Sommerreifen-Test 2019 (245/30 R 20 Y)
Der beste Reifen für Sportwagen

320 PS und 400 Newtonmeter an der Vorderachse des kompakten Honda Civic Type R sind extrem. Um so viel Power adäquat auf den Asphalt zu übertragen, braucht es supersportliche Reifen – im nicht minder extremen Format 245/30 R 20. Wir nennen die besten!

Sommerreifentest 2019, spa0419
Foto: Dino Eisele

Wie viel Power an der Vorderachse ist noch beherrschbar? 320 PS und 400 Newtonmeter? Das war lange nicht vorstellbar. Mit dem Civic Type R zeigt Honda, wie und womit es geht. Zunächst mit einer feinfühlig agierenden Differenzialsperre vorn, die nutzlose Drehzahlunterschiede der Räder gekonnt ausgleicht, ohne die Lenkung unnötig zu verhärten. Zweitens durch eine torsionssteife Fahrwerksauslegung, die Wankkräfte elegant und fahraktiv an der Hinterachse abstützt, um der Vorderachse Freiräume für Traktions- und Lenkaufgaben zu überlassen.

Sicher fahren im Sommer

Drittens: durch die drehzahlorientierte Auslegung des Turbotriebwerks. Hohes, steil ansteigendes Drehmoment bei niedrigen Tourenzahlen mag im Sinne eines niedrigen Verbrauchs förderlich sein, stellt aber die alleinig angetriebene Vorderachse angesichts des plötzlichen Drehmomentüberfalls vor kaum lösbare Probleme.

Die Civic-Vorderachse stellt hohe Ansprüche

Besser in Sachen Fahrbarkeit und Kontrollierbarkeit – das hat man bei Honda perfekt umgesetzt – ist hier die fast saugmotorähnliche, progressive Performance-Zunahme über den weiten Drehzahlbereich bis fast 7.000 Touren. Neben dem breiten nutzbaren Drehzahlband hat das den Vorteil, dass Schaltpunkte im oberen Tourenbereich die kleine Turbo-Delle beim Gangwechsel überbrücken helfen.

Und was ist noch wichtig? Natürlich die Reifen! Bei diesem gemeinhin wirksamsten Tuning-Tool setzt Honda darauf, stets ein Höchstmaß an Gummi in Kontakt mit der Fahrbahn zu bringen. Der Reifen: breit, direkt und mit höchstmöglichem Gripniveau, die Dimension: 245/30 R 20.

Continental SportContact 6

 kürzeste Bremswege und sicher untersteuernd auf Nässe
 sportlich direktes Lenkansprechen und hohe Fahrstabilität auf trockener Strecke
 glasklares Feedback
 überragende Spurtreue
 eindeutige Fahrzeugreaktionen
 etwas reduzierte Eigendämpfung und Aquaplaningvorsorge

Preis pro Reifen: 259 Euro
Fazit: sehr empfehlenswert

Michelin Pilot Sport 4 S

 kürzeste Bremswege trocken
 sicher untersteuernd im Trocken- und Nasshandling
 guter Abrollkomfort
 etwas pfützenempfindlich auf Nässe

Preis pro Reifen: 277 Euro
Fazit: empfehlenswert

Goodyear Eagle F1 Asymmetric 2

 ausgewogen, sicher und sehr gut kontrollierbar auf Nässe
 komfortables Dämpfungsverhalten
 leichte Schwächen beim Bremsen
 vergleichsweise träges Lenkansprechen, wenig Lenkpräzision trocken

Preis pro Reifen: 251 Euro
Fazit: noch empfehlenswert

Hankook Ventus S1 evo3

 akzeptable Bremswege und ordentliche Fahrdynamik trocken
 schwacher Nassgrip in Längsrichtung
 plötzliches Übersteuern auf Nässe, träges Lenkansprechen

Preis pro Reifen: 239 Euro
Fazit: noch empfehlenswert

Bridgestone Potenza S001

 fahraktiv und sicher auf trockenen Strecken
 schwach im Nassbremsen, im Abrollkomfort und im Rollwiderstand

Preis pro Reifen: 250 Euro
Fazit: noch empfehlenswert

Vredestein Ultrac Vorti R

 sichere Längsdynamik trocken
 gute Aquaplaning-Vorsorge: in sich recht ausgewogener Reifen
 etwas verlängerte Bremswege auf Nässe
 hörbares Abrollgeräusch

Preis pro Reifen: 228 Euro
Fazit: noch empfehlenswert

Falken Azenis FK510

 mit Einschränkungen überwiegend gute Leistungen auf Nässe
 plötzliches Übersteuern auf Nässe
 träges Lenkansprechen und lange Bremswege trocken
 im Handling schwache Präzision, dazu indifferent und hart

Preis pro Reifen: 184 Euro
Fazit: noch empfehlenswert

Toyo Proxes Sport

 weitgehend ausgewogenes Nässeverhalten mit guter Aquaplaning-Vorsorge
 kräftige Lastwechselreaktionen auf Nässe
 wenig Lenkpräzision, viel Untersteuern und etwas längere Bremswege trocken

Preis pro Reifen: 195 Euro
Fazit: noch empfehlenswert

Die ausführliche Wertungs-Tabelle finden Sie in der Bildergalerie.

Übersicht und Preisvergleich

*Bitte beachten Sie die für Ihr Fahrzeug vorgeschriebenen Größen
  = sehr empfehlenswert,  = empfehlenswert,  = noch empfehlenswert

So haben wir getestet

Um bestmögliche Genauigkeit und Ergebnissicherheit zu gewährleisten, werden – soweit machbar – sämtliche Versuche in diesem Test mehrfach durchgeführt. In allen Kriterien werden die Produkte nach einem zuvor festgelegten Muster bewertet. Grundsätzlich erhält der beste Reifen einer Versuchsdisziplin die maximal mögliche Punktzahl von zehn Punkten. Angewendet wird ein progressives Bewertungsschema, das gleichermaßen für die objektive Bewertung durch Messgeräte wie auch für die subjektive Benotung durch die Testfahrer zum Tragen kommt. Der Rollwiderstand der Reifen wird nach Möglichkeit in jeweils zwei unterschiedlichen Testlaboratorien auf Rollenprüfständen ermittelt. Die Ergebnisse fließen in Form eines Mittelwerts in die Bewertung ein.

Zur langfristigen Absicherung der Ergebnisse werden bei sport auto bereits seit Jahren die von den Herstellern bereitgestellten Testmuster mit Reifen aus nachgelagerten Testkäufen in stichprobenartigen Nachtests verglichen. Im Fokus: die besten drei des Reifentests sowie Produkte mit atypisch guter Performance oder mit ungewöhnlichen Verschleißerscheinungen. Abweichungen oder Auffälligkeiten führen zum Testausschluss, verbunden mit entsprechender Berichterstattung.

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Dino Eisele
Ab Werk wird der Honda in Deutschland auf Conti SportContact 6 ausgeliefert. Allzu viel Auswahl gibt es in der doch etwas exotischen Größe nicht. Die schicken Leichtmetallräder sind ausschließlich als Honda-Original-Ersatzteil lieferbar.

Exotischen Reifengröße

Ab Werk wird der Honda in Deutschland auf Conti SportContact 6 ausgeliefert. Damit ist der Civic – das hat er in diversen Tests bewiesen – schnell, sauschnell sogar. Doch gibt es möglicherweise Alternativen, die den bärenstarken Japaner noch schneller, komfortabler oder auch sicherer werden lassen?

Allzu viel Auswahl gibt es in der doch etwas exotischen Größe nicht: Neben asiatischen Billigreifen, die mutmaßlich nicht den hohen sport auto-Ansprüchen genügen, sind bei Online-Anbietern auch einige OE-Spezifikationen im Angebot. Diese Reifen sind von ihren Herstellern zusammen mit dem Fahrzeughersteller speziell für ein bestimmtes Automodell entwickelt und abgestimmt. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Reifen auf anderen Fabrikaten funktioniert, ist gering – zumindest nicht vorhersehbar.

Finger weg von OE-gekennzeichneten Reifen

So tendiert etwa die Chance, dass ein speziell für die Vorderachse des Audi R8 entwickelter und mit dem Zusatz AO („Audi Original“) gekennzeichneter Pirelli P Zero in 245/30 R 20 als Rundumbereifung auf dem frontgetriebenen Civic funktioniert, massiv gegen null. Sortiert man aus dem dünnen Angebot dann noch die in Kürze zur Ablösung anstehenden Produkte aus, bleiben neben Contis SportContact 6 sieben weitere potenzielle Kandidaten übrig: der Bridgestone Potenza S 001, der Falken Azenis FK 510, der Goodyear Eagle F1 Asymmetric 2, der brandneue Hankook Ventus S1 evo³, der Toyo Proxes Sport, der Vredestein Ultrac Vorti R und nicht zuletzt der Vorjahres-Testsieger auf BMW M2, der Michelin Pilot Sport 4 S.

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Dino Eisele
Auf Nässe nicht zu schlagen: der Conti SportContact 6.

Wird der Michelin auch an der Frontantriebsfront dominieren können? Auf Nässe schon mal nicht! Weder in den Aquaplaning-Disziplinen noch beim Nassbremsen und schon gar nicht im Handling kommt er an den Hannoveraner heran. Beim Verzögern aus Tempo 80 auf beregnetem Asphalt fehlen ihm über 2,5 Meter. Falken hingegen bremst sich an Conti heran, Han- kook, Goodyear, Vredestein und Toyo müssen sich noch hinter Michelin einreihen, Bridgestone bremst mit sechs Metern plus zum Conti deutlich zu schwach. Damit wollen wir’s mit Details auf Nässe auch bewenden lassen. Fakt ist: Der Conti ist auf bewässertem Asphalt nicht zu schlagen.

Zu den Nässe-Cracks zählt noch Goodyears Eagle F1 Asymmetric 2; auch Toyo, Falken, Michelin und Bridgestone (mit Ausnahme der Nassbremsschwäche) sammeln auf Nässe ordentlich Punkte; nur Hankooks brandneuer S1 evo³ hat bei frühem Aufschwimmen mit Defiziten im Nasshandling zu kämpfen.

Von den bewässerten Strecken wechseln wir auf trockenen Asphalt. Vor dem Handling steht dröges Bremsen. Mindestens zehn Versuche 100 – 0 km/h sind pro Reifensatz zu fahren. Ein Versuch, der die üppig dimensionierten, innenbelüfteten und gelochten 350er-Scheiben des Civic zwar fordert, aber zunächst nur den Fahrer an seine Grenze bringt.

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Dino Eisele
Testen, bis der Arzt kommt: Mindestens 20 Vollbremsungen pro Reifensatz stehen auf dem Programm.

Überragender Conti auf trockenem Asphalt

Der Vergleich der gemittelten Bremswege zeigt Michelin klar in Führung: Mit 34,6 Metern aus Tempo 100 zeigen japanischer Stahl und französisches Gummi, wie schnell sportliche Serienfahrzeuge zum Stehen kommen können. Die Konkurrenz folgt dicht auf: zwischen 35 und 36 Metern liegen Conti, Vredestein, Hankook und Bridgestone; Goodyear folgt mit 36,3; Falken und Toyo stehen bei über 37 Metern und damit rund drei Meter später als der Michelin – das muss besser werden.

Spannend wird es auf dem winkligen Handlingkurs, der mit engen Kehren die Traktion der Reifen auf eine harte Probe stellt, in schnellen Kurven aber die Seitenführungsqualitäten der Reifen extrem fordert und in dynamischen Schikanen unbarmherzig Schwächen in Balance und Fahrstabilität aufdeckt.

Überragend auf dem trockenen Kurs mit glasklarem Feedback, brillanter Spurtreue, guter Lenkpräzision und jederzeit kalkulierbaren Fahrzeugreaktionen: der Conti. Michelin kommt mit mit etwas ausgeprägterer Untersteuertendenz. Die dadurch etwas langsamere Rundenzeit und das etwas trägere Lenkansprechen lassen ihn aus sportlicher Sicht ein wenig hinter den dynamischeren Conti zurückfallen. Zwei Top-Reifen, fahrdynamisch im Trockenen in Summe fast gleichauf, der Michelin sicherer und unaufgeregter, während der Conti letztlich den etwas fahraktiveren Charakter gibt.

Fazit

Der Trockengrip entscheidet: An die Reifen von Conti und Michelin kommt in diesem Test so schnell keiner ran. Am nächsten noch der allerdings nur trocken durch hohe Fahraktivität begeisternde Bridgestone wie auch der recht ausgewogene Vredestein Ultrac Vorti R. Recht sicher fährt sich auch der neue Hankook Ventus evo³, der aber in Sachen Kurvenspeed auf dem Rundkurs etwas Biss vermissen lässt und sich vom braven, komfortablen Goodyear überrunden lassen muss. Falken und Toyo? Hier fehlt es spürbar an Grip.

Abgerechnet wird immer zum Schluss: Conti und Michelin liegen vorn, klar. Doch in der Gesamtwertung zählen neben den wichtigen dynamischen Eigenschaften auch „Nebensächlichkeiten“ wie Rollwiderstand und Abrollgeräusch. Wenn man all dies zu den etwas schwachen Rundenzeiten aufaddiert, wirft das den Michelin fast eine ganze Note hinter den Conti zurück, der auf dem Civic klar und mit Abstand den Testsieg einfährt. Warum der Type R ab Werk auf Conti steht? Darum!