Portrait Geiger US-Cars
Go big or go home

Wo darf ein Mann noch ein Mann sein? Vergessen Sie alles, was Sie bisher hörten. Merken Sie sich München. Dort handelt Geiger-Cars mit Männerträumen – eine Geschichte von Muscle Cars und V8-Motoren.

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Foto: Hans-Dieter Seufert

Karl Geiger hält sie fest umschlossen. "Halt’ die mal längere Zeit in der Hand, ist besser als jedes Hanteltraining", sagt er und wuchtet uns die Schlüssel entgegen. Kaum zu glauben, dass diese kleinen Dinger irgendwann die Konditionsfrage aufwerfen. Nun ja, bei einem oder zwei oder drei Fahrzeugschlüsseln dürfte dieser Fall nicht eintreten, doch bei 200 Stück auf einmal sieht die Sache anders aus. Mit zwei großen Schlüsselringen steht der kräftig gebaute Geiger vor uns und sagt: "So viele Autos habe ich hier stehen."

Diese Zahl hat Gewicht, keine Frage. Doch im ersten Moment lockt sie keinen so richtig hinter dem Ofen hervor. Erst das genaue Betrachten der Schriftzüge und Embleme auf den Autoschlüsseln weckt das Interesse. Sie gehören zu US-Autos, die auf unseren Straßen seltener sind als Barack Obama auf Besuch. Karl Geiger aus München ist der Schlüsselmeister der Träume auf Rädern – denn bei ihm stehen die Muscle Cars wie Ford Mustang oder Dodge Charger und Pickups wie Ford F150 oder Dodge Ram Spiegel an Spiegel und warten darauf, dass jemand ihre fetten V8-Motoren zum Leben erweckt.

Das ist es, was Männerherzen hüpfen und anderes nebensächlich werden lässt – sorry, liebe Damen, aber ein Big Block ist harte Konkurrenz. Und auf die hat sich Karl Geiger spezialisiert. Sechszylinder sind für ihn noch akzeptable Notlösungen, Vierzylinder lediglich Briefbeschwerer. "95 Prozent unserer Fahrzeuge haben einen V8 unter der Haube, Vierzylinder sind nicht unsere Welt", sagt Geschäftsführer Geiger. "Wir wissen gar nicht, was wir damit anfangen sollen." Mit anderen Worten: Der Großteil der bis zu 70 Autos im Monat wummert mit Big Block vom Hof.

Spielplatz für Männer

Das Autohaus ist ein Spielplatz für Männer, und sich hier richtig auszutoben dauert einen Tag – und zwar locker. Es gibt einfach so viel zu entdecken, zu bestaunen, zu streicheln und auch letztlich Probe zu fahren. Doch Achtung: Die Gefahr ist groß, dass man den Laden – ohne es geahnt zu haben – mit einem Kaufvertrag wieder verlässt. Bei der Vielzahl an Modellen und Variationen verwundert das kaum. Nehmen wir nur mal "The Beast". Ja, das auf dem Pickup F150 Raptor von Ford basierende Teil heißt wirklich so. Was der GTI, nein der R, beim Golf ist, stellt der Raptor für den F150 dar – nur so als Vergleich, um zu veranschaulichen, um was für ein Gerät es sich hier handelt.

Ab Werk drückt der 6,2-Liter-Block etwa 400 PS auf die Kurbelwelle. Reicht, oder? Nicht für die Geiger-Crew. Sie vertritt offensichtlich den Standpunkt, dass ein gutes Auto durch gutes Tuning nur besser werden kann. So verpassen sie dem V8 ein Kompressor-Kit – und siehe da: Der Pickup schiebt mit 600 PS an und faucht bei jedem Gasstoß heiser wie ein Biest. Mit dem Teil fällst du auf – ganz gleich wie behutsam und einfühlend du damit umgehst. Egal, sollen die anderen denken, was sie wollen. Hier kommt der King. Okay, königlich ist auch der Preis, für den Spaß sind 100.000 Euro fällig. Ohne Tuning kostet der Raptor rund 60.000 Euro.

Weitere Glanzlichter im Programm sind das Camaro ZL1-Tuning für Coupé und Cabrio auf 750 PS, der Ford Mustang Shelby mit bis zu 780 PS oder die leistungsgesteigerte Sportlimousine Cadillac CTS-V mit über 340 km/h Spitze. Zum Helden der Straße wird man aber mit dem Dodge Charger SRT8, dem Passanten voller Respekt nachschauen – zumindest ist das bei einer sehr speziellen Geiger-Ausführung der Fall, was daran liegt, dass es sich bei ihr um ein Polizeiauto handelt. Allerdings um eines, das weit von seinem Kurs abgekommen ist. Denn der SRT8 sieht wie ein echter US-Streifenwagen aus, inklusive prominentem Blaulicht auf dem Dach. Auch wenn das Auto bei uns so nicht auf die Straße darf, weckt es die kindlichen Triebe im Manne, einmal die Sirene anzuwerfen und den Cop zu mimen – good or bad. Wer wollte das nicht einmal in seinem Leben machen?

Das Geschäft mit dem Tuning funktioniert gut bei Geiger, was sich am Equipment erkennen lässt. Reifenwuchtmaschinen für Räder bis zu 30 Zoll Größe findet man nicht in jeder Werkstatt, ebenso wenig einen Vermessungsprüfstand für kleine und große Fahrzeuge sowie einen hochmodernen Leistungsprüfstand, der auf bis zu 1.600 PS und Topspeed von über 320 km/h ausgelegt ist.

Hier werden US-Träume verkauft

Man kann verstehen, dass Karl Geigers Herz für Ami-Schlitten schlägt. Diese Autos ziehen einen förmlich in den Bann. Geigers Schlüsselerlebnis und zugleich der Wegweiser für die Ausrichtung des Autohauses war der Kauf der ersten Chevrolet Corvette im Jahr 1982. "Zerlegt in Einzelteile und aufbewahrt in Kisten, haben wir das 1971er-Modell mit LT1-Achtyzlinder und Schaltgetriebe damals von der kleinsten Schraube an neu zusammengesetzt", blickt der gebürtige Schwarzwälder zurück. "Bereits nach der ersten Probefahrt war es um mich geschehen. Die Leistung des US-Sportlers begeisterte mich derart, dass ich von nun an nur noch Corvette fahren wollte."

Heute hat er den Händlervertrag für die Marke in der Tasche – und noch weitere andere. Selbst vor Anhängern aus den USA schreckt er nicht zurück. Wer sich dafür interessiert, dem bietet er auch mit dem Dodge Ram das passende Zugfahrzeug an.

Außerdem importiert er Ford Mustang in großer Stückzahl und allen Variationen. Vor allem die sportliche Shelby-Variante mit 670 PS ab Werk hat es ihm und seinen Kunden angetan. Was er in den Staaten an neuen Modellen bekommen kann, kauft er – egal ob es dafür Abnehmer zu Hause gibt. "Die stehen nicht lange bei mir auf dem Hof", versichert er. Bei einem Preis von gerade einmal 67.000 Euro verwundert das wenig. Außerdem importiert er auch verschiedene Versionen des Camaro, den Ford F150, Jeep-Modelle sowie die Dodge Viper, von der man dachte, sie gehöre längst der automobilen Vergangenheit an.

Auch dieses Auto, das kaum noch Interessenten findet, hat es Geiger angetan. Mit dem Sportwagen verfolgt er große Ziele. Dreimal darf man raten, was damit gemeint ist – richtig: Tuning. Als Erstes ist der Motor dran, die mehr als 600 PS, die das Auto eindrucksvoll unter Beweis stellt, reichen Geiger und seiner Crew nicht. "Die Viper soll irgendwann mal 1.000 PS leisten", verkündet der US-Fan voller Zuversicht.

Dass er das hinbekommt, darf man glauben. Denn Karl Geiger lebt seine Träume und hält sie wie die beiden großen Schlüsselringe fest umschlossen.

Das bekommt man im Autohaus Geiger

GeigerCars in München (geigercars.de) ist eine der ersten Adressen, wenn es um Autos aus den USA geht. Seit mehr als 30 Jahren beschäftigt sich der Betrieb mit dem Import und Vertrieb. Los geht es mit gebrauchten US-Autos ab etwa 18.000 Euro. Neuwagen beginnen in der Regel bei 30.000 Euro. So kostet ein Ford Mustang GT Premium mit V8-Block und 420 PS rund 40.000 Euro. Für die Shelby-Ausführung sind etwa 67.000 Euro fällig. Ein Chevrolet Camaro ZL1 Cabrio mit 589 PS ist für 77.000 Euro zu haben, und ein Ford F150 Raptor schlägt mit circa 60.000 Euro zu Buche. Wem die Leistung der Motoren nicht reicht, der kann den Triebwerken von der Geiger-Werkstatt noch mehr Dampf einhauchen lassen.

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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten