Fahrbericht Seat Leon Cupra 290
Mehr Power für den König

10 PS mehr - das spürt jeder bei einem Wagen, der vorher nur 50 PS hatte. Aber 10 PS mehr beim Topmodell des Seat Leon Cupra, das bisher mit 280 Serien-PS ausgeliefert wurde? Ob und was sich ändert, klärt der Fahrbericht.

Seat Leon Cupra 290
Foto: Seat

Optisch sind die 290-PS-Varianten des Leon Cupra für jeden zu erkennen, der lesen kann: Stolz prangt der "Cupra 290"-Button rechts am Heck. Sonst hat sich nichts getan – musste es aber auch nicht. Der Leon kleidet sich nach wie vor jugendlich frisch.

Das Gleiche im Innenraum: Alles wie bisher, alles gut. Natürlich wird der Blick des Fahrers von der links in der Mittelkonsole sitzenden Zielflaggen-Taste magisch angezogen – in dieser Schaltzentrale wird der Charakter des Spaniers zwischen normal, Sport und Cupra auf Wunsch gewandelt. Das Sportgestühl reicht auch für die Rennstrecke, wie wir bei ein paar Runden auf dem seit Jahrzehnten stillgelegten Steilhangkurven-Racetrack Sitges-Terramar feststellen, in dessen Innenbereich ein Gemüsebauer Feldfrüchte gedeihen lässt. Auf der vergessenen Rennstrecke beweist sich auch das Fahrwerk als perfekte Mischung zwischen 100-prozentiger Alltagstauglichkeit und der Möglichkeit, den Wagen auch mal fliegen zu lassen. Und so leistungsfähig der 2,0-Liter-Vierzylinder auch ist: Die Start-Stopp-Deaktivierungstaste in der Mittelkonsole erinnert den Fahrer daran, dass bei Bedarf sogar ein wenig Brennstoff gespart wird.

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Seat Leon Cupra 290
Seat
Mit dem Leon Cupra 290 vergrößert Seat den Abstand zum weiterhin verfügbaren Cupra mit 265 PS.

Seat Leon Cupra 290: Es hört nicht auf

"Wir entwickeln den Leon Cupra permanent weiter, bei dem Wagen muss in der Entwicklung ständig etwas passieren.", begründet Matthias Rabe, der im Seat-Vorstand für Forschung und Entwicklung zuständig ist, den Leistungsschub beim Leon-Cupra-Spitzenmodell. Außerdem wurde so natürlich der Abstand zum weiterhin verfügbaren Cupra mit 265 PS vergrößert. Allerdings fuhren bisher schon die meisten Leon-Cupra-Versionen mit dem stärkeren Motor von den Höfen der Händler. Die Leistungssteigerung wird über eine geänderte Motorsteuerung, die wiederum die Zylinderfüllung neu regelt, realisiert. Auch das maximale Drehmoment von 350 Nm liegt jetzt über einen noch breiteren Bereich (1.700 bis 5.800 Newtonmeter) an - dies deckt im Prinzip das gesamte im Alltagsbetrieb genutzte Drehzahlband ab.

Die einzige mechanische Änderung, die mit der Leistungssteigerung einhergeht, bekommen nur der SC genannte Dreitürer und der Fünftürer: eine neue, coole Abgasanlage. Dieser wurde der Mittelschalldämpfer geraubt. Stattdessen sitzt etwas mehr Dämmmaterial im Endschalldämpfer. Dies hat nicht nur eine Gewichtsreduktion um zirka sechs Kilogramm zur Folge, sondern sorgt auch für einen kehligeren, noch erwachseneren Sound - ohne ins Prollgebrüll abzugleiten. Ein Sound-Aktuator verrichtet zwar immer noch seinen Dienst, aber die Intensität seines Einsatzes konnte zurückgenommen werden - den Fans wird dies gefallen, schließlich stieß der im Sport- und im Cupra-Modus anliegende Sound nicht bei jedem auf Wohlwollen. Matthias Rabe spricht uns aus dem Herzen, als er erwähnt, dass er am liebsten komplett ohne elektronische Soundmanipulation auskommen würde.

Seat Leon Cupra 290
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In Sachen Power sind die aktuell 290 PS nur ein Zwischenschritt.

Die ST genannte Kombivariante des Leon Cupra bekommt die neue Abgasanlage nicht. Denn der ST hatte schon bisher keinen Mittelschalldämpfer und arbeitete deshalb strömungsgünstiger, was die Ingenieure jetzt für die Leistungssteigerung nutzen konnten. Trotzdem klingt er deutlich anders als seine beiden Modellgeschwister. Dies liegt zum einen daran, dass es beim SC und beim Fünftürer jeweils nur einen Endschalldämpfer gibt, unter dem ST aber rechts und links jeweils ein separater Endschalldämpfer sitzt. Zum anderen ist beim ST eben der Sound-Aktuator anders abgestimmt. Man überlegt bei Seat aber, ob man die noch sportlichere Abgasanlage von 3- und 5-Türer in Zukunft für den ST als Option anbietet.

Leistungs-Zukunft des Seat Leon Cupra 290

In Sachen Power sind die aktuell 290 PS nur ein Zwischenschritt. Laut Rabe sind bei dem Motor problemlos 310 PS drin, womit jeder Leon-Cupra-Fan weiß, wohin die Reise geht. Auf eine Cupra-Allradvariante des Leon angesprochen, meint Matthias Rabe: "Warten wir mal ab." Im Thema leistungsstärkster Leon ist also noch ordentlich Musik drin. Gut so: Schließlich brummt der Verkauf des Top-Leon, seit er als erster Fronttriebler die Nordschleife in unter acht Minuten runterfetzte. "Wir haben damals nichts an der Leistung ändern dürfen, aber sehr viel an der Abstimmung von Fahrwerk und Lenkung getüftelt. Nach 60 Tagen Arbeit hatten wir dann den Rekord.", berichtet Renn- und Seat-Testfahrer Jordi Gené.

Die zehn Zusatz-PS schlagen mit einem Aufpreis von zirka 500 Euro zu Buche. Dieser Aufpreis wird allerdings durch eine ohnehin durchgeführte allgemeine Preiserhöhung verwässert. So geht der Leon Cupra 290 bei 33.620 Euro los. Das sind immerhin zirka 6.000 Euro weniger als der allradgetriebene Mega-Flasher Ford Focus ST kostet. Und für diese 6.000 Euro Ersparnis bekommt man ein für Frontantriebs-Verhältnisse sensationelles Kurvenverhalten. Denn Seat setzt beim Leon Cupra nicht auf das ESP-basierte XTS, welches das jeweils kurveninnere Antriebsrad abbremst und somit eine ordentliche Portion Dynamik aus der Fahrt nimmt. Serienmäßig gönnen die Spanier ihrem Lieblings-Sportmodell vielmehr ein elektronisch gesteuertes Differenzial, welches ähnlich wie eine Haldex-Kupplung funktioniert und bis zu 100 Prozent der Momente an das kurvenäußere Antriebsrad schicken kann. Der dann einrad-getriebene Leon Cupra giert sensationell in die Kurven, ekliges Untersteuern ist ausgeschlossen. Es gibt ihn, den tiefen Dynamik-Spaß mit Frontantrieb, zumal die Lenkung nach wie vor präzise, spielfrei und progressiv arbeitet.

Seat Leon Cupra 290
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Von Links: Der ST genannte Kombi, der Fünftürer und der SC genannte Dreitürer.

Automatisch geht es schneller

Geschaltet wird im Cupra 290, wie beim Vorgänger, entweder mit einer manuellen Sechsgang-Schaltung, oder über ein Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe (1.700 Euro). Wer ein Fahrgefühl alter Schule braucht, greift zum Handschalter – und wird freiwillig zum Verlierer. Schließlich hakt der Leon Cupra 290 SC den Spurt von null auf 100 km/h mit Handschalter in 5,7 Sekunden und mit DSG in 5,6 Sekunden ab, der Fünftürer braucht per Hand 5,8 und automatisch 5,7 Sekunden und der ST ist handgeschaltet mit 6,0 und doppelt gekuppelt mit 5,9 Sekunden dabei. Außerdem spart die DSG-Variante pro 100 Kilometer gegenüber dem Handschalter 0,1 bis 0,2 Liter Sprit – zumindest auf dem Prüfstand. Und noch etwas macht das 1.700 Euro Aufpreis teure DSG begehrenswert: Bei den Schaltvorgängen ploppt ein motivierender Sound-Rotz aus den Endrohren. Abgeregelt wird allerdings so oder so bei 250 km/h.

Fazit

Der neue Seat Leon Cupra 290 ist natürlich mindestens ebenso Klasse wie sein um zehn PS schwächerer Vorgänger. Den Leistungszuwachs spüren sicher nur extrem feinfühlige Rennprofis. Den mit der Leistungssteigerung einhergehenden verbesserten Sound kann jeder hören. Aktuell gibt es ihn allerdings nur für den SC und den Fünftürer.

Die mit der Nordschleifen-Rekordfahrt 2014 begonnene Erfolgsstory entwickelt Seat kontinuierlich weiter - die Spanier wissen, was sie an ihrem Dynamik-König haben und halten ihn an der Macht. Es lebe der König.

Technische Daten
Seat Leon Cupra 290 Cupra 290
Grundpreis33.720 €
Außenmaße4271 x 1816 x 1435 mm
Kofferraumvolumen380 bis 1210 l
Hubraum / Motor1984 cm³ / 4-Zylinder
Leistung213 kW / 290 PS bei 5600 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
Verbrauch6,7 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024

Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten