Toyota Aygo X
Was hat der rustikale Kleinwagen zu bieten?

18 Zoll große Räder, Zweifarb-Lackierung serienmäßig für viele Modelle, leichtes SUV-Design: Der Nachfolger des Toyota Aygo ist kein Fall für den ambulanten Pflegedienst mehr, sondern ein stylisches Auto für Kunden, die nicht auf den Euro schauen. Wie der Aygo X fährt, erkundeten wir in einem noch leicht getarnten Modell aus den ersten Produktionstagen.

Toyota Aygo X Fahrbericht
Foto: Toyota

Gestaltet in Europa, gebaut in Europa: So bewirbt Toyota den neuen Aygo X, dessen X bitte schön Cross ausgesprochen werden soll. Cross für Crossover. Und da ist durchaus etwas dran. Denn der Kleine wuchs nicht nur in Radstand (plus neun Zentimeter) und Länge (plus 13,5 Zentimeter auf 3,70 Meter), sondern auch in Breite (plus 12,5 Zentimeter) und Höhe (plus fünf Zentimeter). Das Design wirkt durch die massigere, weniger stark geneigte Motorhaube stämmiger und mindestens 17 Zoll große Räder (Topmodell Explore: 18 Zoll) in ausgestellten Radhäusern unterstreichen das Bemühen, den Kleinen erwachsen aussehen zu lassen.

Unsere Highlights

Wie schon berichtet, legte nicht nur das Auto an Format zu, auch die Preisgestaltung strebt nach Höherem. Das Spektrum reicht ohne Extras von 15.390 bis hin zu 23.750 Euro für das limitierte Einführungsmodell Limited mit großem Faltschiebedach und dem neuen stufenlosen CVT-Getriebe. Das konnten wir beim ersten Probe-Trip nicht fahren, Toyota verspricht für die Neukonstruktion aber in allen Belangen "Best in Class"-Eigenschaften. Wir werden sehen. Das CVT-Getriebe mit Lenkradpaddeln fürs Schalten der virtuellen Gangstufen kostet 1.200 Euro, das große Faltschiebedach 1.000 Euro. Beide Optionen sind für die preisgünstigen Ausstattungslinien nicht erhältlich. 

Erhöhte Sitzposition, eingeschränkte Rundumsicht

Das Größenwachstum, das die auch vom größeren Yaris genutzte GA-B-Plattform ermöglicht, führt auch zu einem gut fünf Zentimeter höher montierten Fahrersitz. Entsprechend mühelos kommt man in den Aygo X hinein und schaut aufs Verkehrsgeschehen aus erhöhter Warte. Das ist durchaus angenehm für den großen Überblick. Doch wo die Motorhaube endet, ist aus dem nicht übertrieben dick gepolsterten Sitz eben sowenig zu sehen wie beim Vorgänger. Nach schräg hinten sieht's nicht viel besser aus. Limitierende Faktoren sind hier die massive hintere Dachsäule und die kleinen Fenster der hinteren Türen, die für ein bequemes Einsteigen viel zu schmal geraten sind.

Toyota Aygo X Fahrbericht
Toyota
Das Smartphone lässt sich in der Mittelkonsole kabellos laden.

Beim Spurwechsel wäre ein Totwinkel-Warner also gut, denn der Schulterblick bringt wie bei vielen modernen Autos keine eindeutige Klarheit. Doch dieser sinnvolle Warner fehlt in dem umfangreichen Assistenten-Arsenal, das dem Aygo X unter anderem einen Abstandregeltempomaten sowie Notbremsassistenz mit Fußgänger-  und auch Radfahrererkennung beschert. Fürs Rangieren gibt es immerhin Parksensoren vorn und hinten sowie eine Rückfahrkamera.

Geringe Bedienkräfte, spielerisches Fahren

Neu sind auch LED-Scheinwerfer, eine App für den Fernzugriff aufs Fahrzeug per Smartphone sowie eine cloud-basierte Festeinbau-Navigation. Die ist allerdings im Grunde verzichtbar, denn der Aygo X bringt mit kabelloser Smartphone-Integration per Apple Carplay und Android Auto sowie induktivem Laden eine komfortable Konnektivität mit, die in dieser kleinen Klasse längst nicht selbstverständlich ist.

Toyota Aygo X Fahrbericht
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Hier arbeitet ein Einliter-Dreizylindermotor ohne Aufladung.

Unter der Motorhaube, die nun mit massiger, aufrecht stehender Front auf SUV macht, bleibt es beim Einliter-Dreizylinder ohne jegliche Aufladung. Er leistet 72 PS bei 6.000 Kurbelwellenumdrehungen und 93 Newtonmeter bei 4.400/min. So motorisiert, soll der Aygo X soll selbst konkurrierende Mild-Hybride im Verbrauch ausstechen. Je nach Ausstattung liegt der Normverbrauch bei 4,7 bis 5,4 Litern Super (115 bis 122 Gramm CO₂). Für Laufkultur und Kraftentfaltung verdient dieser Motor jedoch weniger gute Noten, das scheint nach einer ersten kurzen Ausfahrt sicher.

Überschaubares Temperament, niedriger Verbrauch

Der kleine Drilling läuft stets ein wenig rau und trommelt gut vernehmbar bis nervig in den Innenraum, wenn man ihn unter Last drehen lässt. Und drehen lassen muss man ihn ziemlich oft, wenn es vorangehen soll. Denn die fünf Vorwärtsgänge sind zur Verbrauchseinsparung sehr lang ausgelegt, was dem drehmomentarmen Motor bei niedrigen und mittleren Drehzahlen naturgemäß das Leben schwer macht. Einmal auf Tempo, ist der Aygo X dann erfreulich leise und löst damit das Versprechen von Toyota ein, die Schalldämmung der Karosserie besonders aufwändig ausgeführt zu haben. Die Fahrleistungen reichen fürs Mitschwimmen im Verkehr, aber nicht zu mehr: 156 km/h Spitze und 15,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h sind heutzutage keine Werte, mit denen man sich am Stammtisch rühmen kann. Doch die urbane Käuferschar, die Toyota mit dem Aygo X im Auge hat, dürfte das nicht sonderlich interessieren.

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Bis zu 156 km/h schnell ist der Toyota Aygo X.

Trotz der großen Räder federt der Aygo X manierlich. Vor allem kleinere Unebenheiten filtert er manierlich aus, grobe Attacken der Straße steckt er weniger gut weg. Die Bedienkräfte sind auffallend gering, sowohl für die Pedale, die exakte Schaltung und die Lenkung. Kehrseite der Medaille: So richtig viel von dem, was zwischen Vorderrädern und Straße passiert, fühlt der Fahrer nicht im Lenkrad, das sich nur in der Neigung, nicht aber in der Tiefe verstellen lässt. Eine Auslegung für die Stadt also, wo der kleine Wendekreis (Toyota verspricht 9,4 Meter) sich oft als Joker entpuppen dürftet.

Mehr Platz für alle, auch fürs Gepäck

Und was brachte das Größenwachstum für den gefühlten Raumkomfort? Vorn sitzt es sich für diese Klasse luftig und alles andere als beengt. Hinten zwickt es weniger als bisher, der Beinraum hat durch den längeren Radstand doch etwas gewonnen. Doch als Vollwert-Viersitzer sollte man den Aygo X nicht missverstehen, schon gar nicht mit Blick auf Urlaubsreisen. Gegenüber dem Aygo wuchs der Kofferraum zwar um 63 Liter, doch bis unter die Hutablage passen lediglich 231 Liter Gepäck. Sind die Lehnen umgeklappt, reicht das Volumen sogar für 829 Liter. Störend ist nur, dass dann eine dicke Stufe im Kofferraumboden entsteht. Unkomfortabel ist auch, dass der Kofferraumboden viel tiefer als die Unterkante der Heckklappe liegt. Eine Getränkekiste oder gar einen schweren Kofferraum da heraus zu wuchten, braucht dann Kraft.

Toyota Aygo X Fahrbericht
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Das Cockpit des neuen Toyota Aygo X.

Das ändert aber nichts daran, dass der X gegenüber dem Aygo gewonnen hat in Sachen Nutzbarkeit, Komfort und Sicherheit. Das mag die kräftig erhöhten Preise ein wenig relativieren, wie auch der Umstand, dass der kleine Toyota durch geschicktes Design gar nicht mehr so klein aussieht. Er macht was her, der kleine City-SUV.

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Ja, mit denen bin ich meistens sowieso nur in der Stadt unterwegs.Nein, ich fühle mich in größeren Autos einfach wohler.

Fazit

Die kräftig erhöhten Preise des kleinen Toyotas gehen einher mit einer geglückten Höherpositionierung. Als X bietet der Aygo mehr Platz, mehr Sicherheitsassistenz, mehr Komfort und auch mehr Status. Der Aygo X steht selbstbewusst auf der Straße und dürfte einer urbanen Kundschaft gefallen.

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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

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