Mercedes in der Reifenfalle
Von einem Extrem ins andere

GP Miami 2024

Mercedes ist in Miami nur vierte Kraft. Im Qualifying fehlten den Silberpfeil-Piloten acht Zehntel zur Spitze. Die Probleme liegen im Reifen-Management. Der Silberpfeil heizt den Gummi zu schnell auf. Letzte Saison war es noch genau umgekehrt.

George Russell - GP Miami 2024
Foto: xpb

Mercedes-Fans hoffen jedes Wochenende auf ein kleines Wunder. Der W15 deutet immer wieder mal an, das eigentlich mehr Potenzial in dem Paket steckt. Doch am Ende ist das Resultat meistens enttäuschend. So ging nach dem vorzeitigen Aus in der zweiten K.O.-Runde des Sprint-Qualifyings am Freitag im Mini-Rennen am Samstag auch nicht viel voran.

George Russell fiel schon direkt am Start zurück und konnte die verlorenen Plätze nicht wieder aufholen. Er blieb im Verkehr stecken. Lewis Hamilton musste einen WM-Punkt für Rang acht nachträglich abgeben. Ein Tempo-Verstoß in der Boxengasse brachte den siebenfachen Weltmeister eine Zeitstrafe ein.

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Lewis Hamilton & Kevin Magnussen - GP Miami 2024
Motorsport Images

Im Sprint gab es eine Nullnummer für die Mercedes-Piloten.

Q2-Runde sorgt für Verwirrung

In der Pause zum Qualifying wurden die Silberpfeile noch einmal umgebaut. Kleinere Heckflügel sollen den Top-Speed steigern und das Überholen erleichtern, damit man im Rennen am Sonntag nicht wieder hinter langsameren Autos feststeckt. Dazu wurde das Fahrwerk etwas höher geschraubt und weichere Dämpfer verbaut.

Beide Fahrer stellten eine Verbesserung fest. Es ging immerhin in die dritte Quali-Runde. Doch am Ende blieb man gegen Red Bull, Ferrari und McLaren ohne Chance. Acht Zehntel Rückstand bedeuteten zwei Tickets für Startreihe vier. "Das ist das, wo wir momentan stehen. Wir liegen einen kleinen Schritt hinter McLaren und Ferrari und einen großen hinter Red Bull. Die Stoppuhr lügt nicht", analysierte Russell die Situation.

Für etwas Verwirrung bei den Ingenieuren hatte allerdings eine schnelle Q2-Runde von Hamilton gesorgt. Wie aus dem Nichts raste der F1-Rekordsieger plötzlich auf Rang drei. "Da haut er eine Runde raus, die nur ein Zehntel von der Bestzeit weg ist und im nächsten Run geht dann überhaupt nichts mehr", klagte Teamchef Toto Wolff. "Es ist eine Wissenschaft, wie man den Reifen ins Fenster bekommt, die wir momentan nicht verstehen. Alle anderen verstehen es besser."

Lewis Hamilton - GP Miami 2024
xpb

Im Q2 war Hamilton plötzlich ganz nah dran an Verstappen und Leclerc.

Wie viel macht der Reifen aus?

Vielleicht wäre im Qualifying etwas mehr drin gewesen, wenn man besser mit den Reifen gehaushaltet hätte. Russell und Hamilton mussten sowohl im Q1 als auch im Q2 je zwei frische Sätze Softs verheizen. So blieb im Finale nur noch ein Satz übrig. Hamilton baute in seinen Run einen kleine Rutscher in Kurve 11 ein, der dazu führte, dass die Lauffläche überhitzte. Plötzlich war der Grip weg und die Zeit im Eimer.

Für den zweiten Anlauf im Q3 stand dann nur noch ein Satz frischer Medium-Reifen zur Verfügung, mit dem kein Blumentopf zu gewinnen war. "Diese Reifen sind so sensibel. Wir versuchen, sie irgendwie zum Arbeiten zu bringen", klagte Hamilton. "Dass uns am Ende acht Zehntel gefehlt haben, ist hart. Wir wissen nicht genau, ob das der wahre Speed des Autos ist, oder ob es nur die Reifen sind. Ich glaube, es liegt viel an den Reifen."

Letztes Jahr hatte Mercedes noch regelmäßig Probleme, den Gummi im Qualifying auf Temperatur zu bringen. Jetzt kämpft man gegen das vorschnelle Überhitzen. "Wir haben mit dem neuen Auto einige unserer Probleme überkompensiert. Von einem Extrem ging es zum anderen", erklärt Russell. "In bestimmten Punkten sind wir immer noch limitiert. Aber diese Punkte sind nun ganz anders als vor zwölf Monaten. Wir haben so hart an den Problemen gearbeitet, dass wir zu weit in die eine Richtung gegangen sind."

George Russell - GP Miami 2024
xpb

Russell bittet die Fans um Geduld. Die Wende gelingt nicht über Nacht.

Zähe Weiterentwicklung

Immerhin wissen die Ingenieure, wo das Problem liegt. Eine einfache Lösung ist laut Russell aber nicht in Sicht. "Wir erkennen in den Daten, warum wir uns in dieser Situation befinden. Wir müssen jetzt die Entwicklung wieder zurückdrehen und auf halber Linie stehenbleiben. Leider dauert das Zeit. Upgrades müssen designt, dann im Windkanal ausprobiert und schließlich gebaut werden – und dann ist die Saison schon halb vorbei. Deshalb ist es so schwer, aus einem Loch wieder rauszukommen. Wir hätten es gerne schneller. Aber das ist leider die Realität."

Auch Toto Wolff wird langsam ungeduldig: "Alle anderen machen ständig Schritte nach vorne. Und bei uns ist es unheimlich zäh. Das ist zum Haare raufen. Es ist so ärgerlich, dass immer wieder die gleichen Probleme mit dem Überhitzen der Reifen auftauchen. Da hilft nur weiter zu arbeiten, weiter zu entwickeln und zu hoffen, dass wir wie McLaren im letzten Jahr wieder auf einen grünen Zweig kommen."

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