Lancia Concept Pu+Ra HPE gefahren
Unterwegs im Zukunfts-Lancia

Lancia startet wieder in Europa durch. Das Concept Pu+Ra HPE gibt einen Ausblick auf alle neuen Lancia-Modelle – wir sind damit durch Turin gefahren.

Turin im Sommer 2023, in der Sonne sind es deutlich über 30 Grad und im Sonnenlicht glänzt das Lancia Concept Pu+Ra HPE. Die Studie kommt nicht eins zu eins als Serienmodell – sie zeigt vielmehr, wie das Design der kommenden drei neuen Lancia-Modelle sein wird. Der neue Ypsilon, der neue Gamma und der neue Delta werden also Designelemente des Pu+Ra HPE enthalten – das gilt sowohl für die Karosserie als auch für den Innenraum. Das neue Sala-Innenraum-Steuerungssystem bekommen alle künftigen Lancias. Sala heißt auf Deutsch Zimmer, gleichzeitig bedeutet die Abkürzung Sound, Air, Light und Augmented (Reality). Wir haben Sala ausprobiert und sind den Pu+Ra HPE gefahren.

Der große E-Ratgeber

Im Lancia-Designzentrum in Turin stehen ein Vordersitz und ein früher Entwurf der Mittelkonsole aus dem Pu+Ra HPE. Der Sitz, der eher wie ein Schalensessel wirkt, ist von den Sitzen aus dem von 1976 bis 1984 gebauten Lancia Gamma inspiriert. Entworfen hat sie der italienische Nobel-Möbelhersteller Cassina. Das steht für den Kern der wiederauferstehenden Marke Lancia, die italienisches Design, italienische Kultur und italienische Kunst verkörpern möchte. Lancias Innenraum-Chefdesigner Gianni Colonello betont, dass er viel Inspiration von moderner italienischer Architektur bezieht. Insbesondere ist er von den Werken des 1978 verstorbenen Architekten Carlo Scarpa fasziniert.

Lancia Concept Pu+Ra HPE
Lancia

Von Carlo Scarpas Werken inspiriert

Scarpa gilt als einer der wichtigsten Vertreter der organischen Architektur, der vornehmlich beim Vermischen von alter und neuer Bausubstanz Maßstäbe gesetzt hat. Viele seiner Werke sind geprägt von klaren geometrischen Formen – Kreise und Vierecke sind häufig ein prägender Teil seiner Arbeiten. Colonello findet, dass das perfekt zu Lancia passt. Beim Pu+Ra HPE gibt es drei sehr offensichtliche Kreise: Das runde Schiebedach ist aufdrehbar und am vorderen sowie hinteren Ende der Mittelkonsole sitzt jeweils ein runder Kaffeetisch mit dem Durchmesser eines Frühstückstellers. Der vordere ist gleichzeitig ein Multimedia-Bedienbildschirm und eine induktive Ladeschale für Smartphones. Die Mittelkonsole an sich ist ungewöhnlich schmal und die bündig mit der Oberfläche abschließenden Bedienelemente für beispielsweise die Sitzverstellung erinnern ein wenig an Knöpfe von schicken Audio-Anlagen aus den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren.

Die Anzeigen des Sala-Systems sind im Pu+Ra besonders schick und extrovertiert umgesetzt. Das Armaturenbrett besteht in der Mitte aus einer halbrunden tischförmigen Glasfläche, die auf Knopfdruck zu einer geneigten Ebene herunterklappt. Dann ist sie ein trotz des schrägen Blinkwinkels gut einsehbarer Touchscreen. Ein weiterer Touchscreen sitzt im Zentrum des ovalen Lenkrads – er dreht sich beim Lenken nicht mit. Der Fahrer bedient das Sala-System beliebig über einen der Bildschirme oder per Spracheingabe. Mit einem einzigen Fingerdruck stellt er beispielsweise ein, dass im Fahrzeug eine beruhigende Atmosphäre entstehen soll. Sofort erfolgt eine automatische Anpassung der Klimatisierung und der Musik inklusive Lautstärke. Und wer möchte, holt sich die umgebende Landschaft ein Stück weit nach innen: Ist die Straße von grünen Wiesen gesäumt, stellt sich die Ambiente-Beleuchtung auf Wunsch auf Grün um. Das Sala-System soll später auch die Funktionen zum autonomen Fahren beinhalten.

Fahrbares Design

Hinter dem Steuer des Pu+Ra sitzt es sich bequem – der stylische schalenförmige Sessel mit der Rücklehne, die eigentlich eine riesige Kopfstütze ist, sieht nicht nur gut aus. Die Sitze sind über Druckknöpfe in der Mittelkonsole verstellbar. Der Innenraum ist bei Tag sehr hell und wirkt tatsächlich wie eine sehr moderne wohnliche Lounge. Das als liegendes Oval ausgeführte Lenkrad fasst sich gut an, allerdings ist Umgreifen bei schärferen Kurven Gewöhnungssache – anfangs greift der Fahrer gelegentlich ins Leere. Für ein Concept Car, ist die Lenkung präzise und direkt, mit nur wenig Spiel in der Mittellage.

Lancia Concept Pu+Ra HPE
Lancia

Der Elektromotor beschleunigt den Pu+Ra sanft und unhörbar – mehr als ein bisschen Gleiten bei niedrigen Geschwindigkeiten ist mit dem Konzeptauto nicht drin. Aber das Fahrgefühl ist ein Versprechen, das künftige Lancia-Modelle einlösen sollen: Reduziertes, schickes Design zieht die Blicke der Außenstehenden auf sich, den einladenden Innenraum haben die Insassen immer dabei. Der elektrische Antrieb sorgt für stilvoll souveränes Gleiten – bei Bedarf werden die Serienmodelle kräftig und überdurchschnittlich dynamisch sein. Die Bremsen des Pu+Ra arbeiten unspektakulär – und besser als vielen anderen fahrbaren Studien anderer Hersteller der vergangenen zehn Jahre.

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Fazit

Der Lancia Pu+Ra HPE gibt einen Ausblick auf das Design und die Technik aller künftigen Lancia-Modelle – das Concept trägt also Merkmale des neuen Ypsilon, des kommenden Gamma und des neuen Delta. Die Marke mit der von innovativem Design und technischen Innovationen strotzenden Geschichte verbindet bei ihren neuen Modellen geschickt die Marken-DNA mit der Moderne. Das Außendesign sorgt für viel Aufmerksamkeit, Erstaunen und gute Laune, der Innenraum wirkt trotz seiner extrem modernen Ausstattung einladend und wohnlich. Die Designer haben dem Pu+Ra erfolgreich italienisches Flair verpasst.

Beim Fahren der Studie ist natürlich kein Performance-Test möglich – hier geht es ausschließlich darum, wie sich das Design anfühlt, wenn das Auto fährt. Die Fahrt macht schon allein wegen des hellen, aufgeräumten und trotzdem alles andere als spartanisch wirkenden Innenraums Spaß.

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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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