Großer Sportreifentest 2015 (235/35 R19)
Wer baut den besten Semi-Slick?

Inhalt von

Der einfachste Weg zu schnelleren Rundenzeiten führt über die Montage der richtigen Reifen. Wie viel aktuelle straßenzugelassene Semi-Slicks dem derzeit besten High-Performance-Straßenreifen unter harten Rennstreckenbedingungen abnehmen können, zeigt unser großer Sportreifentest 2015.

Test - Sportreifen - Semi-Slicks - Pirelli - Michelin - Dunlop
Foto: Dino Eisele

Die Regeln im Sportreifentest 2015 von sport auto machen die Herausforderer. Die Regel lautet: 20-70-10. Während für reguläre sport auto-Sommerreifentests das Wertungsverhältnis 40% Nässe, 50% trocken und 10% Rollwiderstand und Geräusch gilt, haben Sportreifen mit Straßenzulassung - auch Semi-Slicks genannt - ihre eigenen Gesetze. Sie sind primär für den Einsatz auf trockenen Rennstrecken gebaut, das Wertungsverhältnis von 20% Nässe, 70% trocken und 10% Umwelt- und Haltbarkeitsthemen dürfte daher dem vorgesehenen Nutzungsprofil eher gerecht werden.

Sicher fahren im Sommer

Sportreifen für den Track-Day - und zurück

Genau dafür sind die straßenzugelassenen Semi-Slicks gedacht, weniger um auf öffentlichen Strecken Grenzbereiche auszuloten. Denn das kann leicht schiefgehen. Wie bei jedem guten Sportreifen kommt der Grip bei den Semi-Semis erst ab rund 70°C Laufflächentemperatur, also meist erst nach zwei bis drei Runden auf der Rundstrecke. Bei gesetzeskonformer Fahrweise wird das auf Landstraßen selbst für ambitionierte Piloten schwierig. Obendrein sollte für besten Grip auch der Reifendruck entsprechend angepasst sein – auch das lässt sich auf der Straße nicht an jeder Ecke regeln.

Wasserscheu sind Sportreifen sowieso. Nicht ohne Grund mahnen die Hersteller bei Regen zu vorsichtiger und vor allem langsamer Fahrweise. Angesichts dieser kalkulierten Nass-Schwächen müssten sie aktuellen Straßen-Sportlern im Trockenen haushoch überlegen sein. Wie viel? Das soll der große Sportreifentest 2015 mit dem Pirelli P Zero, dem Testsieger des letzten sport auto-Reifentests, zeigen (Hier geht es zum Sommerreifentest 2015).

Am Start sind der aktuelle Dunlop SportMaxx Race, der Michelin Pilot Sport Cup 2 und der breitschultrige Pirelli P Zero Trofeo R. Die Größe der Semi-Slicks im Test: 235/35 R19. Warum sind nicht auch der Toyo Proxes R 888, der Yokohama Advan A 048, der Kumho Ecsta V70 oder der Conti ForceContact in unserem Sportreifentest 2015 vertreten? Nun, weil diese nicht mehr ganz aktuellen Reifen bereits in absehbarer Zeit einen Nachfolger erwarten.

High-Performance-Straßenreifen macht Sportreifen nass

Nässe zuerst: Schon bei den Bremstests aus Tempo 100 auf bewässerter Bahn legt der Straßen-Sportler Pirelli P Zero die Latte für die Semi-Slicks hoch und bringt den VW Golf R schon nach 56 Metern zum Stillstand. Als bester Sportreifen braucht der Pirelli P Zero Trofeo R knapp 10 Meter, der Dunlop SportMaxx gar 13 Meter mehr. Auch im Aquaplaning-Test kommen die weniger stark profilierten Sportreifen (Semi Slicks) in unserem Test nicht an die Sicherheit eines Straßenreifens heran. Die reinen Zahlenwerte der objektiven Messungen spiegeln allerdings nur den harmloseren Teil dessen wider, was sich im Fahrversuch auf der Nasshandlingstrecke abspielt.

Während sich der allradgetriebene VW Golf R auf den Straßen-Pirellis wie auf Schienen durchs nasse Kurvengewirr brennt, hat der mit dem Pirelli P Zero Trofeo R bereifte Fahrer im Sportreifentest 2015 alle Hände voll zu tun. Es ist zwar noch flottes Tempo möglich, doch plötzliches Aufschwimmen, schlechte Seitenführung und unerwartete Lastwechselreaktionen mit heftigem Übersteuern machen die Fahrt zum Abenteuer.

In ähnlicher Weise zeigt Dunlops SportMaxx im Nassen keine Ambitionen: Kalt neigt er zu deutlichem Lastwechsel-Übersteuern, warm reduziert sich dieser Effekt ein wenig, es fehlt aber immer noch an Seitenführung, Stabilität und Aquaplaningsicherheit. Lediglich Michelins Pilot Sport Cup 2 hinterlässt im Rahmen seiner Möglichkeiten und mit Ausnahme seiner eingeschränkten Bremsperformance den sichersten Eindruck im Sportreifentest 2015.

Sportreifentest 2015 – Pirelli P Zero Trofeo R im Trockenen top

Für Sicherheit und Tempo sorgt, zugegeben, auch der Allradantrieb des VW Golf R, auf leistungsstarken Hecktrieblern sähe die Sache nochmals kritischer aus. Bei gleichzeitigem Anfall von Vortriebs- und Seitenführungsaufgaben weicht die Hinterachse zu schnell zur Seite aus. Doch was schert uns Nässe, dafür sind die drei Semi Slicks im Test definitiv nicht gebaut. Trockene Tracks sind das Thema. Und dort zählt in Sachen Asphaltkontakt jeder Quadratmillimeter Gummi. Profilrillen verbessern zwar das Aquaplaningverhalten, verkleinern aber die Bodenaufstandsfläche.

Daher gilt: Je flacher die Profileinschnitte und je geringer ihre Anzahl, desto besser ist die Stabilität innerhalb der Lauffläche. Dieser hohe Positivanteil im Profil wirkt sich – allerdings nur bei trockener Bahn – leistungsfördernd auf Traktion, Bremsen, Seitenführung und Kurvenstabilität aus. Den optisch höchsten Positivanteil, verbunden mit der kleinsten Profiltiefe, zeigt der Pirelli mit dem P Zero Trofeo R.

Im Unterschied zum Straßen-P-Zero, der in unserer Relativwertung auf Nässe leicht volle Punktzahl einfahren konnte, brilliert der Trofeo R auf dem trockenen Handlingkurs in unserem Sportreifentest 2015: Sein direktes Anlenken, die hohe Agilität und Lenkpräzision und sein stabiles Fahrverhalten beeindrucken genauso wie der gute Grip beim Bremsen.

Michelins Pilot Sport Cup 2 mit geringen Verschleißspuren

Mit Rundenzeiten von knapp unter einer Minute schafft er es, seinem Straßenpendant pro Runde zwei Sekunden abzunehmen. Nur einen Wimpernschlag dahinter: der Michelin Pilot Sport Cup 2. Trotz seiner weitgehend geschlossenen Außenschulter kommt er auf dem allradgetriebenen VW Golf R nicht ganz an die Präzision und Lenkdynamik des Pirelli heran.

In Sachen Fahrstabilität zeigt der Michelin Pilot Sport Cup 2 ein etwas aktiveres, jedoch noch immer gut beherrschbares Heck und lässt sich so noch ein, zwei Zehntel schneller um den Kurs treiben als der vergleichsweise brave Dunlop SportMaxx Race, der wegen seiner hohen Sicherheitsreserven mit breitem Grenzbereich, ausgewogener Balance und bestens beherrschbaren Lastwechselreaktionen trotz schwachem Grip beim Anbremsen vor Kurven die volle Punktzahl einfährt.

Die Nase vorn hat in dieser Dreiergruppe klar der Pirelli, wobei die scharfe Rundenhatz am weichen italienischen Gummi deutliche Spuren hinterlässt. Sichtlich weniger mitgenommen im Sportreifentest 2015 (Semi-Slicks): der Dunlop SportMaxx, der nach der gleichen Rundenzahl wesentlich geringere Verschleißspuren zeigt. Noch ein Quäntchen besser scheint Michelins Pilot Sport Cup 2 mit der hohen Belastung zurechtzukommen. Sein gleichmäßiges Abriebsbild in Verbindung mit hoher Restprofiltiefe prädestinieren ihn für längere Stints.

Welcher Reifendruck für den Race Track?

Dass es bei der ambitionierten Hatz nach Rundenzeiten neben dem Reifen auch auf den richtigen Luftdruck ankommt, ist kein Geheimnis. Doch welcher Druck ist der richtige? Für kalte Reifen ist der Serienluftdruck des Fahrzeugs bereits ein guter Anhaltspunkt. Doch schon während der ersten Runden wird die Reifentemperatur, abhängig von Streckenführung, Bremspunkten und Fahrzeugleistung, individuell an jeder Radposition steigen. Haben sich die Temperaturen eingependelt, kann der Luftdruck durch Ablassen angepasst werden.

Auch für die warmen Reifen kann ein gegenüber dem Serienluftdruck (kalt) um bis zu 0,3 bar reduzierter Druck ein erster Ansatz sein. Dann geht es an die Feinabstimmung. Durch Korrekturen im Bereich von 0,1 bis maximal 0,3 bar kann die Balance des Fahrzeugs beeinflusst werden. Leichtes Übersteuern kann in vielen Fällen durch Absenken des Luftdrucks an der Hinterachse korrigiert werden, leichtes Untersteuern lässt sich oft durch Druckabsenkung an der Vorderachse abstellen.

Erfahrene Piloten wählen die Luftdrücke so, dass die Laufflächentemperaturen der Reifen im Rennbetrieb zwischen 70 und 90° C liegen. Mehr Infos gibt’s bei den Sportabteilungen der Reifenhersteller. Doch Vorsicht: Luftdruckveränderungen im genannten Rahmen können nur korrigierend wirken. Größere Effekte müssen durch Veränderungen von Federn, Querstabilisatoren oder durch die Korrektur von Spur- und Sturzwerten erreicht werden – doch das ist eine andere Geschichte.  

So haben wir getestet

Um bestmögliche Genauigkeit und Ergebnissicherheit in unserem Sportreifentest 2015 zu gewährleisten, werden, soweit möglich, sämtliche Versuche in diesem Test mehrfach durchgeführt. In allen Kriterien werden die Produkte nach einem zuvor festgelegten Muster bewertet.

Grundsätzlich erhält der beste Reifen eines Versuchs die maximal mögliche Punktzahl von 10. Das Bewertungsschema selbst folgt einer progressiven mathematischen Funktion, wodurch sichergestellt ist, dass auch hochwertige, in ihren Eigenschaften nah beieinanderliegende Produkte ausreichend trennscharf bewertet werden können.

Dieses Schema gilt gleichermaßen für die objektive Bewertung durch Messgeräte wie auch für die subjektive Benotung durch die erfahrenen Testfahrer, was etwa bei der Beurteilung des Komforts und des Handlings zum Tragen kommt. Beim Handling auf nasser oder trockener Bahn führt ein ausgewogenes, sicheres und den Erwartungen der mutmaßlichen Zielgruppe entsprechendes Fahrverhalten zu einer Optimalbenotung. Relative Schwächen im Fahrverhalten oder in der Fahrstabilität, wie etwa zu stark ausgeprägte Lastwechselreaktionen im Grenzbereich, führen zu Punktabzug.

Die Aquaplaning-Tests, jeweils getrennt in Längs- und Querrichtung, geben Auskunft über die Reaktion der Reifen etwa beim Durchfahren von tiefen Spurrinnen. Die Höhe der kritischen Aufschwimmgeschwindigkeit bei Geradeausfahrt oder die erreichbare Querbeschleunigung bei Wasserdurchfahrt sollen jeweils die Sicherheitsreserven der Reifen aufzeigen.

Der Rollwiderstand der Reifen wurde auf dem Rollenprüfstand ermittelt. Grundlage der Bewertung ist die – auch für das Reifen-Label relevante – europäische Gesetzgebung zur Reifenkennzeichnung.