Alnac 4G sowie der japanische Falken ZE914 auf nasser Strecke im Test noch deutlichen Raum für Verbesserung bieten.

Ihnen fehlt es an Grip, im Handlingkurs neigen sie zu Lastwechselreaktionen. Bei Trockenheit können sie im Reifentest ebenfalls nicht maßgeblich punkten. Mit ihrem hohen Rollwiderstand bestätigen sie dann zumindest ihre Einstufung in Kategorie C.

Continental und Nokian bei Nässe vorneweg

Bei den anspruchsvollen Nässetests stechen zwei heraus, die sich auf diesem Untergrund wie zuhause fühlen. Mit 91 von maximal 100 Punkten untermauert der Continental Premium Contact 5 seine glänzenden Regeneigenschaften, sicheres Fahrverhalten inklusive. Gleiches gilt für den Nokian (90 Punkte), der nur beim Aquaplaning etwas schwächelt. Dahinter folgt der Bridgestone Turanza T001 (87 Punkte), der im sieben Millimeter tiefen Wasserbecken hingegen erst bei hohen 98,7 km/h die Haftung verliert.

Aufgrund seines sicheren Fahrverhaltens ist der Pirelli Cinturato P7 bei Nässe ebenso empfehlenswert wie der Dunlop und dessen Konzernbrüder Goodyear Efficient Grip Performance sowie Fulda Eco-Control HP, die knapp dahinter liegen. Letzterer rutscht bei den nachfolgenden Reifentests auf trockenem Asphalt dann allerdings auf das Niveau des Falken ab. Im Handling wirken beide unpräzise, untersteuernd, die Bremswerte sind nicht optimal.

Ganz im Gegensatz zu denen des Michelin, der bei Trockenheit nun zu den Besten gehört, exzellent verzögert, präzise und sicher den Handlingkurs abspult. Zudem senkt sein niedriger Rollwiderstand den Kraftstoffverbrauch. Einstufung B weist in dieser Kategorie sein Label aus: In diesem Fall ist das Prädikat im Reifentest voll und ganz nachvollziehbar.

Nass-Grip und Rollwiderstand im Einklang

Es ist eine extreme Herausforderung, optimalen Nass-Grip mit möglichst niedrigem Rollwiderstand zu kombinieren. Beispiele gefällig? Continental, Nokian, Bridgestone und Pirelli – das Quartett, das sich im Reifentest auf Nässe ganz vorne platziert, erfordert beim Rollwiderstand teils deutliche Zugeständnisse.

Obwohl die Sicherheit zweifellos vor dem Spritverbrauch steht, fehlt es dem Conti und dem Bridgestone bei Trockenheit zusätzlich noch an Bremsbiss. Aber sie setzen zumindest Prioritäten.

Wer sich hingegen im Reifentest ganz ohne Höhen durch die elf Prüfkriterien bewegt und damit letztlich als unteres Mittelmaß präsentiert, gilt als ein billiger, jedenfalls günstiger Kompromiss. Der Apollo Alnac 4G ist beispielsweise so einer, und sein niederländischer Konzernkollege Vredestein Sportrac 5 gehört auch dazu.

Mit dem Fulda Eco-Control HP, dem Toyo Proxess CF2 sowie dem Hankook Ventus Prime 2 präsentiert sich ein – mit Abstrichen – solides, empfehlenswertes Mittelfeld. Pirelli, Bridgestone und Continental heben dann das Niveau mit dem Schwerpunkt auf Nässeeigenschaften nochmals spürbar an.

Den Titel „Besonders empfehlenswert“ dürfen sich zunächst nur die Neuerscheinungen von Goodyear und Nokian ans Profil heften. Erstgenannter bietet Leistungsvorteile bei Trockenheit, im Detail beim ausgewogenen Handling, rollt komfortabler sowie widerstandsärmer ab. Und der Finne zeigt sich tendenziell als Nässespezialist.

Sommerreifen von Dunlop ist Leichtläufer

Einer setzt dem Ganzen allerdings noch die Krone auf: der Blu Response. Mit einem Rollwiderstandsbeiwert von 7,17, gemessen nach den auch fürs Reifenlabel gültigen EU-Richtlinien bei 80 km/h, gehört der Dunlop zu den absoluten Leichtläufern im Feld. Er holt also die volle Punktzahl, trägt sein B-Label demnach uneingeschränkt zu Recht, bremst bei trockener Fahrbahn vorbildlich, gehört beim Handling zu den Schnellsten, vermittelt dabei ein präzises Lenkgefühl und nimmt mit seiner sanftmütigen Art dem Grenzbereich den Schrecken.

Dass er bei bewässerter Strecke noch ein hohes Gripniveau und gepflegte Umgangsformen zeigt, bringt dem Dunlop schließlich den Testsieg. Anzusehen war ihm das anfangs nicht. Ein A- oder B-Label tragen mehrere Reifen – schwarz und rund bleiben sie letztlich sogar alle.

So haben wir getestet

Die einzelnen Testreihen wurden mehrfach durchgeführt, um reproduzierbare Werte zu bestätigen. In jedem Kriterium erhält der jeweils beste Reifen die maximal mögliche Punktzahl. Dies gilt für die objektive Bepunktung ebenso wie für die subjektive Benotung durch die Tester, die bei den Bewertungen Komfort und Handling zum Tragen kommt. Beim Handling führt ein möglichst ausgeglichenes, sicheres Fahrverhalten zu einer Optimal-Benotung. Lastwechselreaktionen im Grenzbereich führen zu Punktabzug. Der Rollwiderstand wird im Testlabor auf einem Rollenprüfstand ermittelt, und zwar basierend auf den Regularien der EU, was dem Rollwiderstandsbeiwert bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h entspricht.

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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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