JAC e-JS4
Darum kann man dieses E-Auto nicht kaufen

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Der JAC e-JS4 zeigt im Fahrbericht seine Vor- und Nachteile. Außerdem wird klar, warum man dieses Elektroauto aktuell in Deutschland nicht kaufen kann.

1/2023, JAC e-JS4
Foto: Bernd Conrad

Das ovale Logo erinnert beim flüchtigen Blick an Ford oder das bisherige Kia-Emblem. Es klebt an Front und Heck eines unauffälligen Kompakt-SUV-Crossovers. Marktschreierisch wirkt das weiße Elektroauto aus China also nicht, mit dem wir unterwegs sind. Es ist der JAC e-JS4. Das erste Exemplar seiner Art ist aktuell zu Evaluierungszwecken beim Importeur Indimo Automotive im Einsatz. Dort kümmert man sich um die Vermarktung des Benziner-Pickups JAC T8 Pro. Elektroautos könnten folgen.

Der große E-Ratgeber

Wer ist JAC? Die chinesische "Anhui Jianghuai Automobile Co." mit Sitz in Hefei, die unter diese Namen seit 1999 Autos baut, geht auf ein im Jahr 1964 gegründetes Unternehmen zurück. Neben der Produktion von eigenen Autos ist JAC im Rahmen eines Joint-Ventures mit Volkswagen verbandelt. Der JAC e-JS4 ist eine Eigenentwicklung der Chinesen. Die kryptische Bezeichnung mit dem vorangestellten "e" lässt es schon vermuten: Das E-Auto basiert auf einer Verbrenner-Plattform, auch gut erkennen am langen vorderen Überhang.

Das Design des 4,41 Meter langen e-JS4 erinnert in Details wie den Lichtgrafiken an Front und Heck an Hyundai und Citroën, wirkt aber dennoch nicht wie ein Abklatsch. Zusammen mit dem wenig aussagekräftigen Logo fährt man auch im Einzelstück auf deutschen Straßen somit auffallend unauffällig umher.

Unter dem Blechkleid steckt ein geräumiges Interieur. Vor allem im Fond bietet der JAC e-JS4 viel Beinraum. Unter dem Panorama-Glasschiebedach ist aber die Kopffreiheit für große Passagiere recht knapp bemessen. 520 Liter fasst der Kofferraum. Das Gepäck muss aber über eine hohe Ladekante in die Höhle hinter der Heckklappe gestemmt werden. Wird die geteilte Lehne der Rücksitzbank umgeklappt, entsteht eine hohe Stufe.

Moderne Connectivity, ruppiges Fahrverhalten

1/2023, JAC e-JS4
Bernd Conrad
Das Cockpit wirk zeitgemäß. Apple CarPlay und Android Auto sind an Bord.

Inkonsequenz in der ersten Reihe: Der Fahrersitz ist elektrisch in der Länge einstellbar, die Lehne muss – ebenso wie der Beifahrersitz in beiden Fällen – manuelle justiert werden. Eine ideale Position verhindert das zwar in der Höhe, aber nicht in der Tiefe verstellbare Lenkrad. Immerhin sorgt ein recht tiefer Fußraum dafür, dass man als großer Fahrer den Sitz nicht allzu weit nach hinten stellen muss, die Arme können also leicht angewinkelt bleiben.

Das Cockpit mit den digitalen Instrumenten ist gut ables- und bedienbar. Berührungssensitive Flächen in der Mittelkonsole erlauben eine direkte Steuerung von Klima- und Audiofunktionen. Darüber steht ein Touchscreen-Display auf der Mittelkonsole. Bei chinesischen Autos noch nicht alltäglich: Auch die Smartphone-Schnittstellen Android Auto und Apple CarPlay sind an Bord.

Wir starten zur Testfahrt im JAC e-JS4. Schon in den ersten Augenblicken wird klar: Das Antriebssystem braucht noch Feinabstimmung. Der Elektromotor treibt mit bis zu 142 kW (193 PS) und einem Drehmoment von 340 Newtonmeter die Vorderräder an. Klingt gut, ist aber ruppig umgesetzt. Tritt man, egal ob aus dem Stand oder in Fahrt, auf das rechte Pedal, passiert erst einmal nicht viel. Dann überfällt das Drehmoment plötzlich die Michelin-Reifen. Es reicht eine leicht feuchte Straße, um sie den Grip verlieren zu lassen. Ärgerlich ist das beim Abbiegen und Einsortieren in den fließenden Verkehr und beim Herausbeschleunigen aus engen Kurven. Eine Traktionskontrolle ist an Bord. Sie tritt aber etwas spät auf die Bühne und regelt dann rigoros den Vortrieb herunter.

Wenig feinfühlig zeigen sich auch die gefühllose Lenkung und die Umstellmöglichkeit der Fahrmodi. Wechselst man, erreichbar über kleine Icons auf dem Touchscreen-Monitor, vom Eco- und den Normalmodus, geht sogar ohne Fuß auf dem Fahrpedal ein spürbarer Ruck durch Auto. Jetzt soll der Antrieb also etwas wacher sein. Auf der Autobahn lässt sich eine elektronisch begrenzte Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h realisieren.

Wenig Leistung am Schnellllader

1/2023, JAC e-JS4
Bernd Conrad
Der Akku im JAC e-JS4 hat eine Speicherkapazität von 65,7 kWh.

Außerdem kann man über das entsprechende Menü im Infotainmentsystem eine höhere Stufe der Energie-Rekuperation einstellen. Zu spüren ist davon aber nichts. Um Tempo abzubauen, muss man stets das Bremspedal betätigen. Immerhin ist der Übergang von Rekuperation zur Arbeit der mechanischen Bremse sauber abgestimmt.

24 kWh Strom pro 100 Kilometer verbraucht der JAC e-JS4 laut Bordcomputeranzeige seit dem ersten Start des Autos. Eine Rückstellmöglichkeit fehlt. Der Normwert wird mit 17,6 kWh angegeben. In Betracht des Bordcomputer-Werts ermöglicht der 65,7 kWh große Lithium-Ionen-Akku eine Reichweite von rund 270 Kilometern – wenn man den Akku leer fahren würde (was in der Realität kaum jemand macht).

Überschaubarer als der Stromverbrauch ist die Ladeleistung: 70 kW sollen über den CCS-Anschluss am Schnelllader möglich sein, in 45 Minuten sollen 80 Prozent Füllstand erreicht werden. Aber nur dann, wenn man mit 30 Prozent "State of Charge" an die Säule gekommen ist. Wechselstrom kann dreiphasig mit bis zu 11 kW geladen werden.

Eine Geschwindigkeitsregelanlage ist an Bord, ihr fehlen aber Sensoren zum Halten des Abstands. Totwinkelwarner oder einen aktiven Spurhalteassistenten mit Eingriff in die Lenkung sucht man vergebens.

Das könnte der JAC e-JS4 kosten

1/2023, JAC e-JS4
Bernd Conrad
Nach aktueller Kalkulation ist der JAC e-JS4, angesichts der gebotenen Leistung, deutlich zu teuer. Ein Marktstart ist ungewiss.

Der Chinese bietet viel Platz, eine auf den ersten Blick gute Verarbeitung und ein verbesserungswürdiges Fahrverhalten. Klingt nach einem typischen Schnäppchen, bei man wegen des günstigen Preises über die ein oder andere Schwäche hinwegsehen kann?

Jetzt kommt die Achillesferse des Autos und des ganzen Plans, dieses hierzulande anzubieten. Nach Aussagen des Importeurs ist der e-JS4 beim Einkauf so teuer, dass man mit den Kosten für die Verschiffung, Zoll, Einfuhrumsatzsteuer, Garantierückstellungen und Co. kaum einen wettbewerbsfähigen Preis kalkulieren kann. Nach aktuellem Stand müsste der elektrische JAC 47.590 Euro kosten. Also ist er haarscharf so kalkuliert, dass man mit einem Netto-Preis von unter 40.000 Euro die maximale Höhe der Umweltprämie abstauben könnte. In der Bafa-Liste (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) der förderfähigen Autos ist er mit 39.995 Euro (netto) aufgeführt.

Was nichts daran ändert, dass man den e-JS4 aktuell in Deutschland nicht kaufen kann. Angesichts eines wachsenden Umfelds starker Konkurrenz von neuen und etablierten Marken ist der JAC in der hier präsentierten Form schlicht einige tausend Euro zu teuer. Fraglich ist, ob der Hersteller in China nachlegt. Entweder beim Preisnachlass oder bei Antriebstechnologie und Ladeleistung. In der Schweiz (die kein EU-Land ist) wird das Modell, von einem lokalen Importeur, für 34.989 Franken (rund 35.400 Euro)

Fazit

Das chinesische Elektroauto JAC e-JS4 bietet eine moderne Multimedia-Ausstattung und viel Platz. Das war es aber schon mit den Vorteilen. Die Defizite bei der Fahrassistenz und der Abstimmung des Antriebssystems sind für den aktuell kalkulierten Preis zu groß. So lässt sich das Modell in Deutschland nicht erfolgreich vermarkten.