Sommerreifen-Test 2015 (225/50 R17)
Die besten Reifen für die Mittelklasse

Sicheres Fahren im Sommer erfordert optimalen Grip auf nassem und zugleich beste Performance auf heißem Asphalt. Für minimalen Spritverbrauch ist zudem guter Rollwiderstand und hoher Abrollkomfort gefordert. Der große Sommerreifen-Test: Welche Reifen erfüllen diese vielen Anforderungen am besten?

Sommerreifentest 2015
Foto: Dino Eisele

Das Beste oder nichts – so lautet der Anspruch von Mercedes-Benz und nicht selten auch seiner Fahrer. Wer nach diesem Motto Reifen für die C-Klasse oder ein anderes Mittelklassemodell sucht, der kann – etwa in der verbreiteten Dimension 225/50 R 17 W – bei Online-Reifenhändlern aus über 200 verschiedenen Angeboten wählen. Welcher ist der Beste? Eine Kaufhilfe soll das 2012 eingeführte EU-Label sein, das grundlegende Reifeneigenschaften zumindest in den Aspekten Nassgrip, Rollwiderstand und Abrollgeräusch beleuchten soll. Kann dieses Label beim Reifenkauf wirklich weiterhelfen?

Sicher fahren im Sommer

Um das herauszufinden, werden zum auto motor und sport-Reifentest nur die Label-Besten der Reifengröße 225/50 R 17 W zugelassen. Angesichts der fließenden Übergänge zwischen den Produktgruppen Premium- und Performance-Reifen kommen hier beide gleichermaßen zum Zuge. Können die neuesten Reifen bereits die bestmögliche Klassifizierung „AA“ erreichen? Generell schon, allerdings nicht in dieser Reifendimension. „BA“ (bester Nassgriff, Zugeständnisse beim Rollwiderstand) schafften zum Test im Oktober 2014 allerdings schon drei Reifen: der besonders leicht laufende Dunlop Sport BluResponse, der Goodyear Efficient Grip Performance und der Pirelli Cinturato P7 Blue. Knapp dahinter folgen mit etwas erhöhtem Rollwiderstand, und daher mit „CA“ klassifiziert, der Bridgestone Turanza T 001, der Conti Sportcontact 5, der Hankook Ventus V12 Evo2 und der Kumho Ecsta LE Sport K 39. Es folgen der mit „EA“ klassifizierte Nokian Z-Line und der „CB“-gelabelte Uniroyal Rainsport 3.

Hält das Label sein Versprechen?

Nach den gesetzlichen Grundlagen des Labels dürften die Reifen im Rollwiderstand höchstens 15 Prozent, die Nass-Bremswege nicht mehr als drei Meter auseinanderliegen. Das prüfen wir nach. Um die Toleranzen unserer Messungen beim Rollwiderstand zu minimieren, nutzen wir zwei unterschiedliche Prüfeinrichtungen in Frankreich und Deutschland. Das Resultat: Die von den Herstellern angegebenen Rollwiderstandsklassen werden in den meisten Fällen und im Rahmen der recht großzügigen Toleranzen eingehalten. Der Goodyear hätte nach unseren Messungen dabei schon das begehrte A verdient, genauso wie die C-gelabelten Conti und Uniroyal ein B geschafft hätten. Knapp wars für Hankook und Kumho, Pirelli outet sich als Einziger mit zu hohem Rollwiderstand.

Bei den Geräuschangaben gibt es keinen Grund zur Klage: Alle Hersteller unterbieten das Maximum von 72 db(A) um gut zwei Zähler. Mit 66 und 68 db(A) rollen Hankook und Kumho besonders leise ab. Das klingt nach wenig Unterschied, bedeutet aber aufgrund der logarithmischen db-Skala, dass die mit 70 db(A) gemessenen Reifen von Bridgestone, Nokian, Pirelli oder Uniroyal als doppelt so laut empfunden werden.

Sommerreifen-Test 2015 – Das Nassbremsen entscheidet

Vertraut man dem Label, dürfte es hier keine allzu großen Unterscheide geben. Knapp daneben: Zu den beeindruckend kurzen 29,1 Metern des Conti fehlen dem besten Wettbewerber, Uniroyal, schon zwei Meter bis zum Stillstand. Das Gros des Feldes mit Dunlop, Goodyear, Hankook, Nokian und Pirelli braucht sogar rund drei Meter mehr. Zuletzt rauschen Bridgestone und Kumho mit 34,1 und 35,3 Metern ins Abseits. Trotz identischer Labeleinstufung Bremswegunterschiede von mehr als einer Wagenlänge? Das ist zu viel! Selbst zwischen Klasse-A- und Klasse-B-Reifen sollte der Abstand laut Label höchstens um die drei Meter betragen. Was ist die Ursache? Nun, die jeweilige Einstufung erfolgt derzeit durch die jeweiligen Reifenhersteller selbst. Eine unabhängige amtliche Überwachung mit mehr Transparenz wäre wünschenswert.

Transparenz schafft auch der umfangreiche auto motor und sport-Reifentest, der jeden Reifen in mindestens 14 Einzeldisziplinen auf mögliche Schwachstellen durchleuchtet. Das zählt für den Autofahrer!

Schwächen scheint der bislang führende Continental Sportcontact 5 auf Nässe nicht zu kennen. Er überzeugt in Seitenführung und Handling, lässt sich nur im Kurvenaquaplaning vom sonst recht wasserscheuen Bridgestone den Schneid abkaufen. Der Japaner verzögert aber schlecht, Pirelli patzt beim Queraquaplaning, und auch der Kumho mag nicht so recht auf nassem Asphalt haften. Gut auf Nässe sind wiederum Dunlop, Uniroyal, Goodyear, Hankook und Nokian.

Zehn Kriterien im Nasshandling

In der Testtabelle nur ein nüchterner Zahlenwert, in der Praxis ein gravierender Unterschied – das Fahrverhalten auf Nässe. Mit ausgezeichneter Seitenführung und sehr ausgewogenem Fahrverhalten lassen sich mit Conti oder Dunlop schnelle Rundenzeiten erzielen. Diese Reifen sind jederzeit sicher. Die schlechtesten Pneus des eng beieinanderliegenden Testfeldes umrunden den Kurs zwar nur 4 km/h langsamer, fordern aber öfter schnelle Reaktionen am Lenkrad. Effekte wie ein bei Lastwechseln ausbrechendes Heck, das plötzliche Aufschwimmen beim Durchfahren von Pfützen oder schlechte Spurhaltung beim Bremsen bereichern, wie etwa beim Kumho, das Testprotokoll, sorgen aber für deutliche Abwertung. Ähnliche Kriterien werden bei den Handlingfahrten auf trockenem Asphalt geprüft: Zum Fahrverhalten und den Rundenzeiten zählen hier zusätzlich die Sicherheit im schnellen Spurwechsel, die Lenkreaktion, das Bremsen und nicht zuletzt der Abrollkomfort.

Der im Nassen bereits leicht schwächelnde Kumho kann auch auf trockener Piste nicht überzeugen. Mit schwacher Lenkpräzision, mäßiger Seitenführung und wenig ausgewogenem Handling bildet er in diesem von hoher Leistungsdichte geprägtem Testfeld das Schlusslicht. Auch Bridgestones Turanza bleibt trotz überzeugender Vorstellung beim Handling mit dürftigen Bremswerten hinter dem Hauptfeld zurück. Dass sich Nässespezialisten wie der Uniroyal Rainsport im Trockenen eher unwohl fühlen, ist klar. Sein filigranes, wasserverdrängendes V-Profil verhindert kürzere Trockenbremswerte, sonst gibt er sich ausgesprochen gutmütig: empfehlenswert!

Auf gleichem Level schließen Pirelli und Nokian auf. Bei weitgehend ausgewogener Trockenperformance kämpfen sie in der Gesamtwertung mit leichten Defiziten bei Aquaplaning und im Abrollkomfort. Auch Dunlop und Goodyear fühlen sich auf dem staubtrockenen Racetrack und der Bremspiste heimisch. Ihr überzeugend sicherer Aufritt sichert trotz Abstrichen im Aquaplaning ein „Empfehlenswert“.

Allroundtalente fahren vor

Mit besten Bremswerten, guter Traktion, sicherer Seitenführung und vorbildlicher Balance drängt auch Hankook nach vorn und setzt sich im Trockenen zunächst an die Spitze. Kleinere Defizite im Nassen sowie ein erhöhter Rollwiderstand verhindern die Bestnote – Platz drei.

Platz zwei geht an den ausgewogenen und zugleich besonders leicht laufenden Dunlop, der die Bestnote nur knapp verfehlt. Platz eins sichert sich mit überragenden Nässe- und ausgewogenen Trockeneigenschaften der zurückhaltend gelabelte Continental Sportcontact 5.

War aus Sicht des europäischen Reifenlabels neben Goodyear und Dunlop nicht auch Pirelli unter den Favoriten? Schon, aber seine Leistungen hinken in der Praxis spürbar hinter den optimistischen Labelwerten hinterher. Das Beste oder nichts? Als Groborientierung macht das Label beim Reifenkauf Sinn, doch wer wirklich das Beste will, sollte insbesondere in Sachen Sicherheit ganz genau hinschauen.

Sommerreifen-Test 2015 – So haben wir getestet

Um bestmögliche Genauigkeit und Ergebnissicherheit zu gewährleisten, werden, soweit machbar, sämtliche Versuche in diesem Test mehrfach durchgeführt. In allen Kriterien werden die Produkte nach einem zuvor festgelegten Muster bewertet. Grundsätzlich erhält der beste Reifen einer Versuchsdisziplin die maximal mögliche Punktzahl von 10 Punkten. Das Bewertungsschema folgt einer progressiven mathematischen Funktion, wodurch sichergestellt ist, dass auch hochwertige, in ihren Eigenschaften nah beieinanderliegende Produkte ausreichend trennscharf bewertet werden können.

Dieses Schema gilt gleichermaßen für die objektive Bewertung durch Messgeräte wie auch für die subjektive Benotung durch die erfahrenen Testfahrer, was etwa bei der Beurteilung des Komforts und des Handlings zum Tragen kommt. Beim Handling auf nasser oder trockener Bahn führt ein ausgewogenes, sicheres und den Erwartungen der mutmaßlichen Zielgruppe entsprechendes Fahrverhalten zu einer Optimalbenotung. Ungenügende Haftung oder ausgeprägte Lastwechselreaktionen im Grenzbereich führen zu Punktabzug. Die Aquaplaningtests, jeweils getrennt in Längs- und Querrichtung, geben Auskunft über die Reaktion der Reifen etwa beim Durchfahren von tiefen Spurrinnen. Die Höhe der kritischen Aufschwimmgeschwindigkeit bei Geradeausfahrt oder die erreichbare Querbeschleunigung bei Wasserdurchfahrt nach VDA-Kriterien sollen jeweils die Sicherheitsreserven der Reifen aufzeigen.

Der Rollwiderstand der Reifen wird grundsätzlich in jeweils zwei unterschiedlichen Testlaboratorien auf Rollenprüfständen ermittelt. Die Ergebnisse fl ießen gemittelt abzüglich vorgesehener Toleranzen in die Wertung ein. Grundlage der Bewertung ist die auch für das Reifenlabel relevante europäische Gesetzgebung zur Reifenkennzeichnung.