Sommerreifen-Test 225/45 R17
Elf Fabrikate im Test

Im Sommerreifen-Test messen sich elf Breitreifen der Dimension 225/45 R 17. Als Testwagen dient ein 170 PS starker VW Golf GTD. Auf nasser Fahrbahn ergeben sich große Unterschiede im Kurven- und Bremsverhalten. Rollwiderstand spielt eine entscheidende Rolle.

Golf
Foto: Karl-Heinz Augustin

Dass die so genannte Quadratur des Kreises nicht funktioniert, wissen wir. Ebenso, dass sich bei der Entwicklung von Reifen verschiedene gewünschte Eigenschaften diametral gegenüberstehen. So gilt es als schwer lösbares Problem, optimal geringen Rollwiderstand mit bestmöglichen Grip-Eigenschaften auf nasser Straße zu vereinen. Rollwiderstand freilich ist in einer Zeit, in der um jedes Gramm Kohlendioxid gefeilscht wird, wichtiger denn je. Je leichter ein Reifen abrollt, desto geringer ist der Verbrauch. „Aber niemand“, so sagt Continental-Chefentwickler Burkhard Wies, „möchte die erzielbare Kraftstoff-Ersparnis gegen reduzierte Sicherheit eintauschen.“

Sicher fahren im Sommer

Einsparpotential durch niedrigen Rollwiderstand ist gering 

Tatsächlich bewegt sich das Einsparpotenzial durch Minimierung des Rollwiderstands bei Winter- wie bei Sommerreifen auf einem Niveau, das sich nur schwerlich im Geldbeutel bemerkbar macht. Wird der so genannte Rollwiderstandsbeiwert mit der Kennung CR um stattliche zehn Prozent reduziert, sinkt der Verbrauch um gerade mal 1,6 Prozent. Aber Kleinvieh macht eben auch Mist, und auf die Masse aller Autos umgerechnet ergibt sich letztlich doch ein beträchtlich reduzierter Ausstoß des als klimaschädlich identifizierten CO2.

Die Hersteller müssen Nasshandling und Rollwiderstand unter einen Hut bringen

Um Rollwiderstands-Optimierung kommt also keiner herum und tatsächlich scheinen auch die Probleme mit der Nässe-Griffigkeit lösbar zu sein. Dazu allerdings bedarf es ganz neuer Reifenkonstruktionen, bei denen sich die Maßnahmen zugunsten des Rollwiderstands nicht auf die Lauffläche beschränken, sondern die gesamte Konzeption des Reifens beeinflussen. Ein gutes Beispiel liefert der neue Sommerreifen des finnischen Herstellers Nokian. Der erzielt bei der Rollwiderstandsmessung im Sommerreifen-Test den Bestwert von 0,90. Das ist nach derzeitigem Stand der Technik sehr gut. Nur speziell für Eco-Experimentalfahrzeuge entwickelte Schmalreifen erzielen derzeit Werte um 0,5, nicht mehr zeitgemäße CR-Werte liegen im Bereich von 1,1.

Nokian bremst gut bei Nässe und rollt leicht ab

Trotzdem zeigt sich der Nokian bei den Nässeversuchen ebenfalls von seiner besten Seite. Ganz im Gegensatz zur herrschenden Theorie bremst er besser als alle seine Konkurrenten, er distanziert dabei auch den in dieser Disziplin traditionell starken Continental Sport Contact 3, dessen Nachfolger mit der Nummer 5 der Hersteller noch nicht für diesen Test bereitstellen konnte. Der Nokian bietet ein problemloses Handling und schafft bei der Aquaplaning-Prüfung ein ordentliches Ergebnis. Auf trockener Straße taugt der Sommerreifen mit etwas verlängertem Bremsweg nicht zum Champion, schlägt sich im Test aber achtbar. Allerdings fallen die Differenzen auf griffigem Asphalt ohnehin nicht sonderlich groß aus.

Die etablierten Marken spielen ihre Stärken aus

Die Neuheiten auf dem Sommerreifen-Markt erzielen, soweit sie von den renommierten Marken stammen, im Test generell gute bis sehr gute Ergebnisse. So glänzt der Bridgestone Potenza mit erstklassigem Bremsvermögen und vorzüglichem Fahrverhalten bei Trockenheit und bringt es auch bei Nässe dank seiner bis in den Grenzbereich guten Kontrollierbarkeit auf einen ansehnlichen Punktestand. Nur beim Rollwiderstand ist Nachholbedarf zu erkennen. 

Fulda und Dunlop praktisch gleichauf

Sehr gut bei Nässe ist auch der neue Vredestein Ultrac Cento. Dank seines ausgezeichneten Bremsverhaltens schneidet er hier sogar besser ab als der ebenfalls neue Sport Control von Fulda, der dafür allerdings im Test auf trockener Straße besser ist als der Sommerreifen der Niederländer, bei denen der große indische Hersteller Apollo das Sagen hat. 

Der Fulda kommt aus dem gleichen Konzern wie der nicht mehr ganz taufrische Dunlop und erzielt in der Gesamtabrechnung das gleiche Ergebnis. Der Dunlop ist bei Nässe etwas besser, der Fulda holt sich Punkte beim Rollwiderstand. Und er ist preisgünstiger, was allerdings nicht in die Test-Wertung eingeht, weil jeder Käufer individuell entscheiden muss, wie wichtig ihm gesparte 40 Euro pro Satz Sommerreifen sind.

Der teure Michelin ist bei Nässe nur im Mittelfeld

Traditionell teuer, aber auch von sehr guter Produktqualität sind die Sommerreifen von Michelin. Allerdings erreicht der Pilot Sport 3 beim Rollwiderstand, einer Paradedisziplin der Franzosen, keine Spitzenstellung mehr. Auf trockener Straße gehört er zu den Topreifen im Test, bei Nässe schwimmt er im Mittelfeld. Auch die bekannte Größe Pirelli P Zero fällt im Rollwiderstand ab, erzielt Bestnoten bei Nässe, kommt aber bei Trockenheit nur auf ein durchschnittliches Ergebnis.

GT Radial bremst bei Nässe am schlechtesten

Ganz neu im Testfeld bemüht sich der GT Radial um Punkte. Er ist das Produkt eines indonesischen Herstellers, der mit attraktiven Preisen lockt. Selbst gemessen an preisgünstigen Marken wie Toyo oder Kumho stellt der GT Radial ein Sonderangebot unter den Sommerreifen dar. Wie die Punktwertung im Test zeigt, bewegt er sich in seinen Qualitäten durchaus auf deren Niveau. Nimmt man die klassischen Platzhirsche als Maßstab, ändert sich das Bild. Auf trockener Straße kann der GT Radial noch gut mithalten, wobei er vor allem mit seinem achtbaren Rollwiderstandsbeiwert von 0,95 wichtige Punkte im Sommerreifen-Test holt. 

Aber da ist sie wieder, die Konfrontation von Rollwiderstand und Nässegrip. Bei der Bremsmessung auf bewässerter Teststrecke kommt der GT Radial auf einen Bremsweg von 60,8 Metern – mithin fast sieben Meter mehr als der Topreifen von Nokian. Nachsitzen bitte, am falschen Ende wollen wir nicht sparen.

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