Audi AI:ME - erste Mitfahrt im autonomen Audi
Zwischen Salat und Vernetzung

Die Studie AI:MI von Audi ist nicht neu. Denn schon 2019, auf der Messe in Shanghai fuhr der autonome Wagen (Level 4) an uns vorbei. In Las Vegas bei der CES durften wir jetzt aber auch im Innenraum des Concept Cars Platz nehmen, eine Runde autonom fahren und erleben, was sich Audi unter einem Wellbeing-Bereich vorstellt.

Audi AI:MI, Exterieur
Foto: Audi

Längst geht es bei der CES, der weltweit größten Messe für Consumer Elektronik, nicht mehr nur um Spielekonsolen, Fernseher und Smartphones. Gerade im Zuge der Entwicklung fürs autonome Fahren verstehen auch die Autohersteller ihre Produkte immer mehr als Unterhaltungselektronik und tummeln sich in Scharen auf dem riesigen Messegelände der Casino-Metropole Las Vegas.

Neben allerlei neuen Technik-Spielereien präsentiert Audi in diesem Umfeld noch einmal das Concept Car AI:ME, das bereits 2019 in Shanghai auf der Automesse debütierte und zur AI-Concept-Familie aus AI:CON (Vollautonomes Langstreckenfahrzeug) AI:RACE (Rennstreckenfahrzeug) und AI:TRAIL (Offroadfahrzeug) gehört. Beim AI:ME geht es anders als bei den anderen Concept Cars weniger um die Umgebung, in der sich das Fahrzeug (teil-)autonom bewegen soll, als vielmehr um das, was mit den Insassen in diesem Moment passiert – und das fängt schon beim Einsteigen an.

Unsere Highlights

Der Audi AI:ME – Mehr Wohnzimmer als Auto

So öffnen sich die gegenüber angeschlagenen Türen so, dass eine großer, einladender Einstiegsbereich ohne B-Säule entsteht. Vorn nehmen die Passagiere auf sehr bequemen, Schalensitzen Platz die trotz ihrer Ausformungen weniger an Rennsport als viel mehr einen gemütlichen Wohnzimmersessel erinnern. Vor dem Fahrersitz sind im Fußraum sehr reduzierte und flache Pedale untergebracht darüber ein sehr kompaktes Lenkrad, dass im autonomen Level-4-Betrieb eingefahren wird und durch eine Art Tisch, als große Ablage vor dem Fahrer, ersetzt wird. Hinten sitzt man auf einer gemütlichen durchgehenden Sitzbank, die zum Entspannen einlädt und mit netten Details aufwartet, wie etwa einer durchgehenden, am Fahrzeughimmel angeschlagenen Kopfstütze. Im Audi-Sprech: Eine echte Wellbeing-Lounge, oder einfacher ausgedrückt, ein Rückzugsort aus den stressigen Alltag.

Audi AI:MI, Interieur
Audi
Die gegenüber angeschlagenen Türen öffnen sich so, dass eine großer, einladender Einstiegsbereich ohne B-Säule entsteht.

„Insgesamt haben wir im Innenraum versucht, das Fahrzeug mehr wie einen Wohnraum, als wie ein Auto zu gestalten“, erklärt Immo Redeker, Interieur Designer bei Audi. Deshalb setzten die Desinger bei der Materialauswahl auf Stoff und Holz-Oberflächen sowie die großen Fensterflächen, die eine wohnliche Atmosphäre schaffen.

Außerdem wurde großer Wert auf die intuitive Bedienung gelegt. Sämtliche Ablagen, wie etwa die in der Türe mit integriertem Wireless-Charging fürs Smartphone ist deshalb sehr offen gestaltet. „Das ist besonders wichtig, da wir davon ausgehen, dass Fahrzeuge wie AI:ME im Carsharing-Betrieb genutzt werden. Mit offenen Ablagen ist die Gefahr, dass etwas im Auto vergessen wird, deutlich geringer“, erklärt Redeker.

Keine Touchdisplays sondern Eyetracking zur Steuerung

Das Thema intuitive Bedienung hat sich auch Lead UX- und UI-Designer Jens Granitza auf die Fahnen geschrieben und erklärt bei unserer autonomen Probefahrt, was es mit dem großen Display auf sich hat, das beinahe endlos erscheint und vorn ins Armaturenbrett integriert ist. „Als Basis für den Screen diente in der Entwicklung ein 55 Zoll-4-K-Display“, erklärt Granitza. Im Auto ist der aber nur noch etwa 25 Zentimeter hoch und krümmt sich über die komplette Front des Amaturenbretts. Zur Bedienung des riesigen OLED-Monitors gibt es keinerlei Knöpfe. Auch eine Touchfunktion des Bildschirms sucht man vergebens, schließlich ist das Display in dem geräumigen Innenraum des AI:ME ohnehin viel zu weit von den Insassen entfernt untergebracht, als das man darüber streichen oder darauf tippen könnte. Stattdessen läuft die Bedienung über Eyetracking. Hierfür erkennen Kameras, auf welchen Menüpunkt der Fahrer oder Beifahrer schaut, den die Software dann optisch hervorhebt. Über ein Touchpad, das in der Türe kann durch Wischgesten dann die Auswahl und Steuerung durchs Menü vorgenommen werden.

Im Test auf dem abgesperrten Parkdeck war die Steuerung noch etwas träge, bei einer Demo-Fahrt ist das aber nichts Ungewöhnliches. Außerdem versicherte Granitza, dass dieses Thema bei einem möglichen Serienstart garantiert behoben sei.

Da haben wir den Salat

Fast spannender als die eigentliche Steuerung beim AI:ME ist allerdings, was gesteuert wird. Denn neben den Klassikern, wie laut-leise-Steuerung oder die einfachen Anzeigen des Bildschirms, stoßen wir bei unserer Demofahrt auch hier auf den Punkt Wellbeing. Dahinter verbirgt eine Auswahl von drei verschiedenen Menüs zum Mittagsessen, für die wir uns während der Fahrt entscheiden und über die Eyetracking-Funktion auswählen können. Pünktlich zum Ende der Fahrt wird der georderte Salat dann an die Autotür geliefert. Alles natürlich just in time in einer transportfreundlichen Box zum Mitnehmen.

Das interessante daran: Während die Autohersteller sonst meist an eigenen Diensten arbeiten, die sie von oben bis unten selbst kontrollieren, öffnet sich Audi an dieser Stelle weit für Dritte. Das mag nach einer Kleinigkeit klingen, in der Welt der Konzerne wäre das aber ein großer Schritt, der das Thema Vernetzung in der Autobranche auf ein neues Niveau bringt und einmal mehr die Vielfalt durch die Digitalisierung untermauert. Noch ist das alles aber Zukunftsmusik. Denn weder ein seriennahes Eyetracking-System noch nach Level 4 fahrende Autos sind in Sicht. Immerhin wird der Salat in der Zwischenzeit nicht kalt.