Skoda Kamiq (2019)
Was kann der neue City-SUV?

Auf Kodiaq und Karoq folgt nun der neue Kamiq, der die SUV-Familie von Skoda nach unten abrundet. Technisch orientiert sich der Fronttriebler eng an den Modellen der Schwestermarken im Konzern, doch im Format weicht er spürbar von ihnen ab.

Skoda Kamiq, Exterieur
Foto: Skoda

Ja, er kommt spät, der neue Kamiq, mit dem Skoda nun von der hohen Nachfrage nach preisgünstigen City-SUV profitieren will. Kurze Zeit später erscheinen die Trendsetter Renault Captur und Peugeot 2008 bereits in ihre zweite Generation, und selbst die Schwestermodelle Seat Arona (seit 2018) und VW T-Cross (seit Frühjahr 2019) aus dem eigenen Konzernverbund haben sich schon etablieren können.

Dafür unterscheidet sich der Kamiq nicht nur mit seinem markentypischen Design von seiner technisch sehr ähnlichen Verwandtschaft. Der Dritte im Bunde weist nämlich zehn Zentimeter mehr Radstand auf und betont damit einmal mehr, dass bei Skoda das Raumangebot in jeder Fahrzeugklasse einen besonderen Stellenwert genießt.

Unsere Highlights

Das spüren im Kamiq vor allem die Fondpassagiere, denn nach dem bequemen Einstieg finden sie selbst für Knie und Beine reichlich Platz vor. Ist das großflächige, aber nicht zu öffnende Panoramaglasdach (ab 630 Euro) an Bord, ist das Raumgefühl auf der Rückbank kaum noch zu toppen.

Nicht ganz so luftig geht es dahinter im Kofferraum zu, wobei die auf Wunsch elektrisch angetriebene Heckklappe einen Stauraum mit 400 Litern Volumen eröffnet. Damit ist das Ladeabteil zwar nicht zu knapp bemessen, aber aufgrund der üppigen Beinfreiheit im Fond böte es sich geradezu an, diese bei Bedarf zugunsten von etwas mehr Platz fürs Gepäck zu verkleinern. Doch eine verschiebbare Rücksitzbank bietet Skoda für den Kamiq nicht an. Selbst eine Durchlade, geschweige denn eine 40:20:40-Teilung der Rücksitzlehne statt der serienmäßigen 60:40 gibt es nicht gegen Aufpreis.

Viele clevere Ideen, nur geringe Variabilität

Skoda Kamiq, Regenschirm
Skoda
Der Kamiq überzeugt durch clevere Details wie unter anderem den Skoda-typischen Regenschirm in der Fahrertür.

Erstaunlich, denn ansonsten mangelt es auch dem Kamiq nicht an markentypischen praktischen Details, die den Umgang im Alltag erleichtern. Dazu zählen unter anderem der Regenschirm in der Fahrertür, der Deckel für den Wischwasserbehälter, der sich beim Öffnen in einen Trichter verwandelt, oder die ausklappbaren Kunststoffleisten, die beim Öffnen der Türen mechanisch ausfahren und sich blitzschnell schützend um die Türkanten legen. Allerdings kostet diese Finesse ebenso Aufpreis wie die flach umklappbare Beifahrersitzlehne, die sich wiederum nicht mit den optionalen Lederbezügen kombinieren lässt. Da gilt es also, sich zwischen Nutzwert und Edel-
optik zu entscheiden.

Zeit, nach vorne zu wechseln und hinter dem Lenkrad Platz zu nehmen. Die markant geformte Motorhaube entzieht sich nicht dem Blick, die Sicht nach hinten ist dank der schmalen Dachsäulen ebenfalls in Ordnung. Im Cockpit erinnert fast alles an das Schwestermodell Scala – selbst die Sitzposition, obwohl sie den Fahrer im Kamiq vier Zentimeter höher über der Straße platziert. Um dieses Maß steigt auch die Bodenfreiheit auf insgesamt knapp 19 Zentimeter, wofür Reifen mit größerem Querschnitt sowie längere Federn und Stoßdämpfer verantwortlich sind. Für unbefestigte Wege liefert Skoda einen Unterfahrschutz aus verstärktem Kunststoff, aber Allradantrieb gibt es für den Kamiq genauso wenig wie für Arona und T-Cross.

Zum Türenschließen zieht die Hand am soliden Türgriff aus wenig griffsympathischem Hartplastik – eines der wenigen Details, die den sonst sehr ordentlichen Qualitätseindruck im Interieur etwas trüben. Für den Alltagskram stehen im Interieur vielerlei praktische Ablagen mit laut Skoda insgesamt 26 Litern Volumen bereit. Der harte Kunststoff der Türtaschen für bis zu 1,5 Liter große Flaschen erweist sich jedoch als nicht sonderlich kratzresistent, wenn diese aus Glas statt aus Plastik sind.

LED-Abblend- und -Fernlicht serienmäßig

Skoda Kamiq, Scheinwerfer
Skoda
Als neues Designelement wurden die LED-Scheinwerfer des Kamiq zweigeteilt. Ebenfalls erstmalig sind die dynamischen Blinker, welche zusammen mit dem Tagfahrlicht über den Hauptscheinwerfern sitzen.

Ansonsten heben geschäumte Oberflächen das Ambiente, und Extras wie die volldigitalen Instrumente, die serienmäßigen LED-Scheinwerfer, der Abstandsregeltempomat ACC oder das Infotainment mit großem Touchscreen und onlinegestützter Navigation mit Echtzeit-Verkehrsdaten sind in dieser Fahrzeugklasse längst nicht üblich. Dank integrierter SIM-Karte ist der Kamiq immer online, wodurch beispielsweise die Kartendaten für die Navigation over-the-Air ohne Werkstattbesuch aktualisiert werden können. Apple CarPlay lässt sich nun auch nutzen, ohne das Smartphone per Kabel zu verbinden, und eine digitale Sprachassistentin namens Laura soll künftig wie beim MBUX von Mercedes eine bei Bedarf online-unterstützte Sprachbedienung mit frei formulierbaren Sätzen möglich machen.

Im Testwagen steht das System noch nicht zur Verfügung, deshalb reagiert es nicht auf „Okay, Laura“. Aber auf den Druck des Startknopfs. Es meldet sich der bekannte, einen Liter große Dreizylinder-Turbo in der stärkeren Ausführung mit 115 statt 95 PS, der zum Marktstart neben dem gleich starken Diesel die stärkste Motorisierung für den Kamiq ist. Etwas später folgen der 1.5-TSI-Vierzylinder mit 150 PS, den es ebenfalls auf Wunsch mit dem Siebengang-DSG statt der manuellen Sechsgangschaltung geben wird, sowie voraussichtlich zum Jahreswechsel eine Erdgasvariante des Dreizylinders mit 90 PS. Die Produktstrategen gehen im Übrigen davon aus, dass 2020 im ersten vollen Verkaufsjahr rund die Hälfte der Kunden zum stärksten Benziner greifen wird.

Während der Kamiq durch den urbanen Verkehr rollt, fällt auf, dass der Dreizylinder nicht auffällt. Der Direkteinspritzer hält sich akustisch sehr dezent im Hintergrund und schiebt den 1,25 Tonnen schweren Viertürer unangestrengt voran, dabei legt das DSG (1.800 Euro) geschmeidig die Gänge nach.

Optisch ein SUV, agil wie eine Limousine

Skoda Kamiq, Interieur
Skoda
Die Lenkung mit anderer Übersetzung als im Scala spricht ausreichend direkt an und bietet genügend Rückmeldung von den Antriebsrädern. Auf Richtungsänderungen reagiert der Kamiq aufmerksam, aber nicht nervös.

Doch dann biegen wir rechts ab auf die kleine Landstraße, schalten per Wippe am Lenkrad runter und treiben den Kamiq bergauf. Nun gibt sich der Dreizylinder schon eher als solcher zu erkennen, hängt gut am Gas und schiebt den Skoda mit Nachdruck voran. Die Lenkung mit anderer Übersetzung als im Scala spricht ausreichend direkt an und bietet genügend Rückmeldung von den Antriebsrädern, auf Richtungsänderungen reagiert der Kamiq aufmerksam, aber nicht nervös. Ein steiferer Stabilisator an der Vorder- sowie eine verstärkte Verbundlenker-Hinterachse verhindern effektiv, dass er dabei wegen des höheren Schwerpunkts stärker wankt.

Fahrspaß ist damit auf kurvenreicher Strecke garantiert, selbst wenn die Fahrbahndecke nicht mehr dem Idealzustand entspricht. Fugen und Löcher bleiben nicht unbemerkt, doch sie müssen kräftig ausfallen, um störend bei den Insassen anzukommen. Auf Wunsch bietet Skoda ein Sportfahrwerk mit zehn Millimetern Tieferlegung und einer zweiten, strafferen Kennlinie an, die sich beim Wechsel auf den Sportmodus einstellt. Dann verlangt auch die Lenkung etwas mehr Nachdruck. Zudem erinnert sie den Fahrer mit sanften, manchmal lästigen Eingriffen daran, Fahrbahnmarkierungen nicht unnötigerweise zu überfahren – der entsprechende Assistent reagiert sehr sensibel und zählt wie der Notbremsassistent zum Basisumfang. Gegen Aufpreis lässt sich die Sicherheit durch Totwinkel- und Querverkehrswarner sowie Seitenairbags auch hinten weiter steigern.

Ebenfalls konkurrenzfähig: die Preise. Sie starten bei 17.950 Euro, liegen damit 600 Euro über denen des Scala und fast exakt auf dem Niveau des kürzeren T-Cross. Von den Neuauflagen von Captur und 2008 sind sie noch nicht bekannt, aber beide wachsen mit dem Modellwechsel in der Größe auf das Format des Kamiq.

Fazit

Obwohl er sich mit seinem Design nahtlos in die SUV-Familie von Skoda eingliedert, fühlt sich der Kamiq fast wie eine Kompaktlimousine an – und fährt auch so agil. Bei der engen Verwandtschaft unter dem Blech mit dem Scala ist das keine Überraschung. Nur die magere Variabilität des üppigen Platzangebots passt nicht zum sonst hohen Alltagsnutzen des Kamiq.

Technische Daten
Skoda Kamiq 1.0 TSI Active ActiveSkoda Kamiq 1.0 TSI Active ActiveSkoda Kamiq 1.6 TDI Active
Grundpreis22.420 €19.583 €22.615 €
Außenmaße4241 x 1793 x 1562 mm4241 x 1793 x 1559 mm4241 x 1793 x 1559 mm
Kofferraumvolumen400 bis 1395 l400 bis 1395 l400 bis 1395 l
Hubraum / Motor999 cm³ / 3-Zylinder999 cm³ / 3-Zylinder1598 cm³ / 4-Zylinder
Leistung70 kW / 95 PS bei 5000 U/min85 kW / 115 PS bei 5000 U/min85 kW / 115 PS bei 3250 U/min
Höchstgeschwindigkeit188 km/h194 km/h193 km/h
Verbrauch5,0 l/100 km4,2 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten