Automobili Pininfarina Battista (2021)
Elektro-Hypercar ist endlich real

Automobili Pininfarina ist in die Produktion des Elektro-Hypercars Battista am Standort Cambiano in Italien gestartet. 150 Exemplare sollen entstehen.

Automobili Pininfarina Battista Serienproduktion
Foto: Automobili Pininfarina / Patrick Lang

Bislang wird noch kein Asphalt mit 1.900 Elektro-PS malträtiert, doch Automobili Pininfarina hat nun alle Weichen für die Serienproduktion gestellt. In einer 2.300 Quadratmeter großen Halle im italienischen Cambiano wird der Hyper-GT von insgesamt zehn Mitarbeitern (laut Hersteller "Kunsthandwerker") in Handarbeit gefertigt. Für jedes der 150 geplanten Exemplare veranschlagt der Hersteller bis zu 1.340 Arbeitsstunden. Allein der Lackier-Zyklus nimmt drei bis vier Wochen in Anspruch.

Unsere Highlights

Den Kunden bietet Automobili Pininfarina vor Ort unter anderem eine spezielle Lounge zur Besprechung der Personalisierungswünsche. Was die Lackierung betrifft, so besteht die Auswahl aus 28 Farben, die allesamt von der lokalen Umgebung, also der Region Piemont, inspiriert sein sollen. Klingt nach einer überschaubaren Anzahl? Nunja, laut Pininfarina gibt es allein für das Exterieur im Zusammenspiel aus Akzenten, Farben, Felgen, et cetera insgesamt 13,9 Trillionen (!) Kombinationsmöglichkeiten. Im Innenraum sind es dann nochmal 128 Millionen mögliche Konfigurationen. Kein Auto also für entscheidungsscheue Käufer.

Automobili Pininfarina Battista Serienproduktion
Automobili Pininfarina / Patrick Lang
Bis zu 1.340 Stunden Handarbeit veranschlagt Automobili Pininfarina für die Fertigung eines Battista.

Look des ersten Kundenfahrzeugs

Sobald ein Battista alle Produktionsschritte durchlaufen hat, stehen Funktionstest und eine ausgiebige Testfahrt über unterschiedliche Straßen-Typen an. Den Job des Fahrers erledigt bei allen 150 Einheiten ein und dieselbe Person. Nach einer abschließenden kosmetischen Kontrolle geht es dann zum Kunden. Die Auslieferung des ersten Kunden-Battista ragt allmählich hinter dem Horizont hervor. Nummer 1 von 150 geht im August in die USA, das Design hatte Automobili Pininfarina bereits veröffentlicht und die US-Metropole New York soll als Vorlage gedient haben.

Ein dunkles Blau (Iconica Blu) bestimmt das Exterieur – teilweise als deckende Lackschicht, überweigend jedoch in Gestalt von Sicht-Karbon. Rote und weiße Akzente komplettieren das Farbspektrum der US-Flagge. Im Innenraum wurde schwarzes Leder mit blauen Kontastnähten, weißen Gurten und roten Verzierungen kombiniert. Die mattgrauen Leichtmetallräder tragen einen Zentralverschluss. Insgesamt stecken laut Pininfarina mehrere hundert Stunden Handarbeit in jedem Battista. Ob das hinkommt, wissen wir allerdings erst, wenn auch tatsächlich einer gebaut wurde.

Automobili Pininfarina Battista Kundenfahrzeug New York
Pininfarina
Hätten Sie dem Auto "New York City" als Designvorlage angesehen?

Mit dem Kauf eines Battista endet die Beziehung zum Hersteller natürlich nicht – besonders in dieser Preisklasse (Mindestpreis 1,75 Millionen Euro). Drei Aftersales-Programme stehen zur Auswahl. "Eccellenza" umfasst ein bis zu zehnjähriges Wartungsprogramm. "Futura" beinhaltet eine Garantieverlängerung (drei Jahre Serie plus weitere sieben Jahre) für Batterie und Antriebsstrang, während das Paket "Eterna" sogar ein komplettes Kit mit Karosserie-Ersatzteilen umfasst, die direkt bei der Produktion des Autos angefertigt werden. Abgesehen davon bietet Automobili Pininfarina auch einen "Flying Doctors"-Service an, sollte es mal technische Probleme geben. Dann wird sofort ein Ingenieurs-Team in den Flieger nach "wohinauchimmer" gesetzt.

Automobili Pininfarina Battista Kundenfahrzeug New York
Pininfarina
Alle 150 Battista-Kunden sollen am Hauptsitz in Cambiano ihre Designvorstellungen besprechen können. Direkt neben der Produktionslinie des Elektro-Hypercars.

Der Look der Showcars

Bei seiner Weltpremiere in Genf war der Pininfarina Battista gleich in drei Varianten zu sehen. Der Grigio Luserna Battista bestach mit Akzenten in satiniertem Blau auf mattgrauer Lackierung, ergänzt von eloxierten Aluminiumdetails. Einzigartiges, prägnantes Raddesign traf auf ein Interieur in Beige auf Schwarz.

Das zweite Exemplar präsentierte das Battista Design-Paket "Iconica by dem Automobili Pininfarina". Dieses Blu Iconica-Fahrzeug lag mit einer Interpretation der Farbe Pininfarina-Blau unter den drei gezeigten Fahrzeugen am dichtesten an der traditionellen Pininfarina-Markenfarbe. Aus mehreren Lackschichten entstand ein tiefes Blau, das für den Anspruch stand, elektrische Leistung in einem luxuriösen Gesamtpaket zu bieten. Modifikationen am Dach und eine visuelle Verbindung von Motorhaube und Windschutzscheibe durch Karbonfaserlamellen verliehen der Fahrzeugästhetik eine spektakuläre Note. Der vordere Kotflügel nahm durch seine optische Zweiteilung oberhalb des LED-Lichtstreifens die Linien der hinteren Flanken auf und ließ so das Gesamtbild harmonisch erscheinen.

SPERRFRIST 05.03.19 / 00:01 Uhr Pininfarina Battista 2019 Elektro Hypercar Turin Studio
Patrick Lang
Auf dem Genfer Autosalon zeigt Pininfarina Automobili den Battista in drei unterschiedlichen Ausführungen.

Das dritte Modell trat mit einer Lackierung in Bianco Sestriere und kleinen Farbdetails, die das Design historischer Pininfarina-Fahrzeuge aufgegriffen, an. Eines dieser Designdetails war eine rote Aluminiumlinie, die zwischen Schweller und Tür an den Flanken entlang und direkt vor dem Vorderrad verlief sowie von den hinteren Radkästen aus das Heck einfasste. Rote Bremssättel und eine dunkle Chromlinie oberhalb des Fensters waren ansonsten die einzigen Zierelemente.

Design-Änderungen noch vor Marktstart

Grundsätzlich zeigt sich das Battista-Design mit ausgestellten Radhäusern, schmaler Fahrgastkanzel und kurzer vorderer Haube. Ein LED-Band erstreckt sich über die gesamte Fahrzeugfront. Darunter ist eine Schürze mit Spoiler zu erkennen. Die Fronthaube erscheint in Fächerform und ist aerodynamisch optimiert. Die Dachkuppel neigt sich leicht gen Heck an dem ein zweigeteilter Flügel mit LED-Band zu erkennen ist.

Nach den jüngsten Windkanal-Simulationen hat Automobili Pininfarina das Design noch etwas nachgeschärft. Das Team um Design-Direktor Luca Borgogno definierte beispielsweise die Front neu. So verzichtet der Battista künftig auf die Lufteinlass-Schlitze neben den Scheinwerfern, die bei der vorherigen Version horizontalen entlang des Stoßfängers ausliefen. Zudem sind sie Seitenpartien der Schürze stärker ausmodelliert. Die zuvor schon markanten Außenspiegel sehen nun noch extremer aus. Insgesamt steigt laut Hersteller "die visuelle Harmonie zwischen Front und Heck" des Elektro-Boliden. Außerdem führen sie zu einer optimierten Aerodynamik, was einhergeht mit einer größeren Reichweite: Mit einer vollen Ladung seiner 120 kWh großen Batterie soll der Battista neuesten Angaben zufolge nach WLTP bis zu 500 statt nur 450 Kilometer weit kommen.

Im Inneren greift der Fahrer in eine rechteckiges kleines Sportlenkrad mit großem Pralltopf und blickt auf ein zentrales Minidisplay. Rechts und links vom Volant informieren den Fahrer ihm zugeneigte Bildschirme. Der Armaturenträger erscheint geschwungen, die beiden Passagiere nehmen auf konturierten Sportsitzen mit integrierten Kopfstützen Platz. Der Battista soll an die legendären Pininfarina-Modelle Cisitalia, Modulo und Sintesi erinnern.

Pininfarina Automobili Battista Cockpit Interieur
Pininfarina Automobili
Das Cockpit des PF0. Rechts und links befinden sich zwei dem Fahrer zugeneigte Bildschirme für Fahrzeuginformationen.

Der Pininfarina Battista fährt schon auf der Rennstrecke

Der Elektrorenner mit Kohlefaser-Karosserie wird wohl um die 2,2 Tonnen wiegen. Danke einer maximale Leistung von mehr als 1.900 PS und 2.300 Nm Drehmoment aus vier Motoren soll er in weniger als zwei Sekunden auf Tempo 100 beschleunigen. Die 300-km/h-Marke erreicht er in unter zwölf Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit soll jenseits der 400 km/h liegen. Jenseits der Fahrleistungen liegt die Besonderheit des Battista aber an den vier Motoren, von denen jeder ein Rad antreibt, was ganz neue Möglichkeiten fürs Torque Vectoring bietet, aber entsprechend viel Abstimmarbeit erfordert: "2300 Newtonmeter auf 12 bis 13 Zentimeter Pedalweg so zu verteilen, dass das Auto gut beherrschbar bleibt und das macht, was sich der Fahrer vorstellt, verlangt schon Feingefühl. Mit dem blitzartig anliegenden Drehmoment der E-Motoren könnte man selbst bei 200 km/h alle vier Räder zum Durchdrehen bringen. Zum Glück liegt die Regelgeschwindigkeit beim E-Antrieb um ein Vielfaches über der bei Verbrennern", sagt Chefentwickler René Wollmann, der in seiner Zeit bei AMG am SLS eCell gearbeitet hat.

Pininfarina Battista
Pininfarina
Wollmann sagt, die Aerodynamik sei besonders wichtig. Der Battista soll für einen Sportwagen sehr strömungsgünstig sein.

Als Preis rufen die Italiener zwischen 1,75 und 2,2 Millionen Euro auf und limitieren den Battista auf lediglich 150 Modelle weltweit – je 50 gehen in die USA, nach Europa und in den Mittleren Osten. Trotz der kleinen Stückzahl wollen die Italiener ein normales Crashprogramm absolvieren und werden tatsächlich auch einen komplettes Exemplar der teuren Zweitürer an die Wand fahren, um keinen Zweifel an der Qualität und der Ernsthaftigkeit des Projekts aufkommen zu lassen. Vom Rimac soll sich der Battista vor allem kraft seines Charakters unterscheiden. Während das kroatische Original auf maximale Performance zielt und auch für die Rennstrecke gedacht ist, soll der Battista den genussbringenden GT geben, bei dem Komfort, Sicherheit und Fahrbarkeit auch höchsten Alltagsansprüchen genügen. Nach der verdeckten Enthüllung in Pebble Beach ist das Pininfarina-Team davon überzeugt, dass die Nachfrage nach dem Elektrorenner das Angebot bei Weitem übersteigen wird. Die Auslieferung soll noch 2020 beginnen.

Pininfarina Battista
Pininfarina
Auf dem Hochgeschwindigkeitskurs in Nardo ist der Battista im November 2020 mit 80 Prozent seiner Leistung unterwegs - macht gut 1500 PS.

Bereits klar ist hingegen, dass auf den Battista aka PF0 weitere Luxusmodelle mit Elektroantrieb folgen sollen. Im Rahmen der Monterey Car Week 2019 präsentierte Pininfarina potenziellen Battista-Käufern das Design-Modell Pura Vision. Worum es sich dabei genau handelt, verrät Automobili Pininfarina noch nicht. Designchef Borgogno sagt lediglich, dass es sich dabei um ein "unvergleichliches Fahrzeug" handelt, "das für elektrische Leistung mit Nervenkitzel konzipiert ist" und klassische Pininfarina-Designmerkmale miteinander verbindet. Außerdem stellte er den geladenen Gästen in Kalifornien ein Luxus-SUV in Aussicht.

Rimac liefert den Elektroantrieb und die Batterien

Den Elektroantrieb und die Batterien wird Rimac zuliefern. Die Kroaten verwenden übrigens Zellen von Samsung. Das Geheimnis der enormen Leistungsfähigkeit des Akkus liegt vor allem in der Kühlung, die in der Spitze auch Ladeleistungen jenseits der 300 kW erlauben soll. Für den Kunden dürften im dauerhaften Durchschnitt 180 kW realistisch sein.

Den Anteil an eigenen oder von Pininfarina gegenüber Rimac stark modifizierten Teilen des Battista beziffert René Wollmann insgesamt auf 70 Prozent. Rimac machte sich nicht nur mit ultrastarken, elektrischen Supersportwagen einen Namen, sondern sorgte vor allem für Schlagzeilen, als Porsche eine Beteiligung an Rimac bekanntgab. Gleichzeitig könnte das kroatische Unternehmen Gerüchten zufolge von Volkswagen die Marke Bugatti übernehmen.

Der erst 30-jährige Mate Rimac erklärt: "Wir freuen uns sehr auf diese Herausforderung. Die Rimac-Werte Technologie, Innovation und Leistung, kombiniert mit der Tradition, der Geschichte und dem italienischen Design von Automobili Pininfarina, ergeben eine perfekte Synergie für einen spannenden, neuen Supersportwagen. Diese Partnerschaft ist ein großer Wurf für beide Unternehmen und wir freuen uns darauf, diesem unglaublichen Fahrzeug gemeinsam Leben einzuhauchen."

Er und sein Team dürften künftig häufiger nach München fliegen. In der bayerischen Landeshauptstadt ist der Hauptsitz von Automobili Pininfarina angesiedelt, die Montage des Battista erfolgt am Stammsitz in Italien.

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Management mit Autoerfahrung

Chef der Autosparte ist der ehemalige VW- und Audi-Manager Michael Perschke. Er konnte weiteres Personal für das Projekt einer neuen Elektroautomarke gewinnen. Technischer Vorstand bei Automobili Pininfarina wird Dr. Christian Jung. Er war zuletzt beim strauchelnden Elektroautobauer Faraday Future als leitender Direktor für die Elektrotechnik- und Plattformstrategie tätig, zuvor in den Diensten von BMW und Porsche.

Dr. Peter Tutzer wird leitender technischer Berater. Er bringt Erfahrung im Bau von Sportwagen mit, war vor dem Engagement bei Pininfarina bei Porsche, Pagani und Bugatti tätig. Zuletzt bekleidete er nach einer Station bei Lotus die Rolle des technischen Vorstands bei Thunder Power EV, einem Elektroauto-Start-up aus Taiwan.

Nick Heidfeld ist mit an Bord

Als Entwicklungsfahrer kommt Nick Heidfeld mit ins Team. Der ehemalige Formel 1-Fahrer ist beim Pininfarina-Eigentümer Mahindra als Pilot in der elektrischen Formel E unterwegs. Neben seiner Expertise dürfte Pininfarina gewiss auch seine Popularität nutzen, um ein bekanntes Markengesicht zu haben.

Die italienische Designschmiede Pininfarina ist Ende 2015 von der indischen Mahindra Group übernommen worden. Der Konzern ist in erster Linie als weltgrößter Traktorenhersteller sowie in der Sparte Mahindra & Mahindra für die Produktion von Geländewagen und Elektroautos bekannt. Der indische Milliardär Anand Mahindra will mit Automobili Pininfarina, rechtlich unabhängig von Pinifarina S.p.A in Turin, besondere Fahrzeuge entwickeln und vertreiben.

Fazit

Die spektakulären Leistungswerte des Battista gehen natürlich vor allem auf den Antriebsstrang von Rimac zurück. Aber die Ausrichtung des italienischen Zweisitzers ist doch deutlich anders und erfordert viel Abstimmungsarbeit, mit der sich Pininfarina erhebliche Kompetenzen erarbeitet. Und wenn das so gelingt, wie es den Anschein macht, wäre es nicht verwunderlich, wenn die Kleinserie trotz des exorbitant hohen Preises in Windeseile ausverkauft wäre, obwohl es bei Rimac bald ein technisch verwandtes Auto gibt, von dem sich der Battista auch durch das andere Design aus traditionsreichem Haus unterscheidet.