Mercedes A45 AMG Edition 1 im Fahrbericht
Neuer Kompaktsportler mit Stern

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Wer wachsen will, muss schrumpfen: Mercedes-AMG bietet auf Basis der A-Klasse ein neues Einstiegsmodell an. Mit 360 PS aus einem Zweiliter-Triebwerk geriet der Kompaktwagen alles andere als schlapp, sichert sich mittels Allradantrieb die nötige Traktion. Genügt das, um neue Zielgruppen zu erobern?

Mercedes A45 AMG Edition 1
Foto: Mercedes

Dass AMG-Modelle bei ihren Besitzern ein Selbstbewusstsein voraussetzen, das irgendwo zwischen dem von Dieter Bohlen und Jürgen Drews liegt, ist spätestens seit den Black Series-Derivaten klar. Zudem hielten die Schwaben weniger als acht Zylinder - abgesehen von einem Ausflug in die Dieselwelt - jüngst für so entbehrlich wie eine Reihenhaus-Siedlungskompatible Akustik. Na und? Der Erfolg beweist: Weltweit scheinen genügend Menschen mit entsprechendem Ego gesegnet zu sein.

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Mercedes A45 AMG Edition 1 mit 360 PS

Daher dürfte das Aerodynamik-Paket für den neuen Mercedes A 45 AMG vermutlich zu den gern georderten Optionen zählen: Doppel-Winglets an der Frontschürze und ein Dachflügel, der die gesamte WRX/STI- und Evo-Fraktion um den Schlaf bringt - und der Lader des Vierzylinder-Triebwerks ebenfalls. Wie ein vollgefressener Parasit hockt er unter der langen Motorhaube der A-Klasse. Klar, irgendwoher müssen die 360 PS ja kommen, wenn nur zwei Liter Hubraum zur Verfügung stehen.

Doch bei dem Lader dürfte sich vor der Beschleunigungsorgie ein Turboloch erdgeschichtlichen Ausmaßes auftun. Noch ein schneller Blick aufs Datenblatt: 450 Newtonmeter - Respekt - bei 2.250 Umdrehungen, immerhin. Innen bietet die stärkste Mercedes A-Klasse keine Überraschungen, alles soweit bekannt bis hin zum mäßigen Platzangebot im Fond und der noch viel mäßigeren Rundumsicht. Ein Glanzlicht setzt die AMG-Variante dann doch noch: Die hervorragenden Schalensitze, die Rennstreckentauglichkeit, Komfort und Alltagstauglichkeit gekonnt ausbalancieren.

Mercedes A-Klasse für über 55.000 Euro

Bei der 56.977 Euro teuren Edition 1 zählen sie ebenso zum Serienumfang wie das Aerodynamik-Paket und die ebenfalls nicht besonders unauffälligen 19-Zoll-Räder. Letztere reduzieren den ohnehin recht spärlichen Federungskomfort der A-Klasse auf einen neuen Tiefstand, doch insgesamt wirkt die AMG-Variante stimmiger als die zivileren Modelle mit optionalem Sportfahrwerk.

Rebellische Akustik

Ebenfalls nicht schüchtern ist der Klang des Vierzylinders. Der sonor bassende Leerlauf kündet zumindest davon, dass die Entwickler ihre Aufgabe ernst nahmen, denn laut eigenen Angaben zählt der Klang zu den wichtigsten Kaufgründen für ein AMG-Modell. Daher trägt der Mercedes A 45 Edition 1 serienmäßig die sonst optionale Performance-Klappen-Abgasanlage - und die nimmt nun wirklich kein Blatt vor die Endrohre.
 
Der bis zum Drehzahlgipfel von 6.700/min voluminös-kernige Sound ist schon ein Erlebnis, doch die richtige Würze bringen erst das obszöne Schnauben beim Gangwechsel und das rebellische Sprotzeln im Schiebebetrieb. Optik und Akustik passen also prima zusammen, beides ist nichts für Kaulquappen-Nummerierer.
 
Und die Fahrdynamik? Eigentlich treibt die Mercedes A-Klasse ja nur die Vorderräder an. Hier kommt eine von AMG entwickelte Vorderachskonstruktion mit starr angebundenem Fahrschemel und steiferen Achsschenkeln zum Einsatz. Zusätzlich gelangen über eine elektronisch geregelte Lamellenkupplung 50 Prozent der Kraft an die Hinterachse. Tatsächlich lenkt der A 45 agil und präzise ein, beginnt bei zunehmender Geschwindigkeit jedoch zu untersteuern, bittet geradezu um einen Lupfer am Gaspedal - und bedankt sich artig mit einem leicht eindrehenden Heck. Beim Herausbeschleunigen aus Kehren muss nicht lange überlegt werden, wie viel oder wenig Gas nun sein muss - einfach drauf. Der Zweiliter-Motor hängt gegen allen Befürchtungen ziemlich gierig am rechten Fuß des Fahrers und macht bereits bei rund 1.600/min ordentlich Druck.

Schnelles Getriebe mit 7 Gängen

Dafür soll vor allem der Twinscroll-Lader verantwortlich sein, bei dem je zwei Zylinder über einen gemeinsamen Abgaskanal verfügen. Von der Verteilung der gewaltigen Antriebsmomente bekommt der Fahrer nichts mit, die Kupplung öffnet und schließt innerhalb von 100 Millisekunden vollständig. Zudem ahnt die Elektronik anhand von Gaspedalstellung und Lenkwinkel, was gefordert wird - und trifft entsprechende Vorkehrungen.
 
Ebenso fix - das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Ein neuer Massenausgleich, fünf statt vier Lamellen sowie die aus dem Mercedes SLS AMG GT übernommene Steuerungs-Software lassen vor allem die Reaktionszeiten auf Schaltbefehle gegenüber dem A 250 Sport spürbar sinken. Typisch AMG ist eine Launch Control, mit deren Hilfe der A 45 in 4,6 Sekunden von null auf 100 km/h toben soll - sagt AMG.
 
Bis er bei einem Test das Versprechen einlöst, bleibt vor allem das agile Fahrverhalten in Erinnerung - jenes Kompaktwagen-Gefühl, das ganze Fahrzeug buchstäblich im Griff zu haben, selbst wenn es 1,6 Tonnen wiegt (ja, richtig gelesen). Womit wir wieder beim Thema Selbstbewusstsein wären.

Fazit

Stimmgewaltig beantwortet der A 45 AMG die Frage, ob vier Zylinder reichen, um die markentypischen Emotionen zu liefern. Und der Punch des mit der Brechstange aufgeladenen Vierzylinders ist einfach nur gewaltig. Seine Frontantriebsherkunft kann der agile und straff abgestimmte Kompaktwagen trotz seines fix arbeitenden Allradantriebs allerdings nicht ganz verbergen.

Technische Daten
Mercedes A 45 AMG 4Matic AMG
Grundpreis50.159 €
Außenmaße4359 x 1780 x 1417 mm
Kofferraumvolumen341 bis 1157 l
Hubraum / Motor1991 cm³ / 4-Zylinder
Leistung265 kW / 360 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
Verbrauch6,9 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten