Skoda Kodiaq
Testfahrt mit Tarnfolie

Skoda hat die zweite Generation des Skoda Kodiaq nicht revolutioniert. Warum auch? War doch alles prima. Trotzdem gibt’s mehr Platz für Gepäck und Reisende in der dritten Reihe. Außerdem haben die Tschechen das Cockpit umgeräumt und neue Antriebe installiert. Ein Dreivierteljahr vor Marktstart sitzen wir bereits am Lenkrad des Kodiaq.

Bloß drei bis viertausend Stück soll es geben. Von wem? Na, vom Kodiaq-Bären, der es sich an der Südküste Alaskas mehr oder weniger gemütlich gemacht hat. Immerhin ist er vom Aussterben bedroht. Wir machen es uns heute im gleichnamigen SUV von Skoda gemütlich, dritte Generation, noch getarnt, über neun Monate, bevor die ersten Kunden beliefert werden. Im Gegensatz zu seinem tierischen Namensspender war schon die erste Generation des tschechischen SUV mit fast 800.000 verkauften Exemplaren (seit 2016, in 60 Ländern) keine Seltenheit. Vom Neuen zeigen dürfen wir allerdings noch nicht viel, dafür aber gucken und ausprobieren, drüber schreiben, wie sich das anfühlt beim Fahren, wie er lenkt und federt, was bei der Einrichtung verändert wurde.

Unsere Highlights

Mehr Platz, mehr Ablagen, nach wie vor sehr gute Variabilität

Außen hat die auf dem evolutionierten MQB-Baukasten basierende, zweite Generation etwas zugelegt – aber nur in der Länge, um gut sechs Zentimeter, auf 4.758 Millimeter. Radstand, Breite und Höhe blieben gleich. Das ausgezeichnete Raumangebot des Vorgängers ist also schon mal gesichert. Auch sonst hat Skoda die SUV-Welt nicht großartig verändert, bloß, dass der Kodiaq jetzt noch großartiger ist – im Hinblick auf Praktikabilität, Funktionalität, Variabilität.

Nach wie vor kann man eine dritte Sitzreihe ordern, wo die beiden Passagiere nun 1,5 Zentimeter mehr Platz über dem Kopf haben sollen. Und wer wären wir, wenn wir das nicht sofort ausprobierten. Also mit zwei Handgriffen Sitzfläche und Lehne der zweiten Reihe nach vorn geschoben respektive geklappt und schon können wir uns gebückt an der C-Säule vorbei fädeln. Tatsächlich ist der Platz zwischen Hintern und Himmel mit 92 Zentimetern sehr gut. Dass sich die Knie schlank machen müssen und man mit stark angewinkelten Beinen kauert (Testperson: 1,70 Meter lang), ist normal in dieser Art von Siebensitzer. Allerdings kann man sich etwas Luft verschaffen, indem man die asymmetrisch geteilt, längs verschiebbaren Sitze der zweiten Reihe etwas nach vorn rückt. Wer die beiden Klappstühle ganz hinten nur gelegentlich braucht, faltet sie einfach in den Ladeboden. Außerordentlich bequem dagegen sitzt man in der zweiten Reihe – nicht nur zu zweit. Gründe: Der große Abstand zwischen Sitzfläche und Fußboden, sodass man die Oberschenkelauflage gut nutzen kann. Außerdem sind die Polster straff, die Lehne mehrstufig neigbar, die Platzverhältnisse in alle Richtungen geradezu opulent – auch für die Füße unter den Vordersitzen.

Platz für noch mehr Koffer

Ans Gepäck hat Skoda ebenfalls gedacht, für das im Siebensitzer 340 bis 845 Liter zur Verfügung stehen. Der Fünfsitzer schluckt sogar 910 Liter (plus 80 Liter) – bei voller Bestuhlung. Um den Kofferraum zu beladen, muss man aber zunächst die SUV-typisch hohe Ladekante überwinden. Immerhin: Die wuchtige Kofferraumklappe schwingt so weit nach oben, dass sich selbst Großgewachsene nicht stoßen. Im Gepäckabteil gibt’s wieder vier Verzurrösen, Taschenhaken, große Fächer unter dem Ladeboden (den man aufgeklappt nicht festhalten muss, sondern ganz einfach mit einem seilgeführten Haken am Hecktürrahmen arretieren kann) und hinter den Radkästen, ja sogar eines auf dem linken der beiden. Sinnvoll sind auch die doppelte LED-Beleuchtung, ein 12-Volt-Anschluss und die Fernentriegelung der dreiteilig umklappbaren Lehnen der zweiten Sitzreihe. Ist alles flachgelegt, ergibt sich ein beinahe ebener Ladeboden bis kurz vor die Bestuhlung von Fahrer und Beifahrer, an deren Lehnenrückseiten Doppeltaschen für Zeitschriften und Smartphones eingenäht wurden.

Hinter dem Lenkrad wurde umgeräumt

Bevor wir das Cockpit entern, registrieren wir im Vorbeigehen den beim Öffnen der Türen automatisch ausfahrenden Kantenschutz und den elegant im Gehäuse untergebrachten Regenschirm (wie der Eiskratzer im Tankdeckel nun aus nachhaltigen Materialien hergestellt), stellen fest, dass die Tür des Prototyps schon sehr satt ins Schloss fällt. Vorn hat Skoda kräftig aufgeräumt und umgelayoutet, wobei eines geblieben ist: das mit einem in der Vertikalen etwas zu kleinen Einstellbereich ausgestatteten Zweispeichenlenkrad inklusive recht intuitiver Knöpfchen-Walzen-Bedienung. Neu dagegen ist der Getriebewählhebel rechts hinter dem Lenkrad. Wobei man die Fahrstufen nicht wechselt, indem man den Hebel nach oben oder unten drückt (wie beispielsweise bei Mercedes), sondern durch eine Drehbewegung. Und damit man dabei nicht die Hand vom Lenkrad nehmen braucht, haben die Ergonomie-Experten von Skoda die Rückseite des Hebels mit zwei Mulden versehen, sodass ein Fingerzug genügt, um von R auf N oder D und S zu gelangen. Das ist gut gemeint, allerdings verklickt man sich im Eifer des Rangiergefechts dann doch immer wieder, weil man unten ziehen muss, um den Hebel nach oben zu drehen. Gewöhnungssache.

Allerdings steckt unten der Stummel für den Abstandsregeltempomaten, oben ein Hebel für die Blinker-Scheibenwischer-Fernlicht-Kombination. Dabei schiebt man – ganz klassisch – den Stock für den Fahrtrichtungsanzeiger nach oben oder unten, zieht ihn fürs Aufblenden der Scheinwerfer nach hinten und drückt von außen für die Aktivierung der Scheibenwaschanlage. Sollen die Wischer aber bloß Wasser von der Scheibe schieben, muss man nun einen in den Hebel integrierten Schalter bedienen.

Hinter dem Volant steckt das neue 10,25 Zoll messende, konfigurierbare Instrumentendisplay, darüber erstmals ein Head-up-Display, ganz ohne Augmented-Reality-Schnickschnack, daneben der 12,9 Zoll große, blick- und griffgünstig auf dem Armaturenträger angedockte Zentral-Touchscreen, der natürlich so fettfleckenanfällig ist, wie jedes andere Drück-Display auch. Die Lösung: Eine kleine, mit einem speziellen Bildschirmtuch ummantelte Sprühflasche. Ein paar Spritzer auf den Bildschirm, mit dem Textil abziehen. Sauber.

Ganz schön smart, die Smart Dials. Oder?

Unter dem Zentral-Screen befinden sich zwei große Tasten für Warnblinkanlage und Türverriegelung, eingerahmt von einem Luftausströmer-Duo. Darunter wiederum finden wir das Highlight der neuen Kodiaq-Kommandozentrale, die sogenannten Smart-Dials, bestehend aus drei mehrfach belegbaren, schon im Prototypenstatus fein rastenden Dreh-Drück-Rädchen. Die äußeren sind zuständig für die Klimatisierung (Temperatur, Sitzheizung und Sitzkühlung), das mittlere kann man wahlweise mit bis zu vier von sechs Funktionen (z.B. Lautstärke, Fahrmodus, Ventilation, Kartenzoom) belegen, wobei man für die Bedienung nicht auf das jeweilige Bedienelement schauen muss. Denn alle Änderungen, die man vornimmt, werden zeitgleich digital auf dem großen Touchscreen illustriert. Ob das im Alltag gut funktioniert, müssen wir bei einer ausgiebigeren Probe beurteilen.

Weil der Getriebewählhebel hinters Lenkrad gewandert ist, bleibt die Mittelkonsole Knöpfchen frei, gibt’s mehr Platz für Fächer (plus 2,1 Liter Stauvolumen), Ablagen und die induktive Ladefläche für gleich zwei Touchtelefone, die mit 15 Watt Leistung – und das ist wirklich clever – gekühlt laden, um ihre empfindlichen Akkus vor Überhitzung zu schützen. Tatsächlich ist das ein Problem im gesamten VW-Konzern – von Skoda über Seat und Audi bis zu Porsche. Cool bleiben auch die Passagiere, dank drei-Zonen-Klimaautomatik und Flaschenfächern in allen vier Türen, die ohne Probleme PET-Gebinde bis 1,5-Liter Volumen aufnehmen.

Deutlich mehr Fassungsvermögen haben die Tanks der fünf verschiedenen Antriebe. Zur Auswahl stehen zwei 1,5-Liter-Benziner mit 150 und 204 PS, zwei Diesel mit 150 und 193 PS und – ganz neu – eine Steckerhybridvariante. Die ist leider noch nicht einsatzbereit, allerdings gibt es schon ein paar Daten: 204 PS Systemleistung aus einem 1,5-Liter-TSI (Generation EA 211 evo2) plus E-Maschine, die ihre Kraft über ein Sechsgang-DSG an die Räder leiten. Highlight ist der 26 kWh (Bruttokapazität) große Akku, sodass der PHEV-Kodiaq laut der Entwickler rund 100 km Strecke rein elektrisch zurücklegen kann. Und wie ist das mit dem Laden? Ebenfalls Highlight-verdächtig, denn Wechselstrom fließt mit bis zu 11 kW Leistung in die Batterie, und man kann sogar Gleichstrom über einen CCS-Stecker zapfen, mit bis zu 50 kW. Das können nur ganz wenige PHEV-Modelle.

48-Volt-Mildhybrid und Stecker-Hybrid, mit bis zu 100 km Reichweite

Fahren dürfen wir heute die beiden Diesel-Varianten und den mit 48-Volt-System mild hybridisierten (MHEV) Benziner, der im sogenannten Millerzyklus läuft und mit Turbolader mit variabler Turbinengeometrie ausgestattet ist. Neu ist ein wassergekühlter Riemenstartergenerator (RSG) von Conti der rund 15 kW Höchstleistung (Dauerleistung: ca. 5–6 kW) und 25 Nm Drehmoment beisteuert. RSG-typisch springt die Maschine schnell und ruckfrei an, kommt gut aus dem Quark und soll 12 Prozent CO₂ sparen, im Vergleich zur vorherigen, nicht hybridisierten Variante. Verbräuche? Liefern wir Ihnen, wenn wir den Antrieb nächstes Jahr seriös testen können. Auffällig, im Vergleich zum rund 80 kg schwereren Dieselaggregat, ist die Leichtfüßigkeit des Benziners in Kurven und auch das Ansprechverhalten der Vorderachse über die Unebenheiten der französischen Bergstraße, auf der wir unterwegs sind. Trotz 19-Zoll-Bereifung (235/50 R19, Hankook Ventus S1 Evo2 SUV).

Neues Fahrwerk mit Zweiventil-Dämpfertechnik

Clou des neuen Kodiaq ist nämlich das neue DCC Pro-Fahrwerk. Bedeutet: Adaptive Dämpfer mit Zweiventiltechnik, sodass Zug- und Druckstufe (hydraulisch) unabhängig voneinander geregelt werden können. Ergebnis: Erhöhte Stabilität, Agilität, Präzision und Stabilität. Tatsächlich taucht die Karosserie nie tief ein, wirkt Wankbewegungen in Kurven oder bei abrupten Stopps effizient entgegen, liefert mit geringer Beladung (vier Personen; tatsächlich dürfte die erlaubte Zuladung bei gut 600 kg liegen) auch an der Hinterachse (wurde für alle Kodiaq-Varianten verstärkt, wegen des schwereren MHEV-Antriebs) ein gutes Komforterlebnis. Der ultimative Test sind Verkehrsschwellen oder Feldwege mit ausgefahrenen Löchern. Hier arbeiten die Dämpfer vorn und hinten mit vergleichbarer Kraft, filtern die groben Unebenheiten effizient und bringen den Aufbau anschließen zügig wieder in die Neutralstellung.

Dazu passt die angenehme, aus der Nulllage heraus vielleicht minimal taube, aber ihr Handmoment sukzessive und gefühlsecht aufbauende Lenkung (Progressivlenkung, optional), wobei das Rückstellmoment nicht zu sehr an den Händen zerrt. Ein Lenkeinschlag und die Kurve passt. Alles andere wäre merkwürdig, denn Fahrwerk und Lenkung können Sie einfach, im VW-Konzern. Dabei sei erwähnt, dass Kodiaq und Tiguan parallel entwickelt wurden, federführend von den Skoda-Ingenieuren. Ganz allgemein zum Fahrerlebnis steuern die tollen Stoffsitze vorn bei, die mit nahezu jeder Körperform- und Größe kompatibel sind, seitlich exzellent abstützen, ausziehbare Sitzflächen und vierfach einstellbare Kopfstützen sowie optional eine Massagefunktion bieten.

Verbessert wurde auch die größer dimensionierte Bremse, mit schnellerer Freigabe nach dem Bremsvorgang und besserem Ansprechverhalten. Tatsächlich können wir auf unserer Testfahrt wenig beanstanden und der bei Hybriden allgemein oft recht deutlich spürbare Übergang von der Rekuperation ins mechanische Verzögern gelingt hier gut – trotz, und das muss man immer wieder erwähnen, des Prototypenstadiums.

Diesel nach wie vor zugeschnürt

Umstieg in den Diesel, der, egal welche Leistungsstufe, wie schon heute üblich, nur schlecht vom Fleck kommt, weil sehr viel Abgas rückgeführt wird, um die Stickoxid-Produktion zu reduzieren. Einmal in Fahrt, läuft der 2.0 TDI aber entspannt und recht kultiviert, profitiert von der allgemein verbesserten Geräuschdämmung und der Akustikverglasung. Auf Kickdown-Befehle reagiert die Maschine ebenfalls etwas träge, braucht das Getriebe ein paar Zehntel, um sich zu sortieren. Der stärkere der beiden Selbstzünder kann dies mit mehr Drehmoment etwas kaschieren, profitiert auf losem Untergrund zudem vom serienmäßigen Allradantrieb (wurde beim Vorgänger von 60 Prozent aller Kunden gewählt).

Zu guter Letzt müssen wir über die neuen Assistenzsysteme des Kodiaq sprechen, der nun mit Notfall-Stauassistent fährt, beim Abbiegen vor sich frontal näherndem Verkehr warnt und per App von außen in enge Parklücken ferngesteuert werden kann. Wie das funktioniert? Testen wir ausgiebig, bevor die ersten Fahrzeuge im zweiten Quartal 2024 ausgeliefert werden.

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Fazit

Skoda hat den Kodiaq nicht re-, aber ganz stark evolutioniert. Mit neuer Fahrwerkstechnik, verändertem Bedienkonzept, größerem Innenraum, noch besserem Praxisnutzen, effizienteren Antrieben und verbesserter Sicherheit legt der Kodiaq schon als Prototyp einen starken Auftritt hin. Für die Entwickler bleibt nun noch etwas Zeit, um an der Software zu feilen und vielleicht das ein oder andere Teil noch im Detail zu verbessern. Wir sind gespannt auf das fertige Auto. Bis in einem Dreivierteljahr dann, Kodiaq. Wir sehen uns.