Rekordfahrt Dethleffs E-Home Coco & Audi E-tron
Mit dem E-Gespann 400 km ohne Laden über die Alpen

Ein Wohnwagen killt die Reichweite jedes E-Autos. Außer, der Caravan hat einen eigenen E-Antrieb. Auf Rekordfahrt mit den Caravaning-Kollegen.

Dethleffs E-Home Coco
Foto: Andreas Becker

Egal wie schnell sich die Elektromobilität in Sachen Nachhaltigkeit, Reichweite und Ladegeschwindigkeit entwickelt: Wenn schwere Lasten ins Spiel kommen, wird's anstrengend. Ein Wohnwagen lässt selbst die Reichweite von Fahrzeugen mit Riesen-Akku schneller schmelzen als eine Kugel Stracciatella in der italienischen Sonne. Genau da wollten unsere Kollegen der Fachzeitschrift Caravaning aber hin. Von Isny im Allgäu an den Gardasee. Und zwar mit Wohnwagen und einem Audi E-tron 55 quattro. Der hat einen Akku mit nutzbaren 83,6 kWh zwischen den Rädern und soll damit laut Audi maximal 411 Kilometer schaffen. Die Strecke nach Riva del Garda wäre also theoretisch zu meistern. Aber auf keinen Fall mit einem Wohnwagen im Schlepp. Zumindest nicht mit einem Caravan von der Stange.

Unsere Highlights

Fast 400 Kilo- und 4.870 Höhenmeter

Anders sieht es aber mit dem Prototypen E-Home Coco aus, den Dethleffs, die Erwin Hymer Group und der gemeinsame Entwicklungspartner ZF auf die Räder gestellt haben. Der weltweit erste E-Caravan, also ein Wohnwagen mit eigenem Elektroantrieb. Noch ein Prototyp, aber bereits ausgereift genug, um den Weg über die Alpen zu schaffen. Auf jedem Kilometer mit dabei: Ingo Wagner, der Chefredakteur der Fachzeitschrift Caravaning (Reportage: Die Rekordfahrt auf www.caravaning.de). Die Mission: Das E-Gespann darf auf der fast 400 Kilometer langen Strecke, auf der 4.870 Höhenmeter überwunden werden müssen, nicht nachladen. Nur eine Nonstop-Urlaubsfahrt mit Caravan ist ein Ritterschlag für den Elektro-Fernverkehr und in der Lage, Skeptikern und Skeptikerinnen ein wenig Wind aus den Segeln zu nehmen.

Alpenüberquerung E-Tron mit Dethleffs Coco
CARAVANING/A. Becker
Von Isny im Allgäu an den Gardasee. Die Tour im Überblick.

Führen statt ziehen

Und das hat, bis auf einen kurzen Zwischenstopp wegen einer von einem Inverter ausgelösten Fehlermeldung, auch geklappt. Als die Rekordfahrer mit E-Tron und E-Home auf dem Firmengelände der Marineabteilung von ZF in Arco ankommen (bis Riva del Garda sind es nur noch fünf Kilometer), zeigen die Bildschirme noch Batteriefüllstände von 19 und 22 Prozent. Damit würde das E-Gespann auch noch deutlich weiter kommen als bis zum Gardasee. Wie gut der Prototyp sich geschlagen hat, zeigt die anschließende Datenauswertung. Zu keinem Zeitpunkt musste der Audi mehr als 20 Kilogramm ziehen. Er hat den Wohnwagen also eher geführt als gezogen.

Dethleffs E-Home Coco
Andreas Becker
Die zwei jeweils 40 kWh großen Akkus sind unterm Caravan verbaut und durch Crash-Elemente geschützt.

2x40 kWh Akku unterm Wohnwagen

Möglich macht das eine neu entwickelte Antriebseinheit mit Zugentlastungsmodul in der Anhängevorrichtung. Der darin integrierte Zugkraftsensor registriert, ob das Zugfahrzeug beschleunigt, verzögert oder gleichmäßig rollt und reicht diese Informationen an die Motoren weiter. Binnen einer Zehntelsekunde stellen diese bis knapp über 100 km/h exakt so viel Schub bereit, dass eine bestimmte Anhängelast nicht überschritten wird. Die beiden Synchronmotoren (einer pro Rad) können kurzfristig jeweils bis zu 90 kW (122 PS) freisetzen. Gebremst wird fast ausschließlich per Rekuperation. Wer doch mal eine Pause machen muss, kann den Wohnwagen (2x 40 kWh) am Schnelllader mit frischer Energie versorgen.

Fazit

Auch wenn es bis zur Serienreife noch drei bis vier Jahre dauern wird und bei der Technik zugunsten von Kosten und Gewicht noch deutlich abgespeckt werden muss, zeigt die Rekordfahrt, dass das Konzept des E-Caravans tatsächlich ein Weg in die elektrisch mobile Reise-Zukunft sein kann.