Toyota Mirai (2020)
Wasserstoff Marsch!

Alternative Antriebe sind für Toyota mehr als Hybride oder Batterie-Stromer. Schon 2015 setzte der Mirai auf die Brennstoffzelle. Nun bekräftigt der Nachfolger das Ja zum Wasserstoff als Energieträger.

Toyota Mirai (2020)
Foto: Toyota

Während andere Wasserstoff als sauberen Energieträger der Zukunft zwar sehr reizvoll finden, ihm wegen der (noch?) energieintensiven Herstellung aber wenig Chancen einräumen, machen andere einfach.

Toyota zum Beispiel. Der erste Mirai nutzte Wasserstoff schon 2015 zum Antrieb seines 113 kW (154 PS) starken Elektromotors, im März 2021 steht nun jener Mirai II bei den Händlern, der an diesem trüben Novembermorgen wenig glamourös als Prototyp in einem grauen Industriegebiet bei Köln auf uns wartet.

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Vom Mirai in den Brummi

Toyota meint es mit ihm bitter ernst: Er wurde gegenüber dem Vorgänger um 15.000 Euro billiger und soll pro Jahr 30.000 mal gebaut werden als Speerspitze einer Strategie, in der es auch um emissionsarme, weil elektrisch betriebene Lastwagen mit Brennstoffzelle geht.

Doch zurück nach Köln: Wirkte der erste Mirai stets wie die Blech gewordene Zeichnung eines Jungen, der besser Influencer wird als Designer, schmeichelt der Neue dem Auge. 5,5 Zentimeter flacher ist er bei neun Zentimetern mehr Länge über einem um 14 Zentimeter gewachsenen Radstand. Und die Karosserie spannt sich fließend im Stil eines Viertürer-Coupés vom trapezförmigen Lufteinlass am Bug bis zu den schmalen Heckleuchten. Wer hier ein wenig an den Audi A7 denkt, liegt nicht so falsch.

Neue Eleganz also gemäß der Vorgabe von Chefentwickler Yoshikazu Tanaka: "Wir wollen, dass der Verbraucher unser Auto sieht und sagt: So ein Auto wollte ich schon immer einmal fahren". Auch wenn das Netz der Wasserstofftankstellen weltweit wächst (2015 waren es in Deutschland nur 20 öffentliche Zapfstellen, heute sind es 86), will allerdings niemand ein Auto fahren, das ihn ständig Reichweitenangst reisen lässt.

Daher standen beim Mirai II alle Zeichen auf Verbesserung der Gesamteffizient für mehr Reichweite und mehr klassischen Fahrspaß. Mehr Tankvolumen ist da nur der erste Step auf dem Weg zur versprochenen Reichweite von über 650 Kilometern – das entspräche rund 0,85 Kilogramm Wasserstoff pro 100 Kilometer zum Kilo-Preis von 9,50 Euro.

Raumgreifende Technik

Drei statt bisher zwei Tanks bunkern dafür mit 144 Litern Volumen 5,6 statt 4,6 Kilogramm Wasserstoff. Der größte der zigarrenförmigen Tanks liegt längs im Boden der neuen globalen Toyotas-Plattform, zwei kürzere sind quer im Großraum Rückbank-Hinterachse-Kofferraum positioniert. Dort sitzen auch der auf mehr Effizienz getrimmte Lithium-Ionen-Akku mit 84 Zellen und 311 Volt Nominalspannung sowie der ebenso neue permanenterregte Synchronmotor mit 134 kW (182 PS) und 300 Newtonmetern (bisher: 335 Nm).

Das ist inclusive der mit 330 statt 370 Zellen kleineren und leichteren, dafür leistungsfähigeren Brennstoffzelle im Bug, die aus Wasserstoff und der Umgebungsluft Strom generiert, viel Technik, die crashsicher untergebracht werden will. Und so muss man sich nicht wundern, dass das Platzangebot nicht mit den Erwartungen an ein fünf Meter langes Coupé korreliert. Vorn, im mit brillanten Monitoren bestückten, mit vielen feinen Rahmen und weichen Materialien oberklassigen Cockpit, fehlt es nicht an Platz in üppig dimensionierten und vielfältig verstellbaren Sitzen.

Toyota Mirai (2020)
Toyota
Cockpit mit brillanten Monitoren. Nicht nur für die Fahr-Modi gibt es echte Tasten.

Auf der Fondsitzbank, die nun offiziell drei statt bisher zwei Mitfahrern Platz bietet, sieht die Sache allerdings anders aus. Beinfreiheit ist Mangelware, und zumindest unterm Panoramadach der Top-Version Advanced (73.900 Euro) ist Kopffreiheit ein Fremdwort mit acht Buchstaben. Angesichts der Fahrzeuglänge ist der Kofferraum eher winzig. Mangels Herstellerangaben muss der Augenschein genügen, und der lässt Zweifel daran, dass der Mirai II hier die 361 Liter seines Vorgängers nennenswert übertrifft.

Leise, flink, komfortabel

War der schon ein für Skeptiker unerwartet agiles Auto, soll der Neue durch eine ausgeglichene 50:50-Achsslastverteilung und Heck- statt Forntantrieb antrieb noch eine Schippe drauflegen. Ordentlich erfahren ließ sich das aber nicht an diesem kurzen Stadtverkehrs-Vormittag.

Wohl aber scheint der Federungskomfort zumindest auf Straßen gängiger Güteklasse von der gehobenen Sorte zu sein. Da die Lenkung nicht zu leichtgängig ausgelegt ist, gibt‘s auch einen vertrauensbildenden Kontakt zur Fahrbahn. Das Bremspedal des Prototyps sprach aber noch einen Tick zu spitz an – abwarten. Souverän fallen die Reaktionen aus, wenn das rechte Pedal betätigt wird. 300 Newtonmeter sind zwar kein Monsterwert für ein nahezu zwei Tonnen schweres Auto. Doch sie stehen eben ansatzlos ab der ersten Umdrehung des E-Motors bereit und schieben nicht im entferntesten trödelig an. Das mit minimalem Geräusch gebotene Temperament erscheint also durchaus ausreichend, wenngleich der Mirai in der Beschleunigung nicht an batterie-elektrische Autos seiner Preisklasse heranreicht.

Toyota Mirai (2020)
Toyota
Der Mirai ist eher Viertürer-Coupé als Limousine. Der ungetarnte Bug wirkt dominant.

Die Ausstattung ist schon im Basismodell üppig inklusive der modernsten Toyota-Sicherheitsassistenz. Und irgendwie macht es nachdenklich, dass dieses wohl am mutigsten Richtung Zukunft gedachte Auto der Welt noch zahlreiche Tasten hat, während man anderswo gern auf Zukunft macht, indem man auf berührungsempfindliche Felder und Monitore setzt.

Die Preise starten bei 63.900 Euro und reichen über 66.900 Euro (Exclusive) bis zu 73.900 Euro für den Mirai Adavanced – abzüglich 7.500 Euro Förderprämie.

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Ja, das ist Elektromobilität ohne Speicher- und Ladezeit-Nachteile.Nein, zu ineffizient, zu teuer und Wasserstoff lässt sich nicht gut über einen längeren Zeitraum speichern.

Fazit

Preis um 15.000 Euro gesenkt, Design geglättet, Reichweite erhöht: Toyota lebt seine Überzeugung, Wasserstoff könne ein fester Bestandteil künftiger Mobilität sein. Dafür allen Respekt.