Mini Cooper E und SE (2024)
So fährt der neue Elektro-Mini

Wie schlägt sich der britische Klassiker in elektrischer Neuauflage? Erfahren Sie alles über Leistung, Design und Preis.

Der Verbrenner auf Basis der weiterentwickelten Plattform des Vorgängers rollt im britischen Oxford vom Band, während der Elektro in Kooperation mit Great Wall in China produziert wird. Auf der E-Plattform des Mini Cooper E und SE entsteht übrigens ab Ende 2024 der Aceman, ein wohl gut vier Meter langer Crossover, der die Rolle des rein elektrischen Fünftürers übernimmt.

So fährt der neue Mini Cooper SE

Hach, wäre es nicht schön gewesen? Einen Text im Konjunktiv zu beginnen, bedeutet meist nichts Gutes. Wobei: So richtig schlimm ist es in diesem Fall nicht, wenngleich es schon schön gewesen wäre, den neuen Mini Cooper Electric in der Basisversion fahren zu können. Die parkt mit 32.900 Euro in der Preisliste. Der Mini, der sich nun in jede Kurve in den Hügeln hinter Barcelona wirft, bleibt preislich nur knapp diesseits der 50.000-Euro-Marke. Weil: Cooper SE statt E. Unabhängig von der Motorisierung hingegen: Die Abmessungen, denn der Neue wächst im Vergleich zum Vorgänger nur milde – was bei Mini nicht selbstverständlich ist. Also: Nur einen Zentimeter mehr Länge, immerhin vier in der Breite und drei in der Höhe – und nochmals drei beim Radstand.

Der große E-Ratgeber

Grüner wird’s nicht

Aktuell rollt der Zweitürer im Modus "Green" vor sich hin, ein animierter Vogel im großen, runden Zentraldisplay bedeutet dem Fahrer gerade, wie ressourcenschonend er unterwegs ist – so lässt sich diese Symbolik jedenfalls interpretieren. Allerdings lässt sich selbst jetzt die Peakleistung problemlos abrufen, ohne, dass das Fahrpedal in irgendeiner Form Widerstand leistet. Dann allerdings ändert sich die Beleuchtung des Displays und eine Raubkatze spurtet los – eine Warnung an den Fahrer. Andererseits: Hey, war der Mini bei aller Genialität des (Ur-)Konzepts vor allem ein Kurven-Kumpel? Einer, mit dem du jeden Radius auf Links drehst? Genau. Schön, dass der Neue diesbezüglich einmal nicht einen schwarzen Fleck in die Marken-Historie klecksen wird. Herrlich, wie der wegen seines mal eben knapp 1,7 Tonnen schwere Zweitürer, jedes Einlenken zum brechend vollen Rockkonzert in einem Kellerclub erhebt, so dass der Schweiß der Begeisterung von der Decke tropft. Und das, obwohl es, um im Bild zu bleiben, beim Erstkontakt wie im Regenwald schüttet. Es fällt dir leicht, die Leistung zu dosieren, da das Fahrpedal mit einer perfekten Balance aus Direktheit und Nonchalance auf den Fahrerfuß reagiert. Schließlich gilt es, das maximale Drehmoment auf seinem Weg zu den Vorderrädern zu kanalisieren.

Eine Runde Fremdschämen

Die Regelelektronik zeigt sich ebenfalls sorgfältig appliziert, dreht dir weder zu früh noch zu lange den Hahn ab. Alles im Green-Modus? Nein. Inzwischen arbeitet der Mini im peinlicherweise "Go-Kart" genannten Sport-Modus. Tipp an die Verantwortlichen: Nur ein Go-Kart fährt sich wie ein Go-Kart, niemals aber ein Auto. Selbst jetzt gefällt das Lenkgefühl mit hoher Präzision und angenehmen Haltekräften, wenngleich die spürbar höher ausfallen als in den anderen Modi. Und das Fahrwerk? Es gibt nur eines, ohne Verstell- oder Adaptiv-Dämpfer. Doch das passt schon. Natürlich federt der Mini weiterhin eher straff, doch die Bolzigkeit früherer Generationen speziell auf gröberen Unebenheiten mit kurzer Amplitude bleibt aus. Hier fetzt du mit an Übermut grenzender Freude durchs Hinterland, sitzt recht tief im Mini, magst das etwas dickkranzige Lenkrad nicht mehr loslassen, glaubst, die Richtung durch bloßes Anspannen der Pobacken ändern zu können.

Geht da noch ein bisschen mehr?

Eine Reichweite von 402 Kilometern nach WLTP? Bei dieser Fahrweise völlig ausgeschlossen, zumal die Scheibenwischer sich gerade die Gummis vom Gestell radieren und die Klimaanlage mit wachsender Verzweiflung die Frontscheibe beschlagfrei hält. Natürlich offenbart der Mini auf dem wechselnden Belag eine spürbare Tendenz zum Untersteuern, die aber ein leichter Lastwechsel wieder korrigiert. Geht da noch mehr? Also mehr Lastwechsel? Nicht hier, nicht jetzt. Bei allem Vergnügen bleibt die Gaudi auf der sicheren Seite: Einlenken, Lenkwinkel halten, den Rest mit dem rechten Fuß modellieren. Der Mini erlaubt es, dass du ihn im Griff hast, teilt sich dir mit. Hinsichtlich der Abrollgeräusche und das Rauschen des Windes vielleicht ein wenig zu sehr. Und leider auch: über die unerträglichen, künstlichen Klänge der einzelnen Modi. Allesamt aus der Abteilung "Dinge, von denen jeder weiß, dass sie niemand braucht, sie aber dennoch da sind." Aber: Abschaltbar. Danke. Insgesamt also wäre die Ausfahrt nicht nur schon gewesen – sie war es tatsächlich. Indikativ statt Konjunktiv.

Exterieur

Der Mini E und sein stärkerer Bruder Cooper SE tragen an der Front die unvermeidlichen kreisrunden LED-Scheinwerfer mit neuer Signatur, sowie eine geschlossene Maske. Die Fronthaube ist konturiert, klassisch bleibt die sich stark nach oben verjüngende und nach hinten versetzte Windschutzscheibe sowie das leicht gewölbte Dach. Die Spiegel stehen auf kräftigen Schultern, die Radkästen sind noch ein wenig stärker ausgestellt. Das Heck zeichnen die Designer deutlich schärfer und versehen es mit mehr klaren Flächen. Die aufrecht stehenden Leuchten erhalten eine Pixel-Optik, ohne das Union-Jack-Gimmick einzubüßen, dazu kommen eine neue Zierleiste und ein maskuliner Stoßfänger. Akzente setzt nicht länger Chrom, sondern die Lackfarbe Vibrant Silver.

MINI Cooper SE
MINI

Ein Mini Cooper ohne rund Scheinwerfer? Schwer vorstellbar. Die Lichtsignatur der LED-Scheinwerfer ist einstellbar.

Im Gegensatz zum allgemeinen Größenwachstum neuer Modelle, hält sich der Mini Cooper zurück: Er misst mit 3,8 Meter zwei Zentimeter weniger, für Gepäck bleiben im Heck damit 200 Liter, beziehungsweise 800 Liter bei umgelegten Rücksitzen. Auch die Überhänge fallen um drei Zentimeter geringer aus. So rücken die Räder also mehr in die Ecken, der cw-Wert verbessert sich auf 0,28. In puncto Gewicht soll der Dreitürer eine kleine Abnehmkur hinter sich haben und deutlich unterhalb der aktuellen 1.440 Kilogramm wiegen. Genaue Zahlen kommuniziert Mini bislang nicht. Natürlich können die Kunden ihren Mini optisch weiterhin stark personalisieren. Aus Ausgangsbasis bietet Mini vier Ausstattungslinien an (Essential Trim, Classic Trim, Favoured Trim und JCM Trim).

Interieur

Durch den flachen Fahrzeugboden bietet der Mini Cooper innen mehr Platz für die Passagiere. Fahrer oder Fahrerin greifen in ein neu gestaltetes Zweispeichenlenkrad mit einer dritten Stoffspeiche. Alle Informationen zeigt der kreisförmige OLED-Bildschirm, der mittig auf dem Armaturenträger prangt. In der Mitte und in der oberen Hälfte des Bildschirms sehen wir die Fahrstufe, die elektrische Reichweite, die Navigationszentrale und den Media-Player. In den unteren Ecken befinden sich die Temperaturregler und in der unteren Mitte eine Reihe von Shortcut-Symbolen, mit denen sich vermutlich größere Menüs aufrufen lassen. Das traditionelle Kombiinstrument ist verschwunden, aber Mini hat stattdessen ein Pop-up-Glas-HUD-Display integriert.

Mini Cooper SE 2023 Interior Cockpit Infotainment
Mini
Im Go-Kart-Modus dominiert die Farbe Rot im Innenraum. Auch die Lichtgrafik auf dem stoffbezogenen Armaturenträger wird durch einen Modus-Wechsel beeinflusst.

Die Darstellung ändert sich je nach gewähltem "Experience Mode". Ein Wechsel durch jene Modi sorgt auch für unterschiedliche Lichtstimmungen im Innenraum und auf dem hinterleuchteten Armaturenträger sowie eine Anpassung der fahrdynamisch relevanten Einstellungen und des Sounds. Neben einem in Rot gehaltenen Go-Kart-Modus, der auf Sportlichkeit getrimmt ist, gibt es beispielsweise noch einen grünen Eco-Modus oder eine Timeless-Einstellung mit Heritage-Design und den Fahrgeräuschen eines klassischen Mini. Die Darstellungen im Display lassen sich überdies auch personalisieren; beispielsweise mit Fotos. Mit dem Betriebssystem Mini OS 9 zieht erstmals ein intelligenter Spachassistent ("Hey Mini!") ein.

Direkt unterhalb des mittleren Bildschirms befindet die "Kippschalterleiste". Sie beherbergt Schalter und Knöpfe zum Beispiel für den Motorstart, die Wahl der Fahrmodi oder die Gangwahl. Ebenso befinden sich dort die Schalter für die Entfroster-Funktion und die Warnblinkanlage. Auch das Lenkrad mit vielen weiteren Tasten wurde komplett überarbeitet. Der gesamte Armaturenträger lässt sich mit Ambilight-Funktionen illuminieren, bei den Oberflächen setzt Mini auf Strick-Optik und recyceltes Polyester. Optional gibt es weitere Textilien und Kunstleder.

Technik

Zwei Elektroantriebe stehen den Kunden zur Auswahl. Der Mini Cooper E trägt einen 40-kWh-Akku zwischen den Achsen, leistet 184 PS, schafft bis zu 305 Kilometer Reichweite und sprintet in 7,3 Sekunden von null auf Hundert. Der Cooper SE verfügt über eine 54 kWh große Batterie und kommt auf 218 PS. Wer nicht ständig ausprobiert, ob es wirklich 6,7 Sekunden für den Standardsprint braucht, kann bis zu 402 Kilometer weit fahren. Beide Modellvarianten sind ausschließlich mit Frontantrieb zu haben. Die maximale Ladeleistung am Schnelllader beträgt 75 kW für den Mini E und 95 kW für den SE. Für beide gibt der Hersteller rund 30 Minuten als Ladedauer von 10 auf 80 Prozent SOC an. An der Wallbox saugen beide 11 kW.

John Cooper Works Trim

Käufer können sich ab obendrein für die Ausstattungsvariante John Cooper Works Trim (JCW-Trim) entscheiden, die dem Mini SE einen sportlichen Look verpassen soll. Äußerlich unterscheidet sich der JCW-Mini durch das neue Logo im rot-weiß-schwarzen Zielflaggen-Design von seinem zivilisierten SE-Bruder. Dieses kleine, aber bedeutende Detail ist nicht der einzige Unterschied. Der Hersteller gönnt dem Mini 18-Zoll-Räder im Zweifarb-Design mit je zehn Speichen und roten Bremssätteln.

Auf der vorderen Haube deuten breite Rallye-Streifen auf die Ausstattungsreihe hin. Front- und Heckbereich erhalten zudem markante Diffusoren. Die Kühlergrilleinfassung und das Logo tragen ein glänzendes Schwarz, die Spiegelkappen und das Dach den Farbton Chili-Red. Das Tagfahrlicht leuchtet in zwei horizontalen Streifen. Das äußerliche Farbkonzept setzt sich im Innenraum fort. Rote Nähte und mehrfarbiges Strickmaterial verzieren die JCW-Kunstledersitze. Diese gestrickte Haptik findet sich ebenfalls an den Türverkleidungen und am Armaturenbrett. Auf der Beifahrerseite bindet der Hersteller das JCW-spezifische Muster im Stil einer Zielflagge ein.

Preise und Marktstart

Die neue Generation der elektrischen Dreitürer rollt im 2024 im Sommer zum Händler. Der neue Mini Cooper E kostet dann 32.900 Euro. Für den Cooper SE werden 36.900 Euro fällig; der Aufpreis für Mehrleistung und größeren Akku beträgt also 4.000 Euro. Der Mini Cooper SE der aktuellen Generation steht im Konfigurator noch mit einem Preis von 39.900 Euro. Lagerfahrzeuge sind aber auf der Mini-Website ab 32.790 Euro im Angebot – also ziemlich genau zum Preis des neuen Mini E.

Rund ein Jahr nach dem Marktstart der beiden Modelle gesellt sich noch der echte John Cooper Works dazu, der im Gegensatz zum JCW-Trim nicht nur ein Optik-, sondern auch ein Leistungs-Upgrade bietet. Der Power-Mini wird rund 250 PS entwickeln und ist gegen die Konkurrenz wie den Alpine R5 oder den Abarth 500e positioniert.

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Fazit

Dem Anspruch, besonders unterhaltsam fahren zu können, wird der Mini Cooper Electric zumindest als SE absolut gerecht. Zugleich startet er eine neue Ära der markentypischen Individualisierung, die nun vorwiegend digital über die so genannten Experiences vonstattengeht – wer’s mag. Wichtiger wäre eine höhere Ladeleistung, denn erst das würde den Mini vom teuren Stadt- und Zweitwagen zum Erst- und Einzigfahrzeug erheben.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

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