Nachlässigkeiten bei VW-Produktion
Was macht die Plastiktüte da in Golf 8 und ID.3?

Etliche VW-Kunden wundern sich über Plastiktüten unter der Frontklappe ihres neuen Golf-8- oder ID.3. Motorzelt? Müll vergessen? Plastikauto? Wir haben bei VW nachgefragt.

VW Id.3 Tüte
Foto: VW/ shooter2k4

Im Internet häufen sich Bilder von neu ausgelieferten Golf 8 und ID.3. Und das nicht, weil die Kunden so stolz auf ihre neuen Familienmitglieder sind. Nein, sie möchten mit den Bildern eine ungewöhnliche Entdeckung teilen. Bei geöffneter Frontklappe beziehungsweise Motorhaube unterhalb der Windschutzscheibe, genauer gesagt im Eckbereich des Übergangs zwischen A-Säule und Kotflügel, haben sie größere Plastikfolien gefunden. Ja, richtig gelesen: Plastikfolien. Und genau die sehen aus, wie scheinbar im Motorraum vergessene, durchsichtige Plastiktüten.

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Wir haben beim Fahrzeughersteller (und nicht beim Tütenhersteller) Volkswagen nachgefragt. Die Folie soll den Akustikschaum im Längsträger vor Feuchtigkeit schützen. Der wiederum verhindert, dass es zu Resonanzen im Längsträger kommt, erklärt ein Sprecher. Bei der Montage sollen die VW-Mitarbeiter eigentlich die Folie in den nicht einsehbaren Bereich nachschieben. Schaut sie heraus, sollte die Qualitätskontrolle das beim Fertigungsende beanstanden und den Mangel beheben lassen – auch eigentlich. Warum das beides nicht passiert, wird bei VW gerade untersucht.

VW Golf GTI
Achim Hartmann
Hier ist die Plastiktüte nicht zu erkennen. Doch soll sie sich auch in einem aktuellen VW Golf verbergen.

Folie gefunden? Einfach zurückschieben

Wer Folie in seinem Motorraum (beim Golf; beim ID.3 unter der Frontklappe) findet, sollte sie keineswegs abreißen oder entfernen, sondern entweder selbst in den unsichtbaren Bereich zurückschieben oder das beim nächsten Werkstattaufenthalt vom VW-Vertragspartner erledigen lassen. Wer die Folie entfernt, riskiert, dass sich der Akustikschaum mit Feuchtigkeit vollsaugt und das könnte Korrosion im Längsträger zur Folge haben.

Die Entdeckungen von Plastiktüten bei einem Fahrzeug der Marke Volkswagen ist im Übrigen nicht neu. Schon 2015 wiesen Forumsmitglieder von Motor-Talk auf Posts im "VW Golf 7 & Golf Sportsvan"-Forum über Kunststofftüten im Motorraum hin. Ein natürlich eher scherzhaft gemeinter Kommentar dazu liest sich wie folgt: "Auch so kann VW den Verpackungsmüll kostenneutral entsorgen. Einfach clever." Ein weiterer kommentierte, dass dies "normal und bei anderen Modellen, wie zum Beispiel dem Seat Ibiza, teilweise noch auffälliger" sei. Interessant ist jedoch die Entdeckung eines Betroffenen, der die Tüte, wie er selbst sagt, "blöderweise rausgezogen hat. In der Tüte ist ein Stück Schaumstoff drin. Kostet keine 2 Euro."

VW Passat B3 1988
VW
Schon der VW Passat von 1992 soll Plastiktüten unter der Haube und in den Kotflügeln haben.

Entdeckungsberichte reichen bis ins Jahr 1992

Diese Art des Dämmschutzes mithilfe einer Plastiktüte reicht, wenn man einem weiteren Eintrag Glauben schenkt, noch viel weiter zurück. So verrät ein Forumsmitglied, dass diesen Schutz auch schon der Audi A6 von 2006 in den Kotflügeln trug. Und weiter erklärt er: "Der Beutel ist aber nicht zum Schutz gegen Feuchtigkeit. Sondern der Schaumstoff wird unter Vakuum in dem Beutel verschweißt, dadurch ist der Beutel nur noch ca. 1cm dick. Dadurch lässt sich das ganze leichter montieren und wird dann wenn der Beutel an der richtigen Stelle sitzt aufgestochen. Dadurch bläht sich dann der Beutel auf und dichtet dann den Bereich ab."

Ein weiteres Mitglied schildert seine Entdeckung bei seinem VW Passat aus dem Jahr 1992. Dieser soll "sowas im hinteren Rahmenendstück und vorn in dem Kanal unter dem Kotflügel" haben.

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Fazit

Es gibt immer noch Teile am Auto, die bei der Produktion menschliche Handgriffe verlangen. Fehler sind menschlich. Dass die bei der Qualitätskontrolle offenbar vielfach nicht aufgefallen sind, sollte VW zu denken geben. Gut, beim Golf 8 gibt es im Motorraum vielleicht Wichtigeres zu kontrollieren. Beim ID.3? Ein Motor kann es bei dem Elektromodell nicht sein, der sitzt auf der Hinterachse. Aber vielleicht schaut genau deshalb kein Kontrolleur unter die vordere Haube?