Aston Martin Vantage AMR
Mit Hand und Fuß!

An alle Handwerker da draußen: Aston Martin bringt den Vantage mit Schaltgetriebe – ab sofort in der limitierten AMR-Version, oder Anfang nächsten Jahres in Verbindung mit dem regulären Modell. Wie er fährt? Befreit!

Aston Martin Vantage, Exterieur
Foto: Aston Martin

Eigentlich geht es hier gar nicht so sehr ums Eigentliche, weniger darum, wie sich der Vantage schalten lässt, wie die Kupplung kommt und seine sieben Gänge übersetzt sind. Nein, es geht vor allem um Symbolik – um die mitschwingende Botschaft, dass es sehr wohl noch geht mit dem manuellen Getriebe, wenn man nur will. Oder besser gesagt: Falls ein Hersteller bereit ist, verhältnismäßig großen Aufwand für eine verhältnismäßig kleine Minderheit zu investierten.

Unsere Highlights

Denn Aufwand, das sei es schon gewesen, den Aston Martin Vantage entsprechend umzurüsten. Automatik raus, Schaltgetriebe rein, Schräubchen festziehen – so einfach war es jedenfalls nicht. Speziell für den Motor ist der anachronistische Gegenüber ein Kulturschock. Der Vierliter-V8 stammt aus dem Hause AMG und war von Geburt an nur mit Doppelkupplern und Wandlerautomaten zusammen. Heißt: Er musste erstmal umgeschult werden, um eine Zusammenarbeit mit dem manuellen Dana-Graziano-Getriebe überhaupt erst zu ermöglichen.

Nun geschieht in der Automobilbranche aber eher wenig aus Nächstenliebe. Sprich: Auch wenn es durch die rosarote Brille so aussieht, als engagiere sich Aston Martin hier aktiv als Schutzpatron sportautomobilen Kulturguts, steckt hinter der Aktion natürlich auch Kalkül. Im Visier sind vor allem jene Kunden, die bei der Konkurrenz zunehmend in die Röhre gucken. Ferrari, AMG, Audi, McLaren – bei allen ist die manuelle Schaltung längst Geschichte, selbst Chevy, bislang einer der letzten Mohikaner, sieht sie für die neue Corvette C8 zumindest mittelfristig nicht mehr vor. Einzig verbliebene Ausnahme im Sportwagensegment ist Porsche, wobei die versprochenen Handschalter für die Carrera-Modelle nun schon seltsam lange auf sich warten lassen. Die Hoffnung von Aston Martin, den ein oder anderen passionierten Handwerker abzuwerben, ist also durchaus berechtigt, zumal man die Begehrlichkeit nach bewährter Manier nochmal zusätzlich zu steigern versucht.

Zwar wird das manuelle Siebenganggetriebe Anfang 2020 wahlweise auch für den regulären Vantage angeboten, für die erste Charge Handschalter wurde aber eine Sonderserie aufgelegt – der Vantage AMR, dessen 200 Exemplare sich sogar nochmals unterteilen. 141 kommen sozusagen als normale Spezialedition und mindestens 184.955 Euro teuer, die übrigen 59 Stück stellen die Sonderserie in der Sonderserie. Sie hört auf den Namen Vantage 59, huldigt dem 60. Jubiläum von Aston Martins Le-Mans-Triumph aus dem Jahr 1959, ist im Stile des einstigen Siegerwagens lackiert und glatte 25.000 Euro teurer.

Technische Unterschiede? Innerhalb der AMR-Modelle gibt es die nicht, sehr wohl aber gegenüber dem Automatik-Modell. Zum einen musste das Drehmoment zum Schutze der Kupplung und der Getriebeinnereien um 60 auf 625 Newtonmeter zurückgenommen werden, zum anderen wurde das elektronisch gesteuerte Hinterachsdifferenzial zugunsten einer rein mechanischen Sperre ersetzt. Zugegeben, beides liest sich jetzt erstmal nach Rückschritt, fast so als wolle man den AMR in so eine Art Basismodellfunktion zwängen. Doch so fühlt es sich nicht an. Gar nicht! Der leichte Muskelschwund amortisiert sich dadurch, dass das Getriebe alleine bereits 70 Kilo einspart. Zusammen mit der serienmäßigen Keramikbremsanlage und den kohlefasernen Anbauteilen ergibt sich sogar eine Gesamtersparnis von rund 100 Kilogramm, denen unverändert 510 PS gegenüberstehen. Ergo: Das Leistungsgewicht sinkt, dennoch steigen die Fahrleistungen leicht. In vier Sekunden soll der manuell geschaltete Aston Martin Vantage AMR auf 100 spurten, was einem Zeitverlust von drei Zehnteln auf den Automaten entspricht, aber damit zusammenhängt, dass – aus Gründen des Handlings – in den ersten beiden Gängen noch nicht die volle Motorkraft freigesetzt wird.

Die kommt dann im Dritten. Mit Wucht und in Begleitung der Erkenntnis, dass noch immer mehr als genug vorhanden ist. Die Power ist tatsächlich überall: oben, unten, in der Mitte und in der Regel größer als die Traktion – zumindest wenn der Herbst, die Eifel und temperaturempfindliche Pirelli-Reifen zusammentreffen. Klar, ein lebhaftes Auto war der Aston Martin Vantage schon immer, neu ist aber, dass er sich nun noch intensiver erleben lässt. Und da kommt die Handschaltung ins Spiel.

Aston Martin Vantage, Interieur
Aston Martin
Die Handschaltung rastert ihre sieben Gänge im klassischen Sportschema. Merke: der dritte Gang sitzt links unten, der sechste rechts oben!

Sie rastert ihre sieben Gänge im klassischen Sportschema, mit dog leg, wie der Engländer sagt. Als Hundebein versteht sich der erste Gang, der nach links unten abzweigt und bezweckt, dass sich die übrigen Gänge, die zum Fahren nicht zum Anfahren benötigt werden, geradlinig gegenüberstehen. Das erscheint logisch, wird auf den ersten Kilometern aber zur Denksportaufgabe. Merke: der dritte Gang sitzt links unten, der sechste rechts oben! Nach zwei Mal falsch abbiegen und einem kurzen Abstecher in den Rückwärtsgang hat sich das Muster aber eingeprägt und es beginnt zu flutschen. Und: zu begeistern. Die abschaltbare AM-Shift-Funktion unterfüttert Runterschalten mit Zwischengas und ermöglicht es beim Hochschalten voll auf dem Gas zu bleiben. Einfach die Kupplung drücken, dann wird die Kraft automatisch gedrosselt, nach dem Einkuppeln legt der Motor wieder los. Klappt? Auf den Punkt! Und damit bisweilen besser als das Schalten an sich.

Solange man das Getriebe mit Sorgfalt bedient, passen die Gangwechsel zwar wie die Faust aufs Auge: Kein Hakeln, kein Knöchern, einfach zick, zack, brumm. Will man jedoch den Takt erhöhen, die Gänge also nicht nur einlegen, sondern den Hebel durch die Gassen hauen, verheddert man sich schnell mal im Gebälk. Im Klartext: Hier ist Fahren noch Handarbeit – echte, mit Betonung auf Arbeit und allen Haken und Ösen, die dazugehören. Das mag nicht Jedermanns Sache sein, passt damit aber hervorragend zum Rest – zum spezifischen Setup des AMR, das sich eben nicht nur der Fahraktivität verschreibt, sondern insbesondere dem aktiven Fahren. So wurde der Bremskraftverstärker ganz explizit auf die speziellen Anforderungen der Hacke-Spitze-Künstler ausgelegt; die hinteren Stabis fallen 20 Prozent steifer aus, was das spielfreudige Heck noch ein bisschen spielfreudiger macht; und auch die Sperrmechanik, die er vom DBS entlehnt, bemüht sich eher um einen weicheren Übergang in den Quertrieb als um maximale Querbeschleunigung.

Fazit

Ergibt in Summe? Auf der einen Seite sicherlich einen Ritt der wilderen Sorte, auf der anderen aber auch viel Fluss im Ablauf der Bewegungen. Anders als der bekannte Vantage, der einem mit seiner fokussierten Art immer ein bisschen verbogen vorkommt, fährt der AMR wie er gewachsen ist – mit der spürbar ausgewogenen Balance des Transaxle-Konstrukts, mit einem ultradirekten Draht zur Fahrbahn und einem Batzen Drehmomentdynamit unter Gasfußsohle, der sich dank der linearen Gaspedalkennlinie im Track-Modus aber kontrolliert sprengen lässt. Anders ausgedrückt: Das Schaltgetriebe mag den Aston Martin Vantage kantiger machen, herber, etwas ungehobelt vielleicht sogar, zusammen mit dem Drumherum gibt es ihm aber das zurück, was mit dem Modellwechsel ein gutes Stückweit verlorenging. Die Einzigartigkeit im Fahrgefühl.