BAIC Beijing X55 (2023)
China-SUV zum Kampfpreis

Der neue BAIC Beijing X55 startet mit umfangreicher Ausstattung und 177 PS starkem Benziner zum Preis von knapp unter 30.000 Euro. Wir waren mit dem SUV unterwegs.

BAIC – nie gehört? Die Abkürzung steht für Beijing Automotive Industry Corporation. Der chinesische Staatskonzern ist auch Joint-Venture-Partner von Mercedes-Benz und zudem größter Einzelaktionär beim Stuttgarter Erfinder des Automobils.

Neu erfunden hat sich der kompakte SUV X55 mit dem Modellwechsel. Bereits der Vorgänger war in Deutschland zu haben, jetzt startet die neue Generation. Sie zeigt sich deutlich gewandelt. Während der X55 bisher ein austauschbares Asia-Design mit viel Chrom-Make-up trug, haben die Gestalter jetzt mit ruhigerer Hand eine moderne Linienführung geschaffen. In den Proportionen schimmert, je nach Blickwinkel, der Mercedes GLC durch, in manchen Details Elemente der koreanischen Marken Hyundai und Kia.

Unsere Highlights

Viel Platz für Menschen, weniger für Gepäck

4/2023, BAIC Beijing X55
Bernd Conrad
Der Fond des BAIC Beijing X55 bietet viel Platz.

Deutlich gewachsen ist das Format des X55, der fortan unter der BAIC-Marke Beijing (Peking) firmiert. Mit einer Länge von 4,62 Metern verlässt er das Kompakt-SUV-Segment und orientiert sich in Richtung Mittelklasse. Unter der großen Heckklappe kommt davon, im wahrsten Sinne des Wortes, nur wenig an. Das Kofferraumvolumen liegt mit 380 Litern auf dem Niveau eines VW Golf, viele SUV-Konkurrenten schlucken deutlich mehr.

Auslegeware ziert nicht nur den doppelten Ladeboden, sondern auch die Seitenwände. Das ist erfreulich, weil somit Kratzer auf Kunststoff beim Ein- und Ausladen von Gepäck vermieden wären. Nach dem Umlegen der Rücksitzlehnen entsteht eine beinahe ebene Fläche.

Im Fond bietet der X55 großzügige Platzverhältnisse. Auch lange Beine kommen gut unter, zumal die Bank ausreichend hoch über dem Innenboden montiert ist. Trotzdem stößt man mit dem Kopf nicht ans Dach, obwohl hier die Mechanik des serienmäßigen Panorama-Glasschiebedachs Platz in Anspruch nimmt.

Bedienhebel im Mercedes-Stil

4/2023, BAIC Beijing X55
Bernd Conrad
Könnten Lenkstockhebel sprechen, hätten diese hier wohl einen schwäbischen Akzent.

Die Oberflächen aus Kunstleder und Mikrofaser-Stoff, dieses Mal nicht von einer Marketingabteilung zum veganen Innenraum hochgedichtet, wirken hochwertig und solide verarbeitet. Das gilt auch für die Kunststoffe im Innenraum. Vorne kann man sich das Mobiliar kühlen und beheizen lassen. Leider drücken Teile der ausgeprägten Seitenwangen an den Sitzen bei großen Menschen an die Schulterblätter. Ein in Höhe und Weite verstellbares Lenkrad hilft dabei, die optimale Sitzposition zu finden.

Leicht ablesbare Digital-Instrumente servieren dem Fahrer alle relevanten Informationen, auch zur Fahrassistenz. Die lässt sich über einen dritten Lenkstockhebel steuern. Das Trio wirkt, als ob man es aus dem Teileregal von Mercedes entnommen hätten. Neben einer adaptiven Geschwindigkeitsregelanlage und Totwinkelwarner ist auch ein Spurhalteassistent an Bord. Bei der Sicherheitsausstattung hat der BAIC Beijing X55 im Vergleich zum Vorgänger deutlich zugelegt.

Etwas trist wirken die Anzeigen auf dem 10,1 Zoll großen Infotainment-Display in der Mittelkonsole. Vor allem bei Sonnenschein ist die Anzeige nicht optimal ablesbar. Der Touchscreen reagiert zum Teil sehr spät auf Befehle. Eine Smartphone-Integration mit Apple CarPlay oder Android Auto ist nicht möglich. Hierfür muss man den Umweg über die Carbit-App gehen oder sich einer stabilen Bluetooth-Verbindung begnügen.

Wacher Benzinmotor, komfortables Fahrwerk

4/2023, BAIC Beijing X55
Bernd Conrad
Der 177 PS starke Vierzylinder-Benziner treibt den X55 ausreichend kräftig voran.

Druck auf den Startknopf. Der Shift-by-Wire-Knauf für die Bedienung des Siebengang-Doppelkupplungsgetriebes flippert auf "D" und die Testfahrt beginnt. Unter der Haube des X55 steckt ein 1,5 Liter großer Turbo-Benziner mit 130 kW / 177 PS. Der Vierzylinder ist gut gedämmt und zeigt sich ausreichend kräftig. Beim zügigen Anfahren überfallen bis zu 275 Newtonmeter die Vorderräder. Hier dürften die Ingenieure gerne nochmal ein wenig Feintuning betreiben.

Unterwegs gefällt der Chinese mit einem gut abgestimmten Fahrwerk, das neben hohem Komfort auch Rückmeldung von der Straßenoberfläche bietet. In Verbindung mit der wachen Lenkung machen sogar Kurvenkombinationen auf verwinkelten Landstraßen Spaß.

Das Getriebe hält stets zuverlässig die richtige Zahnradpaarung parat. Ruppiger zeigt sich der Spurhalteassistent, der oft heftig in die Lenkung eingreift. Er könnte gerne sanfter reagieren.

Auch ohne Ausreizung der 180 km/h Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn meldet der Bordcomputer am Ende der Testfahrten einen Durchschnittsverbrauch von 8,4 Litern auf 100 Kilometern. Wie der WLTP-Wert von 7,9 Liter ist er deutlich höher als bei den meisten Mitbewerbern. Spritsparende Elemente wie eine Elektrifizierung oder zumindest eine Start-Stopp-Automatik fehlen im BAIC Beijing X55.

Der Preis? Knapp unter 30.000 Euro

Sparen lässt sich mit dem chinesischen SUV immerhin beim Neukauf. 29.995 Euro kostet der Neuling, inklusive einer umfangreichen Serienausstattung. Einparksensoren an beiden Enden der Karosserie und eine 360-Grad-Kamerarundumsicht gehören dazu, ebenso 19-Zol-Felgen und das Panorama-Glasschiebedach. Der deutsche Importeur gewährt zudem eine Neuwagengarantie von drei Jahren.

Fazit

Der neue BAIC Beijing X55 ist ein geräumiger SUV mit umfangreicher Ausstattung zum Schnäppchentarif. Im Gegensatz zum Vorgänger ist bei ihm aber nicht nur der Preis ein Kaufgrund. Optik und Verarbeitung wissen ebenfalls zu gefallen. Etwas Feinabstimmung würde dem ruppigen Spurhalteassistent ebenso guttun wie dem Anfahrverhalten. Nichts, was man im Rahmen einer Modellpflege schnell beheben könnte.