Lexus LFA Nürburgring-Paket im Fahrbericht
Das 70.000 Euro Päckchen

Natürlich kann man von dem 375.000 Euro teuren Lexus LFA erwarten, dass er die Nürburgring Nordschleife locker aufschnupft. Er schafft das auch, doch für einen Aufpreis geht's noch etwas fixer – behauptet der Hersteller. Ob sich zwischen den beiden Zehnzylinder-Brüllern ein Unterschied herausfahren lässt, finden wir beim Ortstermin in der Eifel heraus.

Lexus LFA Nürburgring-Paket, Front
Foto: Lexus

Tatsächlich, sie zittert ein wenig. Nein, nicht etwa die Beifahrerin, sondern die virtuelle Nadel des Drehzahlmessers im Lexus LFA. Hier schlägt der Spieltrieb japanischer Ingenieure voll durch. Nicht nur, dass die gesamte Skala bei Bedarf nach rechts witscht, um detaillierte Informationen des Bordcomputers preis zu geben. Das leichte Zittern entspricht exakt dem minimal unrunden Lauf des kalten V10-Triebwerks. Ein klassischer Sportmotor, nicht aufgeladen, 4,8 Liter Hubraum und in Verbindung mit dem Nürburgring Paket 571 PS stark – bei 8.700 Umdrehungen. Und er läuft bereits.

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Recht frisch ist es in der Eifel, wie immer eigentlich, und bereits vom Start an der Tribüne T13 lässt sich erahnen, dass einige Streckenabschnitte mit einem wenig traktionsfördernden Reibwert gesegnet sind, wie meistens eigentlich. Gut, dass bis zum Start noch etwas Zeit bleibt. Allerdings sollte die Pause besser nicht dazu genutzt werden, über das Ergebnis der Addition rutschige Piste plus kalte Sportreifen plus extrem potentes Fahrzeug plus Hinterradantrieb zu grübeln. Zumal der Fahrer im Lexus LFA mitten in einer 450.000 Euro teuren High-Tech-Carbon-Landschaft sitzt.

70.000 Euro? – Jetzt ist es eh‘ schon wurscht

Lässige 70.000 Euro mehr kostet das Nürburgring-Paket des Lexus LFA, gerade einmal 50 Kunden dürfen es bestellen. Wie immer in diesen Preisregionen, neigt man vorschnell zu sagen: „Jetzt ist es eh' schon wurscht“ – natürlich ohne auch nur annähernd ein Zehntel dieser absurden Summe auf der hohen Kante zu wissen.

Und was bekommen nun die 50 Auserwählten dafür? Zunächst einmal weniger, nämlich rund 100 Kilogramm Fahrzeuggewicht. So ganz genau wollen sich die Japaner da nicht festlegen, denn mal wird ein voll ausgestatteter Basis-LFA zugrunde gelegt, mal nicht. Dabei existieren eigentlich keine nackten Fahrzeuge. Und wirklich spartanisch präsentiert sich die auf Bestzeiten getrimmte Variante des Lexus LFA ebenfalls nicht. Klimaautomatik, Navigationssystem und Audioanlage bleiben an Bord, dazu eine gefühlte Jahresproduktion an Carbon – selbst am Lenkrad, natürlich einzig und allein um das Gewicht zu drücken.

Zusätzlich kümmerten sich die Ingenieure unter der Leitung von Haruhiko Tanahashi um das Fahrwerk, das um zehn Millimeter tiefer gelegt wurde. Zusätzlich bekam der Lexus LFA + Nürburgring-Paket weiteren Feinschliff im Windkanal. Das Ziel: Mehr Abtrieb. Deswegen steht der Heckflügel – aus Carbon, was sonst? – starr, die aufwändige aktive Mechanik flog raus. Darüber hinaus versprechen ein neuer Frontspoiler mit passenden Flaps mehr Stabilität und Präzision. Schnitt.

Lexus LFA mit Nürburgring-Paket zackigeres Einlenkverhalten

Die Aufwärmrunde ist durch, die Reifen warm, die Piste nahezu trocken. Die Elektronik darf nun pausieren, nachdem sie sich kurz zuvor noch einen Wolf regelte. Bereits beim Einbiegen in die windige Hatzenbach verblüfft der geschärfte Lexus LFA + Nürburgring-Paket mit einem deutlich zackigerem Einlenkverhalten, obwohl die elektronisch geregelten Lenkung selbst unverändert blieb.

Der immerhin 4,51 Meter lange und vor allem knapp 1,90 Meter breite Zweisitzer fühlt sich so handlich an wie ein gedoptes Bobbycar – nochmals agiler als die ohnehin nicht träge Basis. Unbarmherzige Recaro-Schalen nehmen den Fahrer im Lexus LFA in die Zange, er wiederum das mit einem Durchmesser von 36 Zentimeter angenehm kleine Lenkrad. Einzig die feststehenden Paddel des automatisierten Sechsganggetriebes erfordern etwas Gewöhnung, dessen bestenfalls 0,15 Sekunden andauernde Gangwechsel dagegen kaum.

Auf den schnellen Abschnitten wie Quiddelbacher Höhe und Schwedenkreuz darf der Zehnzylinder ordentlich ins Horn stoßen, denn bereits ab 3.000/min öffnet das Bypass-Ventil im Abgasstrang. Bei 4.000/min kreischt das Triebwerk des Lexus LFA + Nürburgring-Paket bereits mit einer Frequenz von 300 Herz, und kurz bevor es bei 9.000/min gegen den Begrenzer scheppert, sägt es schreiend mit 600 Herz – hier schützt kein dämmender Turbo-Teppich. Am Ende der Drehzahlskala mahnt die Anzeige wild blinkend zum Gangwechsel, der erfreulicherweise nur durch den Fahrer herbeigeführt werden kann.

Akustik-Spektakel des Lexus LFA

Dann beginnt das Akustik-Spektakel des Lexus LFA, bei dem HP Baxxter und seine Scooter-Combo vor Neid die Blondierung aus der Frisur entweichen würde. Locker eingestreute Zwischengassalven verhindern unerwünschte Ausfallschritte des Hecks – die ebenfalls nur vom Fahrer herbeigeführt werden können. Das funktioniert beispielsweise im Sport-Modus („Standard“ verbietet heute die Ehre, „Wet“ das inzwischen ordentliche Eifel-Wetter) schon ein bisschen, und zwar so weit, das Gelegenheits-Motorsportler die servile Unterstützung der penibel agierenden Regelelektronik gerne mitnehmen.

Rigides Einbremsen oder gar kastrierendes Eindampfen der Motorleistung? Nur, wenn das Delta zwischen Lenkwinkel und G-Kräften die Ausmaße der Donaumündung erreicht. Und dazu braucht es schon vorsätzliche Unfähigkeit seitens des Fahrers, denn zumindest auf trockenerer Fahrbahn lässt sich der mit einer Gewichtsverteilung von 48 zu 52 ausbalancierte des Lexus LFA + Nürburgring-Paket schwungvoll an der Ideallinie entlang scheuchen. Zumindest handelsüblich große Eier sind dabei allerdings hilfreich, denn das erreichbare Geschwindigkeitsniveau liegt weit jenseits dem im Touristenverkehr erreichbaren. Zumal sich der Lexus LFA bereits soweit von einem Straßensportler entfernt hat, dass er nach einem gewissen Tempo verlangt, um genügend Abtrieb und somit Traktion aufbauen zu können.

Ein knüppelharter Rennwagen also? Dann könnte der Lexus LFA wohl kaum auf der Nordschleife bestehen. Auf der teils welligen Piste geht ohne etwas Federweg nichts, zumal die Profis gerne auch den einen oder anderen Curb mitnehmen, kurz vor dem Flugplatz beispielsweise, wie man bei einer schnellen Runde neben Werkspilot Hiroaki Ishiura lernen kann.

Der des Lexus LFA fordert seinen Fahrer also, doch jeder, der Oktan nicht mit einer Möbelpolitur verwechselt, verfällt allein schon dem unfassbaren Klang des Saugers. Oder er daddelt begeistert stundenlang im Cockpit mit dem Drehzahlmesser umher. Doch auch wenn dessen Nadel wieder verführerisch zuckt: 450.000 Euro?! Dreister geht es kaum.

Technische Daten
Lexus LFA Nürburgring Package
Grundpreis445.000 €
Außenmaße4515 x 1895 x 1210 mm
Hubraum / Motor4805 cm³ / 10-Zylinder
Leistung420 kW / 571 PS bei 8700 U/min
Höchstgeschwindigkeit325 km/h
Verbrauch21,1 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten