Aston Martin Vantage V12 Zagato Heritage Twins
Britischer-Doppelpack im Italo-Kleid

Lieber den rassigen Speedster nehmen oder doch das klassische Coupé? Bei den Heritage Twins von Zagato entfällt die Qual der Wahl, denn die exklusiven, auf je 19 Stück limitierten Sondermodelle vom früheren Aston Martin Vantage V12 gibt es nur im Doppelpack.

Aston Martin Vantage V12 Zagato Heritage Twins
Foto: Hans-Dieter Seufert

Und jetzt noch mal den vollen Namen zum Nachsprechen und Auswendiglernen: Aston Martin Vantage V12 Zagato Heritage Twins by R-Reforged. So heißt das neue Zwillingspaar in epischer Länge, denn gleich drei Elternteile haben ihm ihre Gene und Namen mitgegeben: Der britische Hersteller Aston Martin steuert mit dem Vantage V12 die technische Basis bei, der italienische Karossier Zagato das eigenwillige Design und das Schweizer Unternehmen R-Reforged neben der Initialzündung auch die Produktionsstätte im britischen Warwick. Und was ist mit Heritage Twins? Nun ja, da gab es mal einen nicht allzu fernen Vorfahren, dem die beiden Zwillinge wie aus dem Gesicht geschnitten sind.

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So richtig neu sind sie also nicht, eher eine Fortsetzung des Vantage V12 Zagato mit anderen Mitteln. Das spektakuläre Leichtbau-Coupé von 2012 war das einzige Sondermodell der kleineren Aston-Baureihe (2005–2017) mit Spezialkarosserie und in einer Auflage von 101 Stück geplant, aber nur 63 wurden gebaut. Wer damals nicht auf Anhieb das Potenzial des Zweisitzers erkannte oder gerade keine 500.000 Euro übrig hatte, kann nun zuschlagen: Mit genau 38 Exemplaren schließt der Kleinserien-Spezialist R-Reforged die schmerzliche Produktionslücke und bietet die Heritage Twins nur im Doppelpack als Coupé und Speedster an – für gänzlich unbescheidene 1,75 Millionen britische Pfund plus Mehrwertsteuer.

Aston Martin Vantage V12 Zagato Heritage Twins
Hans-Dieter Seufert
Grundpreis für die Aston Martin Vantage V12 Zagato Heritage Twins: umgerechnet ca. 2.450.000 Euro. Das Entweder-oder entfällt, die Twins gibt es nur im Doppelpack.

Doch die Exoten- und Sammlerszene funktioniert eben nach eigenen Gesetzen, die wenigen Originale werden bereits über Neupreis gehandelt. Verglichen mit dem werksseitig aufgelegten Centennial-Duo von Zagato-Astons in gleicher Stückzahl für 8,3 Millionen Euro sind die Zwillinge sogar geradezu ein Sonderangebot und deshalb schon fast ausverkauft. Das hier gezeigte Erstlings-Duo etwa wird künftig die Sammlung der heutigen Carrozzeria-Inhaber Andrea und Marella Zagato krönen.

Keine Kopie, sondern eine feine Evolution

Schließlich haben die Italiener zur Feier ihres 100-jährigen Firmenjubiläums noch mal viel Liebe und Entwicklungsarbeit in die Zweisitzer gesteckt und zahlreiche Details geändert. So wurden die seitlichen Lüftungskiemen, der Frontspoiler und die 19-Zoll-Alufelgen neu gestaltet, während der einst hoch aufragende, feststehende Heckspoiler einem dezenteren, automatisch ausfahrenden Exemplar weichen musste. Zudem besteht die Karosserie nun anders als beim Urmodell komplett aus leichterem, hochfestem Kohlefaser-Verbundstoff, und der Speedster kam sogar ganz neu hinzu. Ansonsten konnte man auf die vorhandenen CAD-Daten zurückgreifen, und weil auch die Crashstruktur identisch ist, entfiel die aufwendige Neuhomologation.

Als Basis nutzen beide serienmäßige, neuwertige Werkscoupés der letzten Baujahre mit dem klassischen V12-Saugmotor, der es dank spezieller Motorsteuerung und Abgasanlage hier auf 600 PS und 625 Nm bringt. In der bis zu 18-monatigen Umbauzeit wird zunächst die Originalkarosserie entfernt und durch das Zagato-Kleid ersetzt, wobei das neu gestaltete Speedster-Heck mit seinen beiden Höckern das Zagato-typische Stilelement der doppelten Dachwölbung ("Double Bubble") vom Coupé aufnimmt. Dessen Taste für die heizbare Heckscheibe stellt sich jedoch als funktionsloses Relikt heraus, denn statt eines Faltverdecks gibt es nur eine Leder-Persenning als Wetterschutz des stehenden Wagens.

Stehen? Das können die Aston Twins noch lange genug. Also her mit dem Schlüssel, rein in den Speedster und raus auf die Schweizer Landstraßen rund um St. Gallen. Der Sportsitz in der Nische neben der breiten Mittelkonsole passt perfekt wie ein Maßanzug und stimmt schon mal mit festem Griff auf künftige Kurvenerlebnisse ein, während das astontypische Interieur selbst Verwöhnte mit feinem, betörend duftendem Leder in Wunschfarben des Kunden bezirzt. Beim Druck auf den kristallinen Zünd-, hm, -klotz meldet sich der schwere V12-Brocken unter der Fronthaube zum Dienst, baut schon beim Start eine akustische Drohgebärde auf, die über das gesamte Drehzahlband an Intensität zulegt und in einem markerschütternden Brüllen gipfelt.

Aston Martin Vantage V12 Zagato Heritage Twins
Hans-Dieter Seufert
Der traumhafte Sechsliter-V12 im Bug bringt es auf 600 PS und ein maximales Drehmoment von 625 Nm.

Wer das AM28-Triebwerk ausquetscht und in luftige 7.000er-Höhen treibt, soll schon nach 3,7 Sekunden Tempo 100 auf den gegenläufigen Skalen für Geschwindigkeit und Drehzahl ablesen können. Dazu muss allerdings ein Virtuose an Kupplungs- und Fahrpedal die Kraft des frei saugenden Wüstlings per Siebengang-Handschaltung dosieren und gefühlvoll über die Hinterräder auf die Straße bringen. Mit dem alternativ lieferbaren, von uns gefahrenen sequenziellen Graziano-Getriebe geht es vielleicht etwas komfortabler und einfacher, wegen der deutlich spürbaren Schaltpausen jedoch wohl kaum schneller.

Braucht es auch nicht, denn für Speed-Junkies gibt es vermutlich passendere Spielzeuge als den Speedster. Statt den Schädel wie ein Porsche 911 Turbo bei voller Beschleunigung gegen die Kopfstütze zu pressen, entfaltet er seine Wucht viel weicher und gleichmäßiger, lässt sich per Gaspedal fein modulieren. Und wer meint, den Zweisitzer wegen seiner nicht mehr ganz taufrischen Konstruktion nur behutsam fordern zu dürfen, wundert sich, wie agil, traktionssicher und gut kontrollierbar der erfreulich kompakt geschnittene 1,5-Tonner bei Bedarf durch Kurven feuert.

Kein Entweder-oder, sondern Sowohl-als-auch

Gut zu wissen, aber letztlich ebenso nebensächlich wie die zarte Undefiniertheit der Lenkung, die ein paar Informationen zu viel für sich behält. Gegen das sanft einsetzende Untersteuern nach langer Neutralität hilft schon ein kleiner Gasstoß, was man im 50 Kilo schwereren Coupé öfter mal ausprobiert als im Speedster. Denn anders als sein Name suggeriert, lädt der Luftikus eher zum beschwingten Cruisen ein, schenkt einem neben dem Genuss des Aston-Fahrens auch die Freuden des Offenfahrens. Wenn die Sonne lacht, die Landschaft sich weitet und der Fahrtwind das Haupthaar streichelt, scheint das Glück kaum noch steigerbar.

Höchstens durch das Coupé, weil ja nicht immer und überall eitel Sonnenschein herrscht. Aber diese Entscheidung wurde uns ja schon beim Kauf abgenommen.

Zagato for Aston

Nach dem Erstling DB4 GTZ dauert es fast 30 Jahre, bis Zagato wieder einen Aston Martin gestaltet. Seither hat der Mailänder Leichtbau-Spezialist einige faszinierende Kleinserien aufgelegt.