Nissan Concept 20-23
Elektrischer Partykracher

Der japanische Autobauer Nissan feiert 20 Jahre europäisches Design-Zentrum in London mit einem elektrischen Fantasie-Kleinwagen auf Steroiden. Die Japaner betonen gleichzeitig den unumkehrbaren Weg zur Elektromobilität.

Seit 20 Jahren zeichnet Nissan seine Modelle für den europäischen Markt in seinem Design-Zentrum in London. Dieses Jubiläum nehmen die Japaner zum Anlass, um ihre kreativen Köpfe mal so richtig von der Leine zu lassen. Nissans Präsident und CEO Makoto Uchida wünschte sich einfach ein Fahrzeug, mit dem man ohne Einschränkungen durch die britische Hauptstadt fahren kann. Klar, dass bei den extremen Einschränkungen, die für die britische Metropole gelten, nur ein Elektroauto herauskommen konnte. Und die Vorgabe Stadtauto führt zwangsläufig zu einem Kleinwagen. Um die Jugend anzusprechen, haben die Designer eine ordentliche Portion "Gamer"-Fantasien ergänzt. Bei der Vorstellung in London haben die Japaner die Studie auf einer schwimmenden Bühne transportiert und auf dem grünlichen Wasser des Paddington Basins präsentiert. Glaubt man den verantwortlichen Designern, war das Verladen der Studie auf den mit einer Bühne abgedeckten Kahn eine der heikelsten Aktionen der Präsentation.

Der große E-Ratgeber

Wer hinter der Studienbezeichnung 20-23 einen Bezug zum Jubiläumsjahr vermutet, liegt falsch. Der Name bezieht sich schlicht auf die traditionellen Nissan-Zahlen: 2 steht im Japanischen für "ni", die 3 für "san".

Extreme Aerodynamik

Der Dreitürer tritt als typischer Hot Hatch mit steil abfallender Heckpartie auf. Die Optik prägen extreme Aeroanbauten. Die perforierten Kotflügel wuchern weit aus. Eine Frontschürze aus Sichtcarbon scheint den Asphalt förmlich zu fressen. Ein riesiger Flügel über der Heckscheibe presst den 20-23 auf die Straße; Support kommt vom ebenfalls üppig dimensionierten Heckdiffusor. Für einen Hauch Freundlichkeit sorgen die großen runden LED-Lichtelemente an Front und Heck mit ihrem Kindchenschema. Alfonso Albaisa, bei Nissan Vice President Global Design, betont aber, wie sehr er sich freut, dass der 20-23 nicht nur freundlich, sondern gleichzeitig gierig und aggressiv aussieht. Die Flanken sind weit eingezogen, die Schweller dafür weit ausgestellt. Die 21-Zoll-Räder sitzen so eng in den Radhäusern, dass eine Fahrt mit dem 20-23 nur auf topfebenem Untergrund möglich sein dürfte. Und die Bodenfreiheit dürfte schon bei gröberem Kopfsteinpflaster aufgebraucht sein – von wegen "überall in London fahren". Obligatorisch sind die nach vorn oben öffnenden Scherentüren – in der Gamer-Fantasie. Bei der in London gezeigten Studie sind die Türen nur angedeutet – das Auto hat gar keine. Und keinen Innenraum.

Aber so ganz ohne Innenraum sollte die Geburtstags-Studie dann doch nicht bleiben – also haben die Designer einen am Computer entworfen. Die Renderings zeigen: Auf die beiden Passagiere warten weiße Integral-Schalensitze, die über breite Sicherheitsbügel im Türausschnitt geentert werden müssen. Auf der Lenksäule, die von einer Carbon-Halterung getragen wird, thront ein Yoke-Sportlenkrad mit zahlreichen Bedienelementen und Einstellmöglichkeiten. Paddles zur Einstellung der elektrischen Antriebsleistung und weitere Schalter befinden sich in unmittelbarer Griffweite dahinter. Display-Flächen zeigen sich auf ein Minimum reduziert; das soll Ablenkungen gering halten.

Zum Antrieb sagt Nissan nur, dass er rein elektrisch sein soll. Und Fragen nach der Zukunft beantworten alle Nissan-Designer gleich: Das Concept 20-23 steht nicht auf der diesjährigen Japan Mobility Show in Tokio, es geht nicht in Serie und bei künftigen Serienautos werden keine Designelemente der Studie auftauchen. Vielleicht auch besser so, denn von einem typischen Stadtauto für den Alltag in der realen Welt ist die Studie 20-23 doch meilenweit entfernt. Immerhin: Exklusiver kann ein Designteam seinen Geburtstag kaum feiern.

Nach der Feier in London geht der 20-23 ins japanische Hauptquartier von Nissan und danach in den Tokioter Nissan Flagship Store. Danach kommt das Concept Car vielleicht zurück nach Europa.

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Fazit

Nissan feiert sein europäisches Design-Zentrum in London mit einer elektrischen Kleinwagenstudie. Die soll auf die Fahrt durch London zugeschnitten sein. Dazu passt der Elektroantrieb; der Rest des Konzepts passt mit seinem extremen Sport-Look und der nicht vorhandenen Bodenfreiheit null in die Stadt. Aber wer fragt auf einer Party schon nach dem Feieranlass, wenn die Stimmung gut ist. Die Designer haben gezeigt, was sie können – und nach eigenen Angaben mussten sie das Concept Car in kurzer Zeit fertig bekommen. In Serie kommen weder das Auto noch einzelne Designelemente von ihm.

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