Corsa OPC, Clio R.S., 208 GTi, DS3 Racing im Test
Scharfe Kleinkaliber im Kult-Check

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Wir haben vier Kleine, die scharf schießen können, nach Hockenheim eingeladen. Peugeot 208 GTi, Renault Clio R.S., Opel Corsa OPC Nürburgring Edition und Citroën DS3 Racing Edition 2013 im Vergleich.

Opel Corsa OPC Nürburgring Edition Renault Clio R.S., Peugeot 208 GTi, Citroën DS3 Racing Edition 2013
Foto: Rossen Gargolov

Er ist der Gradmesser der Fanseele. Wer es auf den Parkplatz an der Touristeneinfahrt zur Nordschleife schafft, steht bei Sportfahrern hoch im Kurs. Doch welcher Bolide von heute hat in Zeiten von automatisierten Getrieben, Downsizing und Elektronikhelferlein noch das Potenzial zum emotionalen Held von morgen? Darum haben wir mit dem Peugeot 208 GTi, Renault Clio R.S., Opel Corsa OPC Nürburgring Edition und dem Citroën DS3 Racing „Edition 2013“ vier heiße Kleinwagen zum Kult-Check in Hockenheim antreten lassen.

Unsere Highlights

Hockenheimer Kleinwagen-Kult-Check

Dass auch Kleinwagen Kultpotenzial entwickeln können, zeigt ein Blick in die Ahnengalerie des Renault. Hier stehen Helden wie der Clio 16V der ersten Generation, der 2000 mit der zweiten Baureihe eingeführte R.S. oder der zwischen 2006 und 2012 produzierte Renault Clio R.S. der dritten Baureihe. Wie einst beim R5-Backenturbo war auch das Erfolgsrezept der heißen Clio-Vertreter einfach – leichter und agiler Kleinwagen trifft starken Motor.

Und heute? Die Franzosen sind auf dem besten Weg, sich dieser erfolgreicher Tradition selbst zu berauben. Der Grund dafür biegt soeben auf die Start-Ziel-Gerade von Hockenheim ein. Mit 1.20,7 Minuten umrundet der aktuelle Renault Clio R.S. den Kleinen Kurs trotz identischen Fahrers über eine halbe Sekunde langsamer als beim letzten Test (sport auto 6/2013).

Renault Clio R.S.: Bye, bye Kult-Clio

Doch nicht die Rundenzeiten-Differenz und schlechtere Beschleunigung im Vergleich zum letzten Test bringt dem Renault Clio R.S. die Note Ungenügend ein, sondern die Tatsache, dass der aktuelle Clio-Hot-hatch langsamer als die Vorgängergeneration (1.19,4 min) ist. Die Ursachenforschung zeigt gleich mehrere Fehlentwicklungen auf. Während Renault die „hohe Alltagstauglichkeit“ des erstmals ausschließlich als Fünftürer erhältlichen Renault Clio R.S. anpreist, ärgern sich Sportfahrer über das um rund 50 Kilo gestiegene Gewicht. Das knackige Schaltgetriebe wich einer trägen Doppelkupplungseinheit. Ob im Normal-(200 ms Schaltzeit), Sport- (170 ms) oder Race-Modus (150 ms), dieses Getriebe reagiert subjektiv zu langsam auf das Ziehen an den Schaltwippen. Kurz vor Erreichen des Begrenzers nervt zudem ein jaulender Piepton, der den Piloten zum Hochschalten mahnt.

Auch in puncto Motor gibt sich der RS-Hund zahmer. Der 1,6-Liter-Turbobenziner mit 200 PS wirkt im oberen Drehzahlbereich weniger bissig als der Vorgänger-Vierzylindersauger mit 201 PS. Den subjektiven Eindruck bestätigen die Beschleunigungsergebnisse. Während Sauger und Turbo bis zur 100-km/h-Marke fast die gleichen Beschleunigungswerte in den Asphalt stanzen, rennt der Neuling vier Zehntelsekunden langsamer auf 180 km/h als sein Vorläufer.

Probleme mit Traktion kosten Zeit

Weitere Kritikpunkte betreffen die Fahrdynamik. Dank Sportfahrwerk, das den Schwerpunkt um 14 mm absenkt, lenkt er zunächst agil ein und drückt bei Lastwechseln mit erfrischenden Heckschwüngen. Doch das ist halt nur die halbe Miete, wenn es mit der Traktion unter Last hapert. Die serienmäßige elektronische Differenzialsperre namens „R.S. Diff“ kann nicht verhindern, dass in engen Ecken das kurveninnere Vorderrad durchdreht. Im Vergleich zu Fronttrieblern mit einer gut abgestimmten elektronischen Sperrfunktion (z. B. Golf GTI Performance) oder einer mechanischen Differenzialsperre zieht sich der Renault Clio R.S. nicht etwa unter Last in die Kurve rein, sondern schiebt in Richtung Kurvenaußenrand – das kostet wertvolle Zehntel.

Neben dem indifferenten Fahrverhalten kippten die Renault-Entwickler dem Renault Clio R.S. jede Menge Weichspüler ins Cockpit: Navi-System mit 7-Zoll-Touchscreen-Farbmonitor, Klimaanlage, Tempomat, Bordcomputer und Berganfahrhilfe. Vorbei die Zeiten, als wir uns in der Redaktion um den Schlüssel der nackten R.S.-Cupversion mit Recaro-Schalen, aber ohne Klimaanlage, Radio und sonstigem elektronische Krimskrams gebalgt haben. Kultpotenzial? Sorry – beim aktuellen Renault Clio R.S. tendiert es gen null.

GTi-Ikone: Von 205 zum Peugeot 208 GTi

Wie man im Motodrom zum Publikumsliebling avanciert, zeigt mit dem Peugeot 208 GTi ein anderer Franzose. Peugeot? Da gab’s doch mal was Kultiges. Richtig, den 205 GTi, der in den 80er und 90er Jahren mit rund 850 Kilo und bis zu 128 PS die Landstraße rockte, während in der Rallye-WM die Gruppe B-Monster 205 Turbo 16 mit Turbo-Mittelmotor und Allradantrieb tobten.

Anders als die brüllenden Rallye-Helden von einst flüstert der 1,6-Liter-Turbobenziner im Peugeot 208 GTi so zurückhaltend, dass man dahinter kaum 200 PS vermutet. In nur 6,9 Sekunden stürmt der Löwen-Sportler auf Tempo 100 und unterbietet damit die heute versammelte Konkurrenz von Opel (7,8 s), Renault (7,4 s) und Citroën (7,1 s). Den kräftigen Vorwärtsdrang des 208 GTi unterstützt ein kurz übersetztes, manuelles Sechsganggetriebe, das sich hervorragend präzise und knackig schalten lässt.

Purer Fahrspaß mit dem 208 GTi

Zum Fahrspaß trägt außerdem die gute Sitzposition hinter dem nur 35 Zentimeter breiten und nicht einmal 33 Zentimeter hohen Lenkrad bei. Die Kombination aus kleinem Lenkrad und sehr direkt ansprechender Lenkung lässt hier beinahe Kart-Feeling aufkommen.

Im Vergleich zum Brot-und-Butter-208 wuchs die Spurweite beim Peugeot 208 GTi vorn um 10 mm und 20 mm an der Hinterachse. Auch wenn das 208-Fahrwerk für den Einsatz im GTi nochmals überarbeitet wurde, wirkt es insgesamt etwas zu weich. In engen Kurven hebt der kleine Franzose beim Einlenken das kurveninnere Hinterrad, was den fahrdynamischen Gesamtauftritt jedoch nicht maßgeblich stört. Im Gegenteil, der GTi lenkt prächtig ein und wedelt bei Lastwechseln leicht mit seinem Heck. Fronttrieblertypisch schiebt jedoch auch er wie der Clio R.S. unter Last über die Vorderachse. Dennoch unterbietet der Peugeot 208 GTi den Renault heute locker um eine halbe Sekunde.

Citroën DS3 Racing erinnert an Rallye-Erfolge

Wer seine Probefahrt mit dem Citroën DS3 Racing unmittelbar nach einem Ausflug mit dem 208 GTi legt, sei vor der Lenkung des Citroën gewarnt. Während mit der fast hyperaktiven Peugeot-Lenkung schon kleinste Lenkimpulse für flotte Richtungswechsel genügen, verlangt die DS3-Lenkung mehr Umdrehung am Volant, weil sie am indirektesten von allen Vergleichstestkandidaten arbeitet.

Ansonsten fegt der Citroën DS3 Racing Edition 2013 so konsequent über die Ideallinie wie Sébastien Loeb zu seinen neun Rallye-WM-Titeln. Dabei verhält sich der mit einer um 30 mm verbreiterten Spur sowie einem 15 mm tiefer gelegten Sportfahrwerk ausgestattete DS3 trotzdem zurückhaltend. Im Grenzbereich zeichnet er sich durch ein weitgehend neutrales Fahrverhalten fast ohne Lastwechsel-Sidesteps aus. Außerdem überzeugt der Citroën DS3 Racing mit guter Traktion unter Last, einer standfesten Brembo-Bremsanlage mit Vierkolben-Sätteln und einem fein abgestimmten ABS, das am Limit ohne spürbare Regelfrequenz agiert. Lediglich das manuelle Sechsganggetriebe könnte kürzer übersetzt sein, arbeitet jedoch mit guter Schaltpräzision.

Nicht nur mit seiner Rundenzeit von 1.19,8 Minuten, sondern auch mit seinem Kultpotenzial lässt der DS3 Racing „Edition 2013“ den Clio R.S. und den Peugeot 208 GTi schon heute links liegen. Ähnlich wie das 2012 präsentierte Sondermodell DS3 Racing S. Loeb erinnert auch das in Mattschwarz lackierte und mit mattgoldenen Akzenten (Dach, Felgen, Außenspiegel, Grill, Interieur) verzierte Sondermodell „Edition 2013“ an die Rallye-Erfolge von Citroën.

Opel Corsa OPC Nürburgring Edition: Kind der Grünen Hölle

Der Opel Corsa OPC Nürburgring Edition will zwar keine Rennsport-Erfolge glorifizieren, lässt aber zu keinem Zeitpunkt Zweifel daran aufkommen, dass er sich 10.000 Kilometer zur Feinabstimmung und Zuverlässigkeitsprüfung auf der Nordschleife herumgetrieben hat. Schon der Klang, wenn die Tür polternd ins Schloss fällt, lässt Motorsportgefühle aufkommen. Übersichtliche Instrumente, Alu-Pedale und zwei perfekt sitzende Recaro-Schalensitze mit Nordschleife-Logo warten im Innenraum auf den Piloten – mehr braucht es zur Kurvenjagd nicht.

Im Alltag gibt das tiefer gelegte Fahrwerk (20 mm vorn/15 mm hinten) mit Bilstein-Dämpfern Bodenwellen etwas polternd, aber noch Wirbelsäulen-verträglich an die Passagiere weiter. Im Vergleich läuft der Opel Corsa OPC Nürburgring Edition Spurrillen leicht nach, und in der Lenkung machen sich Antriebseinflüsse etwas bemerkbar.

Doch dies akzeptiert man als Sportfahrer gerne, angesichts eines mechanischen Lamellen-Sperrdifferenzials von Drexler, das dem Opel Corsa OPC Nürburgring Edition grandiose Traktion verleiht. Schon die Fahrt ins Büro mutiert zur Wertungsprüfung. Auf dem Kleinen Kurs von Hockenheim wird der OPC dann endgültig zum Kurvenstar.

Corsa OPC als Kurvenstar

Kaum ein anderer Serien-Kleinwagen lenkt derzeit so direkt ein und zieht sich dank der aggressiven Sperre so extrem in die Kurve rein. Scharrendes Vorderrad beim Herausbeschleunigen? Über solche Fronttriebler-Krankheiten muss sich beim Opel Corsa OPC Nürburgring Edition keiner Gedanken machen. Der Extrem-Corsa zimmert seine 210 PS nahezu verlustfrei auf den Asphalt. Nur minimale Lastwechsel-Ausfallschritte und die bärige Traktion beim Herausbeschleunigen aus Kurven lassen „Untersteuern“ und „Übersteuern“ zu Fremdwörtern werden. Neutraler und schneller umrundete heute keiner den Kleinen Kurs. Die Tagesbestzeit geht mit 1.18,2 Minuten an den Blitz aus Rüsselsheim.

Verbesserungspotenzial gibt es beim Opel Corsa OPC Nürburgring Edition nur hinsichtlich des manuellen Sechsganggetriebes und der Brembo-Bremsanlage. Ersteres sorgt schon einmal durch sein hakeliges Agieren bei schnellen Schaltvorgängen für Unmut. Zweitere wird ihrem Ruf als „Hochleistungsbremsanlage mit verbesserter Durchlüftung und Abkühlung unter Höchstbelastung“ nicht gerecht. Der Corsa fällt nicht nur mit den schlechtesten Bremswerten im Vergleichstest auf (38,6 m), sondern auch mit der gröbsten ABS-Regelung im Grenzbereich. Vielleicht könnte hier auch ein anderer Reifen als der etwas in die Jahre gekommene Conti Sport Contact 2 zur Besserung beitragen.

Trotz dieser Makel wird sicherlich der Opel Corsa OPC Nürburgring Edition am häufigsten von allen Vergleichstestkandidaten den eingangs erwähnten Kultparkplatz an der Touri-Einfahrt zu Nordschleife beehren. Nomen est omen.

Technische Daten
Peugeot 208 GTi GTiOpel Corsa OPC OPC Nürburgring EditionRenault Clio R.S. RSCitroën DS3 THP 200 Racing
Grundpreis23.300 €28.265 €22.990 €31.460 €
Außenmaße3962 x 1739 x 1460 mm3999 x 1713 x 1488 mm4090 x 1732 x 1434 mm3962 x 1717 x 1443 mm
Kofferraumvolumen285 bis 1076 l285 bis 1050 l300 bis 1146 l285 bis 980 l
Hubraum / Motor1598 cm³ / 4-Zylinder1598 cm³ / 4-Zylinder1618 cm³ / 4-Zylinder1598 cm³ / 4-Zylinder
Leistung147 kW / 200 PS bei 6000 U/min155 kW / 210 PS bei 5850 U/min147 kW / 200 PS bei 6000 U/min152 kW / 207 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit230 km/h230 km/h230 km/h235 km/h
Verbrauch5,9 l/100 km7,6 l/100 km6,3 l/100 km6,4 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten