BMW 435i Coupé im Fahrbericht
Vierer dynamischer als Dreier?

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Mit einer neuen Typbezeichnung schafft BMW Distanz zum jüngst eingestellten Dreier Coupé. Warum? Weil der 4,63 Meter lange Vierer mehr Dynamik und mehr Luxus bieten soll als der Vorgänger – also auf zu ein paar Runden im BMW 435i.

BMW 435i Coupé, Frontansicht
Foto: Hersteller

Jetzt ist schon wieder etwas passiert: Nach der Umorientierung in Richtung Komfort von BMW Fünfer und Z4 bekam der Dreier – vierrädrige Blaupause aller sportlichen Mittelklasse-Limousinen -, vom Cadillac ATS fahrdynamisch eins übergebraten (Hier geht es zum Vergleichstest Cadillac ATS 2.0 Turbo gegen BMW 328i).

BMW 435i mit überarbeitetem Fahrwerk

Dem Vierer darf das nicht passieren, weshalb BMW das prinzipiell vom Dreier übernommene Fahrwerk nochmals überarbeitet hat. So bleibt es zwar bei der Kombination aus Doppelgelenk-Zugstreben-Vorderachse und Fünflenker-Hinterachse. Vorn allerdings senkten die Techniker die Lenker an den Schwenklagern ab, weshalb das Rollzentrum nun um 19 Millimeter tiefer liegt. Hinzu kommt eine Torsionsstrebe. Hinten wurden im BMW 435i die Elastokinematik geändert und die Anlenkpunkte verschoben.

Unsere Highlights

Wer sich jedoch hinter das bekannte Dreispeichen-Lenkrad setzt, ahnt von dem Ingenieursspektakel noch nichts. Stattdessen registriert er die tiefe Sitzposition sowie die gute Ergonomie, muss sich jedoch noch etwas an den deutlich gewachsenen i-Drive-Controller gewöhnen. Andererseits könnte der Fahrer auf der polierten Oberfläche mit dem Finger Kommandos an das Infotainment kritzeln, doch das beste Infotainment steckt ja meistens unter dem Blech – im Fall des Testwagens handelt es sich um den Reihensechszylinder-Benziner, der 306 PS und 400 Newtonmeter mobilisiert. Wenn der Dreiliter-Motor das macht, dann mit der bekannten, tiefen, beim Ausdrehen heiseren Stimme.

Automatikgetriebe mit exzellentem Timing

Und wie er dreht, der Turbo. Erst bei 7.000/min vergeht dem Direkteinspritzer die Lust, ein Zupfer am rechten Lenkradpaddel lädt den nächsten Gang nach – aha, ein Automatikgetriebe also.

Stimmt, doch der Achtstufen-Automat erledigt seinen Job mit brillantem Timing, kostet allerdings auch 2150 Euro extra. Dafür soll er den BMW 435i Coupé binnen 5,1 Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigen, der Handschalter benötigt drei Zehntel mehr. Fürs Protokoll: Noch schneller geht es mit dem Allradantrieb xDrive (4,9 Sekunden).

Weitere Abschweifungen verhindert eine lose Abfolge von Kurven, die der BMW 435i nun parieren muss. Mit an Bord sind das adaptive M-Sportfahrwerk (1100 Euro extra) und 19-Zoll-Räder mit Notlaufeigenschaften (ab 950 Euro). Auch wenn das Coupé sich leichtes Untersteuern nicht verkneifen kann, im Vergleich zum Dreier wirkt er geradezu aufgekratzt. Gierig klinkt sich der Vierer auf den Lenkbefehl hin in den Radius ein, wankt dabei kaum, kleistert sich zunehmend in den Asphalt.

Lenkbefehle werden unmittelbar beantwortet

Wildes Herumgesteppe auf dem Gaspedal hat nicht etwa heimtückische Lastwechselreaktion zur Folge, sondern schlimmstenfalls Schieben über die Vorderachse. Erst konstant provozierendes Gasgeben überredet die Hinterachse, ihre Haftungsgrenze zu vergessen und geleitet den Vierer in leicht beherrschbares Übersteuern – vorausgesetzt, das DSC wurde zuvor abgeschaltet.

Was auch immer der Fahrer anstellt, er bekommt von der Lenkung die bestmögliche Unterstützung – selbst wenn es sich dabei um die Sportlenkung mit variabler Übersetzung handelt. Das Orchester aus Antrieb und Fahrwerk spielt im Vierer eine voluminöse Sonate der Agilität, leichtfüßig und ernsthaft zugleich schwingt sich der BMW 435i von Kehre zu Kehre, beantwortet jeden Gasstoß, jeden Lenkbefehl, jeden Bremsschlag unmittelbar.

Praktisches Coupé mit Agilität

Der Hersteller behauptet, mit 498 Millimeter verfüge der BMW 435i über die niedrigste Schwerpunkthöhe aller Nicht-M-Modelle, er unterbietet seinen Vorgänger um 20 Millimeter. Gegenüber dem Dreier liegt er – unabhängig vom gewählten Fahrwerk – um 10 Millimeter tiefer. Kurzum: Der Vierer fährt sich so flockig, wie der aktuelle Dreier-Typ eigentlich fahren sollte.

Und das lassen sich die Bayern sicher ordentlich bezahlen? Geht so. Je nach Ausstattung und Motorisierung beträgt der Coupé-Aufschlag keine 500 Euro, denn Bixenon-Scheinwerfer und 17-Zoll-Räder sind bei allen Vierern (zunächst: 420d, 428i, 435i, später folgen 420i, 430d und 435d) serienmäßig. Selbst im Alltag fordert das Coupé überschaubare Kompromisse. Zugegeben, ein Wunder an Federungskomfort gelang BMW nicht, aber das erwartet angesichts der Agilität ja auch niemand. Andererseits bietet der Kofferraum immerhin 425 Liter Volumen und lässt sich über die im Verhältnis 40:20:40 geteilt umlegbare Rücksitzlehne variabel erweitern.

Jetzt ist also doch wieder etwas passiert: BMW baut mit dem BMW 435i ein praktisches Coupé. Schön, dass es sich nicht so fährt.

Technische Daten
BMW 435i Coupé
Grundpreis50.250 €
Außenmaße4638 x 1825 x 1362 mm
Kofferraumvolumen445 l
Hubraum / Motor2979 cm³ / 6-Zylinder
Leistung225 kW / 306 PS bei 5800 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
Verbrauch7,2 l/100 km