Jaguar F-Type R Coupé im Fahrbericht
Mit dem stärksten Jaguar über die Nordschleife

Das Auto: Ein 550 PS starkes Jaguar F-Type R Coupé. Die Strecke: Nürburgring Nordschleife. Die Jahreszeit: Hochsommer. Klingt nach nahezu perfekten Bedingungen. Aber irgendwie kommt es ja doch immer anders.

Jaguar F-Type R Coupé Nürburgring
Foto: Stefan Baldauf

Natürlich zählt ein Jaguar F-Type Coupé zu den Traumwagen unserer Zeit, in der Top-Version R mit mächtigem V8-Kompressor-Triebwerk sowieso. Selbst Menschen, deren Begeisterungsfähigkeit für Autos nur knapp über dem von Fructanern liegt, gehen vor dem Briten aufgrund des Designs und des Klanges in die Knie.

Obszönes Drehmoment von 680 Nm

Doch jetzt, ja jetzt, als warmer Sommerregen auf die Windschutzscheibe prasselt, da wäre ein anderes Auto recht. Eines, dessen Motor beide Achsen antreibt und nicht sein obszönes Drehmoment von 680 Newtonmeter allein auf die hintere loslässt. Na ja, und gar soviel Leistung wäre auch nicht nötig. Warum? Ach so, ja. Vor der Schnauze des Jag gähnt gerade der Hatzenbach-Bogen, sozusagen der Auftakt zum Ritt über die 20,832 Kilometer lange, schönste Achterbahn der Welt diesseits alberner Freizeitparks – die ja hier in der Eifel auch nicht weit sind. Einer zumindest. Egal. Auf der Anfahrt zur Quiddelbacher Höhe steht das Wasser, das kann ja heiter werden. Immerhin rollt das Jaguar F-Type R Coupé auf 20-Zoll-Pirelli-Reifen mit üblichem Profil, nicht auf irgendwelchen handgeschnitzten Semislicks. Damit muss sich nun die Porsche GT2- und GT3-Meute rumärgern, die sich im Rahmen des sport auto-Perfektionstrainings gerade über den Streckenabschnitt Schwedenkreuz zittert (Wenn Sie einmal auf der Ideallinie über die Nordschleife fahren möchten, können Sie sich hier für das sport auto-Perfektionstraining anmelden).

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Jaguar F-Type R lässt sich prächtig dirigieren

Der Jaguar zieht vorbei, es gäbe also noch weniger geeignete Autos für dies Bedingungen. Na ja, weniger geeignete Reifen zumindest. Beim zaghaften Anbremsen auf die Aremberg-Kurve (bei Nässe gerne auch mal innen, dort ist es etwas weniger rutschig als außen) sprotzelt der V8 verboten rattig aus seinen vier Endrohren, was er jedoch nur macht, wenn der Dynamik-Modus aktiviert ist. Dieser schärft zusätzlich die Gas-, Getriebe-, Dämpfer- und ESP-Kennlinie. Doch die Achtgang-Automatik lässt sich ohenhin gerade vom Fahrer die Gänge diktieren, lässt sich allerdings nicht den Kickdown abgewöhnen. Und das ESP arbeitet im Track-Modus, der noch etwas mehr Schlupf zulässt, was insofern sinnvoll ist, da die Elektronik in den üblichen Regelalgorithmen erst spät wieder die Leistung frei gibt.

So jedenfalls lässt sich das Jaguar F-Type R Coupé prächtig über den patschnassen Asphalt dirigieren, zumindest dann, wenn der rechte Fuß gelernt hat, das Gaspedal wirklich nur sehr sanft zu bedienen. Das Heck zuckt leicht, die Lenkung bietet ausreichend Rückmeldung, um gezielt zu reagieren. Andere Sportwagen bieten hier aber noch mehr Vertrauen. Warum so zaghaft? Da regt ja schon die Frage auf, ein Blick auf das Datenblatt reicht: Fünf Liter Hubraum, acht Zylinder, Vortex-Kompressor, 550 PS, 680 Nm bei 2.500 Umdrehungen – da kommt selbst das elektronisch geregelte Differenzial mit bis zu 100 Prozent Sperrwirkung an der Hinterachse schon mal an seine Grenzen.

Die 1,7 Tonnen sind nicht zu kaschieren

Ab Metzgesfeld jedenfalls lässt der Regen nach, die Fahrbahn trocknet ab, und ab der Haarnadel-Links im Wehrseifen muss auf Nässe keine Rücksicht mehr genommen werden. Bedrohlich brüllend hält das Jaguar F-Type R Coupé auf die Brücke Breidscheid zu, jenseits des Fangzauns werden Fotohandys gezückt, die Keramikbremse lässt sich bestens dosieren und packt kräftig zu. In die engen rechts bergauf (Ex-Mühle) lenkt der F-Type agil ein, zeigt besten Grip an der Vorderachse. An der Hinterachse weniger, also Vorsicht mit dem Gas, leichtes Leistungsübersteuern, und weiter geht’s Richtung Lauda-Eck und Bergwerk.

Neben dem eigentlichen Fahrwerk mit aus Aluminium gefertigten Doppelquerlenkern und adaptiven Dämpfern rundum soll auch ein über die Regelelektronik generiertes Torque Vectoring, als das Abbremsen der kurveninneren Räder, ein agiles Fahrverhalten generiert werden. Grundsätzlich gelingt das ziemlich überzeugend, da nichts von störenden Eingriffen zu spüren ist und der mechanische Grip selbst auf den nur noch wenigen welligen Passagen (wie beispielsweise am Beginn Hatzenbach) recht hoch liegt. Dazu trägt sicher auch die hohe Steifigkeit der Karosserie bei, in der ja noch immer über die Verstrebungen der offenen Variante stecken. Nur eines gelingt dem Setup nicht: Das stattliche Gewicht von rund 1,7 Tonnen des mit 4,47 Meter Länge recht kompakten Jaguar F-Type R Coupé gänzlich zu kaschieren.

Vor allem beim Bremsen schiebt es spürbar und an der langen Bergauf-Passage in Richtung Hohe Acht bleibt die erwartete Leistungsexplosion des zornigen Achtzylinders aus – wenngleich das Tempo hoch bleibt, sehr hoch. Doch das nützt jetzt es‘ nichts, denn im Galgenkopf zieht Nebel auf. Natürlich wäre es unter diesen Bedingungen mit einem anderen Auto leichter. Noch besser: Das Wetter könnte einfach besser sein. Doch in jeder Heldengeschichte über die Nordschleife tauchen die wechselhaften Bedingungen mindestens einmal auf. Also sollte man mit ihnen umgehen können – auch in einem echten Sportwagen.

Technische Daten
Jaguar F-Type R Coupé R
Grundpreis106.800 €
Außenmaße4470 x 1923 x 1308 mm
Kofferraumvolumen320 l
Hubraum / Motor5000 cm³ / 8-Zylinder
Leistung405 kW / 550 PS bei 6500 U/min
Höchstgeschwindigkeit300 km/h
Verbrauch10,7 l/100 km