VW Golf R 20 Years
So viel Spaß machen 333 PS

VW feiert 20 Jahre R-Modelle mit dem Golf R 20 Years. Das Sondermodell basiert auf dem 333 PS starken Golf R Performance. Wir führten die Edition zur Probefahrt aus.

VW Golf R 20 Jahre Sonderedition
Foto: Uli Joos

Bits und Bytes sollen für mehr Emotionen sorgen. Nein, damit ist keine Dating-App auf dem Smartphone gemeint, sondern die Arbeit der Softwareentwickler und Ingenieure bei VW. Neue Programmcodes sorgen nämlich im VW Golf R Performance für eine innigere Verbindung des Fahrers zum Auto und mehr Gefühl. Das kann man schon beim Start erleben.

Wenn man die Reihenfolge umdreht und erst den Motorstartknopf drückt, bevor man auf das Bremspedal steigt, holt der Golf R Performance zum "Emotionsstart" aus. Der Entwickler nennt das nüchterner "Drehzahlüberschwinger". Was beides meint: Durch das Prozedere am Fahrerplatz erkennt das Computerprogramm den Wunsch des Fahrers nach mehr Aufmerksamkeit. Direkt nach dem Motorstart wird die Drehzahl kurz auf 2.500/min. angehoben, der Hot Hatch ruft also laut "Hallo, Welt!". Wie gesagt: Nur, wenn man möchte. Um Nachbarn und die eigene Familie morgens nicht zu wecken, kann man den Kompakten auch normal starten (erst Bremse, dann Knopf).

Unsere Highlights

Diese Funktion ist eine von vielen Upgrades, die der VW Golf R Performance im Vergleich zum regulären Golf R bekommen hat. Dazu zählt auch die Leistungssteigerung des intern EA888 genannten 2.0 TSI – Benziners um 13 auf 333 PS. Das maximale Drehmoment bleibt mit 420 Nm (zwischen 2.100 und 5.500/min.) gleich.

Eine Torque-Vectoring-Funktion des Allradantriebs, ein größerer Dachspoiler und die auf 270 km/h angehobene Höchstgeschwindigkeit bringt die Performance ebenso mit wie die Fahrmodi "Special" (abgestimmt auf der Nürburgring-Nordschleife) und "Drift".

Tuning ab Werk

10/2022, VW Golf R 20 Years
Bernd Conrad
Die Akrapovic-Abgasanlage kostet extra, viele Tuningmaßnahmen bekommt der Golf R Performance aber schon serienmäßig.

Neu sind Eingriffe ins Motor- und Getriebemanagement. Mittels einer nie ganz geschlossenen Drosselklappe bleibt der Turbolader auch im Teillast- und Schubbetrieb stets auf Drehzahlen. Die Folge: Bei spontanem Leistungsabruf muss der Ladedruck nicht erst aufgebaut werden. Außerdem wurden die Öffnungs- und Schließzeiten der beiden im Ölbad laufenden Kupplungen des serienmäßigen 7-Gang-DSG verändert. Wenn man im Fahrmodus S oder S+ manuell über die Schaltpaddles am Lenkrad hochschaltet, spürt man leichte Rucke als Feedback von der Mechanik.

Das war die Theorie, es folgt die Praxis: Ja, beim Anlassen bellt der VW Golf R Performance kurz auf. Angst dürften die Konkurrenten da aber nicht bekommen, auch mit Emotionsstart bleibt der Golf im Rahmen der typischen Wolfsburger Sachlichkeit. Innen kommt vom Drehzahlüberschwinger recht wenig an.

Unsere Testfahrt führt uns über teils verwinkelte Landstraßen. Die serienmäßige Progressivlenkung gibt gutes Feedback, schnell spuren die Continental-Winterreifen des Testwagens auf einer persönlichen Ideallinie.

Beim Herausbeschleunigen aus Kehren oder einem Überholvorgang ist der Antrieb schnell zur Sache. Die, laut Hersteller, um 30 Prozent verbesserte Reaktionszeit dank mitlaufendem Turbolader ist im Alltag nicht unbedingt spürbar. Wir sind direkt im Anschluss einen VW Golf R Variant mit 320 PS gefahren und finden: Ein Unterschied ist nur bei maximaler Konzentration im direkten Vergleich spürbar. Auf der Rennstrecke dürfte das aber anders aussehen. Die Schaltrucke aus der Doppelkupplungs-Box sind deutlicher spürbar.

Je nach Fahrmodus sprotzelt und knallt es wahrnehmbar aus der fast 4.000 Euro teuren Titan-Abgasanlage, die von Akrapovic kommt. Auch das DCC-Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern kostet Aufpreis. Auch im stärksten Golf empfiehlt es sich mit einer fast stufenlos konfigurierbaren Abstimmung. Vor allem bei schneller Autobahnfahrt gilt: Alle Fahrmodi auf "scharf" stellen, das DCC aber in der ausgewogenen Mitte lassen. So verhindert man minimale Haftungsabrisse bei Bodenwellen oder Querfugen.

2002 kam mit dem Golf R32 das erste R-Sportmodell von VW auf den Markt. Auf Basis des Golf IV trug der Zwounddreissiger damals noch einen Sechszylinder-Motor mit den namensgebenden 3,2 Litern Hubraum unter der Haube. Die Leistung gipfelte in 241 PS. Das übertrifft heute jedes Modell der bis hin zum Touareg gewachsenen R-Palette, angefangen beim kompakten SUV T-Roc R mit 300 PS.

Sondermodell zum Jubiläum

10/2022, VW Golf R 20 Years
Bernd Conrad
Blaue Details an den 19-Zoll-Felgen gehören zum Sondermodell VW Golf R 20 Years.

Zum Jubiläum legt VW das Sondermodell Golf R 20 Years auf. Die Unterschiede zum regulären Golf R Performance sind schnell aufgezählt. Sofern man die Außenlackierung in "Pure White" oder "Deep Black Perleffekt" wählt, tragen die 19-Zoll-Felgen und die Außenspiegelkappen blaue Dekore. Bei der dritten Farboption "Lapiz Blue Metallic" bleibt beides schwarz. Außerdem zieren Plaketten die B-Säulen.

Innen zieren blaue R-Logos an den Sportsitzen die serienmäßige Nappalederausstattung. Türdekore und das Cockpit tragen zudem, erstmals in einem VW, Leisten aus echtem Karbon. Ansonsten kommen Zierelemente in Karbon-Optik zum Einsatz.

Der 70.000-Euro-Golf

Stolze 59.995 Euro kostet das Sondermodell, auf den ersten Blick ist es über 4.000 Euro teurer als der Golf R Performance. Wird dieser mit Lederausstattung (beim 20 Years auch abwählbar) und "Black Style"-Paket mit LED-Leiste im Grill ausgestattet, verringert sich der Aufpreis des Golf R 20 Years auf rund 1.000 Euro. Dafür bekommt man die Karbon-Einlagen innen und die blauen Designdetails. Im VW-Sprech außerdem die Gewissheit "ein Sammlerstück" zu erwerben. Ein Jahr lang soll die 20-Years-Edition bestellbar sein. Also wohl bis zum geplanten Facelift der aktuellen Golf-Generation.

Mehr geht aber wohl immer. Unser Testwagen, der sämtliche Optionen aus dem Konfigurator in sich versammelt hat, bringt es auf einen Listenpreis von heftigen 70.120 Euro.

Fazit

VW feiert 20 Jahre R-Modelle mit einem Sondermodell. Der Golf R 20 Years bringt spezielle Designdetails und erstmals Karbon-Elemente im Innenraum. Lecker ist die technische Basis in Form des überarbeiteten Golf R Performance mit jetzt 333 PS. Feintuning an Motor und Getriebe zeigt die Hingabe der Entwickler, auch wenn man wohl erst auf einer Rennstrecke die Unterschiede zum regulären Golf R richtig spüren dürfte.

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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten