Kia Xceed Plugin-Hybrid im Praxis-Check
PHEV - wirklich eine Mogelpackung?

Was können PHEV im Alltag? Mit dem neuen Kia XCeed haben wir nachgeprüft, wo die Vor- und Nachteile dieser Technik liegen und wie praxistauglich der Elektroantrieb tatsächlich ist.

Kia X-Ceed PHEV 2020 Fahrbericht
Foto: Julia Karbaumer

Oft werden Plugin-Hybrid-Fahrzeuge als Mogelpackung und Alibi-Veranstaltung geschmäht. Als Steuersparmodelle ohne Praxisnutzen, da ohnehin nie jemand das Ladekabel ansteckt. Im Praxistest wollten wir diesen Vorwürfen nachgehen. Wie praktisch, dass mit dem Kia XCeed PHEV gleich ein ganz neues Modell für den Alltags-Check zur Verfügung stand.

Bei Kia begann die Elektrifizierungs-Geschichte 2013 mit dem Optima Hybrid. Seitdem hat sich der Hersteller nach und nach zum Elektro-Vollsortimenter entwickelt. Neben den Verbrenner-Modellen haben die Koreaner gleich sieben verschiedene HEV, PHEV und EV-Modelle im Angebot; der XCeed PHEV ist das neueste Plug-in-Pferd im Stall.

Unsere Highlights

Der XCeed setzt auf bekannte Kia-PHEV-Technik

Kia geht das Thema Plugin-Hybrid kostennüchtern an und verwendet auch im Crossover der Ceed-Familie dasselbe PHEV-Päckchen, das bereits im Niro und im Ceed Sportswagon anzutreffen ist. Freude am Sparen wird dabei klar gegenüber der am Fahren priorisiert, denn mit 141 PS Systemleistung ist der XCeed PHEV gegenüber Stecker-Kollegen anderer Hersteller eher zurückhaltend motorisiert. Die in zwei Module aufgeteilte Traktionsbatterie – eines im Tiefparterre des Laderaums, eines unter den Rücksitzen – hält mit einer Kapazität von 8,9 kWh eine überschaubare Energiemenge bereit, sie muss aber auch keinen Kraftprotz speisen: Mit 44,5 kW beteiligt sich die Elektromaschine am Antriebsgeschehen.

Kia X-Ceed PHEV 2020 Fahrbericht
Torsten Seibt
Der Antrieb ist bei der Leistung eher zurückhaltend, 44 kW leistet der E-Motor.

Diese Auslegung bringt allerdings auch klare Vorteile im Bezug auf die Reichweite: Das Komponenten-Gewicht bleibt niedrig; so wiegt der XCeed Plug-in-Hybrid mit 1.519 Kilo (Werksangabe) nur wenig mehr als die vergleichbar ausgestatteten Verbrenner-Modelle der Baureihe. Und der Elektroantrieb bleibt gegenüber kräftigeren und schwereren Wettbewerbern sparsamer.

Im XCeed PHEV geht es eher gemütlich voran

Gleichzeitig ergibt das allerdings auch eine elektrische Fortbewegung, die weit entfernt von den euphorisch gefeierten Kraftexplosionen leistungsstarker E-Autos ist. Für den Praxistest mit der Vorgabe, möglichst ausschließlich im E-Modus zu fahren, bedeutete das eine ziemlich besinnliche Art des Reisens. In der Ebene und im innerstädtischen Verkehr geht es ausreichend "flott" voran, auch Landstraßen-Tempo von 100 km/h ist nach reichlich Anlauf darstellbar. Wer allerdings nicht gerade in der norddeutschen Tiefebene wohnt und im üblichen Tagesprogramm auch die eine oder andere Steigung zu bewältigen hat, wird mit dem Kia XCeed Plug-in-Hybrid im Elektro-Modus die Entschleunigung auf einem neuen Level erleben.

An Steigungen ist es mit dem Kia PHEV generell ein sehr gefühlvoller Balance-Akt, um einerseits nicht auf Moped-Tempo abzufallen und andererseits dem Benziner keinen Arbeitsauftrag zu erteilen. Während bei PHEV anderer Anbieter ein klarer "Kickdown"-Schaltpunkt vor dem Zuschalten des Verbrenners steht, genügt dem Kia-Paket bereits eine hohe Leistungsabforderung, um in den Hybrid-Modus mit zwei Antriebsquellen zu wechseln.

Kia X-Ceed PHEV 2020 Fahrbericht
Torsten Seibt
Das Cockpit entspricht dem Kia-Standard.

Fahrwerkseitig hätte der Plugin-Hybrid von Kia dabei durchaus das Potenzial für deutlich mehr Leistung. Die eher straffe Abstimmung mit leichten Stößel-Defiziten bei kurzen Unebenheiten erlaubt prinzipiell auch eine sportliche Fahrweise mit wenig Seitenneigung und präzisem Handling. Dazu passen die straffen und bequemen Sitze mit definiertem Seitenhalt. Wenn der Antrieb leistungsmäßig mitspielen würde, wäre der Kia XCeed Plugin-Hybrid ein spaßiger Kurvenwedler.

Die Ladetechnik fällt beim XCeed PHEV konservativ aus. Kia hat lediglich einen einphasigen Bordlader verbaut, was auch an Ladesäulen mit mehr Leistung die Energieaufnahme auf 3,4 kW begrenzt. Eine volle Ladung des leergefahrenen Akkus zieht sich so auf rund drei Stunden hin. Das ist zu langsam, um bei Überland-Etappen "mal schnell" Strom nachzutanken. Bei einem ausgedehnten Einkaufsbummel lohnt es sich dennoch, die Fahrbatterie mit ein paar Extra-Watt aufzufrischen.

Die elektrische Reichweite genügt im Alltag

Die werkseitig angegebene Reichweite von 58 Kilometer im rein elektrischen Modus ist nicht übermäßig euphorisch und entspricht auch der Anzeige im Auto bei vollgeladenem Stromspeicher. Tatsächlich erreichte der XCeed PHEV diese Reichweite im Praxistest relativ genau, solange große Verbraucher (allen voran die Klimatisierung) ausgeschaltet bleiben. In der kalten Jahreszeit mit notwendig zugeschalteter Heizung kann man dagegen eher von rund 40 Kilometern möglicher Elektrofahrt ausgehen.

Kia X-Ceed PHEV 2020 Fahrbericht
Torsten Seibt
Der Beweis nach einer Woche im Praxistest: 364 nahezu rein elektrisch zurückgelegte Kilometer.

Trotzdem genügte diese Reichweite im Alltag erstaunlich gut. Die üblichen Fahrten – zum Arbeitsplatz, den Nachwuchs zum Musikunterricht bringen, der Wochenendausflug ins Grüne oder die üblichen Shopping-Touren – ließen sich im Praxistest problemlos darstellen. Nur zwei Mal ging es sich um Haaresbreite nicht aus und der Benziner sprang kurz vor der heimischen Wallbox (Akkustand-Anzeige 10 Prozent) dem Elektromotor zur Seite. Mit konsequentem Nachladen bei jeder Gelegenheit ergab sich zum Schluss dennoch ein beeindruckender Wert: 0,1 Liter Benzinverbrauch attestierte der Bordrechner nach einer Woche und 364 Kilometer Wegstrecke.

Der Kia XCeed im Vorstellungs-Video (2019)

Laut einer Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes liegt die durchschnittliche jährliche Fahrstrecke eines Pkw in Deutschland bei rund 13.700 Kilometern – Diesel mehr, Benziner weniger. Mit den 364 in einer Woche im Kia XCeed PHEV nahezu komplett elektrisch zurückgelegten Kilometern errechnet sich jedoch eine Jahresfahrleistung von fast 19.000 Kilometern. Damit stellt der XCeed Plug-in-Hybrid deutlich klar, dass diese Antriebsform ihre Berechtigung hat. Dass der Elektroantrieb auf Langstrecken wie etwa Urlaubsfahrten nur noch in Form eines Standard-Hybridantriebs unterstützt, ist dabei natürlich auch klar. Doch auf solchen langen Fahrten muss der PHEV-Besitzer dafür nie nach Ladesäulen am Wegesrand Ausschau halten, wie es bei einem rein elektrisch betriebenen Fahrzeug der Fall wäre.

Klar ist aber auch: Als PHEV-Fahrer muss man sich auf diese Antriebsart einstellen. Dynamik-Ansprüche zurückschrauben, jede Gelegenheit zum Strom tanken nutzen und im Idealfall an einem täglich genutzten Stellplatz eine Wallbox verfügbar haben.

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PHEV, auch mal länger rein elektrisch fahrenHybrid, sparsam genug und günstiger beim Kauf

Fazit

Das von Plugin-Hybrid-Kritikern gern genutzte Argument, die Teilzeitstromer seien nur ein Alibi für Steuersparer, hat der Kia XCeed PHEV stellvertretend für diese Fahrzeugklasse eindrucksvoll widerlegt. Und das selbst mit seinem sehr gemütlichen E-Antrieb, der auf längeren Überland-Etappen eine gewisse mentale Stärke verlangt, um nicht das Pedal durchzudrücken und den Benziner zu Hilfe zu rufen. Andere, auf der E-Seite kräftiger motorisierte Plug-in-Hybride werden damit erst recht zur brauchbaren Alltags-Alternative zum teuren Elektroauto.

Technische Daten
Kia XCeed 1.6 GDI Plug-in Hybrid Vision
Grundpreis35.083 €
Außenmaße4395 x 1826 x 1483 mm
Kofferraumvolumen291 bis 1243 l
Hubraum / Motor1580 cm³ / 4-Zylinder
Leistung77 kW / 105 PS bei 5700 U/min
Höchstgeschwindigkeit193 km/h
Verbrauch0,0 kWh/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten