Gebrauchtvergleich Kia Optima SW & Peugeot 508 SW
Viel Design für wenig Geld

Das Wort "Mittelklassekombi" ließ noch nie zwingend die Emotionen überkochen. Kia und Peugeot haben schon vor Jahren mit hübschem Design und Wohlfühlambiente dagegen angekämpft. Was können Optima und 508 heute als Gebrauchtwagen?

Gebrauchtwagencheck Kia Ceed CD
Foto: H.D. Seufert

Diese Mittelklässler sind ein Produkt des SUV-Booms. Warum? Weil die einst bürgerliche Größe des geräumigen Kombi mit ökonomischer Technik kaum noch Käufer zu überzeugen weiß, wenn sie sich nicht durch emotionales Design von den beliebten Kompakt-SUV mit vergleichbarem Platzangebot abhebt. Neben den immer eleganter werdenden Koreanern zeigt das auch der Modellwechsel des ersten auf den zweiten Peugeot 508 im Jahr 2018 deutlich. Aus dem einst etwas bieder dreinblickenden Liebling für Leisetreter wurde ein zackiges Designerstück im Löwen-Look, der rein optisch manchem Jaguar auf die Pelle rücken könnte.

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Im Innenraum gehen derart ausgefeilte Linien freilich mit einigen Einbußen in puncto Übersicht und Raumangebot einher. Früher war mehr Platz. Kia ging mit dem 2015 enthüllten Optima der vierten Generation vorsichtiger vor und nähert sich mit klaren Linien und solider Qualität innen wie außen der Business-Konkurrenz aus Deutschland an.

Im Verhältnis noch immer hinter den SUV

Fünf, bzw. acht Jahre nach ihrem Debüt, sind Optima und 508 noch immer keine Bestseller. Im Gegenteil: Während der Modellzyklus des Peugeot noch andauert, wird der 2019 enthüllte Nachfolger des Optima nicht mehr in Europa angeboten. Zu klein war der Verkaufserfolg hinter Sportage und Co. Trotz guter Qualität sind gebrauchte Exemplare nicht übermäßig begehrt, sodass sich im Verhältnis durchaus maßvolle Preise finden. Gute Gegebenheiten also für einen klugen Gebrauchtkauf. Schauen wir also genauer hin.

Der Kia Optima SW (Typ JF, 2015 bis 2019) im Detail:

Würde man die süddeutschen Premiumhersteller zwingen, einen klassischen Passat-Konkurrenten mit Vorderradantrieb und braver Großserientechnik auf die Räder zu stellen, dann käme sicherlich eine Art Optima dabei heraus. Das ist kein Spott, sondern ein echtes Lob. In Sachen Solidität, Qualitätseindruck, Ergonomie und Bedienlogik lässt der Optima kaum Wünsche offen. Zwar kommt angesichts seiner Innenraumoberflächen kein Luxuseindruck mit Manufakturcharakter zustande, doch dafür gibt es durchaus auch praktikable Lösungen, die die Nutzung als Vielfahrerauto und Kombi unterstreichen.

Gebrauchtwagencheck Kia Ceed CD
H.D. Seufert
Blick auf den 508: Der Franzose gibt sich verspielter, dafür emotionaler als der Kia.

Stärken des Kia:

Sie ahnen es, trotz seiner gediegenen Optik innen wie außen, ist der Kia im Herzen Pragmatiker. Neuwagen-Vorzüge wie die gelungene Ergonomie und die einwandfreie Übersichtlichkeit nach allen Seiten nutzen auch dem Gebrauchtwagenfahrer. Haltbare Materialien, die auch bei sechsstelligen Laufleistungen keine großen Verschleißerscheinungen erkennen lassen, umso mehr.

Gebrauchtwagencheck Kia Ceed CD
H.D. Seufert
Eindeutige Kia-Stärke: Ein Cockpit, das keinerlei Fragen aufwirft.

Ganz ähnlich ist es bei praktisch allen neuralgischen Punkten, an denen fast alle Gebrauchten irgendwann kränkeln. Achsteile sind ausgesprochen langlebig ausgelegt, Korrosion ist dank gutem Rostschutz kein Thema und auch die Antriebe sind frei von Krisenherden. Natürlich ist kein Großserienauto vor unglücklichen Einzelfällen gefeit, doch die finden nur selten den Weg ans mediale Tageslicht, da die siebenjährige Kia-Garantie noch immer fast alle Baujahre abdeckt. Auch nach Erreichen der Alters- oder Kilometergrenze (150.000 km) sorgt diese insgesamt hervorragende Qualität für ein gutes Gewissen.

Schwächen des Kia:

Dass die Technik krisensicher ist, heißt nicht zwingend, dass immer ein brillanter Fahreindruck entsteht. Neben der gediegen arbeitenden Wandlerautomatik der Zweilitermotoren, gibt es zum Beispiel wiederkehrende Beschwerden über die Abstimmung der Doppelkupplungsgetriebe, die im 1,6er-Turbobenziner, sowie in den Dieseln optional erhältlich waren. Sie nerven mit ihrer sturköpfigen Eigenart, komme, was wolle, den höchstmöglichen Gang einzulegen. Das spart zwar Sprit, nervt aber in der Praxis gelegentlich mit ungelenkem Einkuppeln, oder unnötigen Gedenksekunden beim Beschleunigen.

Kia Optima 2.0 GDI Plug-in, Schalthebel
Dino Eisele
Hübscher Hebel, ungehobeltes Getriebe. Technisch lässt sich dem recht weit verbreiteten Doppelkuppler im Optima nicht viel vorwerfen. Seine Softwareabstimmung lässt aber auch nach Updates noch an Sanftheit und Weitsicht zu wünschen übrig.

Auf hohem Niveau ließe sich außerdem die Fahrwerksabstimmung bekritteln, die auf maximale Fahrsicherheit abgestimmt ist, dafür jedoch mit weitreichender Abwesenheit fahrerischen Feedbacks langweilt. Zwar sind die optionalen Adaptivdämpfer (deren Steuergerät keinen Wassereinbruch verträgt) durchaus in der Lage, für Straffheit und Spurtreue zu sorgen, doch fast immer bleibt das Fahrgefühl an sich eher taub.

Der Peugeot 508 II SW (seit 2019) im Detail:

Wow, was für ein Peugeot! Als Aushängeschild einer französischen Designoffensive ist der 508 der zweiten Generation ein richtiger Hingucker. Je nach Ausstattung und Radsatz entsteht der Eindruck, ein Concept-Car von der letzten Automesse rolle vorbei. Im Innenraum geht das Spektakel weiter. Das Lenkrad, welches in kleineren Modellen als wulstiger Richtungskringel daherkommt, ist markant skulptiert. Die Mittelkonsole ist glattflächig verblendet, weit nach oben gezogen und wird von einem Breitbilddisplay nebst einer Reihe von edel anmutenden Wippschaltern gekrönt. Unter ihr gibt es eine Menge Stauraum, und auch sonst entsteht der gediegene Raumeindruck eines großen Wagens bis hin zum Kofferraum – wenn auch insgesamt etwas flach. Fraglich ist nur: Wie lebt es sich im derart durchgestylten Architektenhaus? Nun, grundsätzlich gut, auch wenn kleinere Anpassungen an den Auto-Alltag erforderlich sind.

Peugeot 508 SW PSE
Peugeot
Als Sport-Hybrider mit 400 PS Systemleistung und martialischer Optik, zeigt der 508 SW PSE, wie dramatisch Mittelklasse aussehen kann.

Stärken des Peugeot:

Auf der Habenseite der künstlerisch-edlen Anmutung stehen tatsächlich auffallend hochwertige Materialien. Gerade die optionalen Ledersitze sind ein echter Leckerbissen, der auch nach vielen Kilometern nicht nennenswert an Charme einbüßt. Da kann das ansatzweise amerikanisch wirkende Großserienleder im Kia optisch nicht mithalten. Das digitale Kombiinstrument und der Infotainmentbildschirm lösen kristallklar auf und besitzen klare Kanten. Derlei Kleinigkeiten wirken ebenso exklusiv, wie die dankenswert sinnvoll angelegten physischen Tasten für wichtige Grundfunktionen. Letztere könnten so auch an einer sündhaft teuren Stereoanlage verbaut sein – grandios!

Gebrauchtwagencheck Kia Ceed CD
H.D. Seufert
Wer meint, das Ladevolumen bliebe auf Kosten des Designs auf der Strecke, irrt. 530 Liter bei voller Bestuhlung sind kein schlechter Wert.

Unabhängig von so viel subjektivem Charme sammelt er Pluspunkte durch seine langlebig-unkritischen Antriebe (vom 1.2er Basisbenziner abgesehen). Sie sind fast immer mit dem sehr souverän arbeitenden Achtgang-Wandlerautomatikgetriebe aus dem Hause Aisin gekoppelt. Das hat immer die richtige Welle parat und verrichtet seinen Dienst ausgesprochen sanft.

Schwächen des Peugeot:

Die mittlerweile markentypische Mäkelei an der verschrobenen Ergonomie hängt stark von der Größe des Fahrers ab. Kleinere Menschen haben es deutlich leichter, eine akzeptable Sitzposition unter dem tief sitzenden Lenkrad zu finden als Große, die sich zudem beim Ein- und Aussteigen schwertun. Hier hat das Peugeot-Konzept unausweichliche Schwächen. Überhaupt gelingt die Bedienung nicht in jeder Hinsicht intuitiv. Gerade Lenkradtasten, Tempomat und dergleichen führen nicht immer zur gewünschten Funktion. Diesen Effekt verstärkt das volldigitale Kombiinstrument, das zwar mit endlosen Designsperenzchen begeistert, dafür aber überraschend wenige handfeste Anzeigefunktionen bietet. Quel dommage!

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H.D. Seufert
Sieht toll aus, oder? Nun stellen Sie sich vor, sie würden hier den täglichen Weg zur Arbeit absolvieren. Wem das keine bedienerische Angst macht, der sitzt hier richtig.

Ebenfalls suboptimal fällt der Abrollkomfort des meist sehr groß beräderten Franzosen aus Mülhausen auf. Bei langsamer Fahrt wirkt die Fuhre polterig. Die Stöße werden auch akustisch recht unverblümt weitergegeben. Wiederkehrende Mängel sind zwar meist nicht gravierend, lassen sich aber fast immer auf eine etwas nachlässige Verarbeitungsqualität zurückführen. Das reicht von Scheppergeräuschen bis hin zum Funktionsversagen der hübsch gemachten Tasten und Regler.

Eine ernstzunehmende Schwäche leistet sich der Peugeot, wenn er mit dem seltenen Basisbenziner daherkommt. Der trägt nämlich den 1.2-Liter-PureTech-Dreizylinder, der in zahllosen Konzernmodellen steckt. Ihn plagt sein im Ölbad laufender Zahnriemen, der gegenüber falschen Ölsorten (ein Nachfüllen reicht bereits) enorm empfindlich ist. Oftmals wird er vom Öl angelöst und verliert dadurch Gummipartikel, die dann wichtige Bauteile, wie die Ölpumpe zusetzen, und letztlich zum kapitalen Motorschaden führen können. Im 508 gibt es genügend andere Motoren, die Sie bevorzugen sollten.

Kaufvergleich: Welchen nehmen?

Für die gesammelte Schnittmenge an Lesern und Kaufinteressenten müssten wir zum Kia raten. Er ist mit seiner Problemlosigkeit, der guten Ergonomie, und der kaum zu übertreffenden Bedienbarkeit das bessere Auto. Dennoch gibt es viele Menschen, denen nichts ferner läge, als den 508 zu verschmähen. Er weiß zu begeistern und dürfte nach Jahren noch ein optischer Leckerbissen sein, während man sich an die elegante Optik des Kia längst gewöhnt hat.

Ziehen wir als Fazit also, dass der Wert des Peugeot allein in seiner Faszination liegt? Nein: Das Endergebnis ist ein klares Unentschieden.

Gebrauchtwagencheck Kia Ceed CD
H.D. Seufert
Wohin die Reise geht, entscheidet wie so häufig der Geschmack. Beide Autos bieten handfeste Vorteile, unterscheiden sich aber charakterlich deutlich.

Das liegt daran, dass der nüchtern-praktische Kia als älteres Modell auf dem Gebrauchtmarkt seltener ist als der Peugeot, und bis auf kleine Ausnahmen die gleichen Preise aufruft. Fürs Geld bekommt man bei Peugeot also fast immer ein schlichtweg neueres Auto, das auch im "Gut-Und-Günstig"-Szenario nicht allzu sehr an Ausstattung geizt. Um die 18.000 Euro werden bei beiden für Exemplare mit mittelmäßiger Ausstattung und einer Laufleistung von knapp unter 100.000 Kilometern fällig. Einen weiteres Trümpfchen fährt der Peugeot ein, wenn er den enorm sparsamen 130-PS-Diesel mit 1,5 Litern Hubraum unter der Haube trägt. So gerüstet, schafft er geduldigen Fußes auch mal eine Drei vor dem Komma. Ganz so sparsam ist der Kia nicht.

Was dem Kia über Jahre erhalten bleibt, ist der Vorteil der unbedingt besseren Nutzbarkeit. Sein praktischer Anspruch in Kombination mit der hohen Langstreckentauglichkeit wird vom Peugeot so nicht erreicht.

Fazit

Fazit: Gleichstand. Angesichts der so unterschiedlichen Charaktere der beiden Kontrahenten ist das nicht selbstverständlich. Erlaubt ist natürlich, was gefällt, doch polarisiert der Peugeot durch seine stilistische Ausprägung, während der Kia maximale Praxistauglichkeit mit noblem Look verbindet. Auf diese Weise können wir Ihnen also diesmal gleich zwei Kaufempfehlungen geben.

Technische Daten
Kia Optima 1.7 CRDi SpiritPeugeot 508 BlueHDi 130 Allure
Grundpreis33.090 €39.750 €
Außenmaße4845 x 1830 x 1455 mm4750 x 1859 x 1403 mm
Kofferraumvolumen505 l487 bis 1537 l
Hubraum / Motor1685 cm³ / 4-Zylinder1499 cm³ / 4-Zylinder
Leistung100 kW / 136 PS bei 4000 U/min96 kW / 131 PS bei 3750 U/min
Höchstgeschwindigkeit202 km/h208 km/h
Verbrauch4,9 l/100 km3,6 l/100 km