F1 GP Spanien Vorschau 2012
Fünftes Rennen, fünfter Sieger?

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Die Europa-Saison 2012 der Formel 1 startet in Barcelona. Nach drei Wochen Pause haben die Teams viele technische Updates im Gepäck. Die große Frage lautet: Kann sich ein Team vorne absetzen oder geht die Saison der Überraschungen in die nächste Runde?

Formel 1-Test, Mugello, 03.05.2012, Fernando Alonso, Ferrari
Foto: xpb

Der Formel 1-Zirkus ist wieder in Europa angekommen. Nach der interessanten Testwoche in Mugello geht es in Barcelona endlich wieder um WM-Punkte. Die ersten vier Rennen haben Appetit auf mehr gemacht. Vier verschiedene Sieger in vier verschiedenen Autos. Sehen wir am Sonntag wieder ein neues Gesicht ganz oben auf dem Podest?

Die Chancen stehen gar nicht so schlecht. Bei den Testfahrten in der Toskana stand Lotus regelmäßig in den Zeitenlisten ganz vorne. Und schon in Bahrain war das schwarz-goldene Auto von Kimi Räikkönen siegfähig. Nur die clevere Verteidigung von Sebastian Vettel verhinderte die Iceman-Party in der Wüste. Auch Sauber hat diese Saison schon gezeigt, dass man für eine Überraschung gut ist, wenn die Bedingungen stimmen.

Unsere Highlights

Zuletzt kam es übrigens in der Saison 1983 vor, dass fünf verschiedene Fahrer in fünf verschiedenen Autos zu Beginn einer Saison gewinnen konnten. Damals standen nacheinander Nelson Piquet (Brabham), John Watson (McLaren), Alain Prost (Renault), Patrick Tambay (Ferrari) und Keke Rosberg (Williams) auf der obersten Stufe des Podiums.

Die Strecke: Circuit de Catalunya

Keine Strecke kennen die Formel 1-Teams so gut wie den 4,655 Kilometer langen Kurs vor den Toren von Barcelona. Vor dem Saisonstart haben die Piloten hier bereits acht Testtage abgespult. Daten von den 16 Kurven gibt es also genug. Die einzige Unbekannte ist der böige Wind an der Mittelmeerküste, der nicht selten unverhofft die Richtung wechselt.

Vom Layout bietet Barcelona eine gute Mischung von allem. Schnelle Kurven mit hohen Fliehkräften wechseln sich mit langsamen Ecken ab. Hier sind Allrounder gefragt. Obwohl es eine mehr als einen Kilometer lange Gerade gibt, ist das Überholen traditionell schwierig. Generell gehören die Grand Prix-Rennen in Barcelona nicht zu den Action-Festen im Kalender. Das Safety-Car musste zuletzt 2009 ausrücken.

Fast Facts:

Höchste Querbeschleunigung: 3,2 g (für 3 Sekunden in Kurve 3)
Längste Vollgaspassage (Zielgerade): 12,1 Sekunden
Anteil der Bremsphasen an der Rundenzeit: 19 Prozent
Anteil der Geraden an einer Runde: 36 Prozent
Anzahl der Gangwechsel pro Runde: 50
Vollgasanteil auf einer Runde: 60,3 Prozent
Geringste Geschwindigkeit: 75 km/h (Kurve 10)
Höchste Kurvengeschwindigkeit: 250 km/h (Kurve 6)
Distanz von der Startlinie bis zur ersten Kurve: 720 Meter
Top-Speed: 318 km/h
Spritverbrauch: 2,17 Kilo/Runde
Zeitverlust pro 10 Kilo Zusatzgewicht: 0,39 Sekunden
Reifenverschleiß: 3/5

Das Setup für den GP Spanien:

Große Überraschungen hält die Strecke nicht für die Ingenieure bereit. Die Flügel werden traditionell sehr steil gestellt, um genügend Abtrieb und Stabilität für die schnellen Kurvenkombinationen zu haben. Im Schluss-Sektor kommt es vor allem auf Traktion an. Hier gilt es einen guten Kompromiss in Sachen Balance zu finden. Aufpassen müssen die Teams auch auf den Griplevel, der sich im Laufe eines Wochenendes stark verbessert. Interessant wird auch, wie die Teams mit den – im Vergleich zu den Wintertests – erhöhten Temperaturen zurechtkommen.

Größter Spannungsfaktor sind wieder einmal die Reifen. Pirelli hat für Barcelona eine Überraschung parat: Zum ersten Mal in dieser Saison werden die Mischungen etwas weiter gespreizt. Mit den Sorten soft und hard hat der Gummispezialist zwei sehr unterschiedliche Gummis im Gepäck. Pirelli hofft, dass die Maßnahme mehr Strategie-Varianten erlaubt. Durch die vielen schnellen Rechtskurven ist auf den rauen Barcelona-Asphalt vor allem der linke Vorderreifen belastet. Besonders der weiche Gummi dürfte hier schnell an seine Haftungsgrenze kommen.

Die Updates:

Drei Wochen hatten die Ingenieure in den Technikbüros Zeit, neue Teile zu entwickeln. Die Fans können also mit einem wahren Update-Feuerwerk rechnen. Einige Stufen wurden bereits bei den Testfahrten gezündet. Vor allem im Auspuff-Bereich haben wir einige interessante Neuentwicklungen gesehen. Es wird spannend, wer die neuen Teile direkt beim GP Spanien ans Auto schrauben kann.

Besonders spannend ist die Situation bei Red Bull. Das Weltmeisterteam verzichtete in Mugello auf den Test neuer Teile. Das neue Paket debütiert erst im Freien Training. Packt Konstrukteur Adrian Newey wieder eine Überraschung aus? Auch Mercedes hat noch etwas Neues angekündigt. In Mugello gab es nur kleine Retuschen am Frontflügel und dem Unterboden zu sehen. Dazu kommt noch das Karbongetriebe, das Gewicht sparen soll. Gibt es noch mehr?

Die Favoriten für den GP Spanien:

Immer wenn man in dieser Saison gedacht hat, ein Team konnte sich ein wenig absetzen, wurde die Reihenfolge im nächsten Rennen schon wieder komplett durcheinander gewürfelt. Selten war es so schwer wie in dieser Saison vorherzusagen, in welches Roulette-Fach die Kugel dieses Mal fällt. Vom Papier her spricht das Streckenlayout für Mercedes. Die Hinterreifen werden in Barcelona nicht besonders stark belastet. Auch die Temperaturen dürften dem Rennen von Shanghai ähneln, wo Mercedes zuletzt gewinnen konnte.

Von der Form in Bahrain und Mugello würden wir auf einen Sieg von Lotus tippen. Aber eine Wette gegen Red Bull und McLaren, die zusammen 39 der letzten 46 Rennen gewinnen konnten, klingt auf den ersten Blick nicht sehr sinnvoll. Neben den technischen Updates wird es auch wieder darauf ankommen, wer die Reifen am besten ins Arbeitsfenster bekommt und sie am längsten am Leben hält.

Expertenmeinung: Mark Smith (Technikdirektor Caterham)

„Das Layout in Barcelona ist ein guter Testlauf für den Rest der Saison. Es gibt schnelle Kurven mit hohen Fliehkräften, eine lange Gerade und auch langsamere Kurven, in denen es auf Traktion ankommt. Auch für die Fahrer ist die Strecke technisch anspruchsvoll. Sie bietet ein bisschen von allem. Kurven drei und neun sind sehr schnell. Für beide eine gute Balance zu finden ist nicht einfach. Auch der letzte Sektor ist eine Herausforderung. Das Auto muss viele Richtungswechsel vollziehen. Hier kommt es auf den mechanischen Grip an.

Barcelona ist ein sehr offener Kurs. Der Wind kann eine Rolle spielen, vor allem wenn er die Richtung wechselt. Durch die wechselnden Luft- und Asphalttemperaturen ändern sich die Bedingungen auf der Strecke im Laufe eines Grand Prix-Wochenendes und auch während der einzelnen Tage – das kann ziemlich extrem sein. Wir müssen das Wetter ständig im Auge haben und das Setup optimal anpassen.“

So lief das Rennen im Vorjahr (GP Spanien 2011):

Der GP Spanien 2011 hat wieder einmal gezeigt, wie schwer es auf dem Circuit de Catalunya ist zu überholen. Obwohl Lewis Hamilton das deutlich schnellere Auto als Sebastian Vettel hatte, kam der McLaren-Pilot einfach nicht am späteren Weltmeister vorbei. Selbst als am Red Bull in der Schlussphase auch noch das KERS streikte, konnte Hamilton keinen Angriff starten. Auf dem Zielstrich trennten die beide nur sechs Zehntel.

Eine Hauptrolle spielte im Vorjahr auch Fernando Alonso. Unter dem tosenden Jubel auf den Tribünen schob sich der Lokalmatador am Start von Platz vier in Führung. Nach der ersten Runde Boxenstopps konnte der Ferrari-Pilot seine Führung sogar noch verteidigen, aber als er dann zur Rennmitte das erste Mal auf die härtere Mischung wechseln musste, war es vorbei mit der Herrlichkeit. Bis zur Ziellinie fiel Alonso nicht nur auf Platz fünf zurück, er wurde sogar noch von der Spitze überrundet.

In unserer Fotogalerie haben wir noch einmal die Bilder vom GP Spanien 2011.

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