Ferrari Roma
Mondial-Nachfolger für Aston-Fahrer

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Nicht einfach nur ein neuer Ferrari. Sondern ein Modell, das keinen direkten Vorgänger hat: der Roma, ein supersportliches Coupé mit zwei Notsitzen im Fond. Formel 1 im Abendanzug, sagen sie bei Ferrari, das neue Dolce Vita auf vier Rädern. Und wie fährt er nun, der neue Ferrari?

Ferrari Roma Fahrbericht (2020)
Foto: Roberto Carrer/Ferrari

Es ist bei diesem Ferrari so wie mit vielen guten Designs: Wenn du davorstehst, wirkt der Wagen erst richtig: elegant und doch kompakt, muskulös, skulptural und selbstbewusst. Und er zeichnet sich durch bemerkenswerte Bescheidenheit im Umgang mit Ferrari-Schriftzügen, Wappen und Symbolen aus. Klar, hinten steht Ferrari drauf, vorn lassen sich ein kleines gelbes Wappen und ein Cavallino finden, doch das war's auch schon.

Weniger echte Knöpfe – schade

Ferrari Roma Fahrbericht (2020)
Roberto Carrer/Ferrari
Keine Zweifel, wo man sitzt: Zwei Roma-Schriftzüge, einer davon digital.

Drinnen kommen weniger Zweifel auf: Ein großer Ferrari Roma-Schriftzug begrüßt die Einsteigenden vom zentralen Infodisplay. Instrumentenanordnung und Bedienung sind ebenfalls neu, doch nach wie vor ist das Lenkrad die zentrale Bedieneinheit. Mit einigen Neuerungen freilich, über die man nach intensiverer Bekanntschaft geteilter Meinung sein kann. Kapazitative Tasten haben sich auch den Lenkradspeichen breit gemacht. Man kann nicht sagen, sie wären an früheren Ferrari-Modellen vermisst worden.

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Auch das sei vorweg verraten: Der Roma bietet so viel Unterhaltungspotential, dass man sich nur eher selten versucht sieht, mit den neuen Tasten zu spielen. Sie werden nur benötigt, wenn man (rechts) durch die Menüs von Bordcomputer, Navi oder Fahrzeugeinstellungen oder (links) adaptiver Geschwindigkeitsregelung blättert. Mit einer Ausnahme: Der Startknopf wurde ebenfalls zur Wischfläche. Und das darf man ruhig ein wenig bedauern, etwas mechanisches Feedback beim Starten hätte dieser grandiose Achtzylinder schon verdient.

Er springt nach zweimaligem Betouchen der entsprechenden Fläche an, vernehmlicher als erwartet, verfällt aber bald in einen leisen, brummeligen Leerlauf.

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Hätte ein La-Dolce-Vita-Auto wie der Ferrari Roma nicht einen V12-Motor gebraucht.
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Aber hallo, alles andere ist nicht unbeschwert und genussvoll genug.Auf gar keinen Fall - ein V8-Turbo ist heutzutage genug Dolce Vita.

Die hilfreiche Ferrari-Boxencrew gibt Tipps, etwa wegen der zu Beginn der Route etwas rutschigen Straßen am besten im "Wet"-Modus loszufahren. Wird gemacht. Die Modi werden im Roma wie bei den sportlicher orientierten Ferrari-Modellen per Manettino am Lenkrad angewäht. Fünf Stufen stehen zur Verfügung: Wet, Comfort, Sport, Race und ESC off.

Hier im Piemont kämen wir mit Wet und Comfort gut über die Hügel, Sport und Race werden später kurz angetestet. Eine Sprachbedienung gibt es jetzt ebenfalls, sie reagiert auf das Kommando "Ciao Ferrari". Haben wir nicht ausprobiert, ebenso wenig wie die adaptive Geschwindigkeitsregelung.

Sportlich knapper Innenraum im Ferrari Roma

Viel freudespendender scheint es da, sich mit der Hardware des Roma auseinanderzusetzen. Mit dem 620 PS starken Achtzylinder aus der hauseigenen Motorenfamilie F154, dem Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern und ausgewogener Gewichtsverteilung. Und dem ganzen Rest dieses neuen Ferrari.

Zu den Dingen, die sie gut hinbekommen in Maranello, zählt das Zitieren historischer Vorbilder nicht in ödes Retro-Getue ausufern zu lassen. Das geschieht meist mit scheinbaren Nebensächlichkeiten. So etwa mit jener, mittels der heimeligen Enge des Cockpits das Gefühl zu vermitteln, etwas zu groß für dieses Auto zu sein.

Auch der Roma bietet vorn nicht mehr Platz als unbedingt erforderlich, der Verstellbereich der vergleichsweise zierlichen Sessel erweist sich als eher bescheiden – vermutlich wegen der Rückbank-Rudimente, die bestenfalls als Kindersitze taugen.Immerhin können sie fernentriegelt vorklappen, was den ansonsten 270 Liter großen Kofferraum um einiges vergrößert. Ein richtig praktischer Ferrari also, in dem man auch ruhig mal ein Snowboard oder die berühmten Golfbags mitnehmen könnte.

Eine weitere Neuerung, hatte die Boxencrew erklärt, sei die Schaltereinheit für Getriebefunktionen. Sie zitiert, siehe oben, die berühmte Ferrari-Schaltkulisse früherer Jahre. Heute kann hier der Rückwärtsgang eingelegt sowie zwischen den Getriebemodi A wie Automatik und L wie Low hin und her geswitched werden.

Die Elektronik wacht über den Fahrer des Ferrari Roma

Ferrari Roma Fahrbericht (2020)
Roberto Carrer/Ferrari
In den Weinbergen der Langhe wachsen berühmte Rebsorten.

Zum Einlegen des ersten Ganges gilt es wiederum die rechte Schaltwippe zu zupfen. Machen wir. Draußen ziehen die Weinberge der Langhe im südlichen Piemont vorbei und Ortsnamen, wie sie sonst nur auf Flaschenetiketten in wohlsortierten Weinhandlungen auftauchen: Barolo, Barbaresco, Serralunga oder Monforte d’Alba.

Und die Straßen sind tatsächlich etwas rutschig. In der ersten Kehre wischt das Roma-Heck übermütig nach links, die verzweigten Assistenten fangen es rascher wieder ein, als man gegenlenken könnte. Da muss noch etwas mehr gehen, Manettino auf Comfort. Die nächste Kehre, ein ähnliches Spiel. Diesmal geben die Assistenten dem Fahrer etwas mehr Gelegenheit, sich wichtig zu fühlen, Heckschlenker, leichte Lenkkorrektur, kurzes Aufblitzen der gelben Traktionslampe, weiter geht’s. FDE (Ferrari Dynamic Enhancer) heißt das dafür verantwortliche System. Zusammen mit dem ESP sorgt es dafür, den Gierwinkel um die Hochachse zu kontrollieren. Das geschieht durch unmerkliche Bremseingriffe an einzelnen oder mehreren Rädern und funktioniert sogar im Race-Modus – ein weiteres Novum im Roma.

Bereits mit kaum mehr als Halbgas fliegt der Ferrari bergauf, knapp vor 6000 wird der nächste Gang reingewippt. Die nächste Kehre, anbremsen, einen Gang runterschalten, einlenken, Gas. Was dabei auffällt: wie gleichmäßig und punktgenau die serienmäßige Karbonkeramikbremsen zu dosieren sind. Dass hier ein Brake-by-Wire-System zum Einsatz kommt, ist im normalen Straßenbetrieb nicht zu erfühlen.

Gut nutzbare Höchstleistung

Ferrari Roma Fahrbericht (2020)
Roberto Carrer/Ferrari
Leistung ist immer da, jederzeit. Doch trotz 620 PS wirkt der Roma nie übermotorisiert.

Das passt zu diesem Ferrari. Als ähnlich gut erfahr- und auslotbar erweist sich dabei der enorm leistungsfähige Antrieb. 620 PS und 760 Nm zwischen 3000 und 5750 Umdrehungen, das liest sich sehr eindrucksvoll, doch tatsächlich wirkt der Roma nie übermotorisiert. Überholmanöver schüttelt der V8 blitzschnell von der Kurbelwelle. In nur 3,4 Sekunden soll der Wagen auf 100 km/h beschleunigen, das glaubt man sofort, ohne es überprüfen zu müssen.

Leistung ist immer da, jederzeit. Und sollte der Fahrer es mal etwas übertrieben haben, dann bügeln die ausgeklügelten Fahrassistenten es aus, schnell und diskret, so wie aufmerksame Hausangestellte nach einem ausgeuferten Partyabend der Herrschaften die Spuren am nächsten Morgen beseitigen.

Der Ferrari Roma kann auch entspannt

Er sei kaum mehr als eine Coupé-Version des Portofino, hieß es im Vorfeld von einigen, die es zu wissen meinten, über den Roma. Stimmt nicht ganz. Über 70 Prozent der Teile seien im Vergleich zum Portofino neu entwickelt, sagen sie bei Ferrari. Mag sein, doch viel wichtiger: Der Roma fährt sich ganz anders, sportlicher, exakter und aufregender. Du sitzt anders drin, tiefer, versammelter. Und die Welt sieht anders aus, wenn du zwischen den sich hochwölbenden Kotflügeln die Ideallinie anpeilst. Was ihn mit dem Portofino verbindet: Er ist ein Ferrari, der dich in Ruhe lässt, wenn du mit ihm einfach nur ankommen willst. So wie auf den letzten Kilometern der 350 km langen Langhe-Piemont-Ausfahrt. Dann bummelt er im sechsten Gang mit 55 km/h über die Dörfer, lässt dir die Mühe, in Bordcomputer-Menü oder Entertainment-Einstellungen zu blättern und deinen Gedankengängen nachzuspüren.

Ferrari Roma Fahrbericht (2020)
Roberto Carrer/Ferrari
Ruhige Fahrweise ist für den Roma auch kein Problem.

So wie diesem hier: Ferrari, Achtzylindern, Viersitzer, da war doch was. Jetzt wissen wir es, und vielleicht hören sie das bei Ferrari gar nicht so gern: Der Roma ist ein später Nachfolger des Mondial. Der ungeliebte Mittelmotor-2+2 wurde zwischen 1980 und 1993 rund 6000 mal in verschiedenen Versionen gebaut und war seinerseits Nachfolger des kantigen Dino 308 GT/4, der sich erst ab 1977 Ferrari nennen durfte.

Das sage ich der Boxencrew, die den Ferrari am Ende der Fahrt entgegennimmt, natürlich nicht. Gewitterwolken hängen inzwischen über Piemont, sie suchen sich zwischen Mittelmeer und Alpenkette einen Weg nach Osten. Das Portofino-Rot des Lacks glänzt etwas dunkler als vorher im hellen Sonnenlicht. "Das ist mehr als ein Auto, das ist ein Kunstwerk" hatte kurz vorher ein älterer Herr gesagt, der während einer Espressopause am Straßenrand den Roma bewundert hatte: "E piu di un'auto, questa e un'opera d'arte", selbst das klingt auf Italienisch schöner.

Fazit

Der Roma ist ein wirklich wunderschöner, fahrspaßintensiver GT geworden. Wer ihn kaufen soll für knapp 195.000 Euro? Natürlich treue Ferrari-Kunden, doch auch Kunden, die vorher Porsche, Mercedes oder Aston Martin fuhren. Kann sein, dass das mit dem schönen Roma ganz gut klappen wird.

Technische Daten
Ferrari Roma
Grundpreis212.147 €
Außenmaße4656 x 1974 x 1301 mm
Kofferraumvolumen272 bis 387 l
Hubraum / Motor3855 cm³ / 8-Zylinder
Leistung456 kW / 620 PS bei 5750 U/min
Höchstgeschwindigkeit320 km/h
Verbrauch10,3 l/100 km