Mercedes G500 4×4² im Fahrbericht
Erste Fahrt mit dem Über-Offroader

Mit dem G500 4x4² stellt die Mercedes-Geländewagen-Sparte auf dem Genfer Salon einen neuen Über-Offroader vor, mit Biturbo-V8 und Portalachsen. Unterwegs in der Sierra Nevada mit dem G500 4x4².

Mercedes G500 4×4²
Foto: Mercedes

Gib ruhig Gas“, sagt Mario Summer. Er sitzt rechts neben mir und hat in rund 25 Jahren, die er in der Erprobung und bei Fahrtrainings für die G-Klasse tätig ist, vermutlich schon Schlimmeres erlebt. Im Bachbett lauern Felsbrocken im Smart-Format, dazwischen rutschiger Lehm und grober Schotter. Wir sitzen zwei Etagen über dem Bachbett, weil wir nicht in einem normalen G unterwegs sind, sondern im Mercedes G500 4x4², also einem G500 zum Quadrat.

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Ja, wissen wir, sagen die Ingenieure, da gehörte mathematisch korrekt das 4x4 in Klammern. Das ist jetzt aber ziemlich egal, denn Mario sagt, ich solle links hochfahren. Links ist kein Weg, sondern ein Steilhang, dessen oberes Ende ich nicht sehen kann. "Das vordere Differenzial sperren", fügt er noch hinzu. Okay, ein Knopfdruck, mehr Gas, und der Mercedes G500 4x4² klettert aus dem Bachbett den Hang hoch, als sei der eine etwas holperige Parkhausrampe.

Mit seinen 18 Zoll großen Geländerädern stakst er über die Felsbrocken und umkurvt oben angekommen einige Olivenbäume. Die sind so eng gepflanzt, wie ein Slalomparcours, kein Problem für den G. "Wir wollten"; erklärt mein Instruktor, "einen G bauen, der so offroadtauglich ist die der G 63 6x6 mit den drei Achsen, doch auch so handlich ist, dass er in gebirgem Gelände eingesetzt werden kann, so wie hier“.

Mercedes G500 4x4² kann auch Asphalt

Das kann der neue Mercedes G500 4x4² zweifellos, denn im Prinzip ist er nichts anderes als ein 6x6, dem die hintere Achse fehlt und der die Karosserie eines normalen G trägt. Ebenso wie das Dreiachs-Monster hat er Portalachsen, allerdings eine weniger, und im Gelände läuft er auf Beadlock-Rädern im 18-Zoll-Format, die normalerweise bei gepanzerten Militär-G zum Einsatz kommen. Für den Fall, dass Sie mit der Terminologie der Militär- und Offroadprofis nicht so vertraut sind: Portalachsen haben einen in der Radnabe eingebauten Zahnradsatz, der es ermöglicht, dass die Antriebswelle nicht in der Radmitte, sondern nach oben versetzt eingreift. Das erhöht die Bodenfreiheit und hält Belastungen von Antriebs- und Kardanwellen sowie Differenzialen und Getrieben fern. Und bei Beadlock-Felgen ist der Reifen durch einen Metallring an der Felge festgeklemmt, so dass mit extrem wenig Luftdruck gefahren werden kann, ohne dass der Reifen von der Felge rutschen kann.

Das sollte hier ohnehin nicht passieren, das Offroadgelände am Rande der Sierra Nevada zwischen verschneiten Gipfeln und der winterlich verregneten Costa del Sol in Südspanien ist für den Mercedes G500 4x4² kaum mehr als ein Spielplatz.

Asphalt kann er auch, sagt Mario, denn die ausladenden Portalachsen sorgen auch auf der Straße für eine stabile, breite Spur. Klar, die Lenkung ist G-typisch etwas indirekt, doch sobald man sich an die Höhe gewöhnt hat, lässt sich der Mercedes G500 4x4² durchaus behände um Kurven lenken. Der entgegen kommende Pajero der Guardia Civil sieht aus der Actros-Perspektive der höher gesetzten G-Klasse winzig aus. Zum Glück haben die Insassen ihre Seitenscheiben hochgekurbelt. Womöglich hätte der satte V8-Sound aus den kurzen Endrohren unter dem Schweller die Gesetzeshüter auf dumme Gedanken gebracht.

Mercedes G500 4x4² mit V8-Motor aus dem AMG GT

Der Motor des Mercedes G500 4x4² ist ebenso neu: Es ist der vier Liter große V8 der M177-M178-Familie, der bisher im AMG GT und im C 63 zum Einsatz kommt. Zur Erinnerung: Biturbo mit Ladern im V, vier Nockenwellen, Nanoglide-beschichtete Laufbahnen. Nicht gerade der Motor, den man in so einem Geländetier erwartet, doch er zeigt sich der Aufgabe souverän gewachsen.

310 kW, 422 PS, 610 Nm lauten die Eckdaten. Die Kraft wird über eine vergleichsweise normale 7G-Tronic auf die Achsen losgelassen. Dazwischen verteilen drei Differenziale, eines vorn, eines hinten und eines als zentrales Verteilergetriebe, das Drehmoment je nach Fahrsituation und aktivierten Sperrenauf die vier Räder. Klingt kompliziert, ist es auch, doch wer mit den einzeln sperrbaren Differenzialen und dem Gaspedal umgehen kann, kommt mit dem G500 weiter als mit so ziemlich allem diesseits militärischen Arbeitsgeräts.

Die Frage ist naheliegend, entsprechend zurückhaltend reagiert Mercedes G-Chef Gunnar Güthenke darauf: Ob denn der Biturbo-V8 in Zukunft auch in normalen Serien-G vorstellbar sei. Kein Kommentar, heißt es. Wir haben verstanden.

Zwei Radsätze pro Auto

Wir sind immer noch auf der Straße, denn der Wechsel von Asphalt ins Gelände dauert beim Mercedes G500 4x4² etwas länger. Was aber daran liegt, dass zu jedem Auto zwei Radsätze gehören: die bereits erwähnten 18-Zoll-Beadlocks sowie ein Satz 22-Zöller für den Straßengebrauch. Der Mercedes G500 4x4² bügelt erstaunlich sensibel über die spanischen Nebenstraßen, sogar die Wankneigung hält sich in Grenzen. Klar, kein Sportwagen, aber das geht alles erstaunlich locker. Dabei sind wir noch im Komfortmodus. Der 4x4² hat Adaptivdämpfer, und zwar je einen pro Rad, erklärt Mario Summer, der andere ist nicht verstellbar. Im Sportmodus wird es etwas holperiger, die G-Tronic hält die Gänge länger. Geht prima, doch wir wollen noch einmal durchs Flussbett.

Also nochmal die 18-Zöller drauf, es wird bald dunkel und Regenwolken ziehen aus dem Westen heran. Das Wasser könnte jetzt höher stehen, vermuten wir. Kein Problem, bei einem Meter Wattiefe brauchen wir das Bächlein zwischen den Olivenbäumen nicht zu fürchten.

Premiere auf dem Genfer Autosalon

Eher den Zorn der G-Mannschaft. Die benötigt den schwarzen Mercedes G500 4x4² noch, Anfang März wird er sich in Genf in Scheinwerferlicht drehen. Ob das Schaustück denn in Serie gebaut wird? Das käme auf die Resonanz bei der Kundschaft an, heißt es. Die Kleinserie des G63 6x6 ist ausverkauft, trotz Preisen knapp südlich der halben Million Euro. Viel billiger düfte der technisch eng verwandte 4x4² ebenfalls nicht werden. Doch einmal geben wir noch Gas, Mario.